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im Uebrigen an einen maritimen Verkehr zwischen Rom und Aegypten zu denken wäre; wenn wir sodann über den Inhalt des ersten, zweiten und vierten der carthaginiensischen foedera unterrichtet und über den allgemeinen Inhalt des dritten derselben nicht in Zweifel sein können, hier allenthalben aber commercium und recuperatio obne conubium vorfinden; endlich aber das erste massilienfishe foedus seiner Tendenz nach den carthaginiensischen gleich zu stellen ist, so daß wir auch diesem commercium und recuperatio beimessen dürfen, während bezüglich des zweiten foedus mit Massilia allerdings der Zweifel entstehen kann, ob dieses nicht sogar die Vereinbarung von conubium enthielt; so können wir nun als Resultat Alles dessen den Saß aufstellen, daß die außeritalischen foedera Roms bis zum ersten punischen Kriege regelmäßig commercium und recuperatio vereinbarten, wogegen conubium nur eine ganz ausnahmsweise vorkommende Erscheinung gewesen sein kann.

Von dem ersten punischen Kriege an verschwinden dagegen 15 audy commercium und recuperatio aus den seitdem abgeschlossenen foedera. Zwar sind uns ihrem Jnhalte nach nicht näher bekannt die foedera mit Hiero von Syracus vom Jahre 491 221) und mit den sicilischen Städten Messana, Tauromenium und Netum aus den ersten Jahren des ersten punischen Krieges 222); wohl aber kennen wir namentlich den Inhalt des fünften und sechsten Vertrages mit Carthago vom J. 513 u. 519223), des ersten foedus

221) Polyb. I, 16. 17., wozu vgl. Zonar. VIII, 9. Liv. Epit. XVI. Eutrop. II, 19.

222) Not. 454; daß in diesen Verträgen commercium und recuperatio fehlte, können wir insbesondere daraus entnehmen, daß sonst Cicero in seinen Reden in Verrem dies nicht unerwähnt gelassen haben würde.

223) Der fünfte Vertrag mit Carthago ist vom J. 512. und seinen Inhalt theilt mit Polyb. III, 27. wozu vgl. I, 62. III, 29. Liv. XXI, 19.; er ward von den Comitien antiquirt Polyb. III, 21. Liv. XXI, 18. wozu vgl. noch Pol. III, 30.; hierauf ward im J. 513. der erste punische Friede geschlossen, welcher jenen antiquirten Vertrag in sich aufnahm, aber noch zwei Artikel beifügte, worüber vgl. Pol. III, 27. 28. I, 63. Wegen beider Verträge s. Zonar. VIII, 17. Liv. Epit. XIX. XXX, 44. Flor. II, 2, 33. Oros. IV, 11. Eutrop. II, 27. Aurel. Vict. de vir. ill. 45. Hierauf folgte im J. 519. der sechste Vertrag, welcher im Wesentlichen eine Bestätigung des fünften enthält und woven Zon.

mit den Aetolern vom J. 543.224), des siebenten Vertrages mit Carthago vom J. 553.225), den zweiten Friedensvertrag mit Philippus von Macedonien vom J. 557.226), den Vertrag mit Nabis von Sparta vom J. 559. 227), das zweite foedus mit den Aetolern vom J. 565.228), den Vertrag mit Antiochus von Syrien vom J. 566.229), das foedus mit Astypalaca in Carien vom J. 649. 230). Allein wie sich in allen diesen Verträgen keine Spur einer Vereinbarung von commercium und recuperatio vorfindet, so sind wir in der That auch berechtigt zu der Annahme, daß solches überhaupt in allen außeritalisch-römischen Staatsverträgen dieser Periode gefehlt habe 231), ja daß überhaupt Beide mit dem sechsten Jahrhunderte aus den foedera Roms hinwegbleiben, eine Thatsache, die auch Bestätigung findet dadurch, daß alle Schriftsteller, wie auch die Juristen, und insbesondere Gaius von einer derartigen Erscheinungsform des commercium gänzlich schweigen.

Dieses Resultat, daß mit dem 6. Jahrhundert conubium, commercium und recuperatio aus den neu abgeschlossenen Staatsverträgen hinwegfallen, erscheint bedingt durch weitere historische Voraussetzungen, auf Grund deren wir auch anzunehmen haben,

VIII, 18. p. 166. Bon. allein berichtet; zu diesem endlich verhält sich als Additionalvertrag der mit Hasdrubal im J. 526. abgeschlossene, worüber s. Polyb. III, 21. 27. 29., auch II, 13, 7. und Liv. Epit. XXI. sowie XXI, 10.18. XXX, 22., Flor. II, 6, 4.

224) Bei Liv. XXVI, 24. Polyb. XI, 6.

225) Dies ist der zweite pun. Frieden; hier find zu scheiden 1) die Fries denspropofitionen des Scipio im J. 551., worüber vgl. Liv. XXX, 16. 22. 23. 30. 31.; 2) der Waffenstillstand und provisorische Frieden des J. 552, worüber vgl. Liv. XXX, 37. 38.; 3) der Friedensvertrag selbst des J. 553., worüber vgl. Liv. XXX, 43. 44, 13. Gell. VI, 5. Polyb. XV, 18. Oros. IV, 19.

226) Liv. XXXIII, 30. Polyb. XVIII, 27. Diod. XXVHI, 11.; vgl. Liv. XXXII, 33.

227) Liv. XXXIV, 34. 40.

228) Liv. XXXVIII, 11. Polyb. XXII, 13, 15.

229) Liv. XXXVIII, 38. Polyb. XXII, 26. App. Syr. 29. 38. 39. 230) Jm Originale überliefert, s. C. J. Gr. no. 2485. II.

231) Dergleichen sind noch: der erste Vertrag mit Philippus von Maces donien vom J. 549., worüber s. Liv. XXIX, 12., die Verträge mit den hispanischen populi aus den Jahren 575–577, worüber s. App. Hisp. 43 sq.

daß von dem nämlichen Zeitpunkte an auch die bereits bestehenden derartigen Rechtsvereinbarungen im Allgemeinen ihre höhere practische Bedeutung verloren. Denn indem zu jenem Zeitpunkte das privatrechtliche ius gentium, dessen Entstehung in den Anfang des sechsten Jahrhunderts fällt (§. 77.), bereits festen Fuß zu Rom gefaßt hatte, so mußte nun der ganze geschäftliche Verkehr, der zu Rem zwischen cives und Peregrinen statt hatte, auf den Boden dieses ius gentium sich drängen und hier, zu freierer Bewegung entsesselt, mit Vorliebe seine Regsamkeit entfalten. Insbesondere aber war der hellenistische Orient an eine weit freiere Gestaltung und Bewegung des rechtlichen Verkehres gewöhnt, als solche das ius civile Romanorum gestattete (§. 50.), so daß seinem Bedürfnisse und seinen Gewohnheiten mit commercium und recuperatio in keiner Weise gedient sein konnte, während das ius gentium scinen Anforderungen vollkommen entsprach und den regelmäßigen geschäftlichen Verkehrsbeziehungen in der That auch völlig genügend war. Und ebensowenig konnten dem noch barbarischen Oriente, wie namentlich den Hispaniern, Kelten und Germanen gegenüber 232) jene Rechtsvereinbarungen als anwendbar erscheinen, da hier eine derartige Ordnung der Verhältnisse ganz im Allgemeinen völlig unbekannt gewesen zu sein scheint, ja diesen Völkern das ius civile Romanorum in noch höherem Maaße unverständlich und unhandbar sein mußte, als den Orientalen (§. 54.). Und andrerseits gewährte wiederum der Orient den Fremden Rechtshülfe und Rechtsschuß auch ohne Stipulation von commercium und recuperatio. (§. 76.), während gleichzeitig auch Rom allen föderirten civitates gegenüber in einer Superiorität war und stark genug sich fühlen mochte, auch ohne derartige Rechtsvereinbarungen seinen Bürgern solchen Schuß im Auslande zu sichern und nöthigenfalls zu erzwingen. So daher waren die Lebensverhältnisse selbst innerhalb der verschiedenen Staaten und die politischen und socialen Beziehungen,

232) Bezüglich der Germanen können wir dies als sicher annehmen, da bei ihnen nicht von dem Systeme der nationalen Herrschaft des eigenen, sondern der Exclusion des peregrinen Rechtes aus die Beseitigung der Rechtlosigkeit des Beregrinen gewonnen wird (§. 10); bezüglich der Kelten dürfen wir Gleiches schließen aus der im Allgemeinen analogen Ordnung der Rechtszustände (vgl. §.54); dagegen im Uebrigen find wir mehr auf das Gebiet der Vermuthungen angewiesen.

aus denen das Bedürfniß nach vertragsmäßiger Rechtsgewähr und damit commercium und recuperatio hervorgegangen waren, wesent• lich verändert, vielmehr eine neue Ordnung der Dinge eingetreten, bei der jene Rechtsvereinbarungen als überflüssig und unnöthig, wie theilweis als völlig unanwendbar sich erwiesen, und demgemäß auch fortan aus den Staatsverträgen hinwegblieben. Dagegen conubium fonnte überhaupt nur den benachbarten Völkern gegenüber eine höhere Bedeutung haben, so daß auch für dessen Aufnahme in die neu abgeschlossenen Staatsverträge feine. Veranlassung geboten war. Alles dies aber erklärt vollkommen und bedingt, daß neue Vereinbarungen von conubium, commercium und recuperatio von dem angegebenen Zeitpunkte abwärts nicht mehr. vorkommen.

So nun stellen wir als Gesammtresultat unserer Erörterung fest: daß conubium, commercium und recuperatio den regelmäßigen Bestandtheil derjenigen foedera bildeten, welche Rom bis zum Ausgange des fünften Jahrhunderts in Italien neu abschloß, mit Ausnahme vielleicht der foedera mit den großgriechischen civitates, wo das conubium gefehlt haben dürfte; und daß sodann diese Ordnung der Dinge im Allgemeinen bis zur Verleihung der römischen Eivität an die Italiker im I. 664 und folgende fortbestand; daß dagegen in den außeritalischen foedera ebenfalls nur bis zum Ausgange des fünften Jahrhunderts, hier aber commercium und recuperatio allein eine regelmäßige Pertinenz der Verträge bildes ten, dagegen vom 6. Jahrhundert an verschwinden, so daß in der That das foedus mit Massilia das einzige sein würde, in welchem folche Vereinbarung das fünfte Jahrhundert, ja selbst das Zeitalter der Republik überdauert haben könnte. Und wie nun jenes InstiJustitut im Allgemeinen nur durch die dem Alterthume eigenen Sviteme der nationalen Herrschaft des eigenen und der Exclusion des peregrinen Rechtes in's Dasein gerufen worden war, so fielen nun diese Voraussetzungen und damit das wirkende Bedürfniß selbst hinweg, sobald an Stelle oder neben jenes System der Nationalität des Rechtes ein anderes System trat, was zu Rom zu Beginn des sechsten Jahrhundert durch Adoption des ius gentium, in den bellenistischen Staaten aber wiederum in anderer Weise beschah (§. 76.). Und wie hieraus das fast plögliche Verschwinden jener Rechtsvereinbarungen ganz unmittelbar sich erklärt, so ist hierdurch auch be

dingt, daß selbst die bereits bestehenden diesfallsigen Vereinbarungen von jenem Zeitpunkte an ihre practische Bedeutung für den geschäftlichen Verkehr im Wesentlichen verloren und höchstens für die nächsten Nachbarstaaten Roms eine solche sich noch bewahrten.

§. 32.

Historische Vorausseßungen und Wirkungen des Instituts.

Die Erörterung von §. 31. stellte fest, daß das Institut von conubium, commercium und recuperatio aus den Staatsverträgen Roms beraustrat von dem Zeitpunkte an, wo dieses mit Völkern in contractliche Beziehungen trat, deren Recht entweder auf einem völlig verschiedenen Systeme der Herrschaft über das Subject berubte, oder doch in seinem Inhalte eine grundwesentliche Verschiedenbeit von dem ius civile Romanorum offenbarte. Und dieser Ausgangspunkt gestattet uns nun andrerseits einen Rückschluß zu machen auf den Anfangspunkt, dahin nämlich, daß die Rechte der verschiedenen Nationen, mit denen Rom in ältester Zeit conubium commercium und actio austauschte, in ihren allgemeinen Grundzügen den Character der Uebereinstimmung an sich trugen, ja daß das ganze Institut an sich auf der Voraussetzung solcher Uebereinstimmung beruhte. Diesen lehteren Umstand selbst im Einzelnen festzustellen, fehlt uns nun allerdings das erforderliche Material; allein immerhin vermögen wir wenigstens an einzelnen Momenten die Richtigkeit dieser Annahme zu erweisen. Denn sehen wir auch davon ab, daß wir in Latium die Tutel 233), die Clientel u. a. m. vorfinden, als von Momenten, in denen jene Uebereinstimmung zu sehr den Charakter des Allgemeinen an sich trägt, insofern sie auch gegenüber zahlreichen anderen und entfernteren Nationen obwaltet, so tritt doch in höherem Maaße und weit marfirter diese Verwandtschaft zu Tage, wenn wir finden, daß dem latinischen Rechte sowohl die Adoption und die Mancipation und die fiducia insbesondere, wie auch die patria potestas und die causa mancipii bekannt war 234). Allein eine ähnliche Uebereinstimmung finden wir auch

233) Tutel z. B. in Ardea nach Liv. IV, 9.

234) Vgl. §.30. fin.; dies unterstügt auch die lex munic. Salp. 21. 22,

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