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tenti, aratores, rusticani: agros habent et natura perbonos et diligentia culturaque meliores,

so erkennen wir gerade hierin eine Skizze, die übereinstimmt mit den Punkten, nach denen wir im Obigen den alten römischen Volkscharakter feststellten.

Andererseits dagegen ward der Kleinhandel von den Römern mit entschiedenster Nichtachtung, 707 a) der Großhandel wenigstens, als ein gegenüber dem Landbau weniger respectables Gewerbe beurtheilt, und wenn Cato seine Res Rustica mit den Worten eröffnet: Est interdum praestare mercaturis rem quaerere, ni tam periculosum siet,

so ist der Gegensaß hierzu durch den oben mitgetheilten Ausspruch gegeben; und in entsprechender Weise sagt auch Cic. de Off. I, 42, 151.:

Mercatura autem, si tenuis est, sordida putanda est; sin magna et copiosa multa undique apportans multisque sine vanitate impertiens, non est admodum vituperanda. Atque etiam, si satiata quaestu vel contenta potius, ut saepe ex alto in portum, ex ipso portu in agros se possessionesque contulerit, videtur iure optimo posse laudari. Omnium autem rerum, ex quibus aliquid acquiritur, nihil est agricultura melius, nihil uberius, nihil dulcius, nihil homine libero dignius.

Sehen wir uns hiernächst nach den directen Zeugnissen des Alterthumes um, so finden wir, wie dieses selbst in der That keine Ahnung hat von jener neuentdeckten Wahrheit: Arist. Pol. III, 5, 10. gedenkt der Etrusker und Carthaginienser als handeltreibender Nationen, von einem handeltreibenden Römerthume ist ihm Nichts bekannt; Varro aber de R. R. II, 1, 9. sq., Collumella de R. R. VI, praef. 3. sq. Plin. H. N. XVIII, 3, 9-14. Hor. Ep. II, 1, 156. fennen ihre Altvordern lediglich als Vichzüchter und Ackerbauer, nicht aber als Kaufleute und Seefahrer. Und während Plin. H. N. XXIX, 1, 24. fagt:

Invehi peregrinas merces conciliarique externa pretia displicuisse maioribus,

und XXXIII, 1, 7. anstatt auf Handel, lediglich auf Tauschge

707 a) Vergl. namentlich Cic. de Off. I, 42, 150., sowie Becker, Handb. II, 1. 189.8q.

p.

schäfte den ältesten Verkehr Roms zurückführt, so berichtet Senec. de Brev. vit. 13.:

Hoc quoque quaerentibus remittamus, quis Romanis primus persuasit navem conscendere? Claudius is fuit (cos. ao. 490. u. c.); Caudex ob hoc ipsum appellatus, quia plurium tabularum contextus caudex apud antiquos vocabatur: unde publicae tabulae codices dicuntur et naves nunc quoque, quae ex antiqua consuetudine per Tiberim commeatus subvehent caudicariae vocantur;

eine Angabe, welche aus Varro, Lib. 3. de Vit. Pop. Rom. entlehnt ist, wie das Fragment hieraus bei Non. Marc. p. 366. G. beweist:

Quod antiqui pluris tabulas coniunctas codices dicebant, a quo in Tiberi navis codicarias.

Ja auch unter den zahlreichen Innungen Noms suchen wir vergeblich nach einer Kaufmannsgilde, während anderentheils wiederum im Jahre 366 das Volk den Plan fassen und die Volkstribunen den Vorschlag machen konnten, den Wohnsig in der ewigen Stadt aufzugeben und den populus Romanus nach Veii überzusiedeln (Liv. V, 50, 8.), was gerade nicht auf eine durch die Lage am Tiber bedingte günstige handelspolitische Situation Roms hinweist.

Und wie es nun fernerweit dahin gestellt bleiben mag, welchen absoluten Werthmesser wohl jener uralte Handel Roms gekannt haben soll, da doch eben so wenig wie Rinder und Schaafe, auch Erzstücken und gemünztes Kupfergeld als die geeigneten Verkehrsmittel gelten werden, einen ausgedehnten und sogar überseeischen Handel mit fremden Nationen zu vermitteln, indem aller Orten und Zeiten ein blühenderer und ausgedehnterer Handel gemünztes Gold oder Silber als Werthmesser beansprucht hat; so drängt denn nun auch das Räthsel zur Lösung, wie wohl jener römische Seehandel sich entfalten und gedeihen mochte, da ebensowohl die größeren Handelsschiffe zum Transport des Gutes, wie auch die schüßende Seemacht ihm gänzlich fehlte. Denn gerade der nördliche Theil des tyrrhenischen Meeres ward selbst in später Zeit noch von den ligurischen Seeräubern unsicher gemacht 708) und bei den

708) Str. IV, 1. p. 180. 6. p. 203. Diod. IV, 40. V, 39.

beständigen Kriegen zwischen Rom und Etrurien steht nicht zu erwarten, daß gerade die Leßteren die römische Flagge besonders respectirten, während die Römer selbst noch zu Beginn des ersten punischen Krieges eine Staatsflottte ebensowenig, wie größere Handelsschiffe besaßen. 709)

709) Im J. 360 schickten die Römer kostbare Weibgeschenke nach Delphi, allein auf einer einzigen longa navis und ohne Begleitung anderer Schiffe, in Folge dessen jene von liparensischen Seeräubern gekapert wird. Während des zweiten samnitischen Krieges wird die Küste Latiums auf das Furchtbarste von den Samniten verwüstet, ohne daß eine Flotte zum Schuße da wäre; Str. V, 3, 5. p. 232. Endlich in Bezug auf den 1. pun. Krieg ist entscheidend Polyb. I, 20, 7—14.; derselbe berichtet: a. in § 9., daß die Römer zuerst im 1. pun. Kriege Quinqueremen und Trieren bauten; b. in § 13. und 14., daß, als die Römer ihre Truppen nach Messana überseßen wollten, ihnen nicht allein Deckschiffe, natáppanto: (Schiffe mit mehreren Ruderreihen, võ:5), somit die Kriegsschiffe fehlten, sondern daß fie unter den Schiffen mit einer Ruderreihe nicht einmal longae naves (paxpà nλoïa) d. h. große Handels- oder Transportschiffe, nämlich Schiffe mit einer größeren Anzahl von Ruderbänken, wie z. B. πevtyzóvropor oder Funfzigruderer besaßen, ja daß sie selbst nicht einen einzigen lembus od. Sechszehnruderer hatten. Vielmehr entnahmen sie die erforderlichen Pentekontoren und Trieren erst von den großgriechischen Staaten. Indem somit Polyb. in dieser Stelle nur besagt, daß die Römer zur Zeit des 1. pun. Krieges Kriegsschiffe oder Mehrdecker weder besaßen, noch zu bauen verstanden, sowie daß ihnen selbst größere Handelsschiffe oder Eindecker nicht zu Gebote standen, insofern sonst die Verwendung der Leßteren zum Transporte erfolgt sein würde, so ist doch damit andrerseits nicht gesagt, daß den Römern auch kleinere Handelsschiffe oder kleinere Staatsschiffe gefehlt hätten, daher in der That nicht zu erschen ist, warum Wachsmuth, röm. Gesch. p. 246. not. 77. in diese Stelle des Polyb. erst einen anderen Sinn hineinträgt, um sodann diese suppeditirte Meinung als unwahr zu bekämpfen. Denn daß Rom zu Beginn des 1. pun. Krieges eigene Staats-Transportschiffe besaß, ist schon bedingt durch die vom Staate bewirkten Getreideeinkäufe (not. 687) und erhellt auch aus Liv. VIII, 14, § 8. und 12: naves inde (i. e. Antio) longae abactae interdictumque mari Antiati populo est;

naves Antiatium partim in navalia Romae subductae, partim incensae rostrisque earum subgestum, in foro exstructum, adornari placuit (v. J. 416). Diese Hinwegnahme der antiatischen Kriegsschiffe, das Verbot der Seefahrt für die Antiaten, das Verbrennen eines Theiles der eroberten Schiffe, Alles dies beweist zugleich, wie schwach sich Rom zur See fühlte, und wie wenig Werth es auf Beschaffung einer eignen Staatsflotte legte, daher wir auch vor dem 1. pun. Kriege nirgends von Operationen oder Kriegen der Römer zur See berichtet finden; vielmehr wird der Sieg des Duilius ausdrücklich als der erste Seesieg bezeichnet, den Rom erfocht, vergl.

Alle diese Momente, die sich noch beträchtlich vermehren lassen, weisen aber in der That mit voller Bestimmtheit darauf hin, daß erst in späterer Zeit ein römischer Handel sich entwickelte.

§. 72.

Fortseßung.

(Zeitliche Verhältnisse des römischen Handels im
Allgemeinen.)

Indem wir nach Alle dem dazu übergehen, die zeitlichen Verhältnisse des römischen Handels näher zu fixiren, so haben wir zunächst

Sen. de Brev. Vit. 13. 3war läßt Lyd. de magistr. I, 27. im J. 473 von den Römern eine Flotte wider Pyrrhus und dessen Bundesgenossen bauen, allein die Unglaubwürdigkeit dieser Angabe erhellt von selbst. Vielmehr haben die Römer vor dem 1. pun. Kriege an die Beschaffung einer Staatsflotte gar nicht gedacht, weil sie von Alters her die Maxime befolgten, von den Staaten der West- und Südküste Italiens in der nämlichen Weise Schiffe und Matrosen auf Grund eines foedus sich stellen zu lassen (daher socii navales), wie von den Binnenstaaten Hülfsvölker; so stellen Neapolis, Velia, Paestum, Rhegium, Locri, Tarentum u. a. m. ihr Contingent an Schiffen und Matrosen (vgl. im Allgemeinen Liv. XXXVI, 42. XLII, 48., im Besonderen not. 216. 218.), aus denen dann die classis Romana gebildet wird, vergl. Liv. IX, 38. vom J. 444. Die Befehlshaber dieser Flotte sind die duumviri navales, welche bereits 443, sowie auch später gewählt werden, so Liv. IX, 30. XL, 18. 26. XLI, 1., während im llebrigen in den späteren Kriegen regelmäßig Prätoren oder Proprätoren zu Admiralen ernannt werden. Zweifels ohne waren daher auch die zehn Schiffe, mit denen im J. 471 die Fahrt nach Tarent von den Römern unternommen ward, von den socii navales gestellt, und ebenso ist die Gestellung von Schiffen zum 1. pun. Kriege Seiten Tarent's, Locri's, Velia's und Neapolis, welche Polyb. 1. c. berichtet, schwerlich freiwillig, als vielmehr nach Maaßgabe eines foedus erfolgt. Eine richtige Würdigung aller dieser Verhältnisse überzeugt aber, wie wahr Becker, Handb. II, 2. p. 339. die Beziehung der im J. 307 oder 333 eingeseßten classici quaestores auf die röm. Flotte abweist. Endlich blieb auch nach den vunischen Kriegen das Flottenwesen der Römer immer noch auffallend vernach lässiget, was in Zusammenhang steht mit der oberwähnten Verbindlichkeit der socii navales, z. B. Zonar. VIII, 13. p. 166. Bonn. Vergl. übrigens zu dem Obigen Preller, in Berichten der fächs. Ges. d. Wiss., hist. phil. El. I. p. 138. sq.; über das Flottenwesen von den punischen Kriegen an, p. 191. sq., sowie Nißsch, Gracchen p. 62. sq. Für die Kaiserzeit: Marquardt, Handb. III, 2. p. 392 sq.

darauf hinzuweisen, wie überhaupt ein Landhandel der Stadt Nom nie fich entwickelte. Denn wenn wir zwischen einem Jahrmarktsverkehre und dem wahren Handel distinguiren und demgemäß den Märkten beim Tempel der Voltumna, die bei Gelegenheit der Zusammenkunft der etrurischen Völker gehalten wurden, 710) den Märkten sodann beim Haine der Feronia im ager Capenas, auf denen seit alter Zeit zu den berühmten Festen jener Göttin die benachbarten Völker: Latiner, Sabiner, Etrusker und Römer zusammentrafen; den Märkten ferner beim Aphrodisium zwischen Ardea und Antium; 711) den Märkten endlich, welche zu Rom beim Dianentempel auf dem Aventin, dem gemeinschaftlichen Bundesheiligthume der unter Serv. Tullus verbündeten Römer und Latiner, welche ferner bei Gelegenheit der ludi Apollinares, Romani und Plebeii, wie auch bei Gelegenheit der von Tarquinuis Superbus eingeseßten Feriae Lafinae zwischen Römern, Latinern, Hernikern und Volskern auf dem mons Albanus allenthalben bereits von der Königszeit her abgehalten wurden; 712) wenn wir diesen wie anderen mittelitalischen Jahrmärkten eine entscheidende Bedeutung für unsere Frage nicht beizumessen haben, so werden wir anerkennen, wie jedem schwunghafteren Landhandel von, wie nach Rom ebensowohl der Mangel an bequemen Communicationswegen, dem erst im Laufe der Republik einiger Maaßen abgeholfen wurde, wie auch die Mangelhaftigkeit der Transportmittel absolut hindernd in dem Wege stand, insofern diese Unvollkommenheiten der Communicationsmittel ebensowohl den Transport für geringere Waaren an sich zu sehr vertheuerte, wie auch die Concurrenz der weit billigeren Seefracht nicht zu ertragen vermochte, welche von allen Küstenpunkten aus in gerader Linie nach dem Inneren Italiens zu den Binnenbandel ausschloß.

710) Liv. IV, 23. 24 Mit großer Wahrscheinlichkeit hat Mommsen, in Ber. d. sächs. Ges. d. Wiss. Phil. hist. El. II. p. 210. den Tempel der Voltumna in die unmittelbare Nähe von Volsinti verseyt.

711) Wegen der Ersteren s. Liv. I, 30, 5. Dionys. III, 32. Str. V. p. 226.; wegen der Leyteren vgl. Abeken, Mittelital. p. 63.

712) Dionys. IV, 26. wozu vgl. Becker, Handb. I, p. 450. 451. - Liv. II, 37. Fast. Maff. Non. u. Id. Jul., wie Id. Sept. u. Novem.: Merk. und dazu Marquardt - Friedländer, Handb. IV, p. 454 u. 493, 457 u. 491, 459 und 492. - Dionys. IV. 49. und dazu Marquardt, Handb. IV. p. 440. sq.

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