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Innenmoräne und Späthvitåglacial in Upgant.

(Im Späthvitåglacial die wenig mächtigen Bänkchen durch 4 Monate währende Windwirkungen scharf hervortretend.)

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3. Geognostischer Aufbau des ostfriesischen Diluviums.

a) Das ostfriesische Pleistozän als Transgression auf dem Miozän.

Aus den geologischen Verhältnissen am Nordsaume der südhannoverschen jurassischen Faltungszüge und des Harzes wissen wir, daß im Mitteltertiär hier große Störungen im Schichtenbau der Erdrinde vorgekommen sind, die sich in Faltungen, Brüchen, Verwerfungen, Absenkungen u. s. w. äußern. Weiter nordwärts verhüllt die diluviale Decke das ältere Gebirge fast ganz, und nur inselartige Durchragungen ermöglichen eine höchst lückenhafte Untersuchung desselben. Davon liegen Ostfriesland am nächsten die Klippe von Helgoland, die — von Südwest nach Nordost auffolgend sich aufbaut aus oberem Zechstein, Buntsandstein, Muschelkalk, unterer und oberer Kreide, ferner das Neokom von Bentheim, Gildehaus und dem Isterberge (Grafschaft Bentheim). Bei Stade finden sich paläozoische Tone, die man dem Zechsteine zurechnet; bei Lüneburg treten im Schildstein, Kalk- und Zeltberg die mittlere Trias und die Kreide als anstehendes Gebirge auf. Im südlichen Teile von Schleswig-Holstein liegen bei Segeberg, Stipsdorf, Lieth bei Elmshorn_und in Schobüll Inseln des jüngsten Paläozoikums im Zechstein zu Tage, während bei Lägerdorf-Schinkel in der Quadraten- und Mukronaten kreide des Senons die oberste Kreide unter einer schwachen diluvialen Decke ansteht. Diese wenigen aber sehr heterogenen Vorkommnisse geben ebenso deutlich Kunde von der intensiven tektonischen Umgestaltung, welche das vorquartäre Gebirge durchlebt hat, als sie auch irgendwelche Schlüsse auf die Gebirgsart im Liegenden des ostfriesischen Diluviums von vornherein verbieten.

Aus Ostfriesland ist bisher nur ein Fall von Durchteufung des Diluviums bekannt geworden. Es ist die 1904 beim Bahnhof Aurich ausgeführte Bohrung, die bei 81,2 m Tiefe Braunkohle förderte. Die Bohrungen in Wilhelmshafen ergaben als Liegendes des Diluviums tertiäre Sande. Nun ist weder in Schleswig-Holstein, noch westlich von der Elbe bis tief nach Holland hinein unter dem Diluvium bisher nirgends das Pliozän nachgewiesen worden, hingegen an sehr vielen Stellen das Miozän, das sogar anstehend angetroffen wird unter der aufgeschlossenen diluvialen Decke bei Hassendorf, Rohrssen bei Syke, Twistringen, Kieselhorst und Beckstedt 1). Es liegt daher die Annahme nahe, daß auch unter dem ostfriesischen Diluvium das Pliozän fehlt, wofür auch der Bericht über die Auricher Bohrung spricht. Sehr wahrscheinlich gehört die beim Auricher Bahnhof erbohrte Braunkohle dem Miozän an, woraus sich ergäbe, daß auch hier das Pliozän in präglazialer Zeit wieder beseitigt wurde oder aber niemals existiert hat. Entweder war also unsere Gegend schon zu Ende des Miozäns aus dem tertiären Meere oder aus großen Süßwasserbecken emporgestiegen, so daß sich hier Sedimente des Pliozäns überhaupt nicht ablagern konnten,

1) August Jordan, Die organischen Reste in den Bohrproben von der Tiefbohrung auf dem (Bremer) Schlachthofe. Abhandlungen des naturwiss. Vereins Bremen XVII. Bd. Bremen 1903, S. 523 ff.

oder die Hebung geschah im Laufe des Pliozäns, jedoch so frühzeitig, daß die pliozänen Sedimente wieder beseitigt wurden. Für letztere Annahme würde sprechen, daß bei Beckstedt Unter-, Mittel- und Obermiozän vertreten sind. Immerhin ist es keineswegs ausgeschlossen, daß sich noch hie und da ein Rest des Pliozäns erhalten hat. Auch könnte das Klima der Eiszeit den letzten Rest des Pliozäns beseitigt haben. Daß das vorrückende Inlandeis eine große erodierende und mechanisch wegräumende Wirkung auf die pliozänen Schichten sollte ausgeübt haben, ist nicht denkbar. Bei unseren noch so sehr lückenhaften Kenntnissen hinsichtlich des Liegenden des norddeutschen Diluviums müssen wir uns mit dem Wahrscheinlichkeitsschluß begnügen, daß das ostfriesische Diluvium als eine Transgression auf dem Miozän aufzufassen ist.

b) Stratigraphie des ostfriesischen Diluviums.

1. Das Frühhvitàglazial.

Das jüngste und zugleich eines der wichtigsten Dokumente über das unterste Glied des Diluviums bilden die Bohrproben des am Auricher Bahnhof im Jahre 1904 gebohrten Brunnens. Sie wurden vom Betriebsingenieur Schackmann gesammelt, in einem Kästchen sehr instruktiv zusammengestellt und dem Museum in Emden geschenkt. Wäre ein geologischer Experte bei der Bohrung zugegen gewesen, so würden einige Bezeichnungen bestimmter gefaßt worden sein. Dennoch gebührt Herrn Schackmann für die wertvolle Gabe die dankbarste Anerkennung. Die Angaben Schackmanns sind folgende:

0,0 1,9 m: aufgeschütteter Sand1),

1,9
8,0-21,0 m: gemeiner Ton,
21,0 29,0 m: Töpferton,
29,0-34,5 m: sandiger Ton,

8,0 m: sandiger Ton2),

34,5-35,5 m: Töpferton,
35,5-45,0 m: sandiger Ton,
45,0-51,0 m: gemeiner Ton,
51,0-53,0 m: sandiger Ton,
53,0-59,0 m: Ton,

59,0-67,0 m: humoser Ton,
67,0-68,0 m: sandiger Ton,

1) Das Späthvitåglazial.

2) Hier liegt offenbar ein Beobachtungsfehler vor. In und um Aurich zeigte sich an allen mir zugänglichen Aufschlüssen und Gräben die Grundmoräne in der Fazies des Geschiebelehms in einer Mächtigkeit von 1 m bis 1,30 m entwickelt, zuweilen als magerer, sandiger Lehm und manchmal ohne größere Geschiebe, jedoch niemals 6 m mächtig wie überhaupt nirgends in Ostfriesland. Hier muß also unter der Grundmoräne ein sandiger Ton lagern, den man von dem mageren, sandigen Lehm nicht zu trennen vermochte, so daß hier zwei faziell sehr ähnliche Schichten verschiedenen Alters vereinigt worden sind. Solche Beobachtungsfehler kommen bei Bohrungen im Diluvium öfter vor.

68,0-74,0 m: Sand,

74,0-76,0 m: weicher Sand,

76,0-80,0 m: Kiessand,

80,0-81,0 m: grober Kies mit Quarz und Feuersteinknollen,
81,0-81,2 m: toniger Sand,

81,2-85,0 m: Braunkohle.

Ferner finden sich im Emder Museum Bohrproben der Schalker Werke aus einer Bohrung 12 Stunde von Suurhusen", welche folgende Bezeichnungen tragen:

13—17 m: kalkhaltiger, dunkelblauer Ton,
17-40 m feinkörniger Kies,

40-45 m grobkörniger (grauer) Kies,
45-54 m: grauer Kies von mittlerem Korn,
54—57 m: kalkfreier, plastischer Ton.

Beide Probenserien, insbesondere die von Schackmann herrührenden Bohrproben, gewähren einen trefflichen Einblick in die Vielgestaltigkeit des Frühhvitåglazials. Rechnen wir einmal den groben Kies mit Quarz und Feuersteinknollen, der unterhalb Aurichs auf 80 m Tiefe erbohrt wurde, zu dem für Ostfriesland noch durchaus hypothetischen Frühfluviatil, so ergibt sich für das unter Aurich lagernde Frühhvitåglazial (unter Abzug von 2 m für das Späthvitåglazial und weiteren 2 m für die Grundmoräne) die stattliche Mächtigkeit von 76 m, die bei Suurhusen mindestens 50-53 m betrug.

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Im 79. Jahresbericht der naturforschenden Gesellschaft in Emden pro 1893/94" werden von G. Voß „Mitteilungen über Erdbohrungen in der Stadt Emden und deren Umgebung" gemacht. Die tiefste Bohrung reichte bis 66 m hinab. Aus den im wesentlichen dasselbe bietenden Bohrungsberichten sei derjenige über diese tiefste Bohrung hier zitiert:

,,5. in Suurhusen, Schwarzer Weg, etwa 8,3 km von Emden: bis 1,30 m Mutterboden, bis 4,00 m Moor, bis 6,50 m blauer Ton, bis 11,00 m scharfer grauer Schlammsand, bis 20,50 m scharfer weißer Sand, bis 22,50 m grober weißer Quarz, bis 35,00 m grober weißer Sand, bis 40,00 m scharfer grauer Sand, bis 57,00 m scharfer weißer Sand, bis 59,00 m feiner Schlammsand, bis 60,00 m desgleichen mit Ton, bis 66,00 m grauer scharfer Sand.“

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Der von 4 bis 6,50 m Tiefe erbohrte blaue Ton" ist offenbar nichts anderes als die hier ohne Geschiebeblöcke angetroffene Grundmoräne in der Fazies eines blauen Geschiebelehms. Demnach wäre an dieser Stelle das Frühhvitåglazial wenigstens 59,50 m mächtig.

Aus diesen Ziffern geht deutlich hervor, daß dem Frühhvitåglazial als dem mächtigsten Gliede wenigstens der 15-20fache Anteil am Aufbau des ostfriesischen Diluviums zugesprochen werden muß im Vergleich zum Gesamtvolumen der drei übrigen Glieder, nämlich der Grundmoräne, Innenmoräne und des Späthvitåglazials.

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