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κατὰ τοὺς τούτων (sc. τῶν Ῥωμαίων) οὐκ ἀνέχονται νόμους· οὔτε γὰρ Αιθίοπες οἱ Θηβῶν τῶν Αἰγυπτίων ὁμοτέρμονες, οὔτε τὰ πάμπολλα φύλα τοῦ Ἰσμαὴλ, οὐ Λάζοι, οὐ Σάννοι, οὐκ Αβασγοί, οὐχ οἱ ἄλλοι βάρβαροι, ὅσοι τὴν Ῥωμαίων ἀσπάζονται δεσποτείαν, κατὰ τοὺς Ρωμαίων νόμους τὰ πρὸς ἀλλήλους ποιοῦνται ξυμβόλαια· (multi autem eorum, qui quoque servitutis frenum acceperunt, vivere tamen secundum Romanorum leges recusant; neque enim Aethiopes Thebis Aegyptiorum finitimi neque plurimae Ismaelitorum gentes, non Lazi, non Sanni, non Abasgi, non ceters barbari, quotquot Romanorum colunt dominatum, secundum Romanorum leges inter se ineunt conventiones.)

Denn indem Theodoret an dieser Stelle eine Vergleichung anstellt zwischen der Ausdehnung der Herrschaft des römischen Rechtsgesezes einerseits und des in dem Christenthume offenbarten göttlichen Gesezes andererseits und hierbei nun die äußersten Endspißen des römischen Einflusses in's Auge faßt, in welchem Sinne er auch p. 614. d. 615. a. die Parther in Betracht zieht,

so mußte er nun nothwendiger Weise auch denjenigen Völkerschaften seine Aufmerksamkeit zuwenden, welche außerhalb und an den Grenzen des Reiches zwar als souverän, allein mehr oder minder beeinflußt durch das Uebergewicht Roms dem Blicke sich darboten. Und dem entsprechend hebt er daher hervor die Aethiopen, welche, im Do= defaschönus wohnhaft, die Grenznachbarn Roms an der Thebais waren, die Araber ferner in der Arabia felix und deserta, die Lazi endlich mit den ihnen unterthänigen Abasgi und Tzani in der Colchis, somit insgesammt Völkerschaften, welche ganz entschieden nicht dem römischen Staatsverbande als Unterthanen angehörig, vielmehr höchstens tributpflichtig, dabei aber in Wirklichkeit souverän und Träger ihres eigenen Staatswesens, wie Particularrechtes waren. Denn daß diese unsere Auffassung von der Stellung jener Völker gegenüber Rom vollkommen der Wahrheit entsprechend ist, lehren die sonstigen geschichtlichen Ueberlieferungen zur Genüge, 909) daher wir denn in den Ausdrücken des Theodoret: tov

909) Wegen der Aethiopes vergl. Spanheim, Orb. Rom. p. 306. sq. und dazu namentlich Procop. B. Pers. I, 19., woselbst auch angegeben ist, daß die Römer denselben, nämlich den Blemyes und Nobatä vielmehr jährliche Leistungen an Gold machten, um sie von ihren steten Einfällen in das Reich

τῆς δουλείας δεξάμενοι χαλινόν υπὸ τὴν Ῥωμαίων ἀσπάζονται SEGROTEíxv in der That schlechterdings nicht ein Mehreres erblicken dürfen, als eine hyperbolische Ausdrucksweise, welche daraus ganz natürlich sich erklärt, daß Theodoret die Macht Roms in dem glänzendsten Lichte erscheinen lassen wollte, um diesen strahlenden Glanz als Folie der Alles verdunkelnden Macht des Christenthums zu unterbreiten. Und fassen wir daher jene Stelle in diesem Sinne auf, so schwindet in der That jedes Bedenken, die von Theodoret in das Auge gefaßten Völkerschaften als souveräne wenn auch tributpflichtige oder wenigstens durch die Uebermacht Roms beeinflußte Staatswesen anzuerkennen, und wir haben es für irrig zu erklären, wenn noch neuerdings Sybel, in Jahrb. des Ver. v. Alterthumsfr. im Rheinl. IV. p. 28. not. 2. dem Theodoret den Ausspruch unterlegt: „alle Barbaren im römischen Reich schließen unter einander ihre Verträge nach eignem Recht und leben überhaupt nach eignen Gesezen," da vielmehr nicht von Barbaren in, sondern außer dem römischen Reiche die Rede ist. Endlich

9. steht in gleicher Weise dem gegenwärtigen Gesichtspunkte fern, daß in der nächsten Periode theils peregrine Bevölkerungselemente in das Reich aufgenommen und unter der Benennung von gentiles, wie von foederati bei ihrer Peregrinität, wie bei ihrem nationalen Rechte belassen, (§. 117), anderntheils aber auch terri

abzuhalten. Wegen der Jêmaelitä oder Saracenen vergl. Spanheim, 1. c. p. 308. und dazu Amm. Marc. XIV, 4. XXIII, 3. XXV, 6., wonach die Römer mindestens bereits unter den Nachfolgern von Constantin d. Gr. Tribut an dieselben entrichten, sowie Not. Dign. Or. p. 68. u. 85. nebst Böckings Comment. I. p. 294 sq. 379., Theodos. et Valentinian. in Nov. Theod. XXIV. § 2. 3. (443) nebst Ritters Comment. in C. Th. tom. VI, II. p. 80. unter f., Procop. B. Pers. I, 19. Wegen der Lazi, Abasgi und Tzani vergl. Spanheim 1. c. p. 309 sq. und dazu Not. Dign. Or. p. 30. 31. 75, 76, nebst Böckings Comment. I. p. 222. 325. 432. Procop. B. Pers. I, 11. II, 15. 28. sq. B. Goth. IV, 16. de Aedif. III, 7. Menander, Exc. Hist. p. 356. sq. 366 sq. Die Tzani oder Sani insbesondere wurden von Justinian unterworfen und der römischen Provinzialorganisation unterstelt, worüber vergl. Nov. Iust. I. praef. pr. u. XXVIII. praef. (535), Agath, hist. V, 1. 2. Proc. B. Goth, IV, 1. B. Pers. I, 15. (woraus zugleich erhellt, daß bis dahin ihnen die Römer jährliche Zahlungen in Gold gewährten, um sie von Einfällen in das Reich abzuhalten) III, 3. de Aedif. III, 6. Vergl. endlich auch Le Bas, Voyage Archéol. Inser. III. no. 1529. lin. 9. 10. : μαρτυροῦσι τοῦτο Σκύθαι καὶ Πέρσαι, σὺν οἷς Ισμαήλ, ̓Αβασγός, Ἴβης, Αραψ.

toriale Erwerbungen neuer Provinzen gemacht werden, deren Bevölkerung ebenfalls bis auf Justinian herab bei der Peregrinität und ihrem nationalen Rechte verblieben (§. 118). Denn gerade diese Vorgänge fallen der Zeit nach der lex Antoniniana anheim, daher sie auch unabhängig von der Leßteren erscheinen in der nämlichen Weise, wie dies bezüglich der nach diesem Geseze zur Latinität oder zur Stellung von dedicitii gelangten Libertinen der Fall ist.

§. 104. Fortseßung.

(Folgewirkungen der lex Antoniniana in Bezug auf das Particularrecht der Provinzen und der liberae civitates.)

Fassen wir die Ergebnisse der Erörterung von §. 103 zu einem Ueberblicke zusammen, um ein abgeschlossenes Bild über die Zustände des römischen Reiches in Bezug auf das Privatrecht seiner einzelnen Pertinenzen von Zeit der lex Antoniniana abwärts zu gewinnen, so haben wir vor Allem zu scheiden zwischen der theoretischen Ordnung und der empirischen Gestaltung der einschlagenden Verhältnisse.

Zunächst die theoretische Ordnung der Verhältnisse der einzelnen, durch die lex Antoniniana betreffenden Pertinenzen des Reiches war zweifelsohne durch das leztere Gesez nicht vorgeschrieben, weil eine solche als selbstverständlich vorausgesezt war. Denn indem jenes Gesez allen damaligen freien Angehörigen des Reiches die röm. Civität ertheilte, so war es selbstgegebene Consequenz, daß alle diese neuen Bürger fortan der Herrschaft des ius civile Romanorum unterworfen wurden, und gegenüber diesem Rechte in Verbindung mit dem ius gentium alle nationale Rechtsparticularität unterging, da eine Ausnahmestellung gegenüber diesen Consequen= zen feiner einzigen Classe oder Gruppe von römischen Bürgern durch die lex Antoniniana zugestanden ward. Wo immer daher solches angestammte nationale Recht noch fortbestand, da dauerte es lediglich als peregriner Rechtsstoff, nicht aber als peregrines Recht selbst fort und es beruhte daher solcher Bestand auf der Qualität jener peregrinen Rechtsmaterie als römischen Rechtes, in welches jene Materie entweder nach jenem Geseze sich verwandelte, oder als welches dieselbe bereits vorher schon bestanden hatte. So daher ist

es zu beurtheilen, wo wir nach der lex Antoniniana einem angestammten, national-peregrinen Rechtsstoffe in den leges municipales oder im Allgemeinen auf Grund eines kaiserlichen Privileges oder hinter einer local-particulären Gestaltung des gemeinen römischen Rechtes oder in einem subsidiären, localen Gewohnheitsrechte begegnen oder endlich solchen in Rechtsinstituten vorfinden, die in ihren theoretischen Grundzügen mit dem gemeinen römischen Rechte übereinstimmen und nur in ihrem historischen Ausgange, wie in ihrer besonderen Stellung im Staats- und Volksleben eine Selbstständigkeit und Eigenthümlichkeit erkennen lassen (§. 103 unter 1-5).909") Eine anderweitige Fortexistenz nationalen Rechtsstoffes dagegen erkennt die römische Theorie unmittelbar nicht an, da selbst dann, wenn das nationale Recht als die Norm der Entscheidung eines schiedsrichterlichen arbiter zur Anwendung gelangte, dasselbe nur als Vertragsinhalt, nicht aber als Recht: nicht kraft innerer und selbsteigener höherer Macht die Interessenten beherrscht, sondern nur fraft einer durch freies Belieben ihm attribuirten Gewalt; denn nur durch das Compromiß der Parteien wird ihm eine Herrschaftsfähigkeit verliehen, daher auch jene Norm nicht über dem Willen der Interessen steht, sondern demselben unterthan ist, gleich jedem anderen erlaubten Inhalte eines Vertrages (§. 103 unter 6.). Insoweit als dagegen die fortdauernde Anwendung nationalen Rechtes und die Beobachtung seiner Vorschriften Seitens der ihm freiwillig sich Unterordnenden eine rusticitas der Lezteren begründet, so respectirt die römische Rechtstheorie nicht jenen Fortbestand an sich, sondern einzig und allein diese rusticitas und auch dies nur in untergeordneterer Maaße (§. 103 unter 7.).

Daher geschieht es von dem Standpunkte der römischen Theorie in Wahrheit, daß in Folge der lex Antoniniana das national-peregrine Recht der einzelnen Pertinenzen des Reiches seinen Untergang erfährt und höchstens noch als fremder Rechtsstoff in einem römischen ius speciale oder particulare fortlebt. Und diesen Standpunkt der Anschauung bedingt nicht allein die von urältester Zeit

909 a) Daher verliert die libertas innerhalb der äußeren Gränzen des Reiches selbst dann, wenn sie unter der Bezeichnung aůrovopix noch vorkommt und fortbesteht (vgl. Spanheim, Orb. Rom. p. 295. sq.) doch ihre Beziehung zu einem nationalen Rechte, wie überhaupt ihre Bedeutung für autonomes Particularrecht.

her überlieferte und in Gültigkeit erhaltene Theorie der Connexität zwischen civitas und ius civile, sondern es bekundet ihn auch allgemein die Rechtswissenschaft und die Legislation, wie Beide in den Quellen uns entgegentreten. Denn was die Leztere insbesondere betrifft, so sehen wir, wie die kaiserlichen Constitutionen, welche römisches Privatrecht behandeln, nach allen Richtungen hin an die einzelnen Pertinenzen im Reiche erlassen werden, so z. B. von Constantinus eine Constitution die Fideicommisse betr. im J. 317 an die Nationales Hispaniarum, ingleichen zwei Constitutionen die Erbeinsetzung der servi als heredes necessarii, sowie die liberti ingrati betr. im J. 332 ad concilium Byzacenorum, u. dgl. m.910)

Dagegen die empirische Ordnung der Verhältnisse der nämlichen Pertinenzen des Reiches erweist sich im Allgemeinen als vollkommen übereinstimmend mit der theoretischen Ordnung: wir sehen im Allgemeinen allenthalben, wohin immer wir den Blick wenden, das römische Recht in den verschiedenen Theilen des römischen Reiches von Zeit der lex Antoniniana in Uebung und Anwendung, in Kraft und Gültigkeit.911) Nur bezüglich vereinzelter Punkte haben wir eine Ausnahme hierin zuzugestehen: denn zunächst mochte es in den verschiedenen Theilen des Reiches vorkommen, daß die Bewohner des flachen Landes im Gegensaße zu den Städten, somit die der Bodencultur obliegende Bevölkerung ihren rechtlichen Verfehr noch fort und fort denjenigen äußeren Formen unterstellten, die hierfür durch das angestammte nationale Recht an die Hand gegeben und überliefert waren. Allein derartigen Vorkommnissen ist alle selbsteigene und unmittelbare juristische Bedeutung abzusprechen, da, insoweit solche Verkehrsformen den Requisiten des römischen Rechtes genügten, dieselben lediglich um deßwillen rechtlichen Effect hatten; insoweit dagegen dieselben den lezteren Re

910) In C. Th. X, 11, 1. II, 19, 3. IV, 10, 1.; vergl. im Uebrigen Hänel, Cod. Th. Praef. nott. zu p. XXXIX.

911) So z. B. in Aegypten nach Ulp. lib. 2. Fideicom. (Dig. XXXIV, 1, 14. § 3.), in Africa nach Ulp. 1. c. u. Paul. lib. sing. de Iur. et Fact. Ign. (Dig. XXII, 6, 9. § 3.), in Kleinasien nach Ulp. lib. 31. ad Sabin. (Dig. XXIV, 3, 7. § 13.), Marcian. lib. 8. Inst. (Dig. XXXIII, 1, 34.), in Gallien nach Ulp. lib. 28. ad Ed. (Dig. XIV, 3, 13. pr.), lib. 31. ad Sabin. (Dig. XXIV, 3, 7. § 13.), Scaevola lib. 18. Dig. (Dig. XXXIII, 2, 34. pr.).

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