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entkommenen Sache bedienen, so ist dies doch kein Ausfluß seines Eigenthums. Vielmehr geschieht es um den Preis, daß er sich als gewesener Usucapionsbesizer gerirt, zu dessen Gunsten die genannte Klage gegeben ist. Aus dem Grunde wird dieselbe denn auch im Anhange nach den beiden Eigenthumsklagen zur Darstellung kommen. — Abgesehen von der negatorischen Klage kann der besigende Eigenthümer sein Eigenthum auch auf dem Wege der Einrede (Exceptio dominii) geltend machen, wenn ein jenem widersprechender Anspruch gebildet wird.

Von den Klagen, die das Eigenthum erzeugt, sind diejenigen zu unterscheiden, welche durch Vernichtung oder Verlegung seines Gegenstandes hervorgerufen werden. Stellt sich nämlich die Störung des Eigenthums in gänzlicher Vernichtung seines Objectes dar, so hört mit letterem das erstere selbst auf und folgeweise auch die Möglichkeit einer Klage zum Schuße des nicht mehr vorhandenen Eigenthums. Dagegen macht sich statt dessen eine obligatorische Verpflichtung zum Schadensersage für den Vernichter geltend. (Actio Legis Aquiliae.) - Wird der Gegenstand des Eigenthums nicht vernichtet, sondern nur beschädigt, so kommt es darauf an, ob dies unter Bestreitung des Eigenthums, resp. seiner Freiheit von Seiten des Beschädigers geschieht oder nicht. Im ersteren Falle wird die Ausgleichung des zugefügten Schadens durch die Eigenthumsklagen zugleich mitbewirkt, im lezteren durch persönliche Ersazklagen.

§. 80.

B. Von den Eigenthumsklagen insbesondere.

AA. Von der Rei vindicatio.

Gregor. Cod. III. 2. Theod. Cod. II. 23. Iust. Cod. III. 32. Dig. VI. 1. De rei vindicatione.

weiter angeführten Stellen fich sämmtlich entweder auf einen Antrag des Berechtigten vor dem Prätor zum Behufe außerordentlicher Rechtshülfe beziehen, in welchem Falle die Formula prohibitoria mit dem Interdictum prohibitorium zusammenfällt, L. 11. D. si serv. vind. (8. 5.) vergl. m. L. 28. D. comm. div. (10. 3.) L. 3. §. 1. D. de O. N. N. (39. 1.) L. 9. §. 5. D. de damn. inf. (39. 2.), oder indem sie von der Actio negatoria handeln, bei der ftatt der direct negativen Form: Tibi non esse uti frui, die indirect daffelbe sagende: Mihi ius esse prohibendi gebraucht ist. L. 5. pr. D. si usufr. petatur (7. 6.).

A. Historische Darstellung.

Wezell, G. W., der römische Vindicationsproceß. Leipzig. 1845. (Vergl. darüber von der Pfordten in Richters krit. Jahrb. Bd. XIX. S. 21. ff.) Zimmern, Geschichte des römischen Privatrechts. Heidelberg 1829. III. §. 39. 64. 65. Keller, Ueber Litiscontestation und Urtheil nach classischem römischen Rechte. Zürich. 1827. S. 212. ff., Rudorff, in der Zeitschrift für geschichtl. Rechtswifsenschaft. IX. Abh. 2. S. 7. ff. (Ueber das Interdictum Quem fundum und die demselben nachgebildeten Rechtsmittel. 1838.) Keller, ebendaselbst XI. Abh. 9. S. 287. ff. (Ueber die Deductio quae moribus fit, und das Interdictum Uti possidetis 1842.) Puchta, Cursus der Institutionen II. §. 161. 168. (1842.), v. Savigny, System des heutigen römischen Rechts. V. §. 209. S. 28. ff. §. 222. S. 119. ff. §. 223. S. 130. ff.

Der Schuß des römischen Dominium ex iure Quiritium durch die Rei vindicatio*) ist so alt als dieses selbst. In Bezug auf das proceffualische Verfahren bei gedachter Klage hat man aber die Zeit der Legis actiones von der des Verfahrens per concepta verba, id est, per formulas, Gaius IV. 16–17. vergl. m. IV. 91–94., und diese wieder von der nach aufgehobenem Ordo iudiciorum privatorum unter Diocletian wohl zu unterscheiden.

1. Die Rei vindicatio zur Zeit der Legis actiones.

Zur Zeit der Legis actiones diente bei Vindicationen ein fymbolischer Kampf der Partheien um die Sache dazu, den Streit aus dem Gebiete des Factischen in das des Rechtlichen hinüberzuleiten **), Gellius

*) Ueber die Ableitung des Vindicare von Vim-dicere fiehe Ottfried Müller im Rhein. Museum für Jurisprudenz V. S. 190. (Etymologische Erörterungen von Rechtsausdrücken). Vergl. Festus: Vindiciae appellantur res eae, de quibus controversia, quod potius dicitur vis quam (Huschke, sonft: ius, quia) fit inter eos qui contendunt. Gellius XX. 10. quod videtur dixisse, conferens vim illam civilem et festucariam cet. Liv. III. 44. iure grassari, non vi.

**) As verus, über die legis actio sacramenti 1837. hat nachzuweisen gesucht, daß ursprünglich der genannten Legis actio ein wirklicher Zweikampf vor Ge=

XX. 10. i. f., und zwar geschah dies in nachfolgender Weise. Der Kläger, welcher in der Hand einen Stab (Vindicta, Festuca Gaius IV. 16. i. f.) hielt, ergriff die in iure gegenwärtige bewegliche Sache war sie nicht füglich dahin zu bringen, ein Stück von ihr, z. B. von der streitigen Schaafheerde ein Schaaf, von dem Schiffe ein Brett, Gaius IV. 17. — und sprach dabei (beispielsweise) die folgenden Worte: Hunc ego hominem ex iure Quiritium meum esse aio secundum suam causam, sicut dixi, ecce tibi vindictam imposui, zu gleicher Zeit den Stab auf den Sclaven legend. Ganz dasselbe that auch der Beklagte, bis der Prätor diesem symbolischen Kampfe dem Manus conserere *) dadurch ein Ziel seßte, daß er die Vartheien mit den Worten: Mittite ambo aufforderte, von der Sache abzulassen, die von da an als im Besize keines der streitenden Theile befindlich, galt. Hierauf richtete die Parthei, welche zuerst vindicirt hatte, an den Gegner die Frage: Postulo anne dicas qua ex causa vindicaveris? Ius peregi sicut vindictam imposui, war deffen Antwort, nach welcher zur Legis actio Sacramento übergegangen wurde, indem der Vindicant die Worte sprach: Quando tu iniuria vindicasti, D (L) aeris sacramento te provoco, und der Contravindicant: Similiter ego te**). Gaius IV. 16. vergl. m. 14. — War das Sacramentum ***) in Folge wechselseitiger Aufforderung (Pro

richt zu Grunde gelegen habe, der erst im Laufe der Zeit die Natur eines symbolischen Kampfes angenommen habe, eine Auffassung, welcher Huschke in der Recension gedachter Schrift (Richter's Krit. Jahrb. 1839. S. 665 ff.) im Ganzen beistimmt. Dagegen sprechende Gründe finden sich entwickelt bei Puchta, Cursus der Inftitutionen II. §. 161. S. 77. 78.

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*) Gellius XX. 10. Manum conserere est, de qua re disceptatur, in re praesenti sive ager sive quid aliud est, cum adversario simul manu prendere et in ea re omnibus verbis vindicare. Vindicia id est correptio manus, in re atque in loco praesenti apud Praetorem ex XII tabulis fiebat, in quibus ita scriptum est: Si qui in iure manum conserunt. **) Für persönliche Klagen ist uns die Provocationsformel wahrscheinlich in des Valerius Probus Noten aufbewahrt: Q. N. T. S. Q. P. (Quando Negas Te Sacramento Quinquagenario Provoco) und Q. A. N. N. (Quando Ais Neque Negas).

***) Varro de ling. lat. Ed. O. Müll. V. 180. Ea pecunia, quae in iudicium venit in litibus, sacramentum a sacro. Qui petebat et qui inficiabatur, de

vocatio Sacramento) Anfangs von beiden Seiten hinterlegt, später nur durch Praedes Sacramenti, welche der Magistrat forderte, sichergestellt, Gaius IV. 16 c. f., so wurde jezt der erhobene Anspruch, wie auch bei persönlichen Klagen*), in den Worten des Gesezes als solenner Klage= antrag geltend gemacht, und darauf zur Regulirung der Vindicien géschritten**), d. h. zu der in ein Decret (Liv. III. 45. Val. Max. VII. 7. 3.) einzukleidenden Bestimmung, welcher von beiden Theilen bis zum Ausgange des Processes gegen Stellung von Bürgen wegen Rückerstattung des Streitobjects und seiner Früchte, resp. wegen Ersages bei etwaigem Verderbe oder Untergange im Unterliegungsfalle (Praedes litis et vindiciarum, id est, rei et fructuum)***) den interimistischen Besit

aliis rebus utrique quingenos aeris ad pontem deponebant, de aliis rebus
item certo alio legitimo numero assium. Qui iudicio vicerat, suum sacra-
mentum a sacro auferebat, victi ad aerarium redibat. - Gaius IV. 14. Poena
autem sacramenti aut quingenaria erat aut quinquagenaria: nam de rebus
mille aeris plurisve quingentis assibus, de minoris vero quinquaginta assi-
bus sacramento contendebatur; nam ita lege XII. tabularum cautum est,
sed si de libertate hominis controversia erat, etsi pretiosissimus homo esset,
tamen ut L assibus sacramento contenderetur, eadem lege cautum est fa-
voris ..
.. ne onerarentur adsertores.

*) Gaius IV. 16. Deinde eadem sequebantur, quae cum in personam ageretur. **) Vindicias dicere secundum alterum eorum, Gaius l. c. Gellius XX. 10. L. 2. S. 24. D. de or. iur. (1. 2.) Vergl. Livius Ill. 44. 56. 57. Vindicias cedere, dare secundum libertatem, contra leges. Pseudo-Asco n. ad Cic. in Verr. II. 1. 45. Lis vindiciarum est, cum litigatur de ea re apud Praetorem, cuius incertum est, quis debeat esse possessor. Gaius 1. c. Postea praetor secundum alterum eorum vindicias dicebat, id est, interim aliquem possessorem constituebat, eumque iubebat praedes adversario dare litis et vindiciarum, id est, rei et fructuum, alios autem praedes ipse praetor ab utroque accipiebat sacramenti, quod in publicum cedebat: festuca autem utebantur quasi hastae loco, signo quodam iusti dominii: quia maxime sua esse credebant, quae ex hostibus cepissent; unde in centum viralibus iudiciis hasta praeponitur.

***) Weßell a. a. D. S. 19. vergl. m. S. 63. ist der Ansicht, daß die Praedes litis et vindiciarum nur verpflichtet gewesen wären, für den Dolus des Besißers, für dolose Verlegung, Vernichtung, Veräußerung, nicht aber für dessen Contumacia einzustehen. Er folgert dies aus Pseudo- Ascon. ad Cic, in Verr. II. 1. 45., wo es heißt: Praedes ergo dicuntur satisdatores locupletes pro re, de qua apud iudicem lis est, ne interea, qui tenet diffidens causae suae

der Sache haben solle. Gaius 1. c. Abgesehen von dem Streite über die Freiheit, in welchem stets zu Gunsten der leßteren (secundum libertatem) die Vindicien ertheilt wurden, Liv. III. 44. i. f., entschied über den interimistischen Besiß und Besizer das Ermessen des Prätors, welches indessen wohl vorzugsweise durch die Rücksicht auf den voraussichtlichen Sieger geleitet wurde.

So wie geschildert, war der Gang der Verhandlungen bei beweg= lichen Sachen als Streitobjecten. Bei unbeweglichen begab sich den XII Tafeln zufolge der Magistrat mit den Partheien an Ort und Stelle, um daselbst das Manus conserere vorzunehmen. Als indessen für den Prätor dieser Modus, das proficisci vindiciarum dicendarum causa in longinquas res, Gellius XX. 10., zu beschwerlich wurde, kam (contra XII Tabulas tacito consensu) der Brauch auf, ut litigantes non in iure apud Praetorem manum consererent, sed ex iure manum consertum vocarent. Gellius 1. c. Das heißt, waren beide Theile vor'm Prätor erschienen, so forderte der eine den anderen auf, mit ihm ex iure ad conserendam manum zum streitigen Grundstücke hinzugehen. Daselbst angekommen, nahmen sie in Gegenwart von Zeugen (superstitibus praesentibus, Festus s. v. Superstites. Cic. pro Mur. c. 12.) die Vindications-Förmlichkeiten vor und ergriffen darauf eine Scholle des Grundstückes *), um daran, in ius zurückgekehrt, dieselben tanquam in

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possessionem deteriorem faciat, tecta dissipet, excidat arbores, et culta deserat, Wezell S. 20. selbst giebt zu, diese Aeußerung sei zu enge, weil darin blos vom Verderbe, nicht auch von der Vernichtung der Sache geredet werde. Ift sie dies aber, wie kann man dann den einen darin übergangenen Fall den der Vernichtung troßdem in die Verpflichtung der Praedes litis et vindiciarum hereinziehen, und den anderen den der Contumacia daraus aus= schließen? Darin liegt eine offenbare Willkühr, die als solche an Gaius IV. 89. scheitert, wenn es darin heißt: aequum enim visum est, te ideo quod interea tibi rem, quae an ad te pertineat dubium est, possidere conceditur, cum satisdatione mihi cavere, ut si victus sis, nec rem ipsam restituas nec litis aestimationem sufferas, sit mihi potestas aut tecum agendi aut cum sponsoribus tuis. Vergl. Gaius IV. 94. von der Pfordten a. a. D. S. 35. a. E. S. 36.

*) Diese Scholle, oder was sonst vom Grundstücke als Repräsentant desselben mit vor den Prätor genommen wurde, hieß felbft Vindicia. Festus s. v. Vindiciae olim dicebantur illae, quae ex fundo sumtae in ius allatae erant.

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