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Bär ich auf der Frühlingsaue
Nur das Lüftchen, das sie fühlt;
Nur ein Tröpfchen von dem Thaue,

Der um sie die Blumen kühlt;
Nur das Blümchen an der Quelle,
Das sie schäßet und ergöst,
und die kleine Silberwelle,
Die den schönsten Fuß beneßt.

Wären meine Klagetőne
Der Gefang der Nachtigall,
Hörte mich die sanfte Schöne
Zärtlich in dem Wiederhall;
Lispelt' ich an Rosenwänden
Als ein Abendwind herab;
Oder wär' in ihren Händen
Der beblümte Hirtenstab !

Könnt' ich ihr als Veilchen dienen,

Wenn sie neue Kränze flicht;
Könnt' ich in der Laube grünen,
Wo mit ihr ein Engel spricht;
Böt' ich in vertrautem Schatten
Ihrem Schlummer sanftes Moos,
Oder wo sich Täubchen garten,
Meinen blumenreichen Schooß!

Mach', o Liebe, doch im Stillen
Unter jenem Myrthenbaum,
Wo fie ruht, um ihretwillen,
Mich zum leichten Frühlingstraum;

Mit verschämtem, holden Lachen

Sehe fie mein Ebenbild;

Und, o Liebe, beym Erwachen

Merd ihr Morgentraum erfüllt!

Broße seht dieses Sied weit über Anakreon's feines; ich) hätte wohl Lust, so zart und schön es ist, es dennoch weit uns ter Anakreons Lied zu sehen, mitunter schon darum, weil dies ses kürzer ist. So zarte Saiten einer empfindsamen, schwärmes rischen Seele sollte man, dünkt mich, nur zart und leise bez rühren, nicht lang und breit alle Töne durch spielen. Aehnliche drey Strophen Nantchens an Amaranth in den Liedern zweyer Liebenden von Göcking find vielleicht schon zu viel.

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