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servituten dienten zur berechenbaren Werthserhöhung der Grundstücke, eine Erbschaft aber konnte nicht als selbständiger Bestandtheil des zu überschlagenden Bürgervermögens in Betracht kommen.

Sodann ist zu berücksichtigen, daß die mancipatio ihrer Uranlage nach offenbar mehr auf Mobiliar als Immobiliar berechnet erscheint (Vat. fragm. 19, 6), denn bei letzterem läßt sich nur uneigentlich von manu capere reden, auch sehen wir, wie rücksichtlich desselben die Mancipation zu einem künstlichen Act umgebildet wurde (mancipatio absentis praedii und Collectivmancipation). So trug die mancipatio von vorn herein die Signatur des Mobiliars; ist aber ein innerer Zusammenhang der mancipatio mit der Urbedeutung der res mancipi und der res mancipi mit der Classenordnung wahrscheinlich, so ist anzunehmen, daß die letztere nicht schlechthin auf den Grundbesitz gegründet war, sondern wahrscheinlich von vornherein ein mobiles Gepräge hatte.

Außerdem sind folgende Punkte in Erwägung zu ziehen: 1) Wenn nicht der Grundbesitz schlechthin, sondern der Bereich der res mancipi die Grundlage des Census vermögens (familia) bildete, so konnte die Annäherung an den abstracten Vermögensmaßstab leicht geschehen: der Uebergang vom Immobiliar zum Mobiliar ist ein Sprung, von gewissem Mobiliar zu weiterem Mobiliar ein Schritt, ein solcher Fortschritt aber und auch seine nachherige Verwischung in der geschichtlichen Erinnerung wäre ungleich leichter erklärlich. 2) Für die alte Unterscheidung der res mancipi und nec mancipi und für die gleich alte Zusammenstellung von familia pecuniaque (Censusformel bei Cic. de leg. 3, 3: „familias pecuniasque censento"; Testirformel bei Cic. de inv. 2, 50: „super familia pecuniave". Gai. 2, 104. Gell. 16, 10) ist eine klare und breite Grundlage gefunden*. 3) Vielleicht aber fällt von da auch ein Streiflicht auf das tributum, dieses gleichfalls wichtige Servianische Reformmoment. Lange (I. S. 467) denkt sich die Kriegssteuer als eine Zwangsanleihe, welche nach glücklicher Beendigung des Kriegs aus dessen Ertrag (Beute-Contribution) den Bürgern zurückerstattet ward. Nun, zu welch anderen Zwecken, als zur Verpflegung der Legion wäre damals ein Aufwand erforderlich gewesen? Depots an Consumtibilien waren Bedürfniß, diese mußten die Bürger steuern, sie lieferten sie aus ihren Vorräthen an res nec mancipi, und wurden demgemäß aus derjenigen Beute entschädigt, welche die Natur der pecunia trug; was die Natur der familia hatte, fiel zunächst dem Staate zu. So decken sich pecunia, res nec mancipi und tributum. 4) Denken wir uns, daß die Patricier die Nutznießer des öffentlichen Weidelandes waren, während die Plebejer auf ihr größeres oder kleineres Privatgut bez. geringen Viehstand zum Handgebrauch beschränkt blieben: so ergibt sich, daß die res nec mancipi bei letzteren überhaupt nur eine geringe Rolle spielen und ein Ueberfluß an ihnen (peculium, pecunia) nur bei den Patriciern Regel seyn konnte. An dieser

*) Hierüber ist noch die weitere Ausführung im Excurs des 11. Kapitel zu vergleichen.

Constellation ist anzuknüpfen, um in der Geschichte des nexum die Gläubigerstellung der Patricier gegenüber der Schuldnerlage der Plebs zu erklären.

Was gegen die Verknüpfung der res mancipi mit der Servianischen Verfassung (von Danz Lehrb. d. Gesch. d. R. R. I. S. 195. u. A.) eingewandt worden ist, wird von selbst durch die Resultate der neueren Forschung hinfällig, wonach nicht das abstracte Vermögen schlechthin die Grundlage des Census gebildet haben kann. Scheinbar am weitesten nun entfernt sich von obiger Ansicht die von Manhayn aufgestellte und weiter von Danz 1. c. (s. auch Ihering Geist d. R. R. I. S. 109) verfochtene, bez. modificirte Ansicht, daß die res mancipi solche Kriegsbeute waren, welche zunächst dem Staat zufiel und nur durch dessen Hand in Privateigenthum übergehen konnte, und dennoch vereinigen sich beide Ansichten auf's Einfachste: denn wenn res mancipi den Bestand des censirbaren und die politische Stellung der Bürger bestimmenden Vermögens bildeten, so war es selbstverständlich, daß Sachen dieser Art, die erbeutet wurden, zuvörderst vom Staate selbst in die Hand genommen wurden, um ihre Vertheilung publicistisch zu regeln und bez. dem Staatsschatze aus ihrer Versilberung neue Fonds zu verschaffen: vielleicht erklärt sich so auch am einfachsten, wie der Ausdruck manubiae (manus, res mancipi!) die Bedeutung des Erlöses aus der Staatsbeute erlangen konnte. Res nec mancipi (Kleinvieh und Fourage, Waffen und Gepäck und Erz) konnten von den einzelnen milites als unmittelbarer Lohn ihrer Tapferkeit davongetragen, getrieben werden. (Vergl. das foedus Latinum: „Pecuniam quis nancitor, habeto!“ Dazu Schwegler II.. S. 312. 313) Privat- und Staatsrecht in gleicher Weise verhielt sich indifferent zu diesen Sachen. Je mehr die Servian. Verfassung ihren Schwerpunkt im Militärischen hatte, um so näher mußten die zwei genannten Gesichtspunkte, Censusvermögen und Staatsbeute, aneinander rücken, und mithin sind obige zwei Ansichten, richtig gefaßt, so weit entfernt sich zu widerstreiten, daß sie sich vielmehr gegenseitig unterstützen, ergänzen und fordern. Die zweite Ansicht ist eine Consequenz der ersten, und diese drängt zu jener, wenn es wahr ist, daß die Servian. Verfassung eine Heeres- und Kriegsordnung war; die erste Ansicht aber bildet die Grundlage der zweiten, und ohne jene bliebe unerklärlich, daß auch Rusticalservituten, die doch nicht Gegenstand der Erbeutung seyn konnten, und daß nicht auch Kriegsgeräth und Heerdenvieh, das doch vorzugsweise erbeutet werden mochte, zu den res mancipi gerechnet wurden.

V. Daß die Patricier in den Centuriatcomitien das entschiedene Uebergewicht hatten, ist zufolge der Angaben des Dionysius die herrschende Ansicht, auch Lange (I. S. 394. 422. 499. 515!?) hält dieselbe noch fest gegenüber Schwegler (II. S. 21. 154. 633 ff.), welcher annimmt, daß der größte Theil der Patricier den Rittercenturien angehörte, überhaupt die Patricier an Censusvermögen (Grundeigenthum im Unterschied von Possessionen und Capitalien) der Plebs weit

nachstanden, daß sie daher nur mittels des imperium consulare, der auctoritas senatus, des Bestätigungsrechts der Curien und der Stimmen ihrer Clienten die Centuriatcomitien in der Gewalt hatten. Auch rücksichtlich der Curiatcomitien ist noch nicht Alles klar: nach der gemeinen Ansicht ist das Stimmrecht in den Curien zu allen Zeiten ein Vorrecht der Patricier geblieben (Schwegler II. S. 153., dagegen Huschke S. 84.), wogegen Mommsen (Röm. Forsch. S. 144ff.) annimmt, Patricier und Plebejer hätten in den Curiatcomitien der Republik eben wie in den Centuriatcomitien gemeinschaftlich gestimmt, es sei also für beide Versammlungen das Stimmrecht wesentlich dasselbe, und nur die Eintheilung und Gliederung der Stimmberechtigten verschieden gewesen.

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VI. Die Servianische Tribuseintheilung war eine Eintheilung des Territoriums in geographische Bezirke, also im Unterschied von den altpatricischen auf sacraler Stammbürtigkeit ruhenden Tribus eine rein äußerliche und rein weltliche oder administrative Bodeneintheilung (Mommsen Röm. Tribus, S. 14ff.); nur sofern schon die alte Tribusgliederung zugleich den Karakter städtischer Districte angenommen hatte, mag sich an sie die neue Eintheilung äußerlich angeschlossen haben (Schwegler I. S. 736). Man hat dieselbe irrthümlich für eine Eintheilung bloß der Stadt selbst gehalten (so noch Walter Gesch. d. R. R. 1. § 28.), weil infolge späterer Veränderung die Namen der 4 Servianischen Tribus auf die 4 Stadtquartiere beschränkt wurden; wahrscheinlich gehörten vielmehr zu jeder Tribus außer den betreffenden Hügeln der Stadt auch mehrere Regiones des Ager Romanus (Liv. 1, 43. Dion. 4, 14). Der Unterschied der tribus urbanae und rusticae entstand erst später, als im J. 494, zufolge der secessio plebis die Zahl der Tribus auf 21 erhöht ward, um für die bewilligten concilia plebis eine größere Anzahl von Stimmkörpern zu erzielen. Lange I. S. 437. 443. in Uebereinstimmung mit Huschke und Mommsen. Vergl. Schwegler I. S. 737. Mit diesem Ereigniß ging die administrative Bedeutung der Tribus in eine politische über. Lange I. S. 436.

II.

Der Uebergang zur Republik.

Zu § 78] Mit Vertreibung der Tarquinier ward das Königthum, aber nicht die Königsgewalt abgeschafft (Cic. de rep. 2, 32. Mommsen I. S. 250), erst Valerius, der Wiederhersteller der Servian. Verfassung, führte eine Verringerung des magistratischen Imperium zu Gunsten der Centuriatcomitien herbei: er verpflichtete die Consuln zur Gestattung der Provocation in allen auf Todesstrafe oder körperliche Züchtigung gehenden Anklagen innerhalb der Bannmeile (lex Valeria de provocatione), gestattete allen Patriciern die Bewerbung um das Consulat und entzog mithin (s. dagegen Schwegler II. S. 149) den regierenden Consuln die unbedingte Auswahl der zu präsentirenden Candidaten (lea Valeria de candidatis s. de petitione consulatus), end

lich bedrohte er jeden die so modificirte lex curiata de imperio verletzenden Usurpator mit der stärksten Sanction (lex Valeria de sacrando cum bonis capite ejus, qui regni occupandi consilia inisset). Lange I. S. 50 ff. Dazu Ihne im Rhein. Museum 1866. S. 165.

Neben den Reformen des Valerius Poplicola, welche das consularische Imperium beschränkten, steht als ein gleichfalls der ersten Zeit der Republik angehöriges Ereigniß die Einführung der Dictatura, welche eine unumschränkte, unverantwortliche Magistratur ohne Provocation, also ein Königthum auf Zeit war; über dem Ursprung derselben liegt vollständiges Dunkel, welches einer von Ihne (Forsch, auf d. Gebiete d. Röm. Verfass.-Gesch. 1847. S. 42 ff.) angeregten und von Schwegler (II. S. 92 ff, 131) weiter geführten Hypothese Raum läßt: nach derselben ward der Uebergang der Monarchie ins Consulat vermittelt durch die Verfassungsform der Dictatur, gleichwie in anderen Städten Latiums; nur auf den Dictator und zwar als ständigen Magistrat könne jene von Liv. 7, 3 erwähnte lex vetusta, ut qui praetor maximus sit, Idibus Septembribus clavum pangat, bezogen werden; gut würde dazu Niebuhr's Annahme, daß die Dictatoren in ältester Zeit von den Curien gewählt worden, stimmen, wogegen freilich die meisten Neueren sich erklären (s. Schwegler II. S. 124).

III.

Magistratur, Comitien und Senat in der Republik.

Zu § 78. 79] I. Die im Consulat geschaffne Institution concurrirender Gewalten war einzig in ihrer Art und höchst originell: sie „ist offenbar hervorgegangen aus dem Bestreben, die königliche Macht in rechtlich ungeschmälerter Fülle festzuhalten und darum das Königsamt nicht etwa zu theilen oder von einem Individuum auf ein Collegium zu übertragen, sondern lediglich es zu verdoppeln und damit, wo es nöthig war, es durch sich selber zu vernichten. Nicht den beiden Beamten zusammen ward die höchste Macht übertragen, sondern es hatte und übte sie jeder Consul für sich so voll und ganz, wie der König sie gehabt und geübt hatte, und wenn auch eine Competenztheilung stattfand, so hatte dieselbe doch in keiner Weise bindende Kraft. Wo also die höchste Gewalt der höchsten Gewalt entgegentrat, und der eine College das verbot, was der andere befahl, hoben die consularischen Machtworte einander auf". Mommsen I. S. 250. „Die republikanische Magistratur kann man als die Erbin der Königsgewalt bezeichnen, doch ist dieser Satz einer doppelten Einschränkung zu unterwerfen. Denn einerseits vererbte nicht die volle Königsgewalt auf die republikanische Magistratur, indem das Priesteramt des Königs auf den außerhalb der Magistratur stehenden Rex sacrificulus, bez. auf den Pontifex Maximus überging; die Magistratur unterscheidet sich daher durch ihren weltlichen Karakter, dem sehr bald auch die ihr verbliebenen Auspicien dienstbar wurden, von dem Königthum. Und

anderseits läßt sich wenigstens Ein in dem republikanischen Aemterkreis sehr wesentliches und für sie karakteristisches Element, das Volks tribunat, und was sich daran anschließt, nicht aus der königlichen Gewalt ableiten; dasselbe erscheint denn auch freilich deshalb als ein unorganisches Glied im System." Lange I. S. 583.

Die Stellung von magistratus (mit potestas) ward anfangs den Tribunen und Aedilen bestritten, allein nach und nach errangen sich dieselben das jus der mulctae dictio, das jus concionis und edicendi (Becker Handb. d. Alterth. II. 2. S. 296.), und mit dem Publilischen Gesetz, welches die concilia plebis zu comitia erhob, war die Anerkennung jener Volksbeamten als magistratus populi Romani ausgesprochen, denn creatio konnte nur in Comitien geschehen, und comitia und magistratus waren zusammengehörige Begriffe. Patschnik, Zeitschr. f. d. österr. Gymnasien, 1863. S. 627 ff. 1866. S. 161 ff. Dazu Ihne im Rhein. Mus. 1866. S. 170. Die Patricier waren gegenüber dem mächtigen Imperium durch ihr fas, ihre Familienverbindungen und die Autorität des Senats geschützt; die Plebs war dem Imperium preisgegeben: im tribunicischen auxilium sollte dieser nun ein Ersatz gewährt seyn, und in der sacrosanctitas der Tribunen ward ein dem fas analoger Boden für die neue Institution geschaffen.

II. Durch den Vorgang des Valerius Poplicola, welcher die Centuriatcomitien über seine Gesetze befragt hatte, war weder für diese Comitien das Recht der Gesetzgebung im heutigen Sinne, noch auch für die Curiatcomitien das Recht der Bestätigung aller möglichen gesetzlichen Anordnungen begründet. „Vielmehr waren die Centuriatcomitien von nun an nur competent, wie für die Wahl der Magistrate, so für Gesetze, in denen das Imperium dieser Magistrate bestimmt wurde; die patrum auctoritas der Curiatcomitien war für Gesetze dieser Art, aber auch nur für sie, erforderlich. Die Curiatcomitien hatten weder den Beschluß der Centuriatcomitien über Eröffnung eines Angriffskriegs, noch deren Urtheil über einen provocirenden perduellis zu bestätigen, da diese Rechte der Centuriatcomitien auf einer Concession des Königs beruhten. Ebenso wenig aber konnten sie später das Recht der Bestätigung für Beschlüsse der concilia plebis und überhaupt der Tributcomitien, wenn diese Versammlungen nicht etwa sich mit dem Imperium beschäftigten, ansprechen." Lange I. S. 500.

III. Nach der älteren Ansicht, welche noch von Huschke und Puchta vertreten, von Peter und Rein nur modificirt ist, ward unter der patrum auctoritas die Zustimmung des Senats verstanden, dagegen ist seit Niebuhr immer allgemeinere Ansicht geworden, jene auctoritas als den bestätigenden Curienbeschluß zu verstehen, mit welchem die Ausfertigung der lex curiata de imperio unmittelbar zusammenhing. Becker Röm. Alterth. II. 1. S. 316 ff. Schwegler II. S. 155-173. Auch der Senat übte eine gewisse Mitwirkung, indem die Centuriatcomitien aller Initiative ermangelten und nur über die Vorschläge des regierenden Magistrats abzustimmen hatten. Zwar war die Competenz

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