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kauf eines Amor's von Wachs. Cs ist naiv und komisch zugleich, wie die vermeinte Wir= kung des Bildes, worüber der einfältige Do= rer so ungehalten erscheint, dem alten Anafreon gerade willkommen ist. Nun folgen drey sehr natürliche Ereignisse, die dem verliebten Alten im Traume vorkommen. Der Traum eines spätern Dichters: Anakreon's Erscheinung, mag sich daran anschließen. Zwey. allerliebste Geschöpfe fröhlich und finnreich spies lender Phantasie treten in den Reihen. Im ersten fodert Amor den unfolgsamen Dichter zum Kampf heraus; im zweyten tritt der Kypris kleiner Sohn in Wettstreit mit dem prahlhaften Kriegsgotte Mars über den Vor: zug von beyder Waffen. Im zehnten und eilften Liede erscheint Amor unter Rosen. Das erste ist ohne Zweifel eine der lieblichsten, wohlriechendsten Blumen in Anakreon's Liederkranze. Des ähnlichen Rythmus wegen folget zuleßt das Lied eines unbekannten Dichters auf den Tod des Adonis.

Χ. ΕἰςἜρωτα.

Αἱ Μοῦσαι τὸν Ἔρωτα δήσασαι στεφάνοισι τῷ Κάλλει παρέδωκαν. καὶ νῦν ἡ Κυθέρεια ζητεῖ, λύτρα φέρουσα, λύσασθαι τὸν Έρωτα. καν λύσῃ δέ τις αὐτόν, οὐκ ἔξεισι, μενεῖ δέ· δουλεύειν δεδίδακται.

XXX.

Amor ein Gefangener.

Die Müsen banden einst Amor'ü

Mit Blumenketten, und gaben
Der Schönheit ihn zum Gefangnen.
Nun fucht den Sohn Kytherea,
Das Lösegeld auf den Händen,
Aus Sklavendienst zu befreyen.
Geláng's auch, frey ihn zu kaufen,
Er geht ihr nimmer, er bleibet,
zu dienen hat er gelernet.

Der tose Amor hätte in früher Zeit den Grazień —— warum

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mancherley

also nicht auch ihren Schwestern, den Mufen? Spuck angethan. So lautete die Aufschrift auf einem Vade bey' Smyrna:

Hier da die Grazien einst sich badeten, stahl die Gewande Amor der kleine, und ging mit davon; er ließ sie hier nackend Srehn, und erröthend, o wie! sich außer dem Bade zu zeigen.

Und Meleager schildert ihn als einen rückischen, süßschmei: chelnden, auf lose Streiche ausgehenden Knaben :

Amor'n den Wildling rufe ich aus: denn eben, so eben
Flog in der Frühe des Tags er aus dem Bette mir weg.
Lieblich weiner der Knab’, ein geschwägiger, hastiger, kühner,
Höhnisch lächelnd, und trägt Flügel und Köcher zugleich.
Nicht weiß seinen Erzeuger zu nennen ich; denn nicht der Aether,
Nicht die Erde, das Meer zeugte den Freveinden nicht.
Ueberall ist er verhaßt und bey jedermann. Aber seht um euch,
Daß er euch nicht das Herz liftig mir Negen bestrickt.
Seht, wie lauert im Hinterhalt er! Dich, Schüße, gewahrt’ich,
Wie in den Augen du schlau bargft der Zenophila dich.

Wie natürlich, daß die Musen, wie sie ihn einst schlafend fanden, sogleich auf eine kleine Züchtigung fannen. Sie banden ihn mit Blumenketten. Allein wie sie denn gute Mädchen, und troß ihrer Keuschheit dem Amor, nach Bion's Zeugniß, im Herzen doch nicht gram sind, so übergaben fie ihn einer ihrer Verwandten, der Schönheit, zum Gefangenen. Es sollte ihm, so sehr er Schelm ist, in seiner Gefangenschaft doch nicht sehr schlimm ergehn. Was in aller Welt ist natürlicher, finnreiz cher und lieblicher zugleich ?

Ramler und Broße finden allerley Weisheit in dem Liedchen : Hinweg mit fader, erkunftelter, ungriechischer Allegorie! Liegt irgend ein geistiger Sinn darin, so ist es sicher kein anderer als, daß Schönheit und Reiß sich wechselweise unterstüßen, und jene nur erst durch Vereinigung mit diesem unwiderstehlich wird.

Dieser Geist des Licdchens erscheint in folgendem griechis fchen Sinngedicht des Kapito:

Schönheit ohne die Charis erfreut, doch hält sie das Herz nicht! Wie vom Angel gelöf’t schwimmender Köder nicht fängt.

Nach Jacobs Ueberf.

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