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Organisation nennen, wenn sich der hingebende, erfolgreiche Arbeiter versichert fühlt, dass die Ergebnisse seiner Forschung von einem Mittelpuncte aus, wie es unsere Gesellschaft ist, mit höchster Theilnahme betrachtet werden, und dass denselben jene Anerkennung dargebracht werden wird, auf welche sie einen so wohlbegründeten Anspruch haben.

IV.

Ueber die Communicationsmittel, die Sicherheit des Eigenthums und der Reisenden und über Asyle in Persien.

Von Dr. J. E. Polak.

(Mitgetheilt in der Versammlung der k. k. geogr. Gesellschaft am 4. December 1860.)

I.

Communicationsmittel.

Es gibt selten ein Land, welches für das Anlegen von Strassen und Bahnen so geeignet wäre, als Persien. Die unermesslichen Hochebenen, welche mit einander communiciren, der feste Boden, welcher fast einen Unterbau entbehrlich macht, die Seltenheit von Regen und sonstigem Wasserniederschlag, der Abgang grosser unterbrechender Ströme, die reichhaltigen Kohlen- und Eisenmineral - Lager, die Vortrefflichkeit der Pferde und Maulthiere, kurz Alles weist auf die Leichtigkeit der Ausführung. Die Hindernisse sind im Verhältniss zu anderen Ländern gering, und auch diese könnten durch einige Umsicht umgangen werden; so bietet der Weg vom Urumich-See bis Schiraz, 42 Tagreisen im Ganzen, nur fünf bis sechs Hindernisse, und zwar von nicht unüberwindlichem Charakter.

Und doch gibt es in ganz Persien keine Strasse, die Wege sind Carawanenwege, gerade so, wie sie vor Jahrtausenden bestanden, sie führen gewöhnlich in gerader Linie in der Ebene und durch Engpässe entlang den Sturzbächen über die Berge. Man weicht selten einem Hindernisse aus, sondern setzt, wie die Leminge, in gerader Richtung den Weg fort. Begegnet man einem isolirten Hügel, so steigt man auf der einen Seite auf, auf der andern ab. Dasselbe gilt von Wasserrissen und vertieften Flussbetten.

Eine Ausnahme davon bildet die neue schmale Strasse, welche durch den Gilaner Wald von der Station Imamprd Haschem bis Rescht führt; sie wurde im letzten Sommer auf dringende Verwendung des russischen Consuls von Rescht, Herrn Tegoborsky, angelegt. Der Boden war am alten Wege so aufgewühlt und ausgetreten, dass zur Regenzeit die Passage fast nicht möglich war, und daher ein bedeutendes Hinderniss für den Transport der russischen Waaren von Enzeli nach Teheran abgab. Der Wald wurde desshalb etwas gelichtet, Abzugsgräben angelegt, die Unterlage mit Holzkohlen gemacht und dann mit Flusskies bedeckt.

Jedoch die eine deutsche Meile lange Strecke von Rescht bis zum Canale Pirebazar*) führt noch im Zickzack in Morast und Dickicht, dort *) Dieser Canal, etwa eine Meile lang, führt in das Murd-ab todtes Wasser welches durch Haffbildung vom Meere geschieden ist.

ist die Strasse fortzusetzen verbothen, und die Communication mit unsäglichen Schwierigkeiten verbunden. Der Canal selbst ist eng und untief, so dass zwei mässige Kähne nur mit Mühe ausweichen können, er wird jedoch noch mehr durch die üppige Vegetation und die hineinreichenden Baumäste verengt; es ist bei Strafe des Handabhauens verbothen, einen Ast abzuhauen!

Shah Abbas, der Grosse, liess einige Caravanen-Strassen am caspischen Meere und über den Koflankuh auf dem Wege nach Tauris anlegen, wo wegen des Letten-Grundes zu Zeiten der Uebergang kaum möglich ist; doch wurden die Strassen schon damals nicht nivellirt, sondern nur mit grossen Steinen gepflastert, seit etwa 200 Jahren wurde nichts ausgebessert, daher von jenen Arbeiten nur dürftige Spuren zu finden sind. Als Ursache des Nichtanlegens von Strassen kann gelten:

1. Die Indolenz der Regierung, welche die ungeheure Production des Landes nicht zu verwerthen versteht, und von der trotz aller Hemmnisse bestehenden Ausfuhr von Roh- und Kunstproducten fast keinen Begriff hat").

2. Die Furcht, dem Feinde einen leichten Zugang in's Land zu verschaffen.

3. Der Mangel an Holz und Eisen. Denn obwohl am caspischen Meere unerschöpfliche Urwälder sich befinden, so hindert doch der Mangel an Communicationsmittel diese auszubeuten. Es besteht hiemit ein circulus vitiosus. Dasselbe gilt vom Eisen; denn obwohl die ausgiebigsten Minen von Eisen und Kupfer mit Ueberfluss von naheliegenden Steinkohlen vorhanden sind, SO verstehen sie doch nicht diese zu benützen und der Bedarf muss von Russland aus gedeckt werden.

4. Die Güte der Pferde, Maulthiere, Esel und Kameele, welche eine besondere Ausdauer, Kraft und Sicherheit des Ganges besitzen, und dem Perser alle anderen Mittel der Communication entbehrlich scheinen lassen**).

Die einzige menschliche Mitwirkung an den Wegen biethen die Brücken, welche an unvermeidlichen oder gefährlichen Puncten angebracht sind. Sie werden durch Legate und Fundationen hergestellt, und wenn sie mit der Zeit baufällig werden oder einstürzen, bleiben sie in demselben Zustande, bis nach vielfältigen Unglücksfällen ein frommer Sterbender oder ein reuevoller Sünder sie wieder in den Stand setzt. Die Brücken sind zumeist in hohen Spitzbogen mit bedeutender Steigerung und Fall gebaut, weil wegen weil wegen der Frühlingswasser und deren raschen Falls von nahen Gebirgen kleine Bächlein zu mächtigen Strömen anschwellen. Auch diese Brücken sind im kläglichsten Zustande, die Decke ist ausgetreten, an vielen Stellen durchbrochen, so dass man den jähen Abgrund stellenweise sieht. Man zieht demnach, wenn möglich, die Fährte vor, und das Sprichwort sagt, die Brücken dienen als Zeichen, dass man nicht passiren soll."

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*) So sagte mir einmal der König: „Persien beutet seine edlen Metalle nicht aus, unser Gold und Silber stammt von Alchymie." Die Kaufleute wissen jedoch besser, woher die edlen Metalle stammen.

**) So ritt ich einst im Gefolge des Schah auf den Elburz in eine Höhe von 12.000 Fuss. Dort angekommen, fragte mich der König, ob unsere Pferde dieses im Stande wären? Als ich es verneinte, meinte er, wenn ihr solche Pferde besässet, würdet ihr auch keine Strassen anlegen.

Doch gibt es Orte, wo die Brücke unvermeidlich ist, wo daher deren Abgang die ganze Communication hemmt oder unendlich erschwert. So kehrte ich im Sommer 1854 von Mosanderan nach Teheran längs des Flusses Häras zurück. Da dieser Fluss durch ein enges Bett sich windet, so wurde vom Shah Abbas eine Kunststrasse angelegt, einige Stellen in den Kalkfels eingehauen, und nach Umständen bald das rechte bald das linke Fluss-Ufer zum Wege benützt. Viele der Brücken und Dämme sind bereits eingegangen und der Weg wird nur mit grossen Schwierigkeiten und Gefahren bei trockenem Wetter im Sommer passirt. Eine Stunde, ehe ich in die Station Ask gelangen sollte, überfiel uns ein heftiger Regen, an das Fortsetzen der Reise konnte man nicht denken, die Caravane blieb in einer elenden Caravanserei, wir nahmen wegen Mangel an Raum Zuflucht in eine Caverne, welche zu diesem Zwecke an verschiedenen Orten künstlich Orten künstlich in den Lehmhügeln ausgegraben ist. Nachts wurde die Brücke, welche wir früh passiren sollten, weggeschwemmt, es blieb uns nichts übrig, als über improvisirte Wege längs der schroffen Felswände uns weiter zu bewegen. In dieser peinlichen Lage versuchte ich zu Fuss weiter zu kommen, doch ich bemerkte bald, dass das Pferd weit sicherer sei, und ich überliess mich reitend meinem Schicksal. Nach vielen Kreuz- und Querzügen gelangten wir endlich. nach 10 Stunden Marsch in das Städtchen Ask. in das Städtchen Ask. Bei dieser Caravane, welche sehr zahlreich war (denn die Thalbewohner zogen eben von Amel in Masanderan in ihr Yeylok (Sommerquartier) in die Berge von Laridschan am Demawend), verunglückte eine Mutter mit zwei Kindern und ein mit Orangen beladenes Maulthier; erstere wurden leblos aus dem Abgrunde geholt, letzteres lebte noch einige Stunden.

Nach dieser durch Umstände beschwerlichen Reise machte ich mehrere praktische Beobachtungen: 1. Seit dieser Zeit fand ich keinen Weg mehr schlecht und unpraktikabel, und ich wurde erst durch meine Umgebung oft darauf aufmerksam gemacht. 2. Dass Thiere, welche an Bergwege gewohnt sind, sich selbst überlassen sicher passiren, wenn sie von beiden Seiten gleich beladen sind; der Selbsterhaltungstrieb macht sie Vorsichtig, sie suchen und finden ängstlich jeden Punct zum Fortkommen; sind sie jedoch ungleich beladen, oder sind sie durch den überklugen Reiter gezwungen zu folgen, so unterliegen sie dem unbeugsamen Gesetz der Schwere, sie stürzen und rollen mit Last und Reiter in den Abgrund. Daher es als erste Regel gilt, an gefährlichen Puncten mit dem Caravanenpferde keine Reiterkünste zu machen. Denn das unbändigste Pferd, wo es sich um Selbsterhaltung handelt, wird furchtsam und zahm wie ein Lamm, ein auf den Füssen unsicheres Pferd nimmt sich zusammen und wird sicher an einem gefährlichen Punct nicht stolpern, eher in der Ebene, wo es sich der Faulheit überlässt. 3. Da ich schon mehrere Nächte wegen Mangel an Insectenpulver schlaflos zubrachte, so übermannte mich der Art der Schlaf, dass ich reitend ihm nachgab und beim Erwachen erst merkte, welche schlüpfrige Parthie ich zurücklegte. So fand ich es bewahrheitet, dass man mitten im Kanonendonner vom Schlafe überwältigt werden könne; ich erinnerte mich damals an die unübertrefflichen Reflexionen Shakespeare's über den Schlaf im Heinrich IV."

Es gibt wohl Ausnahmen, es finden sich sehr schöne Brücken in Ispahan, Shiraz, Amel, Balafrusch in Manschil über den Sefidrud, in der

neuesten Zeit gebaut von Mulah Hadschi Refi, doch diese bleiben eben vereinzelt und Ausnahmen.

Die Folgen des Abgangs von Strassen und anderen Communicationsmitteln lassen sich oft bedeutend fühlen. Bei der Ausdehnung und Fruchtbarkeit des Landes geschieht es fast nie, dass die Ernte überall missriethe, jedoch aus Mangel an Transportkräften tritt der anomale Zustand ein, dass in einer Provinz das Getreide fast keinen Werth hat, während in der andern Hungersnoth existirt. So verkaufte die fruchtbare Provinz Azerbeidschan im letzten russisch-türkischen Kriege ihre reichen Vorräthe um hohen Preis, das nächste Jahr erfolgte durch Mangel an Regen ein Ausfall der Ernte, es entstand in Tabris eine furchtbare Hungersnoth, trotzdem dass in Caswin, dass in Caswin, 45 Meilen südlicher, und in Hamadan die Frucht fast keinen Preis hatte.

Vor einigen Jahren sollte auf Willen des Königs eine Baumwollspinn-Fabrik in Persien angelegt werden. Sie wurde auch in der Mitte der Wüste gegründet, wo Wasser und Brennmaterial fehlt, wo ferner wegen der Hitze vier Monate im Jahre nicht gearbeitet werden kann.

Da in Persien noch der Glaube an die vier Elemente von Thales besteht, so wies ich gleich zu Anfang nach, dass der Fabrik alle vier Elemente abgehen, dass sie jedoch mit dem übrigen reichlich versehen sei. Man entschied sich jedoch für den Bau in der Wüste, weil in der Nähe das Jagdrevier des Königs liegt und daher einen bequemen Platz zum Tämäscha (Spektakel) bietet.

Die Dampfmaschinen und Apparate mussten vom caspischen Meere auf dem kürzesten, jedoch unbequemsten Wege mittelst Menschenhände geholt und herbeigeführt werden. Ganze Ortschaften wurden in Anspruch genommen, ein ganzer Bezirk wurde zerstört und entvölkert,

man hatte an 50 Menschenleben zu beklagen. Nach der Natur der Sache ist selbstverständlich, dass das mit enormen Ausgaben bestrittene Unternehmen fruchtlos sein müsse.

Dasselbe gilt beim Transporte von Kanonen und Munitionswägen in die fernen Provinzen. Man muss zwar die Ausdauer und Geschicklichkeit der Mannschaft bewundern, doch wird dabei viel Kraft, Zeit und Menschenleben vergeudet. Steinkohlen, welche in unermesslichen Lagern sechs Meilen von der Hauptstadt zu Tage liegen, werden auf dem Rücken von Eseln dahin transportirt. Der Preis der Kohle ist etwas höher als derselbe in Wien, denn 530 Wiener Pfund werden durchschnittlich im Preis von 1-1 holl. Ducaten verkauft.

Der König und einige Grosse des Reiches besitzen Kutschen, welche, so unbequem sie auch für die Wege sind, jedoch des Pompes halber eingeführt werden, an abschüssigen Stellen werden Stricke von beiden Seiten eingespannt und durch die Diener das Rollen des Wagens verhindert; kommt man endlich an einen Wasserriss, so wird nach echt argonautischer Weise der Wagen auf den Schultern über das Hinderniss gebracht. Die Indolenz für Wege ist eine solche, dass von der Hauptstadt bis in das nächste Lustschloss Niaveran, am Fusse des Elburs-Gebirges, 11, Meilen Entfernung, trotz der enormen Frequenz im Sommer, trotz des durch Gerölle, Wasserrisse und offene Wasserleitungen durchschnittenen Weges in der Ebene keine Strasse angelegt wurde.

Hiezu kommt noch, dass bei der künstlichen Bewässerung von einem Felde auf das gegenüberliegende durch mehrere Tage das Wasser geleitet

und oft der Weg in langer Strecke zu einem grundlosen Sumpf umwandelt wird. Noch greller tritt dieses Missverhältniss an den Reisfeldern am caspischen Meere auf, der Caravanenweg wird hiebei durchaus nicht berücksichtigt und zu einem Sumpfe umgewandelt, es gilt der Grundsatz: Jeder mag passiren wie er kann und wie er nicht kann.

Es gilt überhaupt die nach europäischer Anschauung umgekehrte Regel, jeder ist Herr des Weges, der Landmann benützt daher, wenn es ihm bequem ist, den Weg zum Anbau und Vereinigung zweier Grundstücke, und die Aufgabe der Caravane ist es, sich einen neuen Weg zu suchen. Dasselbe Recht auf die Strasse gilt auch in den Städten; wer die Gewalt hat, rückt mit dem Hause in die Gasse hinein, ja er verbaut eine ganze Gasse, oder er gräbt eine Senkgrube in der Mitte der Strasse, man barrikadirt durch mehrere Stunden einen öffentlichen Platz mit Stroh, Holz und Packthieren, niemand hat das Recht sich darüber aufzuhalten, man wählt einen Umweg; wer in den Brunnen fällt hat das Unrecht, nicht vor die Füsse gesehen zu haben.

Stürzt ein Haus zusammen, wie es nach einigen Tagen Regen bei den Lehmmauern so häufig ist, so geht die Passage oft Tage lang über die Trümmer weg, so sinkt oft der von Wasserleitungen unterminirte Boden ein, es entsteht ein Abgrund in der Strasse, welcher nur nach Zeit und Musse ausgefüllt wird!

Caravanserei oder Chan.

Gasthäuser kennt man in Persien nicht, jeder führt die zur Unterkunft unerlässlichen Mittel mit sich, so Bettzeug, einige Teppiche, Geschirre und Töpfe etc. Besonders dem Europäer ist es wichtig, Trinkgeschirre mitzuführen, da die Einwohner wegen religiösen Vorurtheils des unreinen Nichtgläubers unter keiner Bedingung es ihm leiht, er ist daher bei dessen Abgang gezwungen, nach der Weise des Diogenes des Diogenes seinen

Durst zu stillen.

Im Sommer geht es mit der Unterkunft gewöhnlich nicht schwer, bei dem heiteren Himmel und der trockenen Luft lagert man wo immer an einer Quelle oder einem Bächlein im Schatten einer Weide, Ulme oder Pappel, man breitet einen Teppich aus und ist man damit vorgesehen, wird ein kleines Zelt aufgeschlagen, dann einige Steine zusammengefügt, die harzigen Reiser der Wüste gesammelt und unter dem Kupfertopfe ein lustiges Feuer angezündet, um die beliebte Speise des Tschilav oder Pillav (Reis) zu kochen, zu welchem Zwecke man gewöhnlich Reis und Butter mitführt, etwas Kresse und Münze, welche man im Bache findet, würzen das Mahl, ein Trunk frischen Wassers, oder wenn es nahe an einem Dorfe oder Hürde ist, stark saure Buttermilch stillen den Durst, die Müdigkeit und die frische kühle Abendluft laden zum Schlafe ein. Gegen Mitternacht geht gewöhnlich die Reise weiter.

Im Winter bei Regen und in wasserlosen Gegenden ist man gezwungen, in den öffentlichen Caravansereis eine Unterkunft zu suchen. Diese sind gewöhnlich längs der Strasse in einer Distanz von fünf zu fünf Meilen aufgeführt; es sind dieses sehr stattliche Bauwerke, welche entweder von der früheren Dynastie der Safavieh oder von Privatstiftungen herrühren. Es sind dieses nebst den Moscheen fast die einzigen soliden, aus Ziegel- und Quadersteinen aufgeführten Gebäude, sie bilden ein regelmässiges Viereck mit einem prächtigen gewölbten Portal, über

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