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Von besonderem Interesse ist noch der Versuch des Kaisers, den Jüdischen Tempel in Jerusalem wieder aufzubauen. Der Hass gegen Jesum hatte einmal Herodes und Pilatus zu Freunden gemacht, derselbe Hass führte den philosophischen Kaiser mit der Synagoge zusammen. Julian erblickte in der alten Jehovareligion einen nationalen Cult wie die andern antiken Culte es auch waren, er meinte, Jehova sei derselbe oberste Gott, den auch die andern Heiden angerufen, derselbe, den die Philosophen als das Absolute verehrten. Unter den christlichen Kaisern war es den Juden schlimm ergangen, die Edicte des Hadrian wurden erneuert und bei Todesstrafe durfte kein Jude in die Nähe der heiligen Stadt kommen. Nach der erfolgten Zerstörung des Tempels zuerst unter Titus, dann unter Hadrian war der geweihte Grund mit dem Pfluge durchzogen, zum Zeichen der nie zu hoffenden Wiederherstellung, Zion war verlassen und in der unteren Stadt hatte sich die Colonie Aelia Capitolina ausgebreitet. Auf Golgatha war ein Venustempel erbaut und später unter Constantin die heilige Grabeskirche, Jerusalem wurde der Sitz eines blühenden christlichen Patriarchates. Die Trümmer des Tempels, die Zerstreuung der Juden durch die ganze Welt waren ein redender Beweis für die Wahrheit des Christenthums, es waren das buchstäbliche Erfüllungen der Worte Jesu. Das Alles veranlasste Julian zu dem Gedanken, er wolle den Glanz des altberühmten Tempels erneuern und die Juden aus der Zerstreuung sammeln. Es war ganz nach seinem Sinne, die Anzahl der nationalen Götter um einen neuen zu vermehren und bei der Einweihung des Tempels mit den Opfern Salomos zu wetteifern. Sein Freund Alypius sollte die Sache ins Werk setzen, schon eilten die Juden von aller Welt Enden gen Zion und ihren übermüthigen Triumph mussten die Christen fühlen. Die Kinder Israel vergassen ihren Geiz und ihre Weichlichkeit, die Eitelkeit der Reichen lieferte Spaten und Hacken von Silber und der Schutt wurde in Mänteln von Purpur und Seide weggeführt. Allein wie durch ein Wunder Gottes wurde der Bau gehindert, die Worte Jesu sollten nicht zu Schanden werden. Es ist unmöglich, die Thatsachen zu leugnen, welche sämmtliche Zeitgenossen, es seien Christen oder Heiden, berichten, wenn auch zuzugeben ist, dass fromme Dichtung manche Züge hinzugethan hat. Ich berufe mich einfach auf Ammian, welcher erzählt: „Fürchterliche Feuerklumpen, welche mehrmals beim Fundamente hervorbrachen, machten, dass sich niemand mehr dahin wagte, nachdem die Arbeitsleute einigemal verbrannt worden waren; da also das Feuer hartnäckig widerstand, musste das Unter

nehmen aufgegeben werden." Was die Sage von feurigen Zeichen auf den Kleidern der Arbeiter u. dgl. berichtet, kann billig bei Seite bleiben, aber eine unbefangene Betrachtung aus der von Ammian berichteten Thatsache wird den Betrachter immerhin nicht ganz an dem Gedanken vorbei gehen lassen, dass hier ein unmittelbares Eingreifen Gottes statt gehabt hat.

Julian verbitterte sich, wie bemerkt, immer mehr gegen die Christen, je erfolgloser im Ganzen und Grossen seine Maassregeln gegen dieselben waren. Besonders diente zur Erhöhung seiner Feindschaft der zweite Winter seiner Regierung 362/63, wo er, mit den Vorbereitungen zum Perserkriege beschäftigt, in Antiochien Hof hielt. Die Abneigung der Christen gegen den Apostaten mischte sich mit der Abneigung der fein gebildeten Syrischen Griechen gegen den Cyniker. Auf den Strassen der Stadt verspottete das Volk seinen Kaiser in übermüthigen Gesängen, in welchen die Gesetze, die Religion, die Sitten, ja selbst der Bart des Kaisers lächerlich gemacht wurden, und Julian wusste sich nicht besser zu rächen als durch eine Satire, der Bartfeind (Misopogon) betitelt, in welcher er das Leben der Antiochener nun auch seinerseits verhöhnte. Es fehlte nicht viel, so wäre seine Abneigung schon jetzt in hellen Flammen ausgebrochen. Die Christen sahen ihn mindestens nicht ohne Besorgniss in den Krieg ziehen, sie fürchteten das Aergste, wenn er siegreich heimkommen würde. Sie hatten dazu auch wohl Grund. Denn als Julian gegen die Perser marschirte, wurden für den Erfolg seiner Waffen Feste angeordnet und er selbst gelobte den Göttern und drohte den Christen, dass er nach seiner Rückkehr sie und ihre Religion ausrotten werde. Obenein mussten sie den grössten Theil der Kriegskosten tragen. Doch es war dem Julian die Heimkehr aus diesem Kriege nicht beschieden. Mit grossen Entwürfen trug er sich, da er gegen Sapor auszog; wie ein andrer Alexander wollte er das regenerirte Griechenthum in den fernen Osten tragen, und nachdem die Germanen seinen Waffen sich gebeugt, hielt er nur noch den Nachfolger des Darius für einen seiner würdigen Gegner. Der arme Thor war wieder um ein Jahrtausend zu spät gekommen. Alexander hatte eine weltgeschichtliche Mission an den Orient gehabt; er, der jugendfrische Grieche sollte den Osten mit dem Hellenenthum durchdringen und der Menschheit neue Bahnen anweisen. Julian dagegen hatte die seiner Zeit gesetzte Aufgabe nicht erfasst: was hätte er dem Osten bringen können? er war ein Gedankenmensch, ein Romantiker, wie er von David Strauss bezeichnend genannt ist. Aller

dings in der Eröffnung des Feldzuges erwies er sich als Feldherr. Mit seinen zahlreichen Legionen durcheilte er im Frühling 363 die weiten Strecken von Antiochien bis an den Euphrat und stand, bevor Sapor es vermuthete, in Mesopotamien. Bei Karrhä, das einmal den Triumvirn Cassius hatte sterben sehen, detachirte er ein Corps östlich gegen den Tigris, er selbst stürmte den Euphrat entlang, und während Sapor noch den Angriff am Tigris vermuthete, überschritt er bei Circesium den Chaboras und betrat Persischen Boden, geradeswegs auf Ktesiphon, die feindliche Hauptstadt marschirend. Mit heldenmüthiger Geduld durchzogen die Legionen einen Theil der Syrisch-Arabischen Wüste, die Städte des fruchtbaren Euphratufers wurden der Plünderung preisgegeben und unaufhaltsam eilte der Kaiser, den die Perser mit einem beutegierigen Löwen verglichen, durch den Theil Mesopotamiens, wo die Flüsse sich am meisten nähern, wider das am Ostufer des Tigris gelegene Ktesiphon. Schon Trajan hatte die Flüsse hier durch einen Kanal verbunden, Julian liess denselben neu ausgraben und führte im Triumphe seine Flotte in den Tigris. Das Ostufer des Flusses war steil, dazu stark verschanzt und besetzt. Julian wagte einen nächtlichen Kahnangriff; das kühne Unternehmen gelang durch seine Geistesgegenwart und nach zwölfstündigem Gefechte floh der Feind in das schützende Ktesiphon. Doch vor Ktesiphons Mauern sollte das Glück sich wenden. Seine Mittel reichten nicht, die Stadt zu brechen und vergebens blickte er gen Norden nach jenen detachirten Legionen aus. Diese hatten meist aus den Truppen des Arsaces von Armenien bestanden, dieser König aber, dem Constantinischen Hause verwandt, hatte den Feind seines Hauses verlassen. Aber obwohl Julian die Belagerung aufgeben musste, so wies er doch, getreu den Alexander copirend, auch die günstigsten Friedensanerbietungen von der Hand. König Sapor selbst hatte er in Ktesiphon nicht vor sich, Julian beschloss, den Feind im Innern Asiens aufzusuchen und wie einst Alexander auf den Gefilden von Arbela um Asien zu kämpfen. Er verbrannte seine Flotte, vernichtete seine Magazine vor Ktesiphon und zog in den unbekannten Osten, der Landschaft Susiana zu. Er hoffte ein reiches Land zu finden; wohl traf er auch ein solches, aber die Bewohner verliessen dasselbe vor seinem Heere her, am Horizonte sah er Städte und Felder brennen, wo er aber zog, war Wüste. Bald irrte er mit seinem verschmachtenden Heere bahnlos in den Wildnissen des armenischen Gebirges umber, endlich, nach Wochen, musste Julian umkehren, um den Tigris wieder zu erreichen. Da um

schwärmten sie von allen Seiten die flinken Persischen Bogenreiter, die der Römische Schwerbewaffnete nicht zu bekämpfen vermochte. Ein trauriges Bild! Die abgehärteten alten Krieger, die den Wintern Germaniens Stand gehalten, verschmachteten unter der drückenden Hitze des Assyrischen Sommers, und wer die Axt der Franken nicht gefürchtet hatte, wurde von dem Pfeile des flüchtigen Persers erlegt. Julian trug sich mit trüben Gedanken, in schrecklichen Nachtgesichten hatten die Götter ihm seinen Untergang gezeigt. Seine Ahnung sollte ihn nicht betrogen haben. Als die Barbaren nach einem neuen Angriffe abgeschlagen waren und er sie hitzig verfolgte, drang ein Pfeil ihm durch die Ribben in die Leber, besinnungslos wurde er in sein Zelt getragen. Ammian theilt uns eine lange Rede mit, die der sterbende Kaiser zu den Umstehenden soll gehalten haben. Wenn sie ächt ist, so kommt den, der sie liest, unwillkürlich ein schmerzliches Gefühl an, dass die eitle Effecthascherei, dass die nichtige Weisheit des Neoplatonismus, dass der flache Tugendstolz diesen Mann bis zum letzten Augenblick in seinen Banden gehalten. Die kirchliche Sage aber auch nur die Sage lässt ihn eine Hand voll Blut gen Himmel werfen und ausrufen: Tandem tu Galilaee vicisti. Die Sage spricht das Resultat seines Lebens aus. Er war ein reich begabter Mensch, er wollte die Zeit des alten Hellas und Rom wieder heraufführen, aber er vergass, dass seine Gedanken nicht einmal die der antiken Zeit waren und dass die falsche Romantik immer zur Tragödie wird. So ist Julian der Thatbeweis dafür, dass das Heidenthum wirklich am marasmus senilis gestorben war und dass dem Christenthum die Zukunft gehörte.

Miscellen.

1. Die Blätter für Mission,

redigirt von Diak. Haerting in Zschopau und Pastor Gärtner in Burkau.

Alles Organische muss, sa lange es lebt, wachsen. Da nun die christliche Kirche als der Leib Christi der allerhöchste Orga bismus ist, wobei jedes Glied in sein Haupt, den Lebensfürsten Jesus Christus, organisch eingepflauzt ist durch den Glauben in der heiligen Taufe, so ist die christliche Kirche seit der Apostel Zeit fortwährend gewachsen; und das seit Anfang dieses Jahrhunderts wiedererwachte Glaubensleben der evangelischen Kirche hat durch die Missionsthätigkeit binnen 50 Jahren ein Wachsthum

der christlichen Kirche hervorgerufen, wie vordem nicht in ganzen Jahrhunderten. Dasselbe Gesetz beobachtet man auch an jeder einzelnen Seele und Gemeinde. Je mehr das Glaubensleben einer Seele oder Gemeinde erstarkt, desto reger betheiligt sich dieselbe an den Werken der erhaltenden und rettenden Liebe, besonders auch an der Mission; und fast nichts zieht die Seelen mehr hinein in den Lebensstrom des Glaubens und ins geistliche Wachs. thum, als die Berichte von den Nöthen und Siegen der Mission. Nun bringt aber die Erfahrung hinsichtlich der Pflege eines gesunden Missionslebens eine doppelte Bemerkung an die Hand. Einmal ist die regste und wärmste Missionsthätigkeit immer auch eine confessionelle gewesen. Denn der Glaube kann sich selbst nicht leugnen; und worin eine Seele in der Heimath den vollsten Ausdruck christlichen Lebens findet, dasselbe wünscht sie natürlich durch ihre Gaben und Gebete auch den neuzugründenden Gemeinden zu bringen unter den Heiden, selbstverständlich in der rechten Weise und zur rechten Zeit. Darum hat auch das neuerwachte Glaubensleben dieses Jahrhunderts factisch eine confessionell immer mehr verschiedne Missionsthätigkeit hervorgerufen. Daneben aber zeigt auch wieder die Missionsarbeit unter den Heiden innerhalb aller christlichen Confessionen sehr viele Lebenszeichen des erhöhten gemeinschaftlichen Hauptes, Jesu Christi; insbesondere feiert die evangelische Predigt des Wortes Gottes inner. halb aller evangelischen Missionsgesellschaften so herrliche, grosse Siege, dass jeder einzelne evangelische Christ mit hoher Freude davon erfüllt werden muss. Und auf diese doppelte Erfahrung zu achten, nöthigt uns sowohl das christliche Bekenntniss als die heilige Schrift. Denn weil alle kirchliche Gemeinschaften im ökumenischen Glaubensbekenntniss des 3. Artikels bekennen: „ich glaube eine heilige, christliche Kirche", so fällt die Beachtung aller Missionserfahrungen christlichen Bekenntnisses auch in den Bereich jedes einzelnen Bekenntnisses; und weil der Apostel Paulus (Phil. 1, 18) sagt: ,,dass nur Christus verkündigt werde allerlei Weise, es geschehe zufallens oder rechter Weise, so freue ich mich doch darinnen und will mich auch freuen“, darum muss insbesondere jeder evangelische und jeder lutherische Christ über die Siege der evangelischen Verkündigung Christi unter den Heiden aller Orten sich wahrhaft freuen und ei nes Ueberblickes über dieselben zur Erweckung seiner Freude be dürfen. Ja durch diesen Ueberblick lernt jeder Christ erst sich recht orientiren über die Bedeutung des Arbeitsfeldes, das gerade seiner Kirche, seiner Missionsgesellschaft, seiner Gemeinde, seinen Gaben und Gebeten vom Herrn zugewiesen ist; und der Blick auf Andrer Glaubensarbeit wird nicht nur vor hochmüthiger Selbstüber

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