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GESCHICHTE UND SYSTEM

DER

RÖMISCHEN STAATSVERFASSUNG

VON

DR. ERNST HERZOG,

ORD, PROFESSOR DER PHILOLOGIE AN DER UNIVERSITÄT TÜBINGEN.

ZWEITER BAND.

DIE KAISERZEIT VON DER DIKTATUR CÄSARS
BIS ZUM REGIERUNGSANTRITT DIOCLETIANS.

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Einleitung.

Das wichtigste Problem einer Darstellung der Verfassung des römischen Kaiserreichs besteht in der Definition der Anfänge, und die Schwierigkeiten dieses Problems liegen nicht sowohl in der Überlieferung als in den geschichtlichen Thatsachen. Bei der Neugestaltung des Gemeinwesens, die der Diktator Cäsar unternahm, ist das letzte Wort nicht gesprochen worden, diejenige Form aber, welche Augustus der Republik gab und welche Bestand hatte, war ein so künstlicher Kompromifs, dafs der Urheber selbst seine ganze Lebenszeit hindurch daran zu arbeiten hatte und Wort wie Sache überhaupt nicht einfach formuliert werden konnte. Und diese Unbestimmtheit hat sich auf die Nachfolger des Augustus fortgepflanzt, so lange sie sich zu seinem System bekannten, in welchem, wie dem Augustus selbst, so jedem einzelnen ein so weiter Spielraum verfassungsmässigen Handelns gegeben war, dafs jede neue Persönlichkeit den Charakter der Regierung neu bestimmte. Wir haben es nun nicht mehr mit einer Entwicklung zu thun, die durch eine Reihe von Akten der Gesetzgebung hindurchgeht und daran ihre Epochen hat, sondern die konstitutiven Momente sind sämtlich schon unter Augustus gegeben; nur die thatsächliche Mannigfaltigkeit in der Handhabung der augusteischen Verfassung macht die politische Geschichte dieser Zeit aus und teilt sie in eine Geschichte der einzelnen Regierungen, denen man Schritt für Schritt nachgehen mufs. Doch stehen neben diesen kleinsten Zeitabschnitten auch wieder gröfsere, die bedingt sind durch die allgemeinen Veränderungen, die jedes Gemeinwesen im Fortschritt der Zeit in seinem äufseren Bestand, in den gesellschaftlichen Zuständen seiner Bevölkerung, in den die Menschen bewegenden Anschauungen und Interessen durchmacht, Wandlungen, die sich immer nur in gröfseren Zeiträumen vollziehen, wenn auch zum Teil unter Anstöfsen von einzelnen Personen und einzelnen Thatsachen. Den hieraus

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