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vibus, praeterquam de suffragio ferendo aut magistratu capiendo 159);

da in dieser Stelle ausgesprochen wird, daß die foederati an dem, was das munus des civis Romanus bildet, unter der Vorausseßung Theil nehmen, daß sie in Rom anwesend sind, so daß diese Anwesenheit anf römischem Gebiete im Zusammenhauge ers scheint mit der Theilnahme am munus, von welchem selbst lediglich das ius honorum et suffragii ausgeschlossen wird, während insbesondere die iura privata, somit conubium und commercium und actio, ihm ungeschmälert zuerkannt werden.

Uebereinstimmend hiermit sehen wir nun auch im J. 561 die socii und die Latini insbesondere zu Rom Litteralcontracte mit römischen Bürgern abschließen, wie auch auf Grund dieser Contracte wider die Leßteren vor dem praetor peregrinus zu Rom klagend auftreten 160).

Endlich ein leztes, nicht zu unterschäßendes Beweismoment bildet der Umstand, daß auch bei den analogen Verhältnissen im Verkehre zwischen den römischen Staatsangehörigen selbst die nämlichen Grundsäge maaßgebend erscheinen, welche wir auf dem Gebiete des commercium und der recuperatio als herrschend erkann

159) Wohl weiß ich, welcher Zwiespalt in der Deutung der Stellen über Municipium herrscht und daß man insbesondere in obiger Stelle den municeps für den civis sine suffragio erflärt, dem die civitas als Bellbürgerrecht überhaupt fehlt, so daß demnach solcher municeps zugleich civis Romanus ist und wiederum auch civis Romanus nicht ist. So lange jedoch ein Sprachgebrauch der leßteren Art noch keine stringentere Begründung und jene Auffassung noch keine andere Bescheinigung erfahren hat, als die Bezugnahme auf historische Thatsachen, welche jenes wunderliche Spiel der Begriffe zwar erklären können, aber nicht im Entferntesten als wahr und wirklich beweisen und mit keinerlei innerer Nothwendigkeit erfordern und bedingen, so lange wird es gestattet sein, an dem Sinne des Wortes civis festzubalten, den wir als einen beglaubigten wissen, und demgemäß jene Classe von Municipien in dem Sinne zu verstehen, wie solcher im Wesentlichen bereits von Niebuhr, Kiene, Walter und Rein sestgestellt ist, sonach aber unter denjenigen qui cives Romani non sunt, sed post aliquot annos cives Romani effecti sunt, Nichtbürger und Peregrinen, und zwar in obiger Beziehung foederati zu erkennen.

160) Liv. XXXV, 7. wozu vgl. Beit. XII. §. XXXI. Aus der Stelle bei Plaut. Mostell. V, 1, 10.: ubi ego video rem vorti in meo foro, vermag ich kein Argument zu gewinnen, da sie nicht besagt, welches foruin jenes meum ist.

ten, insofern nämlich, als in dem Verkehre zwischen den Angehörigen der verschiedenen Provinzen, wie Municipien in vollkommen gleicher Weise die locale Beziehung des Rechtsgeschäftes und der actio die lex provinciae, wie municipalis, und das provincielle, wie municipale Forum bestimmte, denen innerhalb der gegebenen Gränzen das Rechtsgeschäft, wie die actio in ihrer Beurtheilung sich unterordneten, worüber §. 64. und Beilage XVI. zu vergleichen sind.

Nach Alle dem treten uns sonach in der erkannten Ordnung der Dinge die Säge entgegen: auf dem Gebiete des durch commercium und recuperatio gegebenen rechtlichen Verkehrs zwischen cives und Föderirten wird die Herrschaft des ius civile Romanorum und die römische Jurisdiction nur für diejenigen Rechtsver= hältnisse und Klagen begründet, welche auf römischem Territorium ihre Entstehung gefunden haben, während die auf dem peregrinen Territorium begründeten gleichartigen Verhältnisse dem ius civile peregrinorum und der Jurisdiction des peregrinen Magistrates unterliegen; daher dem entsprechend die Rechtsfähigkeit des Peregrinen nach ius civile Romanorum und die persona standi dessels ben im römischen Forum nur dann concret begründet und effectvoll wird, wenn derselbe auf römisches Territorium sich begab und hier Rechtsgeschäfte vollzog oder Rechtsverlegungen beging 161). Daher ist es eine freiwillig in's Dasein gerufene locale Beziehung, welche einerseits die Unterordnung des Peregrinen unter die Herrschaft römischen Rechtes und römischer Jurisdiction, wie überhaupt dessen Unterwerfung unter die potestas des populus Romanus begründet, andererseits aber in gleich freiwilliger Weise den civis Romanus der Herrschaft der civitas peregrina und ihres Rechtes, wie ihrer Jurisdiction unterwirft, weil es als Act des freien Willens und der freien Thätigkeit gilt, wenn der civis, die Heimath verlassend, in die Fremde sich begiebt. Und gerade dieses Resultat harmonirt zugleich auf das Vollkommenste mit den leitenden Grundsäßen des antiken Völkerrechtes, wie wir solche in §. 9 feststellten: denn da nach dem völkerrechtlichen ius gentium durch das Verweilen in dem

161) Kein Bedenken erregt dem Allen gegenüber Pseudo Ascon. in Verr. p. 212, 21. 22. Or., worüber vgl. §. 90.; noch Liv. XXXV, 7., worüber vgl. Beil. XII. §. XXXI; noch endlich Liv. XLI, 8. (j. §. 30.), weil wir in Bezug auf die hier erwähnte datio in mancipium nicht wissen, in welcher Form dieselbe abgeschlossen wurde, ogl. not. 207.

fremden Staate der civis in die potestas der peregrinen civitas fällt und den Maaßregeln ausgesezt ist, welche Gesez oder concretes Ermessen dieses populus und seiner Magistrate über ihn verhängt, so erkennen wir nun, wie zwar die Vereinbarung von commercium und recuperatio den Eintritt der von dem ius gentium bezüglich der Peregrinen im Allgemeinen statuirten Säße und Ordnung der Verhältnisse abwendet und beseitigt, wie aber diese Beseitigung der gemeinen völkerrechtlichen Härte ihren wesentlichen und principiellen Schwerpunkt nicht darin findet, daß der Peregrine durch solche Vereinbarung überhaupt der in Folge seines Verweilens auf dem fremden Territorium begründeten potestas dieser civitas entzogen wors den wäre, als vielmehr darin, daß diese potestas selbst eine feste und bestimmte Gestalt und ein absolutes Gesez empfängt, nach welchem sie sich normirt, ja daß das Rechtsgesetz und die Jurisdiction der fremden civitas selbst es ist, welche, wie über den eigenen civis, so nunmehr auch über den Peregrinen gleichmäßig schüßend sich stellt der civis, rechtlos bisher in der fremdeu civitas und Preis gegeben der Unbill und Willkühr, tritt fortan unter eine feste und gerechte Regel, welche nach absoluten Normen das Maaß von Berechtigung, wie Verpflichtung ihm zuertheilt, und eine geschvolle Ordnung in seine Lebensbeziehungen hineinträgt; unter eine Regel, die den civis selbst der fremden civitas innerhalb der gegebenen Gränzen gleichmäßig beherrschte und vor deren Richterstuhle somit er jenem fremden civis gleichgalt. Indem daher die völkerrechtlich begründete potestas eines populus über den auf seinem Territorium verweilenden Peregrinen auch durch die Vereinbarung von commercium und recuperatio nicht aufgehoben wird, ja nach antiker Anschauung gar nicht aufgehoben werden konnte, so wird vielmebr jene potestas innerlich beschränkt und bestimmt und ihr statt des freien Ermessens das Gefeß der betreffenden civitas als Norm und Richtschnur ihrer Machtäußerung vorgeschrieben. Allein immer kann diese vertragsmäßig vereinbarte, neue, schußreiche Ordnung, wie fie lediglich die nach ius gentium begründete potestas des populus über den Peregrinen zu bestimmen und zu ordnen, und dessen völkerrechtliche Schußloßigkeit zu beseitigen berufen ist, auch nur innerhalb der äußeren Gränzen den Schuß gewähren, innerhalb deren die Unterordnung unter die potestas der peregrinen civitas überhaupt begründet ist, innerhalb des Territorium nämlich der

fremden civitas. Dagegen in der heimathlichen Flur steht jeder civis schon in der potestas seines populus und somit unter dem Schuße seiner eigenen civitas und seines bürgerlichen Rechtes, daber hier der Schuß des fremden Rechtes so unnöthig, wie so unvereinbar mit der Souveränität der eigenen civitas erscheint.

Indem wir daher in den Säßen, die wir im Obigen als die leitenden für die Herrschaft des ius civile über den Föderirten darlegten, das Princip erkannten, daß dieses ius civile mit seiner Jurisdiction nur solche rechtliche Beziehungen des socius seiner Herrschaft unterwirft, welche durch das Verweilen des Lezteren innerhalb des civilen Territorium seiner Herrschaft selbsteigen sich unterordneten, und daß somit in dieser Beziehung auf das Territorium des Staates die Herrschaft des ius civile und die Macht des rechtsprechenden Magistrates sich beschränkt; indem wir ferner diesem unserem Resultate eine vollkommene Uebereinstimmung mit der völkerrechtlichen Theorie des Alterthumes beizumessen, und darzulegen vermochten, daß auch das ius gentium jene Ordnung der Dinge postulirte und als angemessen seinen Sagungen beanspruche; so finden wir nun hierfür allenthalben eine weitere Unterstützung darin, daß die entsprechenden Säße auch in anderen mit dem Völferrechte in Verbindung stehenden Lehren ausgesprochen sind, so namentlich in der Lehre von dem postliminium, wo der Austritt über die Gränze des Vaterlandes die Herrschaft des ius civile beendet, und andrerseits die Rückkehr des in der Fremde weilenden civis, wie Rechtsobjectes in die alte Heimath die frühere Unterordnung unter das ius civile redintegrirt, sonach also das Ueberschreiten der Grenze des Staates und die Aufhebung, wie Wiederherstellung der von uns behaupteten territorialen Beziehung zum Vaterlande von entscheidendem Einfluß ist auf die Herrschaft des ius civile selbst. Alle diese Säße aber weisen gleichmäßig auf ein gemeinsames allgemein leitendes Princip hin, auf ein Princip, von welchem endlich eine noch weitere specielle Kundgebung, aber zugleich auch eine reine Consequenz in dem Sage zu erblicken ist, daß im Allgemeinen die bürgerliche Amtsgewalt der Magistrate auf das Territorium desjenigen populus local fixirt ist, dessen „magistri publici" jene sind 162).

162) Pomponius lib. sing. Ench. (Dig. L, 16, 239. §. 8): Territorium est universitas agrorum intra fines cuiusque civitatis; quod ab

Nach Alle dem dürfen wir daher als Resultat unserer Erör terung feststellen, daß der Collision der in Frage kommenden beiden iura civilia im Rechtsverkehre zwischen Föderirten auf dem Gebiete des conubium durch das System der causalen Herrschaft des Rechtes, auf dem Gebiete des commercium und der recuperatio aber durch das System der territorialen Herrschaft des Rechtes vorgebengt wurde, daß aber beide Systeme streng unter dem Principe der personalen Herrschaft des Gesches stehen. Und wenn daher immer das römische Alterthum dem modernen Principe der localen Herrschaft des Gesezes nicht völlig fremd steht, so ist doch die Stellung, die demselben angewiesen ward, eine völlig andere, als im modernen-Leben und eine rein untergeordnete und subsidiäre, subsidiär nämlich insofern, als jenes Princip lediglich da Plaz griff, wo das Princip der personalen Herrschaft des Geseßes nicht ausreichte, um Collisionen der iura civilia fern zu halten, untergeordnet aber insofern, als jenes Princip in Wahrheit unter der Herrschaft dieses Principes der Personalität des Rechtes stand und lediglich innerhalb - der durch das leztere gezogenen Peripherie zur Geltung gelangte. Denn die Herrschaft des Rechtes ward hier allenthalben primär vermittelt durch die Mitgliedschaft des Subjectes in der civitas, mit welcher commercium und recuperatio rereinbart waren, und lediglich in Abhängigkeit hiervon wirkte dann jene, bei dem conubium

eo dictum quidam aiunt, quod magistratus eius loci intra eos fines terrendi, id est, summovendi ius habet. Paul. lib. 1. ad Edict. (Dig. II, 1, 20.): Extra territorium ius dicenti impune non paretur. In Bezug auf die Municipalmagistrate überliefert den obigen Saß Sic. Flacc. de cond. agr. p. 135.: Regiones autem dicimus intra quarum fines singularum coloniarum aut municipiorum magistratibus ius dicendi cohercendique est libera potestas; in Bezug auf die Colonialmagistrate ward er ausgesprochen in den leges coloniarum nach dem Schema dieser Geseße bei Hygin. de cond. agr. p 118.119., so z. B. in eis agris iurisdictio cohercitioque esto coloniae eius, oder quae loca quaeve aedificia dedero assignavero, in eis iurisdictio cohercitioque esto colonorum coloniae illius u. dergl. Wegen des Praesides provinciae vgl. Papin. lib. 1. Quaest. (Dig. I, 16, 5.), Ulp. lib. 1. Disput. (Dig. eod. l. 1.) und lib. 1. de Off. Proc. (Dig. eod. 1. 4.), Marcian. lib. 1. Inst. (Dig. eod. 1. 2. pr.). Auch die Bedeutung des primum milliare Romae (not. 360.) ist wohl von Vorn herein dem obigen Saße nicht fremd. Alle die oben hervorgehobenen Beziehungen steben in der That in einer, durch ein gemeinsames Princip des Völkerrechts vermittelten inneren Verbindung mit einander, worüber s. §. 9.

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