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ser Bruchstücke ist noch nicht versucht worden. Wenn nun Bernays in seiersten erläuternden Anmerkung (S. 133) andeutet, dass sich Jemand durch eine übersichtliche Sammlung der Fragmente verdient, aber auch „missliebig" machen könnte, so ist letzteres eben so sehr zu bezweifeln als ersteres für gewiss anzunehmen. Die heutige christliche Theologie hat doch wahrlich keinen Grund, von den gesammelten Fragmenten des einst so ge. fürchteten und verhassten Gegners, der den Uebertritt des Origenes zum Christenthum als ein εξοκέλλειν πρὸς τὸ βάρβαρον τόλμημα bezeichnet (Euseb. hist. eccl. 6, 19), einen schädlichen Einfluss zu befürchten und den Sammler der Fragmente mit missliebigem Auge anzusehen; sie kann in einer solchen Sammlung nur einen dankenswerthen Beitrag zur näheren Einsicht in die philosophische Polemik des damaligen Jahrhunderts gegen das Christenthum erblicken. Die Sammlung dieser Fragmente würde einen willkommenen Baustein liefern zu der noch sehr unvollständigen Erkenntniss über das Verhältniss des sinkenden antiken Heidenthums zu dem siegreich wachsenden Christenthum.

[Erlangen.

Dr. Iwan Müller.] 2. Christenthum und moderne Cultur. Studien etc. von J. Hamberger. Neue Folge. Erlangen 1867.

Eine Sammlung einzelner Arbeiten, z. B.: Meister Eckhart, H. Malebranche, Em. Swedenborgs theologische Lehre, Justus Mösers Verdienste um den Offenbarungsglauben, Fr. H. Jacobi, Fr. Thiersch, die Stigmatisation, die Verzückung, die Verklärung, aus Fr. v. Baaders Jugendleben, Thesen über Feuer und Licht, Seele und Geist, über mystische Bibelauslegung u. s. w. Da Hamberger sattsam bekannt und oftmals auch hier zur Sprache gekommen ist, so will ich mit obiger einfachen Angabe das Buch empfohlen haben und hoffen, dass sie hinreichend ist.

[Ro.]

Uebersicht der Verfasser der in diesem Heft besprochenen Bücher.

I. Theologische Encyclopädie. Zezschwitz.

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V. Exegetische

Theologie. Dachsel. Delitzsch. Ackermann, Grau, Guericke. Luthers N. T. IX. Kirchengeschichte. Ungenannt. Mürdter, K. Luther. Cornelius. Matthes. X. Kirchenrecht und Kirchenpolitie. Ungenannt. Beyschlag. XII. Symbolik und katechetische Theologie. Kelber. XIII. Apologetik und Polemik, Scheele. Andreä. XIV. Dogmatik. Schulze, Pfundheller. XVIII. Homiletisches und Ascetisches. Harttmaun. Rüling. Ohly. Ungenannt, Schlier, Kittan. Moll und Balke. XIX. Hymnologie. Böttcher, v. Cölln. XX. Die an die Theologie angrenzenden Gebiete. Bernays. Hamberger.

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Druckfehler.

Im vorigen Hefte S. C04 Z. 18 ist nach sich zu setzen: nicht, und S. 688 statt Generalconcession von 1843 zu lesen: von 1845.

Verantwortlicher Redactor Prof. Dr. H. E. F. Guericke.

Druck von Ed. Heynemann in Halle.

I. Abhandlungen.

Ueber die Anfänge der menschlichen Geschichte.

Von

Prof. D. O. Zöckler in Greifswald.

Ueber den Ursprung und die Urzeiten des Menschengeschlechts werden seitens vieler Vertreter der modernen Naturforschung Ansichten aufgestellt, an welchen der schriftgläubige Theolog unmöglich gleichgiltig vorübergehen kann. Nicht blos erklärte Materialisten, wie Vogt, Büchner, Huxley u. s. w., auch viele besonnenere Forscher, welche die Bestreitung des gemeinen Materialismus als zu ihren Hauptaufgaben gehörig betrachten, hegen über die Entstehungsweise der Menschheit, über die Anfänge der menschlichen Cultur, sowie über die Zeiträume, deren die früheste Entwicklung unseres Geschlechts bedurft habe, derartige Vorstellungen, mit welchen der Glaube an die Bibel als Gottes Wort in keiner Weise vereinbar ist, da sie die nothwendigsten Grundlagen der Offenbarung für nichtig erklären und so das Ganze der christlichen Heilswahrheit zu untergraben suchen. Und zu diesen naturalistischen Doctrinen nehmen nicht wenige der angeseheneren Philosophen und Theologen unserer Zeit eine überraschend nachgiebige Stellung ein, indem sie bald dieses bald jenes geschichtliche Fundament des Offenbarunglaubens als ein, wie sie meinen, unwichtiges Aussenwerk preisgeben, also wetteifernd. miteinander jetzt den Gegnern der einheitlichen Abstammung des Menschengeschlechts, jetzt den Leugnern der specifischen Differenz zwischen Mensch und Thier, jetzt den Bestreitern der ältesten biblischen Chronologie übertriebene Concessionen zu machen bereit sind. Wenn Darwin den Menschen als einen modificirten oder veredelten Affen darstellt, so beeilen sich Naturphilosophen wie K. Snell in Jena, C. G. Carus in Dresden, und philosophirende Theologen wie Chr. Weisse in Leipzig, ja selbst wie der „,christliche Philosoph" H. Ritter in Göttingen, das Wesentliche dieser Theorie ihren Systemen Zeitschr. f. luth. Theol. 1869. II. 14

einzuverleiben und die Entstehungsgeschichte der Menschheit. für einen Punkt zu erklären, in welchem nicht die hl. Schrift, sondern allein die s. g. Entdeckungen der modernen Naturwissenschaft eine maassgebende Belehrung ertheilen könnten.1) Wenn Agassiz die Menschen an verschiedenen Orten der Erde gleichzeitig oder nacheinander entstehen lässt, so wie „die Fichten in Wäldern, die Gräser in Wiesen, die Bienen in Stöcken, die Häringe in Bänken, die Büffel in Heerden entstehen" sogleich sind Philosophen und Theologen zur Hand, die sich diese Ansicht entweder ganz oder doch bedingter Weise aneignen, und daher entweder mit Lotze fragen: „, Was verlieren wir, wenn wir die Einbeit des Ursprungs opfern, die doch nie mehr seyn wird, als die schön verzierte wirkungslose Initiale unseres Daseyns"?, oder mit E. Riehm u. A. der Meinung sind: das Entstammtseyn der Menschen von Einem Urpaare sei weniger wichtig, als ihr Herrühren aus einer und derselben Schöpfungsidee Gottes!2) Wenn endlich die Geologen der Schule Lyell's, denen die Vertreter der eben charakterisirten Ansichten meist zustimmen, Millionen von Jahren für die vormenschliche Entwicklung des Erdballs und mindestens 50-100,000 Jahre für die Geschichte der Menschen auf Erden in Anspruch nehmen: an theologischen und anthropologischen Forschern, die bei aller sonstigen Umsicht und Besonnenheit ihres Verfahrens sich von solchen Zahlen imponiren lassen, fehlt es nicht, und auch manche Vertheidiger der specifischen Einheit und Einzigkeit des Menschengeschlechts haben deshalb sein Alter wenigstens um einige Jahrtausende über die biblischen Angaben hinaus steigern zu müssen gemeint. So z. B. der bekannte Geograph O. F. Peschel, der die Abstammung der Ureinwohner Amerikas aus Asien für gewiss hält, aber einen Zeitraum von mindestens 11 Jahrtausenden für ihre Uebersiedlung und allmähliche Umformung zu ihren gegenwärtigen Zuständen und Sitten postulirt; desgleichen der gemässigt positive Naturphilosoph Ulrici in Halle, der (in naher Uebereinstimmung mit dem trefflichen Erlanger Mineralogen Fr. Pfaff) den Menschen zwar für das jüngste

1) Vgl. K. Snell, Die Schöpfung des Menschen, Leipz. 1863; C, G. Carus, Natur und Idee oder das Werdende und sein Gesetz, 1861 (S. 447 ff.); Chr. H. Weisse, Philosoph. Dogmatik, Bd. II; Prot. K. - Ztg. 1863, Nr. 25 f. 36; H. Ritter, Ernst Renan über die Naturwissenschaften und die Geschichte, Gotha 1865 (S. 30 fr.).

2) Agassiz, an Essay on Classification, 1867 (p. 39. 166); Lotze, Mikrokosmos, III. Bd.; Ed. Riehm, Studien u. Kritiken 1866, H. III, S. 578. Auch der Engländer Tyler, sonst ein ziemlich besonnener Ethnolog und Alterthumsforscher, äussert in seinen ,,Forschungen über die Urgeschichte der Menschheit" (deutsch von H. Müller, 1867) ähnliche Ansichten.

Geschöpf der Erde, aber doch für bedeutend älter als 6000 Jahre erklärt; endlich auch nicht wenige Theologen, die zur biblischen Rechtfertigung dieses höheren Alters sich der Chronologie der alexandrinischen Uebersetzung des A. T. zu bedienen suchen und deshalb mit Seyffarth u. A. dem 4000 jährigen Zeitraume von Adam bis auf Christus, den der hebräische Text statuirt, einen 6000 jährigen substituiren. 1) Dass diese Abweichungen von der biblischen Ueberlieferung unter sich sehr wesentlich differiren und so ihre mangelhafte Begründung deutlich genug zu erkennen geben, dies beirrt die neuerungslustigen Kritiker ebenso wenig, wie die besonnene. Zurückhaltung, die seitens verschiedener Naturforscher ersten Ranges wie R. Wagner, Göppert, K. E. v. Baer, Osw. Heer u.s. w. fortwährend gegenüber allen jenen modernen Hypothesen, dem Darwinismus gleicherweise wie dem Lyellianismus und dem Agassiz'schen Polygenismus, beobachtet wird. Man meint nun einmal nachgeben und dem vielstimmigen Triumphgeschrei aus dem naturwissenschaftlichen Feldlager wenigstens einige Zugeständnisse machen zu müssen! Nur durch Bringung einiger Opfer, durch Preisgebung einiger vermeintlichen Aussenwerke an die Aufklärungsweisheit unserer Zeit glaubt man den Kern des Glaubens retten und jener gefürchteten „Blokade und Aushungerung" durch die siegestrunkene Wissenschaft entgehen zu können, welche Schleiermacher vor etwa 40 Jahren als ein der herkömmlichen Theologie sicher bevorstehendes Schicksal geweissagt hatte. 2)

Eine eingehende Widerlegung des in der angedeuteten Weise zwischen Offenbarungsglauben und Naturalismus vermittelnden Verfahrens würde ein ganzes Buch erfordern. Wir

1) S. O. Peschel:,,Ueber die Lage des Paradieses", Ausland 1867, Nr. 47; Ulrici, Gott und die Natur, 2. Aufl., S. 409 fl.; Fr. Pfaff, Der gegenwärtige Stand der Frage nach dem Ursprunge des Menschengeschlechts (Zeitschr. f. luth. Theologie u. Kirche 1865, S. 401 ff.); G. Seyffarth, Chronologia sacra, Leipz. 1846. Vgl. auch G. Rösch, Artik. Zeitrechnung, biblische" in Herzogs Theol. Real-Encyclop. Bd. XVIII, S 425 ff., und F. Fabri, Briefe gegen den Materialismus, 2. Aufl., S. 306.

2) Schleiermacher, Sendschreiben an Lücke, Studd. u. Kritiken 1829, S. 419: ..... Wollt Ihr Euch dennoch hinter diesen Aussenwerken verschanzen und Euch von der Wissenschaft blokiren lassen? Das Bombardement des Spottes wird Euch wenig schaden! Aber die Blokade, die gänzliche Aushungerung von aller Wissenschaft, die dann nothgedrungen vor Euch, eben weil Ihr Euch so verschanzt, die Fahne des Unglaubens aufstecken muss! Soll der Knoten der Geschichte so auseinander gehen: das Christenthum mit der Barbarei und die Wissenschaft mit dem Unglauben?" Zur Beurtheilung des zaghaften Tons, wie ihn Schleiermacher gegenüber den Naturwissenschaften hier anstimmt, vgl. überhaupt K. v. Raumer, Kreuzzüge, S. 110; Kurtz, Bibel u. Astronomie, S. 20 f.

beschränken uns hier darauf, einige von den ernsteren Vertretern des Glaubens und der sittlichen Interessen der Menschheit gewöhnlich vernachlässigte oder doch nicht hinreichend gewürdigte Gesichtspunkte hervorzuheben, die es vorzugsweise deutlich darthun, wie unnöthig das Aufgeben jener Hauptpunkte der biblisch überlieferten Urgeschichte unseres Geschlechts ist und wie sehr die dawider gerichteten Angriffe der Gegner den Charakter einseitiger Willkür und Uebereilung tragen. Es sind hauptsächlich drei Wahrheiten, eine naturwissenschaftliche, eine theologische und eine ethisch-anthropologische, die bei Bekämpfung der modern - naturalistischen Ansichten betreffs der Anfänge der Menschheitsgeschichte meist nicht genug beachtet werden und aus welcher die Nichtigkeit einiger der vornehmsten gegnerischen Behauptungen sich wie von selbst ergibt. Wir versuchen es im Folgenden, diese Wahrheiten so zu entwickeln, dass wir neben theologischen und philosophischen auch möglichst viele und gewichtige naturwissenschaftliche Zeugen zu ihren Gunsten aufführen, um so ihre allgemeine Giltigkeit um so nachdrücklicher zu erhärten.

Eine

1.

naturwissenschaftliche Wahrheit, die meist nicht genügend iu Betracht gezogen wird, wenn es sich um Beurtheilung der Ursprünge und Urzeiten unseres Geschlechtes handelt, besteht in dem überall stattfindenden Unterschiede zwischen der rascheren Entwicklung alles Lebens im Jugendalter und seinem langsameren Verlaufe im mittleren und höheren Alter. Eine Menge verkehrter und überspannter Ansichten, betreffend die Dauer der vormenschlicheu Epochen der Urgeschichte unseres Planeten gleicherweise wie die menschliche Urgeschichte, fällt in ihr Nichts zusammen, sobald diese so evidente und allgemeine Erfahrungsthatsache gehörig in Rechnung gezogen wird.

Die Analogie des Lebensverlaufes der einzelnen Menschen mit dem der gesammten Menschheit, des mikrokosmischen Individuums mit dem Makrokosmos des ganzen Geschlechts, steht dem wissenschaftlichen Bewusstseyn aller wahrhaft erleuchteten Natur- und Geschichtsforscher so entschieden fest, dass wir uns der Mühe einer neuen Begründung dieser Ansicht füglich überheben können und lediglich die Consequenz aus ihr bezüglich unseres speciellen Gegenstandes zu ziehen haben. Diese lautet aber nothwendig dahin, dass wie der einzelne Mensch im Fruchtalterzustande binnen wenigen Mo

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