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2. Der Saß, daß ursprünglich nur der Eigenthümer die Rei vindicatio anstellen durfte, mußte da unbequem erscheinen, wo Iura in re aliena begründet waren, welche, wie die Emphyteuse und Superficies, dem dinglich Berechtigten eine der des Eigenthümers analoge freiere Stellung zur Sache gaben. Denn bis hier jener diesen zur Anstellung der Rei vindicatio directa vermochte, konnten die manichfachsten Jntereffen des dinglich Berechtigten verlegt sein. Um diesem Uebelstande abzuhelfen, ertheilte der Pråtor dem Pachter eines Ager vectigalis und späteren Emphyteuta sowohl, als dem Superficiar eine Rei vindicatio utilis, und zwar, beide nunmehr völlig sicherstellend, sogar gegen den Dominus. L. 1. §. 1. D. si ager vectigalis i. e. emphyteut. petatur (6. 3.) Paulus: Qui in perpetuum fundum fruendum conduxerunt a municipibus, quamvis non efficiantur domini, tamen placuit competere eis in rem actionem adversus quemvis possessorem sed et adversus ipsos municipes. L. 16. D. de serv. (8. 1.) Julianus: Ei qui pignori fundum accepit, ipsius fundi utilis petitio dabitur *). Idem servari convenit et in eo, ad quem vectigalis fundus pertinet. L. 73. §. 1. L. 74. 75.

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cf. L. 22. §. 13. i. f. D. sol. matr. (24. 3.)] als noch ein anderer Fall einer hierhergehörigen Rei vindicatio utilis der bezeichnet, wenn der Mann mit Pecunia dotalis Sachen angeschafft hat. Denn hier soll die Frau entweder ganz allgemein, v. Wening a. a. D. II. §. 121. i. (Vierte Aufl.), oder nur im Falle der Infolvenz des Mannes (Glück a. a. D. S. 184. Puchta Pand. §. 149. Nro. 4. Vorlef. I. S 297.) ausnahmsweise die Rei vindicatio utilis haben. Allein eine solche Ausnahme eriftirt in der Wirklichkeit nicht. Denn entweder schafft der Mann mit Pecunia dotalis für sich etwas an; dann gehört es ihm und nicht der Frau, (fo erklärt fich L. 12. C. de iure dot. 45. 12.), oder er schafft es unter Umständen, die dem Interesse der Frau günftig find, mit deren Zustimmung für die Do's an; dann geht eine gefeßlich_er= laubte Permutatio dotis vor sich, L. 26. 27. D. eod. (23. 3.) L. 21. D. de pact. dot. (23. 4.), und an den also mit Dotalgeld erworbenen Sachen hat die Frau ganz dieselben Rechte wie an den ursprünglich als Dos inferirten. Von einer Besonderheit in Bezug auf die Rei vindicatio ist also hier überall nicht die Rede. Ueber die ganze Controverse s. Glück a. a. O. S. 167–186. v. Löhr in s. Mag. IV. S. 76. 77. Schmid a. a. D. S. 274. 75. *) v. Löhr in f. Mag. III. S. 133. 134. und ihm ftimmt Marezoll ebend. IV. . 368. bet ertheilt neben dem Emphyteuta und Superficiar auch noch dem Pfandgläubiger eine Rei vindicatio utilis, und flüßt sich dabei unter

D. h. t. Paulus: Superficario, i. e. qui in alieno solo superficiem ita habet, ut certam pensionem praestet, praetor causa cognita in rem actionem pollicetur.

3. Eine weitere Veranlassung zur Ertheilung einer Rei vindicatio utilis findet das römische Recht in einzelnen Fällen der s. g. Acceffion. a. Pflanzt nämlich Jemand mala fide auf eigenen Boden fremde Bäume, Gefträuche, und dieselben find angewachsen, so ist dem früheren Eigenthümer die Actio ad exhibendum und Rei vindicatio directa auf Wiedererlangung der Bäume u. f. w. versagt. L. 9. §. 2. D. de damn. inf. (39. 2.) Ulp. Nec arbor potest vindicari a te, quae translata in agrum meum cum terra mea coaluit. L. 26. §. 2. D. de adq. rer. dom. (41. 1.). Dagegen behandeln die Römer den also Pflanzenden wie einen fictus possessor, qui dolo malo desiit possidere, und ertheilen wider ihn, weil er den Baum u. s. w. zwar besigt, aber nicht als felbstständigen Gegenstand befizt, die Rei vindicatio utilis auf vollen Ersat*). L. 5. §. 3. D. h. t. Ulpian. De arbore, quae in alienum agrum translata coaluit et radices immisit, Varus et Nerva utilem in rem dabant: nam si nondum coaluit, mea esse non desinet. Vergl.

andern auch auf L. 16. D. cit. Allein diefe utilis petitio beim Pfande ist keine andere als die Actio hypothecaria, welche sich von der Rei vindicatio utilis des Emphyteuta und Superficiar als (nachgebildeter) Eigenthumsklage wesentlich unterscheidet, und daher nicht hierhergehört. L. 66. pr. D. de evict. (21. 2.) Papin. Si, cum venditor admonuisset emptorem, ut Publiciana potius, vel e a actione, quae de fundo vectigali proposita est, experiretur, emptor id facere supersedit: omnimodo nocebit ei dolus suus, nec commititur stipulatio. Non idem in Serviana quoque actione probari potest: haec enim, etsi in rem actio est, nudam tamen possessionem avocat, et, soluta pecunia venditori, dissolvitur. L. 1. §. 2. D. de pign. (20. 1.) Pap. verb. quaestio pignoris ab intentione dominii separatur. L. 44. §. 5. D. de usurp. (41. 3.) Pap. verb. persecutio pignoris .. nulla societate dominii coniungitur. Vergl. auch noch Büchel Civil. Erörterungen. Zweite Aufl. I. S. 229. 230. — Ueber die analoge. Rei vindicatio des Inhabers eines Praedium provinciale f. oben S. 38. Nrø, 2 S. 39.

*) Marezoll (in v. Löh r's Mag. IV. S. 369.) hält diese Rei vindicatio utilis für eine Pfandflage. Allein dagegen vergl. die vorige Note. Ueberdies haben wir kein Recht, gefeßliche Pfandrechte, deren die Quellen sonst nirgends gedenken, so leichthin anzunehmen.

oben S. 269. Ad 2.b. Wie oben S. 279. und S. 283. näher ausgeführt worden, erwirbt der Maler durch Fertigung des Gemäldes auf fremdem Stoffe das Eigenthum an diesem leßteren, und damit auch die Rei vindicatio directa, L. 9. §. 2. i. f. D. de adq. rer. dom. (41. 1); dagegen ist er dem früheren Eigenthümer des Stoffes zum Schadensersaße verpflichtet. Leistet er diesen nicht, so steht lezterem gegen den Maler eine Rei vindicatio utilis auf Herausgabe des Stoffes zu, soferne er bereit ift, die durch das Gemälde veranlaßten Kosten zu erseßen. Gaius II. 78. L. 9. §. 2. D. de adq. rer. dom. (41. 1.) §. 34. I. de rer. div. (2. 1.) Erklären läßt sich diese Rei vindicatio utilis durch die Annahme, daß, wenn der Maler seiner Schadensersaßpflicht nicht nachkam, fingirt wurde, der ursprüngliche Eigenthümer des Stoffes habe das Eigenthum daraus gar nicht verloren *). Theophil. ad §. 34. I. cit. Sidoraι dè avτą utilis in rem, ἵνα κινῶν οὕτω λέγῃ, ὡσανεὶ ὑπῆρχον δεσπότης. (Sed datur illi utilis in rem, ut agens sic dicat: Quasi dominus essem.) Vergl. Gaius IV. 38. III. 84.

4. Während der Cessionarius, dem die Rei vindicatio cedirt wird, die Rei vindicatio directa hat, bedient sich derjenige, welchem ein geseglicher Anspruch auf Ceffion der Rei vindicatio zukommt, vergl. L. 35. §. 4. D. de contr. empt. (18. 1.) L. 63. D. h. t. L. 25. §. 8. loc. cond. (19. 2.) L. 14. pr. D. de furt. (47. 2.), wenn dieselbe unterbleibt, als allgemeine Folge der s. g. Cessio legis der Rei vindicatio utilis. L. 9. C. de her, vel act. vend. (4. 39.) Mühlenbruch Ceffion. Dritte Aufl. S. 247. vergl. m. §. 16, insb. S. 200 a. E.

S. 91.

B. Vom Beklagten.

Beklagter bei der Rei vindicatio ist nur der Bestßer der zu vindicirenden Sache **). L. 1. C. ubi in rem actio exerceri debeat (3. 19.) Diocl.

*) Auch diese Rei vindicatio utilis ist Marezoll a. a. D. S. 366. eine Pfandklage. Allein dagegen s. die beiden vorhergehenden Noten und Theoph. 1. c. **) Selbst derjenige ist nicht Beklagter bei der Rei vindicatio, welcher aus einem früheren Befiße noch Vortheil hat, z. B. aus einer verkauften Sache das Pretium. Anders ist dies bei der Hereditatis petitio. L. 16. §. 1. 2. D. de her. pet. (5.3.)

et Max. In rem actio non contra venditorem, sed contra possidentem competit. Und dabei erscheint es gleichgültig, auf welchen Grund sich der Besiz des Beklagten stüßt, L. 9. D. h. t.*), ob er bonae øder malae fidei possessor ist. §. 35. I. de rer. div. (2. 1.) §. 2. I. de off. iud. (4. 17.) L. 62. pr. D. h. t. Auch gegen den Erben des Besizers als solchen geht die Rei vindicatio nicht, sondern nur, wenn er gleichfalls bestßt. Dagegen ist er verpflichtet für die Handlungen seines Erblaffers in Bezug auf die Sache einzustehen. L. 42. 51. 55. D. h. t. In der Regel wird sich die vollständige Nichtanerkennung des Eigenthums durch Weigerung der Bestges-Herausgabe mit der Behauptung des Beklagten verbinden, selbst Eigenthümer zu sein **), ja es gab juristische Claffiker, wie Pegasus, die dies als wesentliche Voraussetzung der Rei vindicatio ansahen, indem sie dieselbe nur gegen juristische Besizer zuließen, nicht gegen bloße Detentoren. L. 9. D. cit. Allein mit Recht ist diese Ansicht unter den römischen Juristen eine vereinzelte geblieben, da dem Zwecke der Rei vindicatio noch keineswegs durch eine blos verbelle Anerkennung des klägerischen Eigenthums unter Vorenthaltung des Befizes genügt ist, sondern erst durch die mit der Besizes-Herausgabe verbundene reelle. Und demgemäß ist denn bei der Rei vindicatio ein jeder der rechte Beklagte, qui tenet et habet restituendi facultatem. L. 9. D. cit.***) L. 2. C. ubi in rem actio (3. 19.). Indeffen soll der De

**) L. 9. D. cit. Ulp. verb. Nec ad rem pertinebit, ex qua causa possideat ; ubi enim probavi rem meam esse, necesse habebit possessor restituere, qui non obiecit aliquam exceptioném.

**) §. 1. i. f. I. de act. (4. 6.) Quo casu proditae actiones in rem sunt: velut si rem corporalem possideat quis, quam Titius suam esse affirmet, poss'essor autem dominum eius se esse dicat: nam si Titius suam esse intendat, in rem actio est.

***) L. 9. D. cit. Ulpianus. verb. Quidam tamen, ut Pegasus, eam solam possessionem putaverunt hanc actionem complecti, quae locum habet in interdicto Uti possidetis vel Utrubi. Denique ait, ab eo, apud quem deposita est, vel commodata, vel qui conduxerit, aut qui legatorum servandorum causa, vel dotis, ventrisque nomine in possessione esset, vel cui damni infecti nomine non cavebatur, quia hi omnes non possident, vindicari non posse. Puto aulem, ab omnibus, qui tenent et habent restituendi facultatem, peti posse.

tentor, welcher im Namen eines Dritten die Sache besißt *), bei Immos bilien **) seit Constantin (a. 331.) die Klage dadurch von sich ablenken, daß er dem Kläger vor der Litiscontestation seinen Auctor nennt; debet statim in iudicio dominum laudare. Nominatio, Laudatio auctoris***). Ist dies geschehen, so wird der letztere vom Gerichte unter Auberaumung einer Frist zur Einlassung auf die Klage geladen und läßt er sich auf diese Ladung hin nicht vernehmen, so wird nach summarischer Verhandlung der Klagsache der Kläger fofort in den Besiß eingewiesen, dem Abwsenden dagegen seine Rechtsverfolgung in Betreff der fraglichen Sache vorbehalten. L. 2. C. ubi in rem actio (3. 19. †). ~ Unterläßt der im Namen eines Dritten Befißende seinen Auctor zu nennen, so wird er nun nicht, wie man wohl behauptet ft), als fictus possessor, qui liti se obtulit, zum Schadensersaße, sondern als Detentor zur Herausgabe der Sache verurtheilt, quia tenet et habet restituendi facultatem. L. 9. D. cit. Dem Auctor steht es nach der Restitution natürlich noch frei, feine Sache zu vindis

*) Vom Detentor, der im Namen des Klägers befigt, war bereits beim unus casus S. 337. die Nede.

**) Ganz allgemein wendet man heutzutage die Laudatio auctoris auch auf be=

wegliche Sachen an. Vergl. Glück P. C. a. a. O. S. 199. Linde Abh. S. I.134. Sintenis, das gemeine Civilrecht I. §. 52. Note 17.

***) Darüber, daß diese Laudatio auctoris den Charakter einer Exceptio, und nicht den einer negativen Litiscontestation hat, s. Linde Abh. I. S. 125. ff. nam. S. 130. †) L. 2. C. cit. Constant. Si quis alterius nomine quolibet modo possidens immobilem rem, litem ab aliquo per in rem actionem sustineat, debet statim in iudicio dominum nominare: ut sive in eadem civitate degat, sive in agro, sive in alia provincia sit, certo dierum spatio a iudice definiendo, eoque ad notionem eius perducendo, vel ipse in loca, in quibus praedium situm est, perveniens, vel procuratorem mittens, actoris intentiones excipiat. Si vero facere post huiusmodi indultum tempus minime hoc, quod dispositum est, maluerit: tanquam lite, quae ei ingeritur, ex eo die, quo possessor ad iudicium vocatus est ad interrumpendam longi temporis praescriptionem, contestata: iudex, utpote domino possessionis, nec post huiusmodi humanitatem sui praesentiam faciente, edictis legitimis proponendis eum citare curabit: et tunc in eadem voluntate eo permanente, negotium summatim discutiens, in possessionem rerum actorem mitti non differet: omni allegatione absenti de principali quaestione servata.

tt) Dies geschieht unter Anderen von Glück a. a. D. S. 196., Gefterding Lehre vom Eigenthume S. 320. Friß Erläuterungen I. 2. S. 297. Allein siehe dagegen v. Vangerow Leidfaden I. S. 575. Puchta Vorles. I. S. 168.

.324.

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