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S. 72,

2. Inaedificatio.

Besteht die Verbindung beweglicher Sachen mit unbeweglichen im Bauen, so erwirbt der Eigenthümer des Bodens nach dem Grundsage: Solo cedit, quod solo inaedificatur, §. 29. I. de rer. div. (2. 1.), oder, wie ihn die Römer noch allgemeiner fassen: Superficies solo cedit, Gaius II. 73. L. 3. §. 7. D. Uti poss. (43. 17.), das Eigenthum an dem von ihm mit fremden oder von einem Anderen mit eigenen oder fremden Materialien errichteten Gebäude. *) §. 29. I. de rer. div. (2. 1). Cum in suo solo aliquis ex aliena materia aedificaverit, ipse dominus intelligitur aedificii, quia omne, quod inaedificaverit, solo cedit. §. 30. Ex diverso, si quis in alieno solo sua materia domum aedificaverit, illius fit domus, cuius et solum est. Gaius II, 73. Praeterea id quod in solo nostro ab aliquo aedificatum est, quamvis ille suo nomine aedificaverit, iure naturali nostrum fit, quia superficies solo cedit. Vergl. L. 2. D. de superf. (43. 18.). Während des Baues erfolgt der Erwerb des Eigenthums an den einzelnen Baumaterialien, sobald fte als solche verwendet, und dadurch Bestandtheile des zu errichtenden Gebäudes geworden sind. L. 39. pr. D. de rei vind. (6. 1.) Ulpian. Redemptores, qui suis caementis aedificant, statim caementa faciunt eorum, in quorum solo acdificant. Uebrigens darf, wenn der Eigenthümer des Bodens das darauf errichtete Gebäude iure accessionis erwerben soll, lezteres nicht etwa blos beweglich, wieder leicht wegnehmbar sein, wie bei Bretterhütten u. dergl. der Fall. L. 60. D. de adq. r. dom. (41. 1.) Scaevola: Titius horreum frumentarium novum ex tabulis ligneis factum mobile in Seii praedio posuit: quaeritur uter horrei dominus sit? Respondit, secundum quae proponerentur, non esse factum Seii, esse factum Seii. Wird das gehörig beschaffene Gebäude auf einem Mehreren zusammengehörigen Grundstücke (Area communis) aufgeführt, so gehört es auch diesen Mehreren je nach Verhältniß ihres Miteigenthums gemeinschaftlich an. L. 16. C. de rei vind.

Bei diesem Erwerbe iure accessionis wird vorausgefeßt, daß die Baumaterialien nicht schon vor Errichtung des Gebäudes auf dem Wege der Specifica= tion in's Eigenthum übergegangen sind, wie z. B. mit dem aus fremdem Kalke und Sande bereiteten Mörtel der Fall,

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(3. 32.). Baut Jemand auf die Mauer eines Anderen oder errichtet er auf deffen erstem Stockwerke ein zweites, so erwirbt der Eigenthümer der unteren Mauern die auf denselben errichteten Gebäulichkeiten L. 2. C. eod. L. 28. D. de adq. r. dom. (41. 1.) — Läßt der Miether in dem gemietheten Hause Thüren, Fenster und dergleichen machen, so gehören sie während ihrer Verbindung mit dem Hause als deffen Theile dem Haus-Eigenthümer. Sobald fie aber durch jenen, diesen oder einen Dritten wieder davon getrennt werden, kehren sie als selbstständige Sachen ins Eigenthum des Miethers zurück, und daher kann er dann deren Herausgabe mittelst Rei vindicatio selbst vom Hauseigenthümer ansprechen. L. 59. D. de rei vind. (6. 1.) Iulianus: Habitator in aliena aedificia fenestras et ostia imposuit: eadem post annum dominus aedificiorum dempsit; quaero, is qui imposuerat, possetne vindicare? Respondit, posse: nam quae alienis aedificiis connexa essent, ea, quamdiu iuncta manerent, eorundem aedificiorum esse: simulatque inde dempta essent, continuo in pristinam causam reverti. — Wird auf städtischem Grunde und Boden von Privaten ein Theater, Denkmal, z. B. eine Säule u. dergl. m. errichtet, so fallen leßtere nicht den einzelnen Bürgern zu, sondern der Civitas und daher ist denn der Erbauer sowenig wie ein Anderer berechtigt, sie wieder hinwegzunehmen. L. 41. D. eod. L. 6. §. 1. D. de div. rer. (8. 1.) Da die Ufer eines öffentlichen Flusses Privateigenthum der daran anstoßenden Grundbesizer sind, und nur deren Gebrauch dem Publikum freigegeben ist *), so gehören von Anderen darauf gepflanzte Bäume, errichtete Gebäude dem betreffenden Grundbesizer. L. 5. D. de rer. div. (1. 8.) L.30. §. 1. D. de adq. r. d. (41. 1.) Pomponius: Celsus filius, si in ripa fluminis, quae secundum agrum meum sit, arbor nata sit, meam esse ait. L. 15. D. eod. Neratius: Qui autem in ripa fluminis aedificat, non suùm facit. Das Meer und seine Ufer dagegen sind Res nullius, Res communes omnium, L. 2. §. 1. D. de rer. div. (1.8.) §. 22. I. eod. (2, 1.) L. 14. pr. D. de adq, r. d. (41. 1.), daher ist das darin oder darauf errichtete Gebäude Eigenthum des Erbauers. L. 14. pr. L. 30. §. 4. D. eod. Pomponius: Si pilas in mare iactaverim, et supra eas inaedificaverim, continuo aedificium meum fit. Item

*) L. 5. D. de rer. div. (1. 8.) L. 30. §. 1. D. de adq, r. d. (41. 1.). Solum ipsum (ripae fluminis) meum privatum est, usus autem eius publicus intelligitur.

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si insulam in mari aedificaverim, continuo mea fit: quoniam id, quod nullius fit, occupantis fit. Und zwar gehört dem Erbauer nach dem Sage: Solum partem esse aedium, L. 49. pr. D. de rei vind. (6.1.), nicht nur das Gebäude, sondern auch der Boden des Meeres-Ufers, Grundes, auf dem es steht, L. 6. pr. D. de div. rer. (1. 8.), aber freilich nur solange es steht, denn stürzt es ein oder wird wieder niedergeriffen, so nimmt der freigewordene Boden quasi iure postliminii feinen früheren Character als Res nullius wieder an, und fällt daher dem von Neuem ein Gebäude darauf Errichtenden von Neuem zu. L. 5. §. 1. D. eod. Gaius: In mari piscantibus liberum est casam in littore ponere, in qua se recipiant, L. 6. pr. D. eod. Marcianus, — in tantum, ut et soli domini constituantur, qui ibi aedificant, sed quamdiu aedificium manet; alioquin aedificio dilapso, quasi iure postliminii revertitur locus in pristinam causam, et, si alius in eodem loco aedificaverit, eius fit. - Dem Grunde und Boden analog behandeln die Römer den Kiel eines Schiffes, indem dessen Eigenthümer die übrigen Schiffstheile iure accessionis erwirbt. L. 61. D. de rei vind. (6.1.) Iulianus: Minicius interrogatus, si quis navem suam aliena materia refecisset, num nihilominus eiusdem navis maneret? Respondit, manere. Sed si in aedificanda ea idem fecisset, non posse Iulianus notat: nam proprietas totius navis carinae causam sequitur.

S. 73.
Fortseßung.

Rechtsmittel des Eigenthümers der Materialien gegens über dem Eigenthümer des Bodens, der mit jenen auf diesem ein Gebäude errichtet hat.

Das Bisherige hat gezeigt, wie der Eigenthümer des Bodens das darauf aufgeführte Gebäude als Ganzes mit seinen Theilen als solchen erwirbt. Eine andere Frage ist die, ob er auch die einzelnen Bestandtheile des Gebäudes als selbstständige Sachen erwerbe? Und diese Frage ist denn zu verneinen. L. 7. §. 10. D. de adq. rer. dom. (41. 1.) L. 2. C. de rei vind. (3. 32.)

Der Consequenzen vorstehenden Sachverhältnisses giebt es mehrere: 1. Weil, solange das Gebäude eristirt, der Eigenthümer des Bodens volles Eigenthum an jenem hat, L. 7. §. 10. D. cit., ist dem Dominus

materiae während dieser Zeit eine jede Klage auf Trennung und Rückgabe desselben versagt*), dagegen steht ihm ein Weg offen, sich wegen seines verbauten Materials schon jezt schadlos zu halten. Ist nämlich dasselbe ohne seine Einwilligung arglistig verbaut worden, (Tignum furtivum), so kann er schon vor der Trennung die Actio ad exhibendum gegen den Bauenden als wider einen fictus possessor, qui dolo malo desiit possidere auf vollen Schadenersaß anstellen. L. 23. §. 6. i. f. D. de rei vind. (6. 1.) L. 1. §. 2. D. de tign. iunct. (47.3.) Ulpian. Sed et ad exhibendum danda est actio; nec enim parci oportet ei, qui sciens alienam rem aedificio inclusit vinxitve: non enim sic eum convenimus, quasi possidentem, sed ita, quasi dolo malo fecerit, quominus possideat. Und außerdem steht ihm auch noch die auf's Doppelte gehende Actio de tigno iuncto zu, welche unter Vorausseßung eines Tignum furtivum den Character einer reinen Pönalklage hat. L. 1. pr. D. eod. Ift fremdes Material bona fide verbaut worden, so hat dessen Eigenthümer vor der Trennung des Gebäudes zwar nicht die vorerwähnte Actio ad exhibendum auf Schadensersaß, wohl aber die auch hier aufs Doppelte gehende Actio de tigno iuncto, nur daß sie unter der gegebenen Vorausseßung den Character einer reipersecutorischen Klage an sich trägt. Vergl. oben S. 23. 24.

2. Wird das Gebäude in seine einzelnen Bestandtheile zerlegt, so macht sich nunmehr das an denselben als selbstständigen Sachen niemals erloschene, sondern nur während ihrer Verbindung suspendirte Eigenthum des Dominus materiae dahin geltend, daß er dieselben mit der Actio ad exhibendum sowohl wie mit der Rei vindicatio herausfordern kann. L. 7. §. 10. D. de adq. r. dom. (41. 1.) Gaius: Cum in suo loco aliquis aliena materia aedificaverit, ipse dominus intelligitur aedificii, nec tamen ideo is, qui materiae dominus fuit, desiit eius dominus esse. Ergo si aliqua ex causa dirutum sit aedificium, poterit materiae dominus nunc eam vindicare et ad exhibendum agere. L. 2. C. de rei vind. (3. 32.) verb. Si vero fuerit dissolutum (aedificium), eius materia ad pristinum dominum redit. —

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*) §. 29. I. de rer. div. (2. 1.) L. 23. §. 6. D. de rei vind. (6.1.) Paulus: Tignum alienum aedibus iunctum nec vindicari potest, propter legem XII. Tabularum, nec eo nomine ad exhibendum agi.

Beim Tignum furtivum fann der Domiaus materiae die Actio ad exhibendum oder Rei vindicatio nach der Trennung auf Herausgabe der Materialien selbst dann noch anstellen, wann er die Actio de tigno juncto aufs Doppelte bereits mit Erfolg durchgeführt hat. L. 2. D. de tign. iunct. (47. 3.) Ulpian. Sed si proponas tigni furtivi nomine aedibus functi actum, deliberari poterit, an extrinsecus sit rei vindicatio? Et esse non dubito. Waren dagegen die Materialien bona fide verwendet worden, so ist nach deren Trennung eine Actio ad exhibendum oder Rei vindicatio auf Herausgabe derselben nur noch möglich, wenn während ihrer Verbindung nicht bereits durch die Actio de tigno iuncto das Doppelte erlangt ist. §. 29. I. de rer. div. (2. 1.) Quod si aliqua ex causa dirutum sit aedificium, poterit materiae dominus, si non fuerit duplum iam consequutus, tunc eam vindicare et ad exhibendum de ea re agere. Vergl. oben S. 24. — Ist der Eigenthümer der Materialien im Besize des daraus auf fremdem Boden aufgeführten Gebäudes, so steht ihm wider den Vindicanten eine Exceptio doli mali bis zu voller Entschädigung zu L. 23. §. 4. D. de rei vind. (6, 1.).

S. 74.

Fortseßung.

Rechismittel für den Fall, daß der Eigenthümer der Materialien damit auf fremdem Boden ein Gebäude errichtet.

1. Von dem bona fide auf fremden Boden Bauenden.

War der mit eigenen Materialien auf fremdem Boden Bauende des Glaubens, auf eigenen Boden zu bauen, so kann er als Besißer des Gebäudes den Eigenthümer des Bodens, der sein Eigenthum an legterem und an ersterem mit der Rei vindicatio geltend macht, in der Regel so lange durch die Exceptio doli zurückweisen, bis er ihm Entschädigung geleistet hat. §. 30. 1. de rer. div. (2. 1.). Certe illud constat, si in possessione constituto aedificatore soli dominus petat domum suam esse, nec solvat pretium materiae et mercedes fabrorum: posse eum per exceptionem doli mali repelli: utique si bonae fidei possessor fuerit, qui aedificavit. L. 7. §. 12. D. de adq. r. dom. (41. 1.) L. 2. Cod. Greg. de rei vind. (3. 2.) L. 16. C. Iust, eod. (3. 32.). — Der Betrag dieser Entschädigung richtet sich nach dem Preise des auf

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