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Worte: si quidem habeat rem, manu militari officio iudicis ab eo possessio transfertur als interpolirt zu betrachten *). Die ganze L. 68. D. cit. lautet: Qui restituere iussus iudici non paret, contendens non posse restituere: si quidem habeat rem, manu militari officio iudicis ab eo possessio transfertur: et fructuum duntaxat, omnisque causae nomine condemnatio fit. Si vero non potest restituere, siquidem dolo fecit, quo minus possit, is, quantum adversarius in litem sine ulla taxatione in infinitum iuraverit, damnandus est. Si vero nec potest restituere, nec dolo fecit, quo minus possit, non pluris, quam quanti res est, id est, quanti adversarii interfuit, condemnandus est. Haec sententia generalis est, et ad omnia, sive interdicta, sive actiones in rem, sive in personam sunt, ex quibus arbitratu iudicis quid restituitur, locum habet.

*) Ueber die L. 68. D. cit. herrschen unter den Juristen sehr verschiedene Ansichten. Nicht selten, schon von Anton Faber (Coniect. XVI. Cap. 17.) an, hält man ihre jeßige Gestalt im Anfange für eine durch Interpolation entstandene, und findet dann namentlich in den Worten manu militari eine äußere Hinweisung darauf. Zu den Anhängern dieser Ansicht gehört unter den Neueren besonders v. S a vig ny System V. S. 123. Note d., dem Heimbach, die Lehre von der Frucht S. 198. Note 2. folgt. Hervorgerufen wird der Zweifel an der Aechtheit unserer Stelle besonders dadurch, daß anderwärts die Unmöglichkeit eines jeden directen Zwanges zur Zeit des classischen Rechtes anerkannt wird. Vergl. L. 4. §. D. fin. reg. (10. 1.) L. 73. D. de fide iuss. (46. 1.) Von diesem Grunde hat sich auch v. Bethmann-Hollweg in feinen Versuchen S. 58. Note 126. bestimmen lassen, gedachter Auffassung der L. 68. cit. beizutreten. In neuerer Zeit (in f. Prozeß S. 330.) ist er dagegen anderer Ansicht geworden, indem er sich überzeugt hat, wie der Ausdruck: manu militari auch soust bei Ulpian in ganz unverdächtiger Stelle vorkommt, L. 3. pr. D. ne vis fiat ei (43. 4.), und wie es dem Entwickelungsgange des römischen Proceffes vollkommen angemessen sei, anzunehmen, daß in unserem Falle, gleichwie auch noch sonst, das spätere Recht in der leßten Zeit in den alten Ordo iudiciorum eingetreten sei, und seine Auflösung auf diese Weise vorbereitet habe. Dieser Ansicht tritt auch der Verfasser im obigen Terte bei; ebenso Vuchta im Curfus der Institutionen II. §. 179. hh. — Auch Weßell a. a. D. S. 126. 127. erachtet die L. 68. D. cit., von dem Schlusse abgesehen, den wohl Jedermann für interpolirt hält, ihrer Fassung nach für ächt, will sie aber blos auf Fideicommisse bezogen wissen, bei denen allein Naturalexecution zur Zeit des classischen Rechtes vorgekommen sei. Eine Hinweisung auf diese Deutung glaubt er darin zu finden, daß L. 68. cit. dem ein und fünfzigsten Buche zum Edicte entnommen ist, das von Fideicommissen handle, L. 71 D. de legat. I. (30.) L. 64. D. de usufr. (7. 1.) L. 9. D. usufruct. quemadm. (7. 9.), und daß die dinglichen Klagen erst am Schlusse genannt würden.

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III. Die Rei vindicatio zur Zeit nach aufgehobenem Ordo iudiciorum privatorum.

Das Sponsionsverfahren bei der Rei vindicatio, welches noch zu Gaius Zeiten neben der Formula petitoria in voller Geltung war *), ist in dem neueren und neuesten römischen Rechte gänzlich außer Brauch gekommen. Dagegen hat die Rei vindicatio per formulam petitoriam mit denjenigen Modificationen, welche die Aufhebung des Ordo iudiciorum privatorum unter Diocletian bezüglich ihrer nothwendig hervorrufen mußte, im neuesten Rechte als die noch allein übrige Aufnahme gefunden **). Von Ertheilung einer Formula petitoria war darin natürlich keine Rede mehr, eben so wenig aber, insoferne nur der Beklagte in ei genem Namen auftrat, von deffen Pflicht, Cautio iudicatum solvi zu leisten. §. 2. I. de satisdat. (4.11.)***). Dagegen lag ihm ob, Cautio iudicio sisti zu stellen, wodurch er sich, wie früher, durch die Clausula de re defendenda bei der Cautio iudicatum solvi verpflichtete, während des ganzen Processes stets rechtzeitig vor Gericht zu erscheinen. §. 2. I. cit. Wurde die Cautio iudicio sisti verweigert, so kam es nun nicht, wie bei verweigerter Satisdation im früheren Vindicationsverfahren, zum Interdictum Quem fundum, und folgeweise zur Herausgabe des Streitobjects, sondern es trat vielmehr Realcitation (Exhibitio) ein, indem der Beklagte in der Regel dem Erecutor folgen mußte, und dann von ihm im Gefängnisse festgehalten oder sonst bewacht wurde †). Läugnete der Beklagte, nachdem er Cautio iudicio sisti geleistet, dem sein Eigenthum vor dem rechtsprechenden Magistrate geltend machenden Kläger gegenüber seinen Besitz ab, so kam es auch hier nicht, wie bei der Rei vindicatio zur Zeit des Formelverfahrens, zum Interdictum Quem fundum, sondern der Kläger hatte vielmehr den Beklagten des Besizes sofort zu über*) Gaius IV. 91. Ceterum cum in rem actio duplex sit, aut enim per formulam petitoriam agitur, aut per sponsionem.

**) Vergl. L. 36. D. de rei vind. (6.1.) Gaius: Qui petitorio iudicio utitur, cet. ***) §. 2. I. cit. Sed hodie haec aliter observantur. Sive enim quis in rem

convenitur, sive in personam suo nomine, nullam satisdationem pro litis aestimatione dare compellitur; sed pro sua tantum persona, quod in iudicio permaneat usque ad terminum litis cet.

) L. 1. C. de sportul. (3. 2.) Gratian. Valent. et Theod. Quisquis fuerit ex

führen, und, gelang dies, so wurde derselbe angewiesen, das Streitobject cum omni causa dem Kläger herauszugeben, oder er mußte ge= wärtig sein, es sich durch Officialen abgenommen zu sehen. L. 80. D. de rei vind. (6. 1.) L. 20. §. 1. D. de interr. in iure (11. 1.). Gab der Beklagte seinen Besiß zu, stellte aber das Eigenthum des Klägers in Abrede, so kam es nun zu dem Beweise des leßteren vor dem Magistrate. Im Falle des Gelingens erkannte dieser auch jezt noch in einer Pronuntiatio das Eigenthum des Klägers förmlich an, L. 35. 57. 58. D. de rei vind. (6. 1.) L. 6. §. 2. D. de confess. (42. 2.), und erließ dann, da die Rei vindicatio ihren Charakter als arbitraria actio im neuesten Rechte beibehalten, §. 31. I. de action. (4. 6.) §. 2. I. de off. iud. (4. 17.) L. 35. §. 1. L. 68. D. de rei vind. (6. 1.), unter Bestimmung eines Termins L. 6. §. 2. D. de confess. (42, 2.) einen Arbitratus s. Iussus de restituendo an den Beklagten, sowohl in Betreff der Hauptsache wie der Früchte*), und erst, wenn diesem nicht Folge geleistet worden, ergieng die Condemnation. Während diese im früheren classischen Rechte immer auf Geld lautete **), kam, wie gezeigt, in dem späteren gerade bei der Rei vindicatio die Möglichkeit einer Verurtheilung auf Restitution des Streitobjectes felbst auf, soferne bei böswilliger Weigerung des Beklagten der Kläger dieselbe der Leistung des Interesses vorzog. L. 68. D. de rei vind. (6. 1.) Vergl. S. 329. Jm neuesten Rechte ist gerade umgekehrt die Verurtheilung des Beklagten zur Restitution des Streitgegenstandes, soweit sie möglich, zur Regel geworden, und eine Con

hibitus usque ad negotii terminum ab eo apparitore, cui primum traditus fuit, observari eum decernimus. L. 6. C. de custod. reor. (9. 4.) Frauen unterlagen übrigens dem Personalarrest nicht. Nov. 134. Cap. 9. Vergl. v. Bethmann-Hollweg Gerichtsverfassung und Prozeß des sinkenden römischen Reichs. §. 22. S. 257. 258.

*) §. 2. I. de off. iud. (4. 17.) Et si in rem actum sit coram iudice, sive contra petitorem iudicaverit, absolvere debet possessorem, sive contra possessorem, iubere ei debet, ut rem ipsam restituat cum fructibus.

**) Gaius IV. 48. Omnium autem formularum, quae condemnationem habent, ad pecuniariam aestimationem condemnatio concepta est: itaque etsi corpus aliquod petamus, velut fundum, hominem, vestem, aurum, argentum, iudex non ipsam rem condemnat eum, cum quo actum est, sicut olim fieri solebat, sed aestimata re pecuniam eum condemnat.

demnation zur Leistung einer Geldentschädigung erfolgt darin erst dann, wann die reale Rückerstattung des Streitobjects nicht mehr möglich ist, oder der Kläger im Falle des Ungehorsams des Feklagten jene dieser vorzieht. §. 32. I. de act. (4. 6.) Curare autem debet iudex, ut omnimodo, quantum possibile ei sit, certae pecuniae vel rei sententiam ferat, etiamsi de incerta quantitate apud eum actum est. L. 17. C. de fidei comm. lib. (7. 4.) verb. condemnationem in servum; L. 14. C. de sent. (7. 45.) vergl. m. Gaius IV. 52. Qui de re vero est iudex, si condemnat, certam pecuniam condemnare debet, et si certa pecunia in condemnatione posita non sit.

Machten beide Theile auf Bestß und Eigenthum zugleich Anspruch, so wurde auch noch im neuesten Rechte der erstere durch die Interdicta retinendae possessionis geregelt, L. 1. §. 3. D. uti poss. (43. 17.) L. 24. D. de rei vind. (6. 1.), ohne daß indessen eine Feststellung des interimistischen Besizes für die Zeit des Interdicts-Processes Statt fand. Vielmehr blieb die Sache inzwischen in den Händen des bisherigen Inhabers, und daher kam denn auch die Fructuum licitatio, fructuaria stipulatio sowenig als das fructuarium s. secutorium iudicium mehr dabei vor. Aber auch von den Sponfionen und Restipulationen, sowie von dem Cascellianum s. secutorium iudicium weiß das neueste römische Recht nichts. Vielmehr ward darin die gerichtlich ausgesprochene Restitution durch Officialen bewerkstelligt. L. 68. D. de rei vind. (6. 1.)

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B. Dogmatische Darstellung der Rei vindicatio.

Cuiacius Recitat. ad Tit. de rei vind, in Opp. Tom. VIII. p. 224. Donellus Comment. de iur. civ. Lib. XX. Ed. Bucher. Tom. XII. p. 484. seqq. Obrecht Diss. de rei vind. (in Disput. Nro. 12.) Gundling de rei vind. ex iure rom. et patr. in Exercit. acad. Nro. 17. p. 857. Rumpff Diss. de rei vind. 1764. Glud Pand. Comm. VIII. §. 583. ff. Westphal System des Röm. Rechts über die Arten der Sachen Besit, Eigenthum und Verjährung. §. 903. v. Buchtholz, Worin unterscheiden sich die Hereditatis petitio und Rei vindicatio? in dessen jur. Abhandl. Nro. 1. E. Hoffmann, Ueber

das Wesen der Actio finium regundorum, namentlich in ihrem Unterschiede von der Rei vindicatio, im Archive für civ. Praris. XXX. S. 493. Schmid, Handbuch des gegenwärtig geltenden gemeinen deutschen bürgerlichen Rechts. Besonderer Theil. Erster Band. 1847. §. 15. Von der Reivindicatio. S. 268-352.

I. Begrif f.

Rei vindicatio ift die im Civilrechte begründete Actio in rem specialis, womit der Eigenthümer bei vollständiger Nichtanerkennung feines Eigenthums durch Vorenthaltung des Gegenstandes desselben auf Anerkennung des ersteren mittelst Herausgabe des leßteren cum omni causa dringt. L. 25. pr. D. de O. et A. (44. 7.) Ulpian. Actionum genera sunt duo: in rem, quae dicitur vindicatio, et in per-. sonam, quae condictio appellatur. In rem actio est, per quam rem nostram, quae ab alio possidetur, petimus, et semper adversus eum est, qui rem possidet. Gaius IV. 3. §. 1. 15. I. de action. (4. 6.) L. 1. C. ubi in rem (3. 19.)—In einem weiteren Sinne bezeichneten die Römer zur Zeit des classischen Rechtes durch Vindicatio eine jede Klage, deren Formula nicht in personam concipirt war*), also eine jede Klage aus absoluten Rechten, und der Gegensatz davon war dann Condictio s. Actio i. e. S. Gaius IV. 5. Appellantur autem in rem quidem actiones Vindicationes, in personam vero actiones, quibus Dare fierive oportere intendimus, Condictiones **). Sämmtliche unter diesen allgemeinen Begriff fallende Vindicationen sind, da sie ein bestrittenes Recht zur Anerkennung bringen wollen, Iuris vindicationes. Vat. fragm. §. 266. i. f. Da indessen in den

*) Dazu gehört auch die negatoria actio, obwohl in der Formula ihrer negativen Fassung wegen der Gegner genannt werden muß. Denn zur Bezeichnung des durch fle in Anspruch genommenen Rechtes trägt diese Nennung des Beklagten nichts bei. ***) Vergl. damit L. 25. pr. D. cit. L. 178. §. 2. D. de V. S. Ulpian. Actionis verbum et speciale est et generale: nam omnis actio dicitur, sive in personam sive in rem sit petitio; sed plerumque actiones personales solemus dicere: petitionis autem verbo in rem actiones significari videntur; persecutionis verbo extraordinarias persecutiones puto contineri, utputa fideicommissorum, et si quae aliae sunt, quae non habent iuris ordinarii executionem. Gaius IV. 8. Vat. fragm. §. 43. L. 28. D. de O. et A. (44. 7.)

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