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ergreifung des Procurators ihren Anfang nimmt. — Die Accessio possessionis unterliegt denselben Grundsäßen, wie bei der ordentlichen Erfizung, L. 8. §. 1. C. cit. L. 14. C. de fund. patr. (11. 61.) L. un. C. de usuc. transf. (7. 31.), dagegen wird die Praescriptio XXX vel XL annorum schon durch die Mittheilung der Klage an den Beklagten, (Controversia mota), gleich der Erstinctiv - Verjährung, unterbrochen, L. 3. 7. pr. C. h. t. L. 3. C. de ann. exc. (7. 40.), und in Bezug auf die Zeit muß zur Vollendung der außerordentlichen Ersizung der ganze lezte Tag vollständig abgelaufen sein. Arg. L. 6. D. de O. et A. (44. 7.) Paulus: In omnibus temporalibus actionibus, nisi novissimus totus dies compleatur, non finit obligationem. Der Beweis geht, da die außerordentliche Erstzung keines Titels bedarf, nur auf den Besiz und die gehörige Zeit desselben in der oben §. 62. angegebenen Weise. Die bona fides bildet auch hier keinen Gegenstand eines besonderen Beweises.

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Die Wirkung der außerordentlichen Erstzung ist von der bei der ordentlichen als Regel eintretenden nicht verschieden.

S. 65.

CC. Eigenthums-Erwerb durch einseitige Handlungen
des Verlierenden und durch zufällige Umstände.
A. Eigenthumserwerb in Folge Zolldefraudation.
Dig. XXXIX. 4. De publicanis et vectigalibus et commissis.
Cod. IV. 61. De vectigalibus et commissis.

Defraudirt Jemand bei Ein- oder Ausführung zollbarer Gegenstände den Zoll, so verfällt das Eigenthum an der defraudirten Waare (Commissum) dem Fiscus resp. dem an seiner Stelle Zollberechtigten ipso iure. L. 11. §. 2-4. L. 14. D. h. t. Entschuldigung mit Nichtwiffen wendet diesen Erfolg noch feineswegs ab. L. 16. §. 5. D. eod. Unterblieb dagegen die Zahlung des Zoll's erweislich nicht per fraudem, sed per errorem, so geht einem Rescripte der Divi Fratres zufolge das Eigenthum an der Waare nicht verloren, vielmehr genügt Zahlung der doppelten Abgabe. L. 16. §. 10. D. eod.. Wurden die eingeführten Objecte zwar angezeigt, aber der Zoll auf Zugeständniß der Zollbeamten hin, (ut solent facere,) nicht sofort bezahlt, so leidet das Defraudations-Gefeß auf sie keine Anwendung. Und ganz dasselbe gilt da, wo eines Sturmes oder sonstiger ungünstiger Wit

terung wegen die Zollzahlung ausgeseßt blieb. L. 16. §. 8. D. eod. L. 16. §. 12. D. eod. Auch erhält der Unmündige die verfallene Waare wieder, wenn er innerhalb dreißig Tagen den Zoll nachzahlt, L. 7. §. 1. D. eod., und ein Jeder kann von den Zöllnern das irrthümlich gezahlte Indebitum zurückfordern. L. 16. §. 14. D. eod. Zur Instruction des die Waare Einführenden ist der Zollbeamte zwar nicht verpflichtet, das gegen hat er sich zu hüten, ne decipiat profiteri volentes. L. 16. §. 5. D. eod. Verleitet er gleichwohl zur Defraudation, so ist diese für den Defraudanten ohne nachtheilige Folge. Das Confiscationsrecht des Fiscus dauert fünf Jahre, ja erlischt mit Untergang der Sache noch früher, infoferne dieser nur nicht arglistig bewerkstelligt worden war. L. 2. C. h. t. Sever. et Anton.: Neque commissum, quod ante quinquennium factum dicitur, si lite res anticipata non est, vindicari potest: neque pro re, quae in commissi causam cecidit, si ipsa non existat, nec dolo supprimatur, pretium peti potest. Die Herausgabe der verfallenen Waare kann übrigens auch von den Erben des Defraudanten verlangt werden. L. 14. D. h. t.

B. Eigenthumserwerb wegen nicht erstatteter Reparaturkosten.

Unterläßt ein Miteigenthümer eines Hauses dem anderen innerhalb vier Monaten die von diesem, nach vorheriger vergeblicher Aufforderung zur Theilnahme, allein bestrittenen Reparaturkosten nebst Zinsen (12%) zu erstatten, so erhält der sie Aufwendende einer Oratio D. Marci zu folge*) das alleinige Eigenthum an dem Gebäude, wenn er nicht lieber den Ersatz ansprechen will. L. 52. §. 10. D. pro socio. (17. 2.) L. 4. C. de aedif. priv. (8. 10.)

C. Daß der Eigenthümer, der sich seiner im Besitze eines Anderen befindlichen Sache mit Umgehung des Richters gewaltsam bemächtigt, sein Eigenthum an den bisherigen Inhaber

*) Wahrscheinlich ist diese Bestimmung des Kaisers Marcus Antoninus Philofophus durch die unter ihm vorgekommene Tiber-Ueberschwemmung, welche viele Häuser eingeriffen oder beschädigt hat, ins Dasein gerufen worden. Capitol. M. Ant. Cap. 8. Sed interpellavit istam felicitatem securitatemque imperatoris prima Tiberis inundatio, quae sub illis gravissima fuit; quae res et multa urbis aedficia vexa vit. Quae omnia mala Marcus et Verus sua cura.. temperarunt.

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derselben zur Strafe ipso iure verliert, L. 7. C. Unde vi (8. 4.), davon war bereits in der Lehre von der Selbsthülfe im allgemeinen Theile ausführlich die Nede.

D. Der Fruchte'rwerb des Possessor bonae fidei und Emphyteuta, der durch bloße, wenn auch zufällige, Separation bewirkt wird, und alsø dem Systeme nach hierher gehört, hat der leichteren Ueberficht wegen bereits oben beim Fruchterwerbe des Usufructuar's und Pachter's, vergl. S. 63. CC.-S. 77., seine Darstellung gefunden.

E. Der gesetzliche Eigenthumserwerb der Kinder an den Lucris nuptialibus im Momente der erfolgenden Auflösung der Ehe ihrer Aeltern, resp. im Momente des Ueberschreitens derfelben · zur zweiten Ehe [Nov. XXII. Cap. 23-26. 46. Nov. XCVII. Cap. 1. 2. vergl. L. 5. 6. §. 1. L. 8. §. 1. C. de sec. nupt. (5. 9:)] ge=i hört der Darstellung des Familienrechts an. Dasselbe gilt von demi gesetzlichen Eigenthumserwerbe der Verwandten ersten, dann der zweiten Grades und zuletzt des1 Fiscus im Falle des verletzten Trauerjahres in Betreff dessen, was die daffelbe verlegende Ehefrau von ihrem vorigen Manne erhalten hat, L. 1. 3. C. eod., und von dem gesetzlichen Eigenthums erwerbe des unschuldigen Ehegatten, der Verwandten oder des Klosters im Falle verschuldeter Scheidung in Betreff der Dos resp. Donatio propter nuptias oder des gesammten übrigen Vermögens des schuldigen Theiles. L. 8. 11. C. de repud. (5. 17.) Nov. XXIÍ. Cap. 18. Nov. CXVII. Cap. 5. 8. 13. Nov. CXXVII. Cap. 4. Nov• CXXXIV. Cap. 10. 11.

Anmerkung. Von dem Eigenthumserwerbe durch Zuschlag des Pfandobjectes (Impretatio dominii) ist in der Lehre des Pfandrechts, von dem in Folge einer Missio ex secundo d'ecreto damni infecti nomine [L. 15. §. 16. 17. 33. L. 44. §. 1. D. de damn. inf. (39. 2.)] in der Lehre von der Cautio damni infecti im Obligationenrechte, von dem möglichen Eigenthumserwerbe durch Erbfolge, Vermächtnisse, Mortis causa donatio, Mortis causa capio, oder in Folge eintretender Indignität (Ereptitium) und Erblosigkeit (Bona vacantia) in der Lehre vom Erbrechte zu handeln. Blos noch historisches Interesse hat der mögliche EigenthumsErwerb in Folge nachstehender Successiones per universitatem, der Arro

gation (vor Ausbildung der Peculien), der In manum conventio, Causae probatio, Emptio bonorum, Sectio bonorum, Addictio libertatum conservandarum causa, und des Caducum, wiewohl lezteres auch zu einer Successio singularis führen konnte, wenn der Hinweggefallene Successor singularis war.

S. 66.

B. Eigenthums-Erwerb mit Rücksicht auf das bereits erworbene
Eigenthum an einer anderen Sache.

A. Von der Accession.

1. Begriff.

Unter Accession versteht man den Erwerb des Eigenthums einer Sache durch derartige Verbindung derselben mit einer anderen, dem Erwerbenden bereits gehörigen, daß jene den Charakter eines Nebenbestandtheiles dieser annimmt. Die Römer kennen das Wort Accessio in der Bedeutung einer Eigenthums-Erwerbart nicht; vielmehr bezeichnen fie damit den Nebenbestandtheil einer Sache selbst, Cheutzutage gewöhnlich Res accessoria, Accessorium genannt,) welcher die juristischen Schickfale des Hauptbestandtheiles, des Principale, der Res principalis im Allgemeinen theilt, L. 2. D. de pec. leg. (33. 8.) L. 129. §. 1. L. 178. D. de R. I. (50. 17.), und insbesondere auch dem Eigenthume nach von ihm angezogen wird. Der desfallsige römische Grundsag lautet: Accessio cedit principali; L. 19. §. 13. D. de auro, argento cet. (34. 1.) L. 23. §. 1. D. eod. [verb. quae his accessionis vice cedunt], oder in der Fassung der Neueren: Accessorium sequitur suum principale. Da Accessiones und Fructus von den Römern ausdrücklich geschieden werden*), und sie auch abweichenden Rechtsgrundsägen folgen**), so erscheint es mit Sprache und Auffassung der Quellen mehr im Ein

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*) L. 2. §. 1. de in diem add. (18. 2.) verb. Iulianus scribit, hunc, cui res in diem addicta est, fructus et accessiones lucrari. L. 61. §. 2. D. de furt. (47. 2.) verb, accessiones et fructus emptor restituere cogitur, Rubr. Dig. XXII. 1. De usuris et fructibus et causis et omnibus accessionibus et mora.

**) Vergl. Paulus S. R. III. 6. §. 22. Accessio alluvionum ad fructuarium fundum, quia fructus fundi non est, non pertinet. L. 33. i. f. D. de usufr. (7. 1.)

flange, den Erwerb der Erzeugnisse als einen besonderen Eigenthums-Erwerb darzustellen, wie ihn, was gewöhnlich geschieht, als eine Species der Acceffton zu behandeln, und daher soll denn auch demgemäß in Nachfolgendem verfahren werden.

S. 67.

2. Gestaltungen der Accession im Einzelnen.

Die Verbindung mehrerer Sachen zu Einer, wobei der Eigenthümer des Hauptbestandtheils als solcher das Eigenthum des Nebenbestandtheils erwirbt, kann in dreifacher Weise vorkommen, indem entweder:

AA. eine unbewegliche Sache mit einer unbeweglichen verbunden wird, oder:

BB. eine bewegliche mit einer unbeweglichen, oder endlich
CC. eine bewegliche mit einer beweglichen.

AA. Verbindung von Immobilien.

Von der Alluvion und Avulsion.

Die Verbindung von Immobilien kann nur durch die Kraft der Natur hervorgerufen werden, und kommt vorzugsweise bei solchen Grundstücken vor, die das Ufer öffentlicher Flüsse *) bilden. Möglich wird hier der Eigenthums-Erwerb iure accessionis dadurch, daß der an öffentliche Flüsse anstoßende Uferrand Privateigenthum ist, dessen Gebrauch aber dem Publicum nicht versagt werden darf. L. 5. D. de rer. div. (1.8.) L. 30. S. 1. D. de adq. r. dom. (41. 1.) Pomponius: Solum ipsum (in ripa fluminis) meum privatum est, usus autem eius publicus intelligitur. Die hier ins Auge zu faffende Accession macht sich geltend:

*) Bezüglich des Begriffes eines öffentlichen Fluffes vergl. L. 1. §. 2. D. de flum. (43. 12.) Ulp. Item fluminum quaedam sunt perennia, quaedam torrentia; perenne est, quod semper fluat, dévvaos (perennis), torrens, o xauous, (hyeme fluens.) §. 3. Fluminum quaedam publica sunt, quaedam non; publicum flumen esse Cassius definit, quod perenne sit; haec sententia Cassii, quam et Celsus probat, videtur esse probabilis. Bei Privatflüssen ist nur durch Alluvion und Alvulfion ein Landerwerb iure accessionis denkbar. Der Alveus, mag er sich an einzelnen Stellen als Insula über den Wasser= spiegel erheben, oder vom Wasser ganz verlassen (derelictus) fein, er gehört und verbleibt dem Fluß-Eigenthümer.

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