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deducirten col. lat. nicht allein commercium und recuperatio, sondern auch conubium mit Rom bei und zwar bis zu dem Zeitpunkte, wo dieselben im J. 664. od. folg. die röm. Civität erhielten 138).

§. 24. Fortseßung.

(Völker, bezüglich deren die Vereinbarung von conubium, commercium und recuperatio berichtet wird).

Die zweite Völkerschaft Italiens neben den Latinern, bezüglich deren die Quellen über conubium, commercium und recuperatio mit Rom Auskunft geben, sind die Herniker. Denn wenn auch Berichte uns mangeln, welche direct jenes Verhältniß bekunden, so ergiebt sich doch dasselbe ganz unzweideutig ebensowohl aus der Thatsache, daß im J. 268. das nomen Hernicum als drittes Bundesglied zu dem römisch-latinischen Staatenbunde hinzutritt, wie auch aus den Bezeichnungen, welche der hierdurch begründeten Stellung der Hernifer zu Rom ertheilt wird 139). Wenn daher das foedus Cassianum mit den Latinern unzweifelhaft die Vereinbarung jener dreifältigen Rechtszuständigkeit enthielt (§. 23), so ward Leztere in gleicher Maaße auch den Hernikern zu Theil, und verblieb diesen bis zum J. 448, wo die hernikischen civitates mit

138) Conubium und commercium attribuiren allen col. lat.: Walter, Gesch. des r. Rechts I. §. 213., dagegen mit Ausschluß von 12 Colonieen, denen conubium gefehlt: Kiene, r. Bundesgen. Kr. p. 19. sq.; dies ist auch meine Ansicht, obgleich ich dabei im Besonderen von Kiene dissentire (s. §.46); commercium allein attribuiren allen col. lat. Rein in Pauly, Realencycl. IV. p.817., Böcking, Inst. §. 35. not. 8.; dagegen mit Ausschluß von 12 oder 18 Colonieen: Göttling, r. Staatsverf. §. 134., Madvig, opusc. acad. I. p. 272. 274. sq. 279. 282. sq., Savigny, Zeitschr., V, 5. IX, 3. (der indeß die Frage wegen des conubium für unentschieden erklärt) u. Marquardt Hdb. III, 1. p. 42.; endlich commercium allein und mit Ausschluß der testamentifactio für einzelne Colonieen: Puchta, Inst. I. §.¡63. Der Befiß des commercium insbesondere erhellt für das gesammte nomen Latinum ganz unzweideutig aus Liv. XLI, 8., worüber vgl. §.30, und Liv. XXXV, 7., worüber vgl. Beil. XII. §. XXXI.

139) Vgl. Schwegler, röm. Gesch. II. p. 334. sq. Das Verhältniß der Herniker zu Rom nennt Dionys. VIII, 74. und XI, 2. looлoditeía, und VIII,

69. πολιτεία.

Ausnahme von Aletrium, Ferentinum und Verulae mit Verleis hung der röm. civitas sine suffragio gezüchtigt werden (§. 44). Für die genannten drei civitates aber blieb das foedus Cassianum in der nämlichen Weise, wie wir dies bezüglich der freien latinischen populi seit dem J. 416. in §. 23 darlegten, die Grundlage der staatsrechtlichen Stellung zu Rom, bis endlich im J. 664. conubium, commercium und recuperatio in der auch ihnen nunmehr verliehenen Civität aufgehen.

Bezüglich der Sabiner fehlen uns über die Vereinbarung von conubium, commercium und recuperatio mit Rom die Zeugnisse der Quellen, da eine bezügliche Erwähnung des conubium bei Cicero 140) auf die Sabiner des Titus Tatius sich bezieht und somit Nichts beweist, während andererseits uns Nichts berichtet wird über den Inhalt des foedus aequum, welches Tullus Hostilius mit den Sabinern abschloß und welches, in [eherner] Säule eingegraben, bis in die späteren Zeiten der Republik sich erhalten zu haben scheint 141).

Dagegen rücksichtlich der Samniten gewinnen wir allerdings ein sicheres Beweismoment für das Bestehen des conubium aus der Nachricht, daß der Consul Q. Fabius Vibulanus die Tochter des Beneventaner Numerius Otacilius zum Weibe hatte 142), da

140) de Orat. I, 9, 37.: an vero tibi Romulus conubia coniunxisse eloquentia videtur?

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Sabinorum

141) Dionys. III, 33. Horat. Epist. II, 1, 25. und dazu Schmid in seiner Ausgabe der Episteln. Weßhalb Becker, Handb. I. p. 18 dieses foedus für unsicher erklärt, ist mir nicht ersichtlich. — Die Erwähnung von Messen am Haine der Feronia, woran die Römer Theil nahmen (Dionys. III, 32. Liv. I, 30.), kann nicht als Beweisgrund für das Bestehen von commercium angeführt werden.

142) Festus s. v. Numerius p. 170.: Numerius praenomen nunquam ante fuisse in patricia familia dicitur, quam is Fabius, qui unus post sex et trecentos ab Etruscis interfectos superfuit, inductus magnitudine divitiarum, uxorem duxit Otacili Maleventani, ut tum dicebantur, filiam ea conditione, ut qui primus natus esset, praenomine avi materni, Numerius appellaretur. Damit übereinstimmend Epit. de Nom. Rat. p. 97. Bip.: Numerii sola patricia familia usa est Fabia; idcirco quod trecentis sex apud Cremeram flumen caesis, qui unus ex ea stirpe (i. e. Fabia) exstiterat, ducta in matrimonium uxore filia Numerii Otacilii Maleventani sub eo pacto, ut, quum primum filium sustulisset,

eine derartige Ehe nicht denkbar ist ohne bestehendes conubium. Daß aber in der Tbat das Leytere zwischen Römern und Samniten zu Ausgang des 3. Jahrh. bestand und zwar auf einem foedus beruhte, welches beide Völker verbündete, darauf weist in Wahrheit die politische Situation Mittelitaliens zu jenem Zeitpunkte unverkennbar hin. Denn wie Rom in jenem Zeitraume von den Vejentern, Sabinern, Aequern und Volskern allseitig bekriegt und hart bedrängt ward, ohne gleichwohl in dem erschöpften und an Kraft gebrochenen Latium einen Stüßpunkt finden zu können, während die Herniker als zu schwach erscheinen, um die Acquer und Volsker

ei materni avi praenomen imponeret, obtemperavit. Unter dem hier erwähnten Fabier kann aber in der That nur der Consul des J. 287. Q. Fabius Vibulanus verstanden werden, vgl. Niebuhr, röm. Gesch. II. p.220. Schwegler, röm. Gesch. II. p.525. sq. Die Anknüpfung der Erwähnung jener Che an die Aufnahme des praenomen Numerius verleibt dem Berichte über diese Che selbst eine hohe Glaubwürdigkeit, weil nicht allein die röm. Adelsgeschlechter vielfach ihre eigenen Sitten und Gebräuche batten und insbesondere auch in Bezug auf die Praenomina an Observanzen festhielten, die mehrfach sogar auf autonomischem Gentilenbeschluß beruhen, sondern weil auch derartige Besonderheiten meistentheils an äußere Ereignisse sich anknüpfen; vgl. Becker, Handb. II, 1. p.43. 49. 404. Zell, röm. Epigraphik II. §.31. Familienchronik und Tradition find dann die sicheren Leiter solcher Observanz und bistorischen Ueberlieferung. Der Bericht wegen des praenomen Numerius wird aber in der That durch die Fasten bestätigt. Pactionen der bezeichneten Art über Führung eines bestimmten Namens sind übrigens zu allen Zeiten und so auch noch heutigen Tages in Adelsgeschlechtern keine ungewohnte Erscheinung. Endlich die Thatsache jener Ehe an sich ist vollkommen glaublich: die Fabier sind das mächtigste und glänzendste Geschlecht, welches die Annalen der Republik kennen; und diese Macht ward, wie berichtet wird, durch zahlreiche Clienten und durch bedeutenden Reichthum getragen, vgl. Schwegler, 1. c. p. 504. sq. 748 sq. Und wie nun im Reichthume zu allen Zeiten der Adel das sicherste Fundament seiner hervorragenden socialen Stellung erblickt hat, gleichwohl aber derselbe seine Güter durch bürgerliches Gewerbe nicht verdienen und vermehren kann und mag, so wird nun solche Vermehrung durch Ehe erstrebt, daher die Stammbäume so zahlreiche vermeintliche Mesalliancen aufweisen. Selbst wenn daher den Römern die Ehe mit Peregrinen widerstrebt haben sollte, wofür ein Beweis nicht vorliegt, und wogegen Ehen, wie bei Liv. XXIII, 2, 6. 4, 7. immerhin sprechen, so bietet doch der Reichthum des Numerius Otacilius ein zureichendes historisches Motiv für die Verbindung seiner Erbtochter mit dem Q. Fabius. Die Bedenken von Madvig opusc. I. p. 274. gegen die Glaubwürdigkeit jenes Berichtes sind im Uebrigen unbeachtlich.

in ihrem Vordringen nach dem Herzen Latiums, wie nach Rom aufzuhalten und abzuwenden, so mußte damals der Drang dieser Verhältnisse das durch innere Zwietracht geschwächte Rom nöthigen, Verbündete zu suchen, welche in jenem mittelitalischen Völkerkampfe ihm hülfreich zur Seite traten und die Diversion bewerkstelligten, zu welcher die Herniker allein als zu schwach sich erwiesen. Und als diese Bundesgenossen ergiebt die chorographische Situation die Samniten, welche von Campanien, wie von Samnium aus die Volsfer, Aequer und Sabiner im Rücken, wie in der Seite bedrohten und so im Verein mit den Hernikern den Druck der Macht jener Ersteren auf Rom und Latium verringerten, indem sie jene Völker nöthigten, ihre Kraft gegen den nach beiden Seiten hin gegenüberstehenden Feind zu theilen 143). Daher bietet jene Nachricht des Festus und der Epit. de Nom. Rat. in der That den genügenden Stützpunkt für die Annahme, daß in der zweiten Hälfte des 3. Jahrh. zwischen Rom, wie überhaupt zwischen den Völkern des cassianischen Staatenbundes, und zwischen den Samniten andererseits ein foedus bestanden habe, welches conubium, wie auch commercium und recuperatio zwischen beiden Theilen vereinbarte.

Hiernächst zu Campanien übergehend, so finden wir Capua

143) Vgl. Beilage XV §. VI. Die Darstellung der röm. Geschichte während der zweiten Hälfte des 3. Jahrh. (so z. B. bei Schwegler, röm. Gesch. II. p. 691. sq.) bietet uns das Räthsel, wie der cassianische Staatenbund dem Andringen so zahlreicher und kräftiger Feinde zu widerstehen vermochte. Wie nun die Geschichte jener Zeit überhaupt nur dann erst vollkommen klar und begreiflich uns sein kann, wenn wir, wie dies auch die röm. Quellen selbst thaten (vgl. Diod. XII, 31, 1.), den Blick von Rom aus der mittelitalischen Situation jener Periode zuwenden, so gewinnen wir für dieselbe aus jener Nachricht bei Festus und in der Epit. de Nom. Rrat. in der That einen Lichtstrahl, der jenes Räthsel genügend zu lösen geeignet ist. Denn die Vorstellung, daß die Kriegszüge jener Zeit der planmäßigen Operation entbehrt und reine Raubzüge gewesen seien, wie dies bei Schwegler 1. c. II. p. 693. sq. dargestellt ist, erscheint mir den historischen Verhältnissen völlig unangemessen. Die Hauptfrage hierbei ist die, ob Rom in jener Zeit bereits eine bestimmte auswärtige Politik gekannt habe; und wer nun unter richtiger Würdigung namentlich der röm. foedera aus jener Periode mit mir (§. 31) diese Frage bejaht, der wird auch in den Kriegen jener Zeit mehr finden als Raubzüge und Manipulationen eines Wegelagerer- und Piratensystemes. Ja ein einziger Blick auf Tarquinius Superbus muß doch genügen, um darzuthuen, daß nicht jedes Kriegsunternehmen ein bloßer Raubzug war.

nebst seinen Vasallenstädten, ebenso wie die Sidiciner vom J. 411 414 in Rom's Dicion; allein dieses Verhältniß kann während der ganzen Dauer seines Bestchens in der That nur ohne sonderliche Realität gewesen sein und lediglich eine allgemeine Oberherrlichkeit Rom's begründet haben, so daß es lediglich für gewisse Eventualitäten von Werth war, für den Fall nämlich, daß eine Verwirklichung der Prätensionen möglich wurde, welche Rom hinter dieser seiner dicio barg 144). Jedenfalls aber führte dieses Verhältniß nur zu provisorischen Maaßnahmen Roms, da der im J. 412 ausbrechende erste samnitische Krieg das Leztere behindern mußte, die Stellung Capua's endgültig zu bestimmen und zu ordnen. Indeß finden wir hierselbst während jener Zeit ein römisches praesidium, und dieser Umstand, wie vielleicht andere Maaßregeln Roms, mochten Veranlassung sein, daß im J. 414 Capua, ebenso wie die Sidiciner von Rom zu den aufständischen Latinern abfielen. Noch im nämlichen Jahre werden indeß die Ersteren nach Besiegung der latinischen Coalition anderweit in Roms Dicion gebracht, und in Folge dessen wird nun der diesseits des Volturnus gelegene und den Capuensern zubehörige ager Falernus von Rom eingezogen und der römischen plebs zu Mannstheilen assignirt 146), wogegen in das

144) Øgl. Liv. VII, 29–32. 38, 7. VIII, 2. XXIII, 5, 8. XXVI, 13, 4. Flor. I, 16. Dionys. Exc. de leg. p. 2314. ed. Reisk. Wir haben zu scheiden 1) die theoretische Bedeutung jener Dicion und zwar a) die Auffassung derselben von Seiten Roms und nach italischem Völkerrechte; diese ergiebt sich aus §. 38; b) die Auffassung des Verhältnisses von Seiten Capua's und nach griechischem Völkerrechte (vgl. §.32); diese ergiebt sich aus Liv. XXXVI, 28. und namentlich Polyb. XX, 9. sq., wozu vgl. wegen éxitρony Hermann, griech. Staatsalterth. §. 136. not. 6. §. 145. not. 3.; 2) die effective Bedeutung dieser Dicion; diese war meines Erachtens für Rom gleich Null, indem dasselbe Capua wahrscheinlich nicht viel anders, als gleich einer föderirten civitas zu behandeln vermochte wie für gut befand; und so stellt dies Verhältniß in der That dar Dionys. Exc. Escor. in fragm. Hist. graec. II. ed. Müller (Didot.) p. XXXVI. Vgl. im Allgemeinen auch not. 342.

145) Liv. VII, 38. App. Samn. 1. Dionys. in not. 144. fin. cit.

146) Vgl. Liv. VIII, 5, 3. 11, 12-14. Aus diesem ager Falernus benebst dem ebenfalls eingezogenen ager Latinus und Privernas werden sodann bei der nächsten Censur im J. 422. zwei neue Tribus: die Scaptia und Maecia gebildet, ganz in der nämlichen Weise, wie solches auch nach Auftbeilung des ager Pomptinus im J. 396 (not. 350) beschah. Aus der Neubildung jener Tribus aber die Schlußfolgerung zu ziehen, daß die Verleihungen.

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