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eine Todtenbahre sehen, weshalb das Gestirn na sch oder verkürzt 'asch genannt wird. Auf dieser Todtenbahre liegt der von Gedi, dem Polarstern, getödtete Vater der anderen Sterne dieses Sternbilds: es sind seine Söhne und Töchter, die ihn zu Grabe geleiten und als seine Bluträcher den Mörder verfolgen. Eins dieser seiner Kinder heisst die Wöchnerin (Waldane): sie hat erst kürzlich geboren, sieht von ihrer Niederkunft her noch ganz blass und trägt ihr Kind, welches man bei der klaren Atmosphäre des palästinisch - syrischen Himmels deutlich heraus erkennt, in ihrem Schoosse. Der Kanopus (Suheil) will den trauernden Kindern zu Hülfe kommen, aber er ist ein sprichwörtlich gewordener saumseliger Helfer, weil er erst einige Stunden später aufgeht und sich nur um etwa 10 Mondbreiten über den Horizont erhebt. Das ist nun freilich Alles Mythologie, aber setzen diese Fantasiegebilde nicht voraus, dass man sich unter den Sternen noch etwas Anderes als zu Gunsten der Erde herausgehängte Himmelslampen dachte? Man betrachtete sie als Wesen, welche eine Geschichte haben, und suchte ihre Constellation wie die Bilderschrift dieser Geschichte zu deuten.

Auch der Sterndienst geht von dieser im Bewusstseyn des Alterthums lebendigen Voraussetzung aus. Die Schrift betrachtet den Sterndienst als Abgötterei, aber doch als die verhältnissmässig edelste Gestalt derselben, denn sonst könnte Israel 5 Mos. 4, 19 vor abtrünniger Verehrung der Gestirne nicht mit dem Zusatze gewarnt werden, dass Jahve, Israels Gott, dieses „Heer der Himmel all den Völkern unter dem ganzen Himmel zugetheilt habe." Der Sterndienst entstand dadurch, dass man in den Gestirnen nicht leblose Gebilde, sondern höhere Wesen sah, zu denen man durch Anbetung und Anrufung in ein persönliches Verhältniss treten könne: man verehrte in der Sonne den obersten Baal, in dem Monde einen Gott Sin, von welchem der Sinai als ihm heiliges Gebirg den Namen hat, in dem Planeten Jupiter einen glückbringenden Gott Gad und in dem Planeten Venus, dem Morgen- und Abendstern, eine Göttin Astarte noch jetzt zeugen die Namen, mit denen wir die Planeten benennen, welche mit Sonne und Mond das alte heilige Siebent bilden, von dieser Personification der betreffenden Sterne, welche die Grundlage aller polytheistischen Volksreligionen geworden ist. Wir ziehen hier daraus nur den Schluss, dass das Alterthum in den Sternen Wesen höherer Art erblickte und dass die Schrift ein Wahrheitselement in der heidnischen Verirrung anerkennt, wenn sie Jahve mit Bezug auf diese von den Heiden vergötterten Naturgewalten den Gott der Götter" nennt.

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Aber sie nennt ihn auch Jahve Zebaoth d.i. den Gott der himmlischen Heere, indem sie die Menge der Sterne als ein Zaba d. i. ein Kriegsheer ansieht, welches Gott allnächtlich auf den Himmelsplan herausführt (Jes. 40, 26) und über welches er frei zur Durchführung der Werke seiner Weltregierung verfügt. Aehnliches findet sich auch in der babylonisch- assyrischen Volksreligion und von da aus in der altpersischen, welche die zwölf Zodiokalgestirne dem guten Princip und die sieben Planeten dem bösen Princip untergab. Die alttestamentliche Religion ist frei von solchem Dualismus, aber sie geht, indem sie die Sterne als die Schaaren eines Kriegsheers ansieht, von dem Bewusstseyn aus, dass die Sternenwelt nicht blos immergleichen natürlichen Zwecken dient, sondern in eine Geschichte verflochten ist, welche das Universum umfasst und auf der Erde sich concentrirt. Nur so erklärt es sich, wenn Deborah in ihrem Triumphliede Richt. 5, 20 sagt: „Vom Himmel aus führt man Krieg, die Sterne von ihren Bahnen aus führten Krieg mit Sisera", und wenn diese Betheiligung der Sternenwelt an der irdischen Geschichte ihren Nachhall bei Jesaia 13, 10 findet. Einen causalen Zusammenhang uns hier vorstellig zu machen vermögen wir nicht, aber jedenfalls liegt diesen wenn auch poetischen Aussagen die Vorstellung unter, dass die Sterne mehr als auf die Erde herniederscheinende himmlische Lichter seien.

In der That setzt die Schrift Engel und Sterne in eine Verbindung, die uns berechtigt, beide als für einander bestimmt zu denken. Sie nennt beide zusammeu das Himmelsheer. Zuweilen heissen so die Sterne besonders (z. B. 5 Mos. 4, 19), zuweilen die Engel besonders (z. B. 1 Kün. 22, 19), zuweilen beide zusammen, wie wenn Neh. 9, 6 gebetet wird: „Du hast die Himmel, der Himmel Himmel gemacht und all ihr Heer, die Erde und Alles was darauf ist, die Meere und Alles was darinnen ist, und du erhältst am Leben sie alle und das Heer der Himmel betet dich an." Hier fliesst in dem Ilimmelsheer die Vorstellung der Sterne mit der der Engel zusammen. Eine ebenso merkwürdige Ineinanderschau beider spricht sich Hiob 38, 7.8 aus, wenn da in Betreff der Schöpfung der Erde gefragt wird:

Auf was sind ihre Säulenfüsse eingesenkt,
Oder wer hat eingesetzt ihren Eckstein,
Während jubelten zusammt die Morgensterne
Und jauchzten alle Gottes - Söhne?

Die Morgensterne sind der Morgenstern und die Sterne seines Gleichen, wie die Orione Jes. 13, 10 der Orion und die Sterne seines Gleichen; Morgensterne aber und Gottes - Söhne d. i.

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die vor dem Menschen und vor der Erdwelt geschaffenen Engel werden dergestalt in Parallelismus gesetzt, dass man fragen kann, ob auch die Morgensterne von Engeln oder ob die Gottes - Söhne von Sternen gemeint seien. eine an Identificirung streifende Verflechtung, welche zu dem Schlusse berechtigt, dass die Schrift zwischen den persönlichen und unpersönlichen himmlischen Lichtwesen die engste Wechselbeziehung setzt.

Es ist der gleiche Fall, wenn das an Bezügen auf die Engel reiche Buch Hiob 15, 15 sagt: „Siehe, seinen Heiligen traut er nicht und die Himmel sind nicht rein in seinen Augen." Es scheint da vorausgesetzt, dass in der Engelwelt Auflebnungen wider Gottes Willen vorkommen können, deren Folgen sich auf die Sternenwelt erstrecken. Diese Voraussetzung erhält ihre Bestätigung durch eine geheimnissvolle, aber doch insoweit, als sie hier unserer Beweisführung dient, klare Stelle des Buchs Jesaia. Dort wird 24, 21 21-23 geweissagt: „An jenem Tage wird heimsuchen Jahve das Heer der Höhe in der Höhe und die Könige des Erdbodens auf dem Erdboden... Und es erröthet der Mond und erblasst die Sonne, denn königlich herrscht Jahve der Herr auf dem Berge Zion und in Jerusalem und angesichts seiner Aeltesten ist Herrlichkeit." Die Ausleger sind fast alle darüber einig, dass das den Königen des Erdbodens entgegengesetzte Heer der Höbe hier das Engelbeer ist. Es wird also ein Völkergericht geweissagt, welches zugleich ein Engelgericht ist, nämlich ein Gericht über die himmlischen Wesen, welche sich Gott entfremdet und einen gottentfremdenden Einfluss ausgeübt haben. Dass aber in engem Zusammenhang damit ein beschämtes Erbleichen der Sonne und des Mondes geweissagt wird, ist wieder ein Beweis für die biblische Ineinanderschau der Engel und Sterne, von welcher auch der Zuruf an den chaldäischen Weltherrscher Jes. 14, 12 ausgeht: Wie bist du vom Himmel gefallen, du Glanzgestirn, Sohn der Morgenröthe!" Die Alten dachten hiebei gegen den grammatisch-historischen Sinn an den Fall Satans, der von daher Lucifer heisst. Aber der Fall Satans ist eher zugleich der Fall des Sterns den wir bewohnen. Er ist der Gott dieser Welt, der gefallene und in seinen Fall hineinziehende Erdgeist.

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Bei diesem engen Wechselverhältniss, in welches die Bibel Sterne und Engel setzt (auch der Seher der Apokalypse sieht 19, 17 einen Engel in der Sonne stehen), ist die Vermuthung berechtigt, dass die Sterne Behausungen übermenschlicher Wesen seien und dass wir wenn der Herr sagt (Job.

14, 2): „In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen" diese Wohnungen nicht über die Sterne hinauszuverlegen brauchen. Die Schrift kennt einen ungeschaffenen Himmel Gottes, den sie das unnahbare Licht nennt in dem er wohnt, aber sie kennt auch Himmel der Himmel, welche wie die aufwärts führenden Stufen des seligen Jenseits sind. Wenn sie von dem Auferstandenen sagt, dass er durch die Himmel hindurchgeschritten und höher als die Himmel geworden sei (Hebr. 4, 14; 7, 26), so meint sie, dass er alle himmlische Sphären hinter sich gelassen und in den schlechthin überweltlichen Lebenskreis der Gottheit eingetreten sei. Dass wir aber beten: Vater unser, der du bist im Himmel; dass auch Jesus mit gen Himmel erhobenen Augen gebetet hat; dass alle Menschheit sich betend unwillkürlich gen Himmel richtet: welchen anderen Grund hätte es, als dass die Himmelssphären die Pforten und Vorhöfe des Allerheiligsten, des Thrones des HErrn Zebaoth, sind?

Das Sakrament der Wiedergeburt.

Ein Synodal - Aufsatz

von

Diakonus Klein in Weikersheim.

Es ist schon öfter der baptistische Zug nachgewiesen worden, der durch unsere Zeit geht und sich insbesondere auch vieler Geistlichen bemächtigt hat. Das religiöse Bewusstseyn vieler Theologen ist fertig, ehe ihnen die Taufe einfällt, und sie haben daher keinen beherrschenden Standpunkt mehr für die Taufe innerhalb des Wesentlichen, sondern nur noch ausserhalb, als für etwas Ausserwesentliches, das ebensogut auch wegseyn könnte. Die surrogirende Confirmation, welche einige Neuere sogar die Vollendung der Kindertaufe nennen, hat dazu beigetragen, die Taufe als etwas betrachten zu lernen, das seinen Werth nicht in sich, sondern ausser sich und nach sich habe, ihren Schwerpunkt ausserhalb ihr selbst zu verlegen und ihr so einen sichern Stand im gläubigen Bewusstseyn zu rauben. So ist sie immer mehr auf eine blosse Förmlichkeit herabgedrückt.

Andererseits steht sie auch so noch fest in der Gemeinde des Herrn durch Schrift und Tradition; man kann sie nicht fallen lassen, ohne sich ebendamit von der Kirche auszuschliessen.

So ist eine Incongruenz zwischen der einem Jeden unentbehrlichen kirchlichen Bandlung und zwischen ihrer an Entbehrlichkeit bei Vielen hart anstreifenden Bedeutung eingetreten, die sich nur durch Hypokrisie oder durch Geringschätzung der kirchlichen Handlung als solcher bedecken lässt. Und doch ist das Dilemma so klar: Entweder die ganze in der Schrift vorgeschriebene Handlung; dann aber muss sie etwas wahrhaft Grosses seyn. Oder aber sie ist etwas offenbar Geringes; dann aber es auch offen sagen und sie ganz fallen lassen. Nur jenes freilich verträgt sich mit dem in Gottes Wort gefangenen Gewissen.

Wir bezeichnen die Taufe von vorn herein als das Bad der Wiedergeburt, wollen aber hiemit das Recht in Anspruch nehmen, die Analogie zwischen natürlichem und wiedergeborenem Leben bis ins Einzelne auszuführen. Gemeiniglich wird dieser Anschauung zum Vorwurf gemacht, dass sie das Ethische und Physische verwechsle und dass sich vom geistigen Leben nicht aussagen lasse, was beim physischen gelte. Aber einmal ist das Ethische dem Physischen nicht durchaus fremd, ja so wenig fremd, dass es überhaupt nur auf der Naturbasis vorkommt und diese voraussetzt; „der Gegensatz von Wollen im Seyn und Nichtwollen im Seyn ist nicht absolut, weil wir in uns selbst beides sind, nichtwollendes und wollendes Seyn, Natur und Geist" (Schleiermacher); ,,das physische Leben biegt sich zum ethischen um in dem Masse, als der Mensch aus dem Naturgrund sich lossreissend ein eigenes Leben führen lernt" (Martensen). Zweitens borgt man ja nicht die Merkmale des Physischen für das Ethische, sondern die Merkmale des Lebens für das Leben; und die Natur und die Erscheinungen des Lebens müssen durchaus sich selber gleich seyn, so gewiss es ein und derselbe Begriff ist. Es käme also nur darauf an, dass man den Begriff des Lebens, indem man ihn am physischen Leben absieht, nicht verengert durch Merkmale, die nur dem physischen Leben als solchem zukommen. Aber mit dieser Vorsicht kann dann das Recht nicht bestritten werden, das ethische Leben dem natürlichen analog aufzufassen und darzustellen.

Uebrigens ist diese Vergleichung des ethischen und physischen Lebens ganz und gar nicht in unser Belieben gestellt; vielmehr geht durch die ganze Schrift, insonderheit aber durch die Anschauung unseres Herrn eine Auffassung des natürlichen Lebens, dass dasselbe erst nur eine unvollkommene Abbildung einer Realität ist, die einstweilen inwendig in die jetzige Leiblichkeit sich in ihr bildet, die aber am Tage der Offenbarung Jesu Christi Kol. 3, 4 auch offenbar werden wird

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