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Norden-Loppersum,

Loppersum-Tergast,
Tergast-Leer.

Das im Süden liegende Geestgebiet hat eine fast oblongische Form und wird begrenzt durch die Linien:

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Beide Geestgebiete nehmen mit Einschluß der Moorstrecken einen Flächenraum von 2000 qkm ein.

2. Bisherige Forschungen.

Über die Geologie der ostfriesischen Geest fließen die Quellen leider ebenso spärlich und trübe wie über die der Marsch. Nur Prestel war es, der dem ostfriesischen Diluvium seine Aufmerksamkeit zugewendet hat1). Als Kind seiner Zeit steht er noch auf dem Boden der Lyellschen Drifttheorie; aber auch manche seiner Deutungen beweisen Prestels ganz eigenartigen Standpunkt. Das Diluvium rechnet er (S. 27) zum Tertiär, und von den offenbar durch Menschenhand aufgeworfenen Warfen der Marsch sagt er (S. 16): „Die Warfen sind entschieden ohne Einwirkung des Menschen entstanden." Interessant ist auch, was er von den an der Westseite des Borkumer Riffs mit Austernetzen aus 40-50 Fuß Tiefe heraufgeholten Feuersteinen annimmt. Er sagt darüber (S. 13): „Die meisten von diesen Feuersteinen stammen wahrscheinlich von den Kreideflözen Englands her. Ob einige unter ihnen, sowie die in dem Gastboden des Festlandes hin und wieder vorkommenden Echiniten, ihren Ursprung in näher, vielleicht im Binuenland gelegenen, jetzt zerstörten Kreidehügeln hatten, darüber läßt sich, da jeder Anhaltspunkt und Fingerzeig fehlt, nichts entscheiden." Aber auch seine objektiven Berichte über Bohrungen in und um Emden sind leider so allgemein gehalten, daß sich aus ihnen für die Geologie des ostfriesischen Diluviums nichts Greifbares ableiten läßt, was schon J. Martin beklagt 2). Prestel war vor allen Dingen ein ausgezeichneter Meteorologe. So vortrefflich und auch heute noch geschätzt seine zahlreichen meteorologischen Arbeiten sind, so viel Spreu findet sich in seiner Abhandlung über den Boden Ostfrieslands. Jedoch ist der Abschnitt über die Schliek bildung auch heute noch beachtenswert.

1) M. A. F. Prestel, Der Boden, das Klima und die Witterung von Ostfriesland. Emden 1872, Selbstverlag.

2) J. Martin, Diluvialstudien. III. Vergleichende Untersuchungen über das Diluvium im Westen der Weser. 4. Klassifikation der glazialen Höhen. 12. Jahresbericht des naturwiss. Vereins zu Osnabrück (für 1897) S. 78: „Auch in Prestels ,Der Boden, das Klima und die Witterung von Ostfriesland' (Emden 1872), dem einzigen Werke, welches die dortigen geologischen Verhältnisse behandelt, sind die Angaben zu unbestimmt gehalten, als daß man daraus entnehmen könnte, welche Glieder an dem Aufbau der diluvialen Höhen beteiligt sind."

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Rudolf Bielefeld, Die Geest Ostfrieslands.

Leider hat man auch die beim Bau des Ems-Jade-Kanals in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts geschaffenen trefflichen Aufschlüsse des Diluviums von keiner Seite einer geologischen Untersuchung gewürdigt und damit die schönste Gelegenheit zum Studium des ostfriesischen Pleistozäns ungenutzt verstreichen lassen. Mir mußten die in den Jahren 1903, 1904 und 1905 in Ostfriesland vorhandenen Aufschlüsse des Geestbodens als Grundlage der Untersuchungen dienen; auch an ihnen ließ sich ein Einblick in den Aufbau des ostfriesischen Diluviums gewinnen.

Da Ostfriesland eine Reihe trefflicher Geschichtschreiber aufzuweisen hat, ist es nicht zu verwundern, daß auch die kartographische und die geo-topographische Literatur Ostfrieslands ziemlich reichhaltig ist. Schon David Fabricius, der Vater des bekannten Entdeckers der Sonnenflecke, lieferte 1592 eine für die damalige Zeit ausgezeichnete Karte von Ostfriesland unter dem Titel: „Orientalis Frisiae exacta descriptio autore Davide Fabricio Esensi, pastore Resterhavensi, anno 1592." Nach ihm war der berühmte Ubbo Emmius der erste, der eine Karte und chorographische Abbildung von Ostfriesland besonders verfertigte, welche im Jahre 1615 bei Wilhelm Blaeuw in Amsterdam unter dem Titel Typus Frisiae Orientalis Auctore Ubbone Emmio verlegt wurde, und durch Salomon Roger und E. S. Hamersveldt gestochen worden" 1). Johann Konrad Freese lieferte unter dem mitgeteilten Titel 1796 ein Werk über Ostfriesland, in dem auch die geographischen Verhältnisse Berücksichtigung fanden. Ihm folgte der taubstumme Fridrich Arends, welcher in seinem dreibändigen Werke „Ostfriesland und Jever in geographischer, statistischer und besonders landwirtschaftlicher Hinsicht" (Emden 1818-20, gedruckt bei Witwe Hyner und Sohn) und seiner Erdbeschreibung des Fürstentums Ostfriesland und des Harlingerlandes" (Emden 1824), ebenso zuverlässige als erschöpfende Darstellungen gab, die auf eigenen gründlichen Beobachtungen beruhten. Eine volkstümliche, geschickt abgerundete Darstellung boten de Vries und Focken in ihrem Ostfriesland. Land und Volk in Wort und Bild" (Emden, Verlag von W. Haynel, 1881).

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Die Geographie der ostfriesischen Geest erschöpft sich aber in all diesen Publikationen als Topographie, der einige allgemeine physiographische Züge beigefügt worden sind. Ein richtiges geographisches Verständnis der ostfriesischen Geest konnte erst auf Grund eingehender geologischer Studien gewonnen werden.

1) Ostfrieß und Harrlingerland nach geographischen, topographischen, physischen, ökonomischen, statistischen, politischen und geschichtlichen Verhält nissen von Johann Konrad Freese, Königl.-Preuß. Kriegskommissär u. Kontrolleur der ostfriesischen kombinierten Domainen- u. Kriegskasse. Aurich 1796, Bd. I, S. 141. Verfasser gibt im vierten Abschnitt von den Ostfriesland betreffenden Landkarten, Zeichnungen u. Kupferstichen" (S. 140-164) einen erschöpfenden Bericht über das ganze bis zum Ende des 18. Jahrhunderts erschienene Material.

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II. Geologie des ostfriesischen Diluviums.

1. Überblick.

a) Morphographischer Überblick.

Bietet die ostfriesische Marsch in ihrer ganzen Längenerstreckung in vollkommener, fast baumloser Ebenheit und ihrer großen Fruchtbarkeit ein oro- und physiographisch einheitliches Bild, so zeichnet sich die Geest trotz ihrer ebenso einheitlichen Entwicklungsgeschichte durch einen anmutigen Wechsel in der Physiognomie ihrer Oberfläche aus. Südlich vom glazialen Stromtale der Leda-Unterems finden wir sowohl im Reiderlande als auch in Overledingen flache meridionale Höhenzüge, welche allesamt einen weiten Umblick auf die flache Umgebung mit ihren Weilern und Dörfern gewähren und zugleich willkommene Stätten menschlicher Siedlungen repräsentieren, die hier von Busch und Hain manchmal malerisch umrahmt erscheinen. Das völlig ebene glaziale Stromtal bildet dazu einen auffallenden Gegensatz; hier ruht das Auge auf einer fast unabsehbaren Grasebene, die nur hie und da durch Einzelgehöfte und unbedeutende Siedlungen unterbrochen wird. Im Röhricht hören wir den Rohrsperling sein geschwätzig Liedchen trillern und in den Lüften zeigen sich Kiebitz, Bekassine und Pfuhlschnepfe als die charakteristischen Bewohner der Wiesen- und Sumpflandschaft. Nur dort, wo die hohe Geest" mit diluvialen Vorgebirgen nahe an das alte Stromtal herantritt, wie bei Leer und Detern, hat der Mensch Raum zu größeren Siedlungen gefunden, die aber dem Flußtal selbst nicht mehr angehören. Durchwandert man nun auf der Landstraße von Leer über Hesel nach Aurich den südlichen Teil der hohen Geest, die hier des Waldschmuckes nicht entbehrt, so überschreitet man eine ganze Reihe von Südwest nach Nordost sich erstreckender, paralleler diluvialer Flachrücken, welche reihenweise die Siedlungen tragen und durch breite, sehr flache, aber dennoch deutliche, von trägen Bächen durchronnene Talungen voneinander getrennt sind. Ein wesentlich anderes Bild aber gewährt eine Wanderung von Emden über Georgsheil nach Aurich durch das Binnenland der Tergaster Endmoräne. Man merkt orographisch nicht den leisesten Unterschied zwischen der Marsch und der hier im großen Meedengebiet auch völlig waldlosen Geest, so vollkommen ist sie hier eingeebnet, an ihren tiefsten Stellen mit flachen Binnenseeen bedeckt. An der Ostflanke der hohen Geest, in Meerhusen, Osteregels, Hollsand bei Großoldendorf und Kloster Barthe häuften sich

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jugendliche äolische Bildungen zu festländischen Dünen, die dem einsamen Wanderer zuweilen lebhaft die Dünenlandschaften der friesischen Inseln vorgaukeln können. Bei Hopels, Wiesedermeer, Brookzetel, Langefeld, Negenmeerten und in ähnlichen Sandstrichen erhält die herbstliche Landschaft einen angenehmen Wechsel durch flache Landseeen, ephemerischen Ansammlungen herbstlicher Regenwasser, die infolge verbesserter Abwässerung im Sommer austrocknen und öden, wüstenähnlichen Sandlandschaften Platz machen. Die Südhälfte des Kreises Norden und der mittlere Teil des Kreises Wittmund bilden in ihren sandigen, sanft gewellten und gut bewaldeten Landschaften, die fast nur am Saume größere Siedlungen aufkommen ließen, geologische und geographische Analoga von physiographisch nur schwach eigenartiger Ausprägung. Abwechslungsreicher ist das orographische Bild des alten Amtes Friedeburg, das uns physiographisch deutlich an das südliche Ostfriesland und an die hohe Geest erinnert. Zwischen Reepsholt, Wiesede und Friedeburg beleben deutliche Terrainwellen die Landschaft, während zwischen der Barger Schäferei und Etzel sich eine Anzahl sanft gewölbter Heidehöhen zu zwei Hügelreihen ordnet, die in einem Moränenrücken enden, auf dem das Dorf Etzel angelegt ist, das nordwärts in ein flaches Meedengelände hinabschaut.

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b) Stratigraphischer Überblick.

An den meisten Stellen der ostfriesischen Geest findet man nach Abräumung der Ackerkrume zu oberst gelblichen, sehr feinkörnigen, deutlich geschichteten Sand (im Volksmunde meist als „gelber Sand", auch als Pielsand" oder „Loopsand" bezeichnet) in einer Mächtigkeit von 0,5-2 m. Oft sind dem fast homogenen Sande hie und da einzelne durch Eisenhydroxyd gebildete, härtere, braune Konkretionen beigemengt, die aber an der Luft sehr rasch verwittern. Die schön konkordante Schichtung wird oft durch braune, schwach wellig und wagrecht verlaufende Adern, die ebenfalls den Eisenverbindungen ihre braune Farbe verdanken, gekennzeichnet. Die geschichteten Einzelbänke zeigen sich bei genauerer Untersuchung nach der Korngröße geordnet, so daß dieser gelbe Sand als Sediment, als Absatz des Wassers, gedeutet werden muß. Er repräsentiert das oberste Glied des ostfriesischen Diluviums.

Unter diesem gelben Sande" folgt an manchen Stellen in scharfer Abgrenzung unmittelbar der Lehm. In Upgant bei Marienhafe aber, sowie östlich von der Linie Plaggenburg-Neuschoo, ferner westlich von Wittmund und in der Friedeburger Gegend findet sich zwischen diesem „gelben Sande" und dem Lehm noch ein Glied des Diluviums eingeschaltet, das meist aus feinen Sanden („Mauersand") oder Kiesen besteht, die bankweise deutlich nach der Korngröße geschichtet sind und oft am Grunde der Einzelbänke Gerölle verschiedenster Größe bergen. In Upgant ist dieses Glied in einer Mächtigkeit von 2 m entwickelt. Hier läßt es sich nach oben messerscharf gegen den gelben Sand, ebenso nach unten gegen den Lehm abgrenzen. Oftmals aber schrumpft dieses Glied des Diluviums sehr zusammen, so daß seine Abgrenzung

nach oben unmöglich ist, weil es mit den unteren Partieen des gelben Sandes innig vermengt erscheint, oder es fehlt völlig. Seine deutliche Schichtung beweist, daß es sedimentärer Entwicklung ist.

Das Liegende dieser beiden sandigen Glieder des Diluviums bildet fast allenthalben der Geschiebelehm, welcher regellos mit Geschieben durchsetzt ist und niemals eine Schichtung erkennen läßt. Der Geschiebelehm kann daher nicht im Wasser abgelagert sein; er ist nichts anderes als die Grundmoräne des nordeuropäischen Inlandeises. Seine Mächtigkeit beträgt in Ostfriesland höchstens etwas über 2 m.

Nach der Durchteufung des Geschiebelehms, der nach oben und unten stets sehr scharf begrenzt ist, findet man namentlich im östlichen Ostfriesland, im Harlingerlande, einen blauen Tonmergel, der dank seines oft hohen Kalkgehaltes dem Landwirt einen sehr willkommenen Faktor zur Verbesserung seiner Ländereien darbietet. An anderen Stellen, so bei Marx, Nenndorf bei Westerholt, Schatteburg und an manchen Orten Reiderlands bildet das Liegende der Grundmoräne ein sandiger Glimmerton, der sich durch seine zahllosen glitzernden Glimmerblättchen sofort verrät, weshalb er vom ostfriesischen Volksmunde als ,Sülwersand" bezeichnet wird. Oft auch findet man die Grundmoräne von schön geschichteten, mehr oder weniger grobkörnigen Kiesen unterteuft, so im Dorf Moorweg bei Esens, Hoogbeer bei Wittmund, in Plaggenburg und anderen Orten, wo der Kies zur Mörtelbereitung und zur Bestreuung der Gartenpfade ein gesuchtes Material bildet. Ist der Kies sehr feinkörnig und von blendender Weiße, so dient er als Küchensand, mit dem die ländliche ostfriesische Hausfrau den Fußboden ihrer Wohnstube oft in den zierlichsten Figuren bestreut. An einer einzigen Stelle Ostfrieslands, bei Poggenkrug unweit der Westgrenze des Kreises Wittmund, liegt unter der Grundmoräne echter weißer Töpferton.

So repräsentiert das Liegende der Grundmoräne ein sehr vielgestaltiges Glied des Diluviums, das nirgends mehr durch eine zweite Grundmoräne unterbrochen wird, wie sämtliche Bohrungen in Ostfriesland beweisen. Da es bis weit über 50 m hinab verfolgt werden kann, bildet es zugleich auch das mächtigste Glied des ostfriesischen Diluviums. Die Sande, Kiese, Tonmergel und Tone verraten in ihrer Schichtung deutlich den aquatilen Ursprung; sie alle verdanken ihre Entstehung der Sedimentation.

2. Nomenklatur.

Hinsichtlich der Benennung der Einzelglieder des Diluviums wurde von den Glazialgeologen zuweilen eine Nomenklatur beliebt, welche für die lokalen Verhältnisse immerhin ausreichend doch nicht den Ansprüchen an eine scharf abgrenzende, klare Bezeichnung, die zugleich die Entstehungsgeschichte des benannten Gliedes andeutete, gerecht wurde. Man sprach von Heidesand, Geschiebesand, Diluvialsand, Diluvialton, Geschiebedecksand u. dergl. mehr. Letztere Bezeichnung wurde. beispielsweise von L. Meyn für die sandig-grandige Fazies der Grundmoräne gebraucht, welche von Berendt als „Decksand," von Forch

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