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Lichtstral unterbrochene Haltung zu einer artigern, komischern Ueberraschung. Anakreon, ganz das Gegentheil der rasenden Helden aus alter Zeit, den weingefüllten Becher in der Hand und einen Blumenkranz um die Stirne statt des Bogens und Schwerdtes das ist seine Raserey.

Unser Dichter rafet in der kleinen Sammlung seiner noch vorhandnen Lieder nicht weniger als viermal, ein zur Hymne an Amor'n im 1. B. angeführtes Bruchstück nicht einmal mit: gerechnet. Und das sollte man ihm ja nicht übel nehmen, es ist damit so böse nicht gemeint. In vertrauten Zirkeln, bey freunds schaftlichen Symposien nannten die Alten schon rasen, was wir ein wenig über die Schnur hauen, dem Frohsinn freyen Lauf lassen, und des Guten etwas zu viel thun heißen. Jedes belebtere leidenschaftliche Handeln hieß ihnen Raserey, Wahn: finn. So unterscheidet Platon im Phädros vier Arten deffet: ben, wevon noch eben keine hieher paßt. So kehrt dem Horaz unvermuthet ein alter Kriegskamerade zurück, mit dem er in des Brutus Lager manchen Abend unter traulichem Geschwäß ver: trunken hatte. Er ladet ihn unter den Schatten seines Lorbeer: baums zu einer Trinkparthie ein; er selbst will vor Freude, gleich Thraziern, dabey rafen, des Freundes Rückkehr ist es ja werth:

Schwärmen will ich bacchantischer,

Als ein Edone. Süß ist rasen,

Nun ich den trautesten Freund empfange.

Nach Ramler's Uebers.

So in der 19. Ode des III. und in der 12. des IV. Buchs.

Unter den Uebersehungen dieser Ode scheint mir die italiänische des Pagnini vorzüglicher Auszeichnung werth zu seyn:

Deh, pe i Numi, a mio piacere

Ber lasciatemi e ribere.

Voglio, voglio delirar.

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Deliraro anche Alcmeone

il figliuol d'Agamemnone

Le lor madri a trucidar.

Senza empir di stragi il mondo
Vo' ber vino rubicondo,"

Voglio, voglio delirar.

Per delirio alto fremendo

La faretra e l'arco orrendo
Solev Ercole agitar.

Anche Ajace delirando

Si vedea lo scudo e il braude

Del grand' Ettore vibrar.

Con ghirlande e con bicchieri,
Non con archi e con cimieri
Voglio, voglio delirar.

Im 5. Vers hat das Original ein Wort, das weiß: füßig bedeutet. Die Kritiker bringen darüber die verschieden ften und sonderbarsten · Erklärungen und Vermuthungen zu Markte. Ich bin in der Ueberseßung einem holländischen Philologen gefolgt, welcher meint, die Blässe sey hier billig die Hauptidee, und stimme am besten zum rasenden und von den Furien verfolgten Orestes.

κζ'. Εἰς Διόνυσον.

Τοῦ Διὸς ὁ παῖς ὁ Βάκχος, ὁ λυσίφρων, ὁ λυαῖος, ὅταν εἰς φρένας τὰς ἐμὰς εἰσέλθῃ μεθυδότας, διδάσκει με χορεύειν. ἔχω δὲ καί τι τερπνόν ὁ τᾶς μέθας ἐραστάς· μετὰ κρότων, μετ ̓ ᾠδας τέρπει με κ' Αφροδίτα, καὶ πάλιν θέλω χωρεύειν.

XXVII.

Wirkungen des Weins.

Bews

evs Erzeugter, Lydos',

Wenn vom Kummer entfesselnd,
Gèber trunkenen Taumels,

Er mir die Seele begeistert;

Dann, seht! lehrt er mich tanzen.

Andre Lust noch erfreuet

Mich Freund trunkenen Taumels;

Unter Tanzen und Liedern

Gibt mir Freude auch Kypris:

Dann mag wieder ich tanzen.

In diesem Liedchen, worauf mehrere deutsche Herausgeber Anakreon's sehr übel zu sprechen sind, soll er, nach einigen Ausz legern, fagen wollen:,, Liebe geht über Wein." Nein doch, nein!,,Wenn ich von Bakchos etwas mehr begeistert werde, wandelt mich alten Mann sogar noch die Luft an, zu tanzen ; aber nicht das allein, felbft zu traulichem Liebesspiel mit schöz nen Mädchen reißt er mich“ das ist es, was er mir zu sagen scheint, und was dem Liedchen Einheit der Empfindung, Wahrheit und Vollendung gibt. Von legterem spricht er, so dünkt mich's, in den vorlegten vier Versen mit einer etwas ges heimnisvollen und daher komischen Prahlhaftigkeit. Das ist so recht in seinem Geist und seiner luftigen Laune.

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Geh' ich hierin nicht sehr weit irre, so beneide ich nie: mand um die mürrische, eckle Stimmung, dieses Liedchen nicht

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