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alische Beziehung, die mρodizíz sich in Bestand erhält; weiterbin verschwindet sodann auch die śzıyɑyíz, das conubium, so daß nur die dem griechischen Verkehrsleben eigenthümliche syutnoış, das commercium agrorum, allein nebst der podizia noch übrig ist, bis endlich auch hier die Zerseßung beginnt. Diesen Entwickelungsgang der Dinge läßt das hellenische Alterthum im Allgemeinen in mannichfachen Spuren deutlich erkennen, wie wir in Beilage XIII § XIII. XIV. nachwiesen, und zu diesen Spuren dürfen wir insbesondere auch die lex Fundan. de Therm. Pis. Mai. vor 690 lin. 18-22 Göttl. rechnen, insofern dieselbe bestimmt:

Quae leges quodque ious quaeque consuetudo L. Marcio Sex. Iulio Cos. inter civeis Romanos et Termenses Maiores Pisidas fuit eaedem leges eidemque ious eademque consuetudo inter ceives Romanos et Termenses Maiores Pisidas esto; denn hierin allenthalben wird ein bereits vorgefundener Zustand gefeßlich confirmirt und befestigt, und dieser Zustand selbst besteht darin, daß auch ohne besondere Verleihung von commercium und actio der römische Bürger im Verkehre mit den Thermensern unter gewissen Voraussegungen dennoch des ius civile Thermensium theilhaft war. Und hiermit stimmt auch überein die Festsetzung im Frieden zwischen Rom und Antiochus von 565 bei Liv. XXXVIII, 38, 11. 12. u. Polyb. XXII, 26, 16. 17.:

Rhodiorum sociorumve quae aedes aedificiaque intra fines regni Antiochi sunt, quo iure ante bellum fuérunt, eo Rhodiorum sociorumve sunto; si quae pecuniae debentur, earum exactio esto; si quid ablatum est, id conquirendi, cognoscendi, repetendique ius item esto;

denn indem hiermit für die Handels- Comptoire und Factoreien, welche die Rhodier und andere römische socii in Syrien batten (not. 751 u. 717.), die nämliche rechtliche Stellung, welche dieselben vor Ausbruch des Krieges hatten, auch für die Zukunft garantirt, insbesondere aber die Rechtsgewähr wegen der bereits vor legterem Zeitpunkte aus Vertrag oder auch sonst durch Dalict erwachsenen Schuldforderungen zugesichert wird, so ergiebt sich hieraus nicht allein, daß vor jenem Kriege bereits ein rechtlich geschüßter, commercieller Verkehr der Rhodier und anderer Nationen in Syrien statt hatte, woraus eben jene contractlichen Forderungen datirten, sondern daß auch für die Zukunft gleicher Rechtszustand

beibehalten wird, ohne daß hierbei irgend wie eines besonderen commercium gedacht würde.

Wenn wir daher diese Entwickelung, welche das griechische und beziehentlich das hellenistische Alterthum in dem Aufgeben des Systemes der nationalen Herrschaft des ius civile einschlug, auf den Handelsverkehr und dessen Einwirkungen auf die socialen Verhältnisse, wie auf die gesammte Nationalanschauung zurückzuführen baben, so begegnen wir nun in dem hellenischen Alterthume einer weiteren Erscheinung, die nicht minder als Product des commerciellen Verkehres sich erweist: mit dem Erblühen des Handels, mit der Ausdehnung seines Verkehres, mit der Vergrößerung seiner Unternehmungen, mit der steigenden Complication seiner geschäftlichen Verhältnisse erwiesen die einschlagenden, von Alters überlieferten rechtlichen Bestimmungen, in gleicher Weise wie das ererbte Proceßverfahren sich als ungeeignet und unfähig, den gesteigerten Anforderungen jenes geschäftlichen Verkehres Genüge zu leisten. Und indem hiermit das Bedürfniß nach neuer Rechtsordnung erwachte und zur Empfindung gelangte, so gingen nun hieraus, besondere Rechtsschöpfungen hervor, entsprechend den besonderen Anforderungen jenes neu gestalteten Verkehres. So daher gelangte auf diesem Wege das hellenische Alterthum zu einem eigenen Handelsgerichtsprocesse, wie Handelsrechte, 754) und damit zu Rechtsordnungen, welche bei dem kosmopolitischen und zugleich mittheilsamen Wesen des Handels in den verschiedenen Staaten in einem höheren oder geringeren Grade von Uebereinstimmung gleichmäßig wiederkehren mochten. 755)

754) Wegen der éμñopixoì vóμoi u. ŝuropıxaì ôíza: vgl. Pauly Realencyclopädie III. p. 122–131. Hermann, gr. St. Alt. § 146. gr. Pr. Alt. § 44. Hüllmann, Handelsgesch. p. 159. Schen Pindar. Olymp. VIII, 28. sq. Nem. III, 114. rühmt Aegina wegen seines Handelsgerichtes; vgl. namentlich auch Demosth. in Apatur. p. 892. und in Phorm. p. 919.

755) Daß in dem hellenischen Handelsverkehre ein gemeinsamer Handelsbrauch sich gebildet hatte und demgemäß in allen Staaten gleichmäßige handelsrechtliche Bestimmungen existirten, ergiebt sich aus Demosth. c. Lacrit. p. 939., wo ein Athener an einen Phaseliten die Frage richtet: oby äñas ἡμῖν οἱ αὐτοὶ νόμοι γεγραμμένοι εἰσὶ καὶ τὸ αὐτὸ δίκαιον περὶ τῶν ἐμπορικῶν δικῶν; Die Reception des rhodischen Geseges de iactu Seiten Athens, wie Roms bietet eine genügende Analogie dafür; vgl. not 781.

So nun treten in allen diesen Verhältnissen drei verschiedene Momente uns entgegen, in denen wir eine Einwirkung des entwickelten Handelsverkehres anzuerkennen haben: die Beseitigung der Schußlosigkeit des Fremden im Allgemeinen, das Aufgeben vornämlich des Systems der nationalen Herrschaft des Rechtes zu Gunsten des Peregrinen im Besonderen und die Bildung von neuen Rechts- und Proceßordnungen zu Gunsten des Handels. Und fragen wir nun, inwieweit die nämlichen Erscheinungen auch im römis schen Staate wiederkehren, so finden wir, wie auch hier, in Rom, bei der steigenden Entwickelung des Handels die These von der Recht- und Schußlosigkeit des Peregrinen aufgegeben wird (§. 9); wie auch hier in dem ius gentium ein eigenes Handelsrecht zur Anerkennung gelangt (§. 82), wie endlich auch hier zur nämlichen Zeit ein neues Prozeßverfahren in's Leben tritt, welches von Vorn herein in inniger Verbindung mit den Handelssachen erscheint (§. 83). Hier allenthalben daher vermögen wir zu Rom genau die nämlichen Erscheinungen zu erkennen, welche auch anderwärts und namentlich in dem hellenischen Staatsleben als Folgewirkungen des Handelsverkehres uns entgegentraten. Nur in Einem Punkte geschah es, daß zu Rom eine wesentlich verschiedene Gestaltung der Dinge zu Tage trat, als in den Ländern hellenischer Bildung. Denn wäb rend die Lezteren allmählig ihr gesammtes Privatrecht und am Frühesten das Obligationenrecht von der Basis der Civilität abbeben und dem Fremden eröffnen; während daher hier die neuen handelsrechtlichen Schöpfungen neben den noch bestehenden älteren Rechtssagungen auf den Boden eines gemeinsamen Systemes in Bezug auf ihre Herrschaft über die Person treten; so schlägt Rom in dieser Beziehung einen völlig neuen, ja in der Weltgeschichte vielleicht von ihm allein betretenen Weg ein: denn für seine altübers lieferten Rechtssagungen hält Rom auf das Strengste das System der nationalen Herrschaft des Rechtes aufrecht, während für das neugebildete Handelsrecht allein nebst dem demselben entsprechenden Proceßverfahren jene Basis der Civilität aufgegeben und ein neues System adoptirt wird, welches dem Peregrinen die Theilnahme an diesen Rechtsordnungen eröffnet, 756) Und indem nun auf diesem

756) Höchst interessant ist die Wahrnehmung, wie total verschieden die Wege sind, auf denen die Völker des Alterthumes von dem Systeme der natio

Wege eine Doppelheit in das vermögensrechtliche römische Privatrecht selbst hineingetragen ward, so wurde es nun durch diesen Gegensaß möglich, neben den neuen handelsrechtlichen Ordnungen auch noch die von Alters her überlieferten Rechtsordnungen für den Verkehr zwischen Bürgern beizubehalten und so jene Zwiefältigkeit des Rechtes noch Jahrhunderte hindurch zu verewigen, während im hellenischen Leben bereits von früher Zeit an beide Rechtsgruppen zusammenflossen.

So daher tritt in dem privatrechtlichen ius gentium der Römer eine Erscheinung uns entgegen, welche ganz singulär in dem Völkerleben des Alterthums da steht: es erscheint das ius gentium in jener seiner selbstständigen Coëxistenz neben dem ius civile als die Schöpfung einer ureigen bestimmenden Jdee der römischen Nas tion und als ein Werk, welches in dieser seiner Eigenthümlichkeit sich einzig und allein aus jenem so zähen und beharrlichen Festhalten an altüberlieferten Principien erklären läßt, als ein Werk somit, das aus einem Zuge des römischen Volksgeistes hervorgegangen ist, der gegenüber dem gesammten Alterthume als characteristisch uns zu gelten hat und in dem römischen Staats- und Volksleben in so zahlreichen Spuren uns entgegentritt. Und gerade in der obigen Beziehung mußte jene Charactereigenthümlichkeit der Römer fast nothwendig zu jener Consequenz hinleiten, daß man, um das ius civile zu retten und in seiner Wesenheit zu erhalten,

nalen Herrschaft des Rechtes den Uebergang bewerkstelligen zu dem Systeme der territorialen Herrschaft, oder vielmehr zu jenem gemischten Systeme, in dem jedoch das Princip der localen Herrschaft eine Hauptrolle spielt: für die hellenistischen Staaten wird jener Uebergang vermittelt von den Modificationen jenes erteren Systeme aus, welde als ἐπιγαμία, κοινων. ἀλλακτ. u. δικαιοδοσ. zu Tage treten, in der Weise nämlich, daß man allmählig jedem Peregrinen diese Sphären der Rechtsfähigkeit eröffnet; in Rom nimmt jene Wendung ihren Ausgang von dem ius gentium, welches, selbst dem Principe localer Herrschaft untergeordnet, allmählig auch das ius civile selbst inficirt u. seinem alten Principe mehr und mehr untreu macht (§ 122.); endlich in den germanischen Staaten bewerkstelligt sich jener Uebergang in der Weise, daß das Princip der Admission peregrinen Rechtes, auf die peregrinen Unterthanen des Staates angewendet, allmählig zu einer Verschmelzung der mehreren, innerhalb des Staates geltenden national-particularen Rechte führt und dieses neue gemeine Recht nun dem Principe der localen Herrschaft fich unterordnet; vgl. Gaupp, die german. Ansiedlungen p. 228 sq.

die durch die neu entwickelten Handelsverhältnisse postulirte Rechtsordnung zu einem besonderen Rechtscomplexe constituirte, den man als eigene Individualität neben das ius civile stellte.

Hiermit aber erkennen wir, wie die nämlichen culturhistoris schen Vorgänge und die gleichen national-psychologischen Geseze die Völker des Alterthumes in ihren socialen und politischen Lebensverhältnissen gleichmäßig nach der nämlichen Richtung hindrängen, und wie hierin allenthalben Wirkungen von gleichem Grundcharakter, obwohl theilweis in besonderer Erscheinungsform zu Tage treten. §. 77: Fortseßung.

(Zeitpunkt der Entstehung des ius gentium.)

Nach den vorausgegangenen Erörterungen dürfen wir nun hiermit als Resultat feststellen, daß die Entwickelung des zu Rom sich bewegenden Handels, die hierdurch bedingte höhere Frequenz ferner der zu Rom Geschäfte treibenden Peregrinen, sodann der hiermit Hand in Hand gehende Umschwung in der römischen Nationalanschauung, endlich das hierdurch allenthalben wachgerufene und zur Empfindung gebrachte Bedürfniß nach einer rechtlichen Ordnung, welche dem geschäftlichen Verkehrsleben gemeinsamer und entsprechender war, als solche durch das ius civile geboten. wurde; daß, sagen wir, alle diese Momente bereits im Fortschritte des fünften Jahrhunderts zur Constituirung des ius gentium hinleiten, im Laufe des sechsten Jahrhunderts aber an Gewicht und Triebkraft stetig zunehmen mußten. Suchen wir daher innerhalb jenes Zeitraumes nach den weiteren Momenten, welche nähere Bestimmungen für Fixirung des Zeitpunktes der Constituirung vom ius gentium uns an die Hand geben, so ist es zunächst die zweite Hälfte des fünften Jahrhunderts, deren politische Verhältnisse um der schweren Kämpfe willen, in welche Rom während dieses Zeitraumes verwickelt war, als sehr ungünstig für die Bildung des ins gentium sich erweist, insofern als diese Kriege eine bedeutende Stö rung in den Bewegungen und der Entwickelung des römischen Handels hervorrufen mußten. Wenn daher schon diese Rücksicht, die Entstehung des jus gentium auf einen späteren Zeitpunkt herabzurücken gebietet, so wird nun diese Wahrnehmung auch noch genü

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