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toto agro nochmals zu wiederholen. Gellius 1. c. Durch diese Abänderung des Zwölf-Tafelgesezes war den Prätoren eine wesentliche Erleichterung geworden, nicht aber in gleicher Weise den Partheien. Auch

fie erlangten eine solche durch die bereits zu Cicero's Zeit bestehende Sitte, felbstständig für sich manum consertum zum streitigen Grundstücke zu gehen, eine Scholle desselben zum Prätor mitzunehmen, daselbst nur zum Scheine die Aufforderung, sich an Ort und Stelle zu begeben, ergehen zu lassen, und dann an der mitgebrachten Scholle den Vindications-Act zu wiederholen. Die dabei gebrauchten Worte hat uns Cicero in seiner, die alten Rechtssubtilitäten verspottenden Rede pro Muraena Cap. 12. überliefert. Darnach sagte (beispielsweise) der Kläger: Fundum qui est in agro, qui Sabinus vocatur, ego ex iure Quiritium meum esse aio, inde ego te ex iure manum consertum voco. Unde tu me ex iure manum consertum vocasti, inde ibi ego te revoco, war darauf die Antwort des Beklagten, nach welcher der Prätor die Worte sprach: Suis utrisque superstitibus praesentibus istam viam dico, inite viam. Schickten sich nun die Partheien an, dieser Aufforderung Folge zu leisten, so rief der Prätor: Redite viam, und darauf begann der VindicationsAct in iure an der Scholle, an den sich dann die Legis actio Sacramento und die Regulirung der Vindicien*) in oben geschilderter Weise

* Wurde die Herausgabe des Befißes demjenigen, zu dessen Gunsten die Vindicien ertheilt waren, verweigert, so ließ der Prätor, wenn er mit den Partheien zu dem Grundstücke hingegangen oder der Streitgegenstand beweglich und in iure gegenwärtig war, seinem Ausspruche durch die anwesenden, seiner Befehle ge= wärtigen Lictoren Folge verschaffen. Vergl. Livius Ill. 48. I lictor submove turbam et da viam domino ad prendendum mancipium. Als später Theile der Immobilien diese repräsentirten, mögen auch hier nach Analogie der Missio in possessionem fideicommissi servandi causa L. 3. pr. D. ne vis fiat ei qui in poss. miss. erit (43. 4.) Lictoren die Besißübertragung vermittelt haben; überdies dienten aber auch, als die Interdicta recuperandae possessionis aufgekommen waren, diese dazu, die Restitution zu bewirken. Weßell a. a. D. S. 11. 12. Im Falle, daß bewegliche Sachen nicht vollständig vor Gericht gebracht, sondern durch Theile dafelbft vertreten waren, ertheilte der Prätor zur Reali= firung der Vindicien-Verleihung eine Pönalklage, durch welche der Verklagte in die Litis-Aestimatio verurtheilt wurde. Zu diesem Resultate gelangen wir nämlich, wenn wir mit Weßell a. a. D. S. 13 ff. die Worte der schwierigen L. un. §. 1. D. si quis ius dicenti non obtemperaverit (2.3.): si quis rem mobilem

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anschlossen. Den Schluß des Verfahrens in iure bildete jedenfalls der Act der Litiscontestation d. h. für die Zeit der Legis Actiones die Aufrufung von Zeugen, (wahrscheinlich von fünfen, als Vertretern der fünf ersten Volksclaffen, wie bei der Mancipatio), die vor der das Endurtheil fällenden Behörde darüber auszusagen hatten, was in iure vor dem Prätor verhandelt und verfügt worden war. Festus (Paulus Diaconus) s. v. Contestari litem dicuntur duo aut plures adversarii, quod ordinato iudicio utraque pars dicere solet: Testes estote.

Ueber den weiteren Verlauf der Legis actio Sacramento überhaupt, sowie insbesondere bei der Rei vindicatio, entbehren wir genügende Zeugnisse. Soviel ist indeffen für die ålteste Zeit gewiß, daß die schließ

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vindicari a se passus non est, sed duci eam vel ferri passus est, in ihrem ursprünglichen Zusammenhange von dem Falle verstehen, in welchem der Beklagte das vindicirte bewegliche Streitobject unter dem Vorwande beschwerlichen Transports vor den Prätor zu bringen verweigert, dagegen es unter der Hand hatte fortschaffen laffen, die Thiere und Heerden wegführen, (duci), die anderen Sachen wegtragen, (ferri). Wurde die Stellung der Praedes litis et vindiciarum von demjenigen, welchem die Vindicien durch den Prätor zugesprochen waren, verweigert, so galt er als indefensus und mußte deshalb den Befiß auf feinen Gegner transferiren, insoferne dieser bereit war, Satisdation zu leisten; (nam) si petitor satisdare noluerit, penes possessorem possessio remanet: in pari enim causa potior est possessor. Zunächst beziehen sich diese Worte des Paulus S. R. I. 11. §. 1. freilich nicht auf die Rei vindicatio, sondern auf die Hereditatis petitio und Nudorff a. a. D. S. 38. schließt argumento a contrario daraus, daß bei jener der Kläger für den ihm übertragenen Besig nicht hätte caviren müssen. Allein, wie Weßell a. a. D. S. 24. auf Grund der L. 7. §. 2. D. qui satisdare cog. (2. 8.) gezeigt hat, läßt man richtiger diesen Ausspruch des Paulus auch für die Rei vindicatio gelten. Bei be= weglichen, in iure gegenwärtigen, und bei unbeweglichen Sachen, solange der Prätor mit den Partheien zu ihnen hingieng, bedurfte es zur Effectuirung dieser Besißes-Translation keiner Rechtsmittel, weil sie durch die Lictoren bewerkstelligt ward. Später erfand für unbewegliche Sachen der Prätor die Interdicta Quem fundum und Quam hereditatem, von denen indessen erst in dem folgenden Abschnitte des Vindications-Verfahrens die Rede sein soll, weil sie diesem sicherer angehören, als der Zeit der Legis actio Sacramento und bei beweglichen Sachen, die nur repräsentirt in iure waren, wurde die Translation durch die obenerwähnte Strafklage contra eum, qui ius dicenti non obtemperaverit, erzwungen. Vergl. Weßell a. a. D. S. 23. ff.

liche Erörterung und Entscheidung der Streitsache nicht vor einen Iudex datus gekommen ist, eine Form des Verfahrens, die den Fällen der Legis actio Iudicis postulationis vorbehalten war. Valerius Probus: I. A. V. P. U. D. (ludicem Arbitrum Ve Postulo Uti Des.) Vielmehr muß die Sache an eins der ständigen Gerichte, das Decemviral- oder Centumviralgericht abgegeben worden sein. Gaius IV. 31. Cum ad centumviros itur, ante lege agitur sacramento apud praetorem urbanum vel peregrinum. Erst die Lex Pinaria gestattete den Parteien in den Fällen der Legis actio Sacramento, also auch bei Reivindicationen, die Bestellung eines Juder zu beantragen, welche dann dreißig Tage darauf wirklich Start hatte. Gaius IV. 15. Cic. in Verr. II. 2. 15. Pseudo-Ascon.*) ad Verr. I. 9. Nach erfolgter Richterbestellung wurde der Tag des Judiciums verabredet**), und vor demselben dann in Gegenwart der zur Litiscontestation in iure zugezogenen Zeugen zuvörders das Thatsächliche des Rechtsstreites von beiden Seiten kurz recapitulirt ***), um den Juder in den Stand zu sehen, die nunmehr erfolgenden juristischen Ausführungen der Partheien (caussam perorare, Gaius 1. c.) zu verstehen, und nach deren Beendigung resp. erbrachtem øder mislungenem Beweise des Eigenthums das Urtheil zu fällen. —

Die Besitzfrage kam bei der Vindicatio zur Zeit der Legis actiones niemals in iudicio zur Erörterung, weil sie immer bereits in iure, vor dem Prätor, abgethan war. Nur über's Eigenthum hatte der Juder zu entscheiden. Fiel das desfallsige Urtheil zu Gunsten der Parthei aus, welcher der Prätor die Vindicien in iure ertheilt hatte, so war damit die Sache zu Ende; denn der Sieger besaß ja bereits das ihm zuerkannte

*) Pseudo-Ascon. I. c. Namque cum in rem aliquam agerent litigatores et poena se sacramenti peterent, poscebant iudicem, qui dabatur post trigesimam diem.

**) Comperendinum diem, ut ad iudicem venirent, denuntiabant. Gaius 1. c. comperendinatio, (res comperendinata.) Pseudo-Ascon. 1. c. Cic. pro Mur. 12. i. f. Gellius X. 24. XIV. 2, V al. Prob. I. D. T. S. P. (In Diem Tertium Sive Perendinum,) Festus s, voc. Res comperendinata significat iudicium in tertium diem constitutum. Macrob. Saturn. I. 16. ***) Solebant breviter iudici et quasi per indicem rem exponere, quae dicebatur caussae collectio, quasi caussae suae in breve coactio. Gaius IV. 15. Gellius V. 10. verb. et cum ad iudices coniiciendae consistendaeque causae gratia venissent.

Streitobject mit allen Accessionen. Fiel dagegen die Entscheidung gegen den interimistischen Besizer aus, (si vindiciam falsam tulit, Festus s. v. Vindiciae), so kam es nun darauf an, ob er den Streitgegenstand cum omni causa freiwillig restituirte oder nicht. Im ersteren Falle war abermals die Sache abgemacht, im zweiten standen dem Sieger zwei Wege offen, um zu seinem Ziele zu kommen, indem er entweder gegen die Praedes litis ac vindiciarum aus ihrem Versprechen mit der Actio ex stipulatu flagte, Gaius IV. 89., oder unter Benuzung der Legis actio Iudicis postulationis gegen den Besizer um ein Arbitrium *) bat, das, aus drei Arbitris bestehend, den durch die Restitutionsweigerung des Beklagten dem Kläger zugefügten Schaden zu schäßen und dabei die durante lite gezogenen oder vernachlässigten Früchte in ihrem doppelten Werthe zu veranschlagen hatte**), Festus s. v. Vindiciae... et in XII:

*) Vergl. Cic. pro Cluentio Cap. 41. §. 116. sed hoc statuitur, aestimationem litium non esse iudicium, (sed arbitrium.) **) Darüber, ob die drei Arbitri den ganzen Streitgegenstand oder nur die durante lite gezogenen und vernachläßigten Früchte doppelt in Anschlag zu bringen hatten, sind die Juristen nicht gleicher Ansicht. Der ersteren folgt nach des Cufacius und vieler Anderer Vorgange noch Puchta` Cursus der Instit. II. S. 232. S. 561. Note m., der leßteren unter den Neuesten Huschke Studien S. 333., Heimbach, die Lehre von der Frucht 1843. S. 164 ff., Wetzell a. a. D. S. 31. ff. Für jene Ansicht scheint zu sprechen, daß Gaius in L. 3. D. de litig. (44. 6.) berichtet, wer eine im Streite befangene Sachè in sacrum dedicire, der unterliege der Poena dupli. Allein bedenkt man, daß in der Ver= bindung Lis und Vindiciae bei der ältesten Rei vindicatio Lis stets gleich Res und Vindiciae gleich Fructus gebraucht wird, Gaius IV. 16, 94., und die XII Tafeln den im Terte aufgenommenen Worten zufolge denjenigen strafen wollen, der sich und weil er sich fälschlich die Vindicien angemaßt, d. h. also unberechtigt der Früchte der Sache bemeistert hat, so leuchtet ein, daß nicht einmal alle Früchte überhaupt, dem verdoppelten Anschlage geschweige die Streitsache selbst, unterlagen, sondern nur die ex falsa vindicia gezogenen oder vernachläffigten Früchte. Huschke a. a. D. Hierzu passt denn auch vortrefflich, daß der Erstattung der doppelten Früchte vom Momente der Litiscontestation an in späteren Quellenaussprüchen als geltenden Rechtes gedacht wird; so von Paulus, [S. R. V. 9. §. 2. De stipulationibus §. 2. Ex die accepti iudicii dupli fructus computantur,] von Gratian, Valentinian und Theodofius, [L. un. pr. Th. C de usur. rei iud. 4. 19. Ed. Haenel. Quod a nobis exemplo aequabili e x iuris prisci est formulis introductum, ut, quia malae fidei possessores in fructus duplos conveniuntur, cet.] und von Valen

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II. Die Rei vindicatio zur Zeit des Verfahrens
per formula s.

1. Einleitung.

Die Manus consertae haben sich nach Aufhebung der Legis actionum, von den Causis centumviralibus abgesehen, in denen sich das Sacramentum und wahrscheinlich auch das Manus conserere noch länger erhielt, Gaius IV. 34, verloren, Gellius XX. 10.in., und dafür sind zur Zeit des Formularprocesses zwei andere Arten des Vindications-Verfahrens aufgekommen, die per spon`sionem praeiudicialem und per formulam petitoria m. Gaius IV.91. Ceterum cum in rem actio duplex sit, aut enim per formulam petitoriam agitur aut per sponsionem. Von beiden ist die per sponsionem als eine sichtliche Nachbildung der Legis actio Sacramento unstreitig die ältere*). — Ehe indeffen auf die Darstellung

tinian und Valens, [L. 1. Th. C. de fruct. 4. 18. Ed. Haen. Litigator victus, quem invasorem alienae rei praedonemve constabit, sed et qui post conventionem rei incubarit alienae, non in sola rei redhibiti one teneatur nec tantum simplorum fructuum praestationem aut eorum, quos ipse percepit, agnoscat, sed duplos fructus et eos, quopercipi oportuisse, non quos eum redegisse constabit, exsolvat. Vergl. L. 2. I. C. de fruct. 7. 51.] Solchen allgemeinen Quellenaussprüchen gegenüber erscheint es ungerechtfertigt, wenn Wetzell a. a. D. S. 33, weil Paulus von der Hereditatis petitio handelnd, [S. R. I. 13. B. 8. Possessor hereditatis, qui ex ea fructus capere vel possidere neglexit, duplam eorum aestimationem praestare cogitur,] zunächst nur der dupla aestis, matio der fructus neglecti gedenkt, nur diese, nicht die vorhandenen Früchte, im alten Vindicationsproceffe, si vindicam falsam tulit, doppelt in Anschlag gebracht haben, und obige Lücke des Zwölftafelfragments vor fructus durch neglecti ausgefüllt wissen will. Denn das Haften fürs Duplum der Fructus neglecti ist offenbar das Plus, das Haften fürs Doppelte der vorhandenen Früchte das Minus. In der Erwähnung jenes ist also dieses mitenthalten, mindestens nicht ausgeschlossen, wie Wetzell meint. Vergl. auch noch Buchka, Vom Einfluß des Processes auf das materielle Rechtsverhältniß. S. 223. ff. *) Wetzell a. a. D. S. 79. ist der Ansicht, daß die Manus consertae sich noch eine Zeitlang neben dem Sponfionsverfahren erhalten haben. Daran ist insoferne

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