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oder dass der Vater dieselbe in das Mancipium gegeben hätte, ehe der Angriff auf ihre Freiheit erfolgte.

Ich gelange zur vindicatio hominis in servitute morantis. Die vindicatio hominis in libertate versantis habe ich oben in gewissen Beziehungen als Gegenstück der actio confessoria bezeichnet. Eine freilich sehr beschränkte Analogie hätte nun gewiss auch zwischen der vindicatio hominis in servitute morantis und der actio negatoria bestanden, wenn nicht der favor libertatis 2) dem Dominus es verwehrt hätte, die Frage seiner dominica potestas so in judicium zu deduciren und durch Urtheil entscheiden zu lassen, wie der Servitutsberechtigte über die Frage seiner Berechtigung ein ausdrückliches Urtheil veranlasste, natürlich mit dem in der Sache begründeten Unterschiede, dass bei der actio negatoria der Eigenthümer nicht die Freiheit des praedium von jeglicher servitus, sondern nur die Freiheit von einer bestimmten servitus behaupten konnte, der Vindex aber nur die Freiheit des Menschen von jeglicher servitus behaupten konnte. Demnach musste die von Gaius in IV, 16 mitgetheilte legis actio in rem per sacram. für die vindicatio hominis in servitute morantis mit folgenden Modificationen als actio simplex in Anwendung kommen:

Vindex:

Domin.:

Hunc ego hominem ex jure Quiritum librum esse aio secundum suam causam. Sicuti dixi, ecce tibi, vindictam imposui.

Nego hunc hominem ex jure Quiritium liberum esse secundum suam causam. Sicuti dixi, ecce tibi, vindictam imposui.

Hierauf folgten die von Gaius in IV, 16 angegebenen, weiteren Acte. Die Frage des Klägers nach dem Motiv des vom Beklagten vorgenommenen Vindications - Actes konnte der letztere auch hier nur mit den Worten: jus peregi sicuti vindictam imposui, beantworten, weil er durch den Vindications - Act nur die Ausübung seines Rechtes vollzog.

Die Frage, ob der Vindex auch in diesem Falle den Vindications-Act des vindictam imponere vollzog, ist bekanntlich sehr betritten, indem Einige diesen Act hier verwerfen, Andere denselben auf Grund positiver Anhaltspuncte zwar annehmen, aber seine Nothwendigkeit nicht erklären 3).

Ich habe nun schon oben hervorgehoben, dass der Vindex seinen Namen gerade von vindicare, also von vindictam imponere er

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3) Vgl. Bethmann-Hollweg,

2) Bethmann-Hollweg, Civilpr. II, S. 337. Civilpr. I, S. 138, Note 16; Keller, Institut. S. 211 fg.

halten hatte, der Vindications - Act des Vindex also schon mit seinem Namen gegeben ist. Die Bedeutung des vom Vindex vollzogenen Vindications-Actes lag, wie bemerkt wurde, darin, dass durch denselben dem Beklagten die Ausübung seines Rechtes, also sein Besitz bestritten, dadurch aber die Besitzregulirung nothwendig wurde. Ohne diesen Vindications-Act hätte es also sogar keine Besitzregulirung gegeben. Weil nun aber diese ein wesentlicher Act jeder Vindication war, so musste der Vindex in der causa liberalis diesen Act vollziehen, mochte er Kläger oder Beklagter sein. Im gegebenen Falle ging also die Behauptung des Vindex dahin, dass er die gesetzliche Freiheit des anwesenden Menschen geltend mache, und in Gemässheit dieser seiner Erklärung dem Beklagten durch den Vindications-Act die Ausübung seines Rechtes bestreite.

Ausser den Fällen der causa liberalis muss es aber noch andere vindicationes hominis gegeben haben, welche als solche ebenfalls zur ersten Hauptart der dritten pontif. actio generalis gehörten. Dies folgt zunächst aus jener Bestimmung des Grundgesetzes, wornach, wenn der verurtheilte Schuldner binnen 30 Tagen seine Schuld nicht zahlte, der Gläubiger das Recht hatte, gegen ihn mit der manus injectio vorzugehen und durch dessen Vorführung vor Gericht über ihn sich die manus zu erwerben, wenn auch jetzt die Schuld. nicht bezahlt wurde, oder wenn nicht ein Vindex nach Vorschrift des Gesetzes (jure) gegen die manus des Gläubigers Einsprache erhob 4). Wenn nun gegen den die Hausherrlichkeit über den Schuldner ansprechenden Gläubiger ein Vindex auftrat, so war auch dieser Streit in der Form der Vindication durchzuführen, weil der Vindex eben nur vindiciren kann; allein dieser Streit war weder eine causa liberalis, weil die Freiheit des Schuldners nicht fraglich war, noch ein Conflict gleichartiger oder verschiedener Gewalten in der Form der actio duplex, weil der Vindex für sich kein Recht an der Person des Schuldners geltend machte.. Dieser Vindex konnte also weder die actio duplex der gewöhnlichen causa liberalis, noch die actio duplex anstellen, welche Gaius in IV, 16 angibt, sondern er war auf jene actio simplex angewiesen, in welcher er bloss das Recht des Klägers verneinte:

Gläubig. Hunc ego hominem ex jure Quiritium meum esse aio se

4) Lex XII tab. III, 3: Ni judicatum facit, aut quis endo eo jure vindicit, secum ducito. Der Beisatz jure hat hier den Sinn, wie das jure rogare, jure sciscere in den Praescriptionen der Gesetze. Schölls Leseart: in jure, ist nicht bloss überflüssig, weil schon das vorausgehende Fragment 2 die in jus ductio verfügt, sondern auch sinnstörend.

Puntschart, Civilrecht der Römer.

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cundum suam causam.

imposui.

Sicuti dixi, ecce tibi, vindictam

Vindex : Nego hunc hominem ex jure Quiritum tuum esse secundum suam causam. Sicuti dixi, ecce tibi, vindictam im

posui.

Dieser Vindex hatte also dieselbe actio simplex anzustellen, welche ich oben bei der vindicatio hominis in libertate versantis besprochen habe. Die weitreichende Function der Angriffs- und Vertheidigungsclausel (sua causa) tritt in diesem Falle besonders deutlich hervor. Die Besitzregulirung konnte der Magistrat in diesem Falle nach seinem Ermessen vornehmen, weil dieser Process keine causa liberalis war.

Weil aber auch die mancipii causa eine Hausherrlichkeit begründete, welche als solche ebenfalls in der Form der Vindication geltend zu machen war, der Contravindicant auch in diesem Falle nur Einsprache gegen die Hausherrlichkeit des Klägers zu erheben, nicht aber die Freiheit des Menschen oder ein eigenes Recht an demselben geltend zu machen hatte, so folgt daraus, dass auch diese vindicatio hominis liberi nur eine actio simplex sein konnte. Eine solche vindicatio hominis liberi als actio simplex muss endlich auch die Klage des Vaters oder des Gatten gewesen sein, welcher an seinem Kinde, beziehungsweise seiner Gattin, die patria potestas, bez. manus geltend machte 1a). Doch konnte in den letzten Fällen der Contravindicant kein Vindex gewesen sein, weil in diesen Fällen kein unbetheiligter Dritter gegen die patria potestas, bez. manus Einsprache erheben konnte.

Die erste Hauptart der dritten pontif. actio generalis enthielt also die vindicationes 1) hominis in libertate versantis, 2) hominis in servitute morantis, 3) hominis liberi.

Die vindicationes hominis unterschieden sich also von den vindicationes rei dadurch, dass jene wesentlich actiones simplices, diese wesentlich actiones duplices waren, und dass das Rechtsobject bei den ersteren noch immer als Persönlichkeit galt, das der letzteren aber auch in dem Falle des Eigenthumsstreites über einen Sclaven darum nur eine Sache war, weil der Sclave, wenn er auch sonst nicht consequent als Sache galt, doch als Vermögensbestandtheil nur als eine Sache behandelt und als solche zu den moventia (Gaius IV, 16) gerechnet, also auch der Eigenthumsstreit über ihn nur in der Form der actio duplex ausgetragen wurde.

4a) Vrgl. jetzt Bekker, Aktionen, I, S. 204.

II. Vindicatio potestatis vel juris in homine.

Cicero de orat. I, 38 1) führt unter den causae centumvirales auch die Processe um die Vormundschaft an; folglich muss auch die Tutela in der Form der legisactio in rem per sacramentum verfolgt und vertheidigt worden sein. Das Gleiche muss aber auch von der cura furiosi, später auch des prodigus, angenommen werden, weil die Lex auch die cura als eine potestas in homine bezeichnet, Cicero aber die causae centumvirales nicht erschöpfend anzugeben hatte. (vgl. Theoph. zu pr. Inst. de iis, per quos agere poss. IV, 10). Da aber die Tutela und Cura nur potestates in homine libero waren, so war der Gegenstand der Vindication nicht der Mensch, sondern das jus tutelae oder curae an einem individuel] bestimmten Menschen. Dem muss also auch die Rechtsbehauptung und Rechtsverneinung entsprochen haben.

Wenn ich mir nun den Fall setze, dass ein Vater seinem unmündigen Sohne im Testament zwei Vormünder, den einen derselben aber so ernannt hatte, dass er als persona incerta angefochten werden konnte und dann diesem Vormund die Vormundschaft streitig gemacht wurde, so ergibt sich für diesen Fall folgende Forma:

As. Nego in hoc homine ex jure Quiritium jus tutelae tibi esse secundum suam causam. Sicuti dixi, ecce tibi, vindictam imposui.

Ns. Aio in hoc homine ex jure Quiritium jus tutelae mihi esse secundum suam causam. Sicuti dixi, ecce tibi, vindictam imposui.

Nun die von Gaius in IV, 16 angegebenen weiteren Acte.

War hingegen der Vormund, dessen Ernennung zweifelhaft war, als Kläger aufgetreten, um sein Recht gegen die Einsprache des Mitvormunds zur Geltung zu bringen, so musste die Vindicationsformel so gelautet haben:

As. Aio in hoc homine ex jure Quiritium jus tutelae mihi esse secundum suam causam. Sicuti dixi, ecce tibi, vindictam imposui.

Ns. Nego in hoc homine ex jure Quiritium jus tutelae tibi esse secundum suam causam. Sicuti dixi, ecce tibi, vindictam imposui.

Hierauf folgten die von Gaius in IV, 16 angegebenen weiteren Acte, mit der Modification, dass die Antwort des Beklagten nach

1) Cic. de orat. I, 38: jactare se in causis centumviralibus, in quibus tutelarum

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jura versentur.

dem Motiv seines Vindications - Actes in diesem Falle wieder nur lauten konnte: jus tibi negavi sicuti vindictam imposui.

Hatte endlich der Vater im Testamente den einen Vormund unter einer Resolutiv-Bedingung, den andern aber so ernannt, dass er als persona incerta angefochten werden konnte 2), und machten sich die so ernannten Vormünder das Recht der Vormundschaft gegenseitig streitig, so musste offenbar auch hier die actio duplex gewählt werden:

Vind.: Aio in hoc homine ex jure Quiritium jus tutelae mihi esse secundum suam causam. Sicuti dixi, ecce tibi, vindictam imposui.

Contrav.: Aio in hoc homine ex jure Quiritium jus tutelae mihi esse secundum suam causam. Sicuti dixi, ecce tibi, vin

dictam imposui.

Nun die von Gaius in IV, 16 angegebenen weiteren Acte.

Weil das Vormundschaftsrecht des Einen das des Andern nicht nothwendig ausschloss, so konnte in diesem Falle die Vormundschaft sogar Beiden zuerkannt werden.

Bedürfniss neuer zur Verfolgung und Vertheidigung auch des bonitarischen Eigenthums an Sclaven in Statusfragen brauchbarer legis actiones in rem neben der ersten Hauptart der dritten pontif. actio generalis.

§. 58. Wiewohl es im ältesten Rechte noch keinen Sonderbegriff des Eigenthums gab, weil dominus und herus nur den Träger der absoluten Gewalt im Allgemeinen bezeichnet 1), der von Cicero 2) zur Bezeichnung des Eigenthums angewandte Ausdruck mancipium einen weiteren Begriff hat, und auch der Ausdruck proprietas nur eine Angehörigkeit, Eigenthümlichkeit im Allgemeinen bedeutet; obwohl ferner der Sclave in sehr vielen Beziehungen nicht als Sache galt 3), so wurde er doch in vermögensrechtlicher Beziehung nur als ein reines Vermögensstück betrachtet, so dass in dieser Beziehung die absolute Gewalt des Herrn an den Sclaven denselben Inhalt hatte, als seine Gewalt an den Sachen. Weil nun auch der Sclave ein Object des. Eigenthums war, so musste jener schon oben berührte Dualismus im römischen Eigenthumsrechte,

2) Vgl. Rudorff, R. der Vormundschaft I, S. 189.
1) Vgl. Georg Curtius,
2) ad divers. VII, 29.
166 (Note 233).

Grundzüge der Griech. Etym. 1858, S. 198.
3) z. s. Ihering Geist II, 1. S. 154, 158,

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