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wendbaren sind? Während die älteren Juristen seit dem Mittelalter fast durchgängig die einfache Bezeichnung des dinglichen Rechtes in der Klage ohne Angabe des dasselbe erzeugenden speciellen Grundes für ausreichend hielten*), ist in neuerer Zeit, angeregt durch Puchta's Auffaz im Nheinischen Museum, II. S. 251. die Ansicht geltend gemacht worden, daß eine dingliche Klage ohne Angabe des speciellen Erwerbgrundes des dinglichen Rechtes jedesmal abzuweisen sei **). Wer bei einer Actio in rem die specielle Angabe des Erwerbgrundes (Causa adiecta) nicht fordert, der hält die oben ausgeführten Säße des römischen und canonischen Rechts auch noch gegenwärtig für anwendbar ***). Wer dagegen der entgegenges seßten, gewiß allein richtigen †), Ansicht beipflichtet, der darf den im cano

*) Vergl. Wernher Obss. VI. 481. Berger Oecon. iur. Lib. IV. Tit. 15. Th. 2. N. 2. Cocceji Ius civ. controv. Lib. II. Tit. 13. Quaest. 2. Danz Grunds. des ord. Proceffes S. 68. W. H. Puchta, (Vater) Ueber die gerichtl. Klagen bes. in Streitigkeiten der Landeigenthümer S. 35. Heffter System S. 343. Note 58. S. auch Sintenis Erläut. zu Linde S. 223. **) Anhänger dieser Ansicht sind unter anderen v. Gönner Handbüch III. S. 180— 182. Bayer Vorles. Siebente Aufl. S. 295. c. Martin Lehrb. S. 144. Note d und e. Linde Lehrb. Sechste Aufl. §. 152. Note 6. Sintenis Erläuterungen zu Linde S. 223. Borst im Arch. f. c. Pr. I. S. 174. Langenn u. KoriErörter. Nro. 12. Buchka a. a. D. II. S. 198. v. Wächter a. a. D. S. 446, ***) Hierher gehören außer den in der vorleßten Note Genannten (mit Ausnahme von Sintenis) und vielen Aelteren G. Fr. Puchka (Sohn) im Rhein. Mus. II. S. 266. Brackenhöft in der Zeitschr. f. C. N. u. Proc. XI. S. 256 ff., und neuerdings v. Savigny Syft. VI. S. 533. ff.

†) Der J. R. A. §. 34. verlangt nämlich, daß ein jeder Kläger das Factum kurz und nervose, jedoch deutlich und distincte, klar, auch da ihme beliebt, oder der Sachen Weits läufftigkeit und Umbständen es erforderten, Puncten weiß verfasse und ausführe, d.h. seine Klage mit einer gehörigen Geschichtserzählung versehe. Dieser reichsgeseßlichen Bestimmung geschieht offenbar durch die einfache Erklärung des Klägers Eigenthümer des vindicirten Gegenstandes zu sein, kein Genüge. Eine solche Erklärung ist keine Geschichtserzählung, und diese gleichwohl unerläßlicher Bestandtheil der Klage. Aber auch der dem Beklagten J. R. A. §. 37. auferlegten Verpflichtung,,,uf die Klagen kurz, nervose, und deutlich, auch unterschiedlich und klar, ob und worinn das Factum anderst, als vom Kläger vorgebracht, und wie es sich eigentlich verhalte, specifice und uff jeden Puncten mit allen feinen Umbständen anzuzeigen," d. h. der Verpflichtung, der Klage eine detaillirte Lis tiscontestation entgegenzustellen, kann, von der Auffassung der Gegner ausgegangen, nicht entsprochen werden. Und endlich stellt sich unsere Ansicht noch

nischen Rechte vorgesehenen Fall nach der Litisconteftation erst entstandenen und mit derselben Rei vindicatio trop unterbliebener Angabe des speciellen Erwerbgrundes durchzuführenden Eigenthums sowenig heut zutage mehr als möglich voraussehen, wie den nach römischem Rechte möglichen Fall einer wegen Nichtangabe des speciellen Erwerbgrundes für alle Erwerbgründe zugleich consumirten dinglichen Klage. Vielmehr verhält sich dann die Sache folgendermaßen. Der mit der Rei vindicatio Auftretende hat jedesmal den Erwerbgrund seines Eigenthums in der Klage speciell anzugeben, und später zu beweisen. Gelingt ihm dieser Beweis nicht, so wird er abgewiesen, und es steht ihm, wenn er mit einer neuen, auf einen anderen Erwerbgrund sich stüßenden Rei vindicatio auftritt, die Exceptio rei iudicatae nicht entgegen*).

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dadurch als die einzig richtige dar, daß der J. R. A. unmittelbar darauf den Beklagten mit allen nicht gleichzeitig mit der Einlassung vorgebrachten Einreden präs cludirt. Nun kann ja aber der Beklagte gar nicht wissen, wogegen er seine Einreden zu richten hat, wenn er die Thatsachen nicht kennt, auf die der Kläger sein Eigenthum ftüßt. — Geseßt aber auch, unsere Auficht ließe sich nicht so sicher thev= retisch ßtüßen, wie in der That der Fall, so sollten sich doch Theoretiker und Practiker vereinigen, um derselben im Leben Geltung zu verschaffen. Denn was hilft es denn, dingliche Klagen ohne Angabe des speciellen Erwerbgrundes zuzulassen? Muß dieser denn nicht in der Beweisinstanz doch zur Erörterung kommen? Wie soll der Richter das Beweisinterlocut ohne specielle Angabe des Erwerbgrundes normiren, wenn er sich nicht der höchst mißlichen Art zu interloquiren: „Kläger hat, soviel ihm an seiner Klage verneinet worden, zu beweisen,“ bedienen will ? Und wenn er sich deren bedient, so kommt doch immer noch der Erwerbgrund des Klägers in den Beweisartikeln zur Erörterung und führt alsdann nur zu unnöthigen Weiterungen.

*) v. Savigny a. a. D. S. 534. läugnet dies in dieser Allgemeinheit, weil er in der Anführung des speciellen Erwerbgrundes des Eigenthums in der Klage von Seiten des Klägers noch keine bindende Erklärung findet, fich in diesem Rechtsstreite nur allein dieses Grundes bedienen zu wollen, vielmehr vergleicht er die Anführung des Erwerbgrundes, wenn eine solche Erklärung nicht dabei erfolgt ist, einer Erzählung der Thatsachen, die im römischen Proceffe der Kläger vor dem Prätor vorgetragen hätte. Auch diese würde keinen Einfluß auf den ferneren Gang der Sache gehabt haben, und nur die Aufnahme einer entsprechenden Stelle in der Formula hätte einen solchen Einfluß haben können. - Ich kann diese Parallele nicht für richtig halten. Was der Kläger in iure vorbrachte, und nicht in die Formula aufgenommen wurde, war allerdings ohne rechtliche Folge; was da= gegen heutzutage der Kläger in seiner Klage vorbringt, dafür ist er verant

S. 90.

Fortseßung.

BB. Vom Kläger bei der Rei vindicatio utilis.

1. Während im Allgemeinen die Regel gilt, daß die mit fremdem Gelde erworbenen Sachen nicht dem Eigenthümer des Geldes, sondern dem fie Erwerbenden gehören, L. 6. C. h. t. L. 4. C. commun. utr. iud. (3. 38.) L. 8. C. si quis alteri (4. 50.), kennt das römische Recht der Ausnahmsfälle hiervon mehrere, in denen es dem Eigenthümer des Geldes, insoferne er von der ihm zustehenden persönlichen Klage keinen Gebrauch machen will, gestattet ist, sich als Eigenthümer der mit seinem Gelde angeschafften Sachen zu geriren, und folgeweise dieselben mittelst einer Rei vindicatio utilis von jedem Besizer, selbst von dem, der die Rei vindicatio directa wider Dritte hat, heraus zu verlangen*). Die hierzu Bes rechtigten sind aber følgende: a. Der Soldat. Hat Jemand mit dem Gelde eines Soldaten, gleichviel ob caftrenfischem oder anderem **), Sachen erkauft, so ist es diesem gestattet, sie durch die Rei vindicatio utilis von Jedermann herauszufordern, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob er daneben eine persönliche Ersazklage hat oder nicht***). L. 8. C. h. t. Phi

wortlich und das bildet die Grundlage des Rechtsstreits. Führt er nun einen Erwerbgrund seines Eigenthums in der Klage an, so erklärt er damit thatsächlich, daß er in diesem Processe nur darauf hin sein Recht verfolgen wolle; denn jedenfalls müßte er, was er ja kann, die verschiedenen Erwerbgründe eventuell in der Klage häufen. Ist dies nicht geschehen, und er ändert im Laufe des Processes den Erwerbgrund, so macht er sich einer Mutatio libelli schuldig. Bergl. Arch. für das Civil- u. Crim. Recht der Königl. Preuß. Rheinprov. Neue Folge. XXXVIII.S . 37. ff.

*) Ueber die Auffassung Puchta's, der zufolge die hierhergehörigen Fälle Fälle unfreiwilliger Repräsentation find, f. oben S. 54.

**) Einige Juriften, wie Glück P. C. VIII. S. 164., Thibaut Syft. Neunte Ausgabe v. A. v. Buchholz I. §. 250., v. Wening-Ingenheim Civilrecht. Vierte Auflage. Buch II. §. 121. (18.) find für die Beschränkung auf Sachen, die mit caftrenfischem Gelde angeschafft worden. Allein die ganz allgemeinen Anfangsworte der L. 8. C. cit. Si pars adversa pecunia tua quaedam nomine suo comparavit, cet. find damit unverträglich.

***) Das Gegentheil schließt Glück a. a. D. aus den Worten der L. 8. C. cit. partes aequitatis non negabit, indem er dem Soldaten die Rei vindicatio utilis

lippus: Si (ut proponis) pars adversa pecunia tua quaedam nomine suo comparavit, Praeses provinciae utilem vindicationem obtentu militiae tibi eo nomine impertiri desideranti, partes aequitatis non negabit. Idem mandati quoque, seu negotiorum gestorum actionem inferenti, tibi iurisdictionem praebebit. Cf. L. 2. C. de don. i. v. (5, 16). b. Die unter Vormundschaft stehenden Personen *), inso ferne der Vormund mit ihrem Gelde Sachen für sich angeschafft hat. L. 2. D. quando ex facto tutoris vel curatoris minores agere vel conveniri possunt. (26. 9.) Ulp. Si tutor vel curator pecunia eius, cuius negotia administrat, praedia in nomen suum emerit: utilis actio ei, cuius pecunia fuit, datur ad rem vindicandam**). L. 3. C.

nur in subsidium ertheilt. Indeffen geschieht dies im Widerspruche mit der ganzen Fassung der L. 8. C. cit., die namentlich in ihrem Schluffe darauf hin= weift, daß es lediglich von der Willkühr des Soldaten abhängt, welche Klage er beim Praeses provinciae anstellen will, um zu seinem Zwecke zu gelangen. *) Aus der Titel-Nubrik Dig. XXVI. 9. (f. dieselbe im Texte) eine Beschränkung der Rei vindicatio utilis auf Pupillen und Minderjährige abzuleiten, wie von Glück a. a. D. S. 159. Höpfner Comm. §. 344. Göschen Vorl. II. S. 234. u. A. geschieht, ist gegenüber der allgemeinen Fassung der L. 2. D. cit. Si tutor vel curator cet. um so ungerechtfertigter, als in L. 5. D. eod. selbst auch vom Curator furiosi die Nede ist. Vergl. Schmid Handb. des gem. Civilrechts. I. S. 272. Die Praxis ertheilt die in Rede stehende Rei vindicatio utilis auch den Kirchen. Glück a. a. D. S. 164., Höpfner a. a. D. Göschen a. a. D. Thibaut System I. §. 250. c. v. Wening - Ingenheim Civilrecht II. §. 121. Nro. 1. Schmid a. a. D.

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**) Schon unter den älteren Juristen gab es mehrere, wie A. Faber, Westphal (vergl. Glück a. a. D. S. 159. ff.) und unter den neueren ist es besonders v. Löhr in f. Mag. IV. S. 140. ff., welche die in L. 2. D. cit. dem Mündel ver= stattete Rei vindicatio utilis gegenüber den mit seinem Gelde vom Vormunde für fich angeschafften Sachen von einer bloßen Actio bypothecaria verstehen, und zwar geschieht dies von v. Löhr hauptsächlich deshalb, weil er bei unserer Auffaffung des Tertes zur Annahme eines in Wirklichkeit nicht existirenden Pfandrechts an eigener Sache hingedrängt zu werden fücchtet, da bekanntlich der Pupill an der für Pecunia pupillaris erkauften Sache seit Septimius Severus ein gefeßliches Pfandrecht habe. L. 7. pr. D. qui potiores (20. 4.) L. 3. pr. D. de reb. eor. (27. 9.) L. 6. C. de serv. pign. dat (7. 8.) Allein diese Fürcht ist so unbegründet wie die darauf gebaute abweichende Ansicht. Dies ergiebt sich abgesehen von dem Wortlaute der L. 2. cit. am Schlagendsten aus L. 3. C. arbitr. tut. (5. 51.) die, ohne wie v. Löhr will, eine Singularität zu enthalten, von dem

arbitrium tutelae (5. 51.) c. Der eine Ehegatte, welcher dem anderen Geld geschenkt hat, kann, wenn legterer insolvent wird, die dafür angeschafften Sachen mit der Rei vindicatio utilis in Anspruch neh men. L. 55. D. de don, inter vir. (24. 1.) Paulus: Uxor marito suo pecuniam donavit: maritus ex pecunia sibi donata aut mobilem aut soli rem comparavit: solvendo non est et res exstent,... nihil prohibet, etiam in rem utilem mulieri in ipsas res accomodare. Meist beschränkt man die in vorstehenden Worten verliehene Rei vindicatio utilis auf die Frau*), weil Paulus nur von ihr, und nicht zugleich vom Manne spricht. Allein, daß lezteres nicht geschehen ist, um einen Vorzug der Frau vor dem Manne zu begründen, dafür bürgt Justinian, wenn er, die vor ihm gebräuchlichen Retentionen bei Rückerstattung der Dos in L. un. §. 5. C. de rei uxor. act. (5. 13.) aufhebend, vom Manne als Donator sagt: vel ex qua causa ob res donatas reteutio introducatur, cum sit donatori facultas per actionem in rem directam vel per utilem vel per condictionem suo iuri mederi? **) v. Savigny System IV. S. 177. 178. —

Falle handelt, in welchem der Vormund zu einem Gutskaufe deponirtes Mündelsgeld mißbraucht hat, um für sich ein Prädium anzukaufen. Unter dieser Voraussetzung foll dem Mündel die Wahl gelaffen werden, ob er die Emptio als Negotiorum gestio behandeln und demnach sich wie der Eigenthümer geriren, oder von dem verwendeten Gelde Zinsen fordern, dasselbe also wie ein Darlehn ansehen wolle. Gerirt er sich als Eigenthümer, so hat er die Rei vindicatio utilis, und nicht die Pfandklage, behandelt er aber den Vormund als Eigenthümer, dann steht ihm die Klage aus seinem gefeßlichen Pfandrechte zu. Ein Zusammentreffen des Eigenthums und Pfandrechts kommt demnach in keinem Falle vor. Vergl. Glück a. a. D. 161. Friß Erläuterungen zu Wening II. S. 295. v. Vange row Leitfaden I. S. 580. Puchta Pand. §. 149. Nro. 1. Schmid Handbuch I. S. 273 *) Vergl. Glück a. a. D. S. 186., v. Wening-Ingenheim a. a. D. I. §. 121. Göschen a. a. D. II. §. 234. v. Vangerow a. a. D. S. 580. Anm. 3. Puchta Pand. §. 149. Westphal Pfandrecht §. 100. v. Da below, Vom Concurse. Erste Aufl. III. §. 372. Nro. 6., Thibaut a. a. D. I. §. 250. i. Die drei leßten finden in L. 55. D. cit. der Frau bloß ein Separationsrecht im Concurse ihres Mannes zugesprochen. Allein der Grund eines solchen würde doch wieder kein anderer sein als das Eigenthum der Frau. Glück a. a. D. G. 188.

**) Von sehr vielen Juristen wird auf Grund der L. 54. D. de iure dot. (23. 3.) [Gaius: Res, quae ex dotali pecunia comparatae sunt, dotales esse videntur.

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