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Einleitung.

Pie fröhliche, mitunter oft auch recht tolle Feyer der mehr als einmal im Jahr wiederkehrenden Bakchosfeste bey den Griechen sind die natürliche Veranlassung zu den meisten Liedern dieses, und zu einigen auch des folgenden Buches gewesen. Der größere Theil davon scheint aus einer bewegten, etwas trunkenen Seele hervorzuquellen; er ist dithyrambischer Natur, so weit kleine Lieder deren empfänglich sind. Andere wenige gleichen mehr einem lustis gen, wißigen Einfall zu gesellschaftlicher Unterhaltung. Im ersten Liede scheint der alte Anakreon durch eine drollige Herausfoderung zu Trunk und Tanz einen Streit, der unter entzündbaren Jünglingen auszubrechen drohte, beschwichtigen zu wollen. Im zweyten verz theidigt er durchkomische Anführung von Beyspielen sein Recht zu trinken. Das dritte

und achte sind darauf angelegt, mehrstimmig gesungen zu werden; sie sind am meisten im Tone der Trinklieder neuerer Zeit. Das eine preiset die wohlthätigen Wirkungen des Weins, das andere ist ein ermunternder Rundgefang bey einem Gastmal. Das vierte bis zum siebenten, so wie das neunte, zehnte und dreyzehnte wieder sind belebte, aber nur flüchtige Ergießungen einer von Bakchos begeisterten Seele, denen man mehr oder weniger die Veranlassung ausieht, die sie erzeugt hat. Dieß ist auch der herrschende Charakter von Anakreon's Trinkliedern zumal. Daran reihet fich gern ein artiges, mahlerisches Kelterlied, und das folgende ist wenigstens auf die herannahende Weinlese gedichtet. Zwey Lieder dieses Buchs, das erste und vierte, werden bereits von den Alten, als von Anakreon ge= fungen, angeführt.

λη. Εἰς ἑαυτόν.

Ἐγὼ γέρων μέν εἶμι, νέων πλέον δὲ πίνω, ποιές και δεήσῃ με χορεύειν, α σκῆπτρον ἔχω τὸν ἀσκόν ὁ νάρθης δ ̓ οὐδέν ἐστιν. ὁ μὲν θέλων μάχεσθαι παρέστω καὶ μαχέσθω, ἐμοὶ κύπελλον, ὦ παῖ, μελιχρὸν οἶνον ἡδὺν ἐγκεράσας, φόρησον. ἐγὼ γέρων μὲν εἴμι, Σειληνὸν ἐν μέσοισι μιμούμενος χορεύσω.

XXXVIII.

Des Greises Herausfoderung zu Trunk und Tanz.

Zwar bin ich alt, boch will ich

Tros Jünglingen noch trinken;
und schwinge, muß ich tanzen,
Den Weinschlauch statt des Thyrsus.
Was tauget auch das Stäbchen?
Wen Lust ergreist zu kämpfen,
Wohlan, der mag's, er fámpfe!
Mir, Knabe, bring den Becher
Mit Wein, dem honigfarbnen
Und füßen, klug ihn mischend.
Swar bin ich alt, doch will ich
Wie jung, noch den Silenos
Nachahmend vor euch tanzen.

Unser Herder bemerkt irgendwo sehr richtig: Ein großer Theil der Lieder Anakreon's seven feine Porträte, nach dem schönen Eigenfinn eines Verfalls gebildet, allerliebste kleine Ge mälde, welche die Gelegenheit charakteristet, die fle gebar.“

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