3. Geognostischer Aufbau des ostfriesischen Diluviums a) Das ostfriesische Pleistozän als Transgression auf dem Miozän 1. Die deckenförmig entwickelte Innenmoräne 2. Die hügel- und wallartig aufgeschüttete Innenmoräne 4. Die Geschiebe des ostfriesischen Diluviums und ihre Heimat 35 36 37 39 1. Zur Entwicklungsgeschichte des Emsstromsystems 2. Die Ursachen der Entstehung des gegenwärtigen Emssystems 3. Die glazialen Stromtäler westlich von der Weserlinie als Grundlinien 4. Die Bäche der ostfriesischen Geest a) Die glazialen Erosionsrinnen a) Die Grundmoränenseeen im Binnenlande der Tergaster Endmoräne b) Die Becken der äolischen Ausräumung an der Ostflanke der hohen IV. Physiographie der ostfriesischen Geest 5. Die Innenmoränenlandschaft im Nordwesten 6. Die Innenmoränenlandschaft im Nordosten I. Einleitung. 1. Lage, Grenzen, Größe. Die zwischen Jade- und Dollartbusen gelegene ostfriesische Halbinsel bildet den nordwestlichsten Teil des westwärts von der Elbe und nordwärts von dem Harze, dem Weserberglande und dem jurassischen Faltungszuge des Wiehengebirges sich erstreckenden nordwestdeutschen Flachlandes. An der Nordseeküste ist die Halbinsel von einer Reihe vorgelagerter Gestade- oder Restinseln umkränzt, Relikten des alten festländischen Küstensaumes, die noch täglich den durch die anstürmenden Meereswogen und die äolischen Kräfte herbeigeführten Veränderungen ausgesetzt sind und infolgedessen in Abbruch und Aufbau ein stets wechselndes Bild darbieten. Die wilde Nordsee zerstückelte in prähistorischer und historischer Zeit die früher ununterbrochene lange Nehrung, indem sie sich durch die Sunde Seegaten genannt Wege ins Hinterland des Dünensaumes bahnte. Hier bildete sich nun das Wattenmeer, gleichsam eine Vorhalle der Nordsee, das Sammelgebiet der durch die Siele (Schleusen) ins Meer abströmenden Bäche, deren Süßwasser sich mit der Salzflut mischt und hier an der Binnenseite der Inseln das weitgedehnte, außerordentlich flache Brackwassergebiet erfüllt, das an vielen Stellen von Menschen und Vieh durchwatet werden kann. Jadebusen, Leibucht und Dollart sind erst im zweiten Millennium unserer Zeitrechnung entstanden; die litoralen Landstrecken aber, über denen jetzt die Wellen jener Buchten sich kräuseln, fielen den raubgierigen Wogen der Nordsee zur Beute, von einem oft hadersüchtigen Geschlechte manchmal leider weder zeitig noch mit Aufbietung einheitlicher Tatkraft zurückgewiesen. War die sturmbewegte Nordsee von jeher als unbesiegbarer Riese das unheilschwangere Verhängnis der friesischen Küstenstriche, so nahte sich das ruhige Meer mit seinem regelmäßigen Pulsschlage in Ebbe und Flut dem Friesenvolke auch wieder als der mildherzige Wohltäter, der aus den unorganischen Sinkstoffen der Flüsse und des Meeres, innig vermengt mit Myriaden von Leichen der im Brackwassergebiet zu Grunde gegangenen Salz- und Süßwasserinfusorien und verwesten vegetabilischen Resten, in dem abgelagerten Schlamme-Schliek genannt die fruchtbare Marsch als Brackwassersedimentation aufbaute, die allenthalben in unmittelbarer Meeresnähe und an den Unterläufen der Ems, Leda und Jümme dem eiszeitlichen Boden als kostbares Saumgelände aufgelagert ist. Ostfriesland, unter dem tatkräftigen friesischen Bauerngeschlechte der Cirksenas schon im 15. Jahrhundert politisch geeinigt, war schon damals gegen die Provinz Groningen und damit gegen das jetzige Königreich der Niederlande politisch sicher abgegrenzt, ebenso gegen das Münsterland im Süden. Im Jahre 1575 wurde die durchaus künstliche östliche Grenzlinie zwischen Ostfriesland und dem nördlichsten Teile des Herzogtums Oldenburg dem Jeverlande gezogen, als Maria von Jever, der letzte Sproß aus dem Jeverschen Häuptlingshause der Papingas, starb und die hinterlassene Herrschaft Jever ihrem Vetter, dem Grafen von Oldenburg, vererbte. Die so geschaffene politische Abgrenzung Ostfrieslands war damit dauernd festgelegt; denn das in dieser Gestalt abgegrenzte Fürstentum Ostfriesland repräsentierte sowohl von 1744-1815 unter der preußischen Staatszugehörigkeit, als auch von 1815-1866 unter welfischem Zepter einen selbständigen Verwaltungsbezirk (Fürstentum Ostfriesland oder Landdrostei Aurich.) Auch jetzt noch bildet es als Regierungsbezirk Aurich einen eigenen Bezirk im Verwaltungsdienst der preußischen Provinz Hannover, der mit den Inseln und dem 1853 von Oldenburg käuflich erworbenen Gebiet von Wilhelmshaven eine Fläche von reichlich 3000 qkm umfaßt. Der Ostfriese vergleicht den festländischen Teil seiner Heimat sprichwörtlich gern mit einem Pfannkuchen, von dem der Rand das beste sei1). Mit dem fetten Rande meint er die Marsch, die als regenerierter Tonboden jungquartärer Sedimentation die Geest" umkränzt. Unter der Geest" versteht man den eiszeitlichen Boden, also das Diluvium, das im Innern Ostfrieslands streckenweise vom Hochmoor, im Binnenlande der Tergaster Endmoräne mancherorts von Wiesenmoor bedeckt wird. Der Name „Geest" bedeutet, im Gegensatz zu der so sehr fruchtbaren Marsch, das unfruchtbare Land, wie man auch in Ostfriesland das Brachfeld, das also dem Landmanne nichts einbringt, als Güstfalge", ebenso eine Kuh, die keine Milch gibt, als „güst" bezeichnet. In älterer Form findet sich dieselbe Bezeichnung im Inselnamen „Juist" (sprich Jühst) wieder, weil diese Insel den vorbeifahrenden Seeleuten und auch den ersten Ansiedlern als unfruchtbares Sandland erschien. Die Bezeichnungen Geest und Diluvium sind synonym; doch spricht der Geograph von der Geest, der Geologe vom Diluvium als dem unteren Gliede des Pleistozäns. Die Hauptmasse der Geest liegt nördlich und nordöstlich von Leda und Ems, während ein kleineres, südliches Stück durch das glaziale Stromtal der Leda-Unterems davon abgetrennt wird. Die Geest läßt sich verhältnismäßig genau durch gerade Linien abgrenzen. Das nördliche Hauptgebiet der Geest wird umschlossen von den Geraden: Detern-Neustadtgödens, 1) Oostfreesland is as een Pannkook, d' Rand is d' best." 2) Diese gerade Linie wird unterbrochen durch die aus Marschland bestehende Bucht von Westerholt. |