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vielmehr die wirklicher feindlicher Occupation. *). b) Solange der Kirchenvorsteher, welcher Kirchengüter widerrechtlich veräußert hat, im Amte steht, läuft zum Nachtheile der Kirche keine Verjährung, auch nicht die ihres Eigenthums. Can. 10 Caus. XVI. Qu. 3.

S. 61.

3. Unterbrechung der ordentlichen Eigenthums - Er fi ßung.
L. 2. D. de usurpationibus et usucapionibus. (41. 3.)
Paulus: Usurpatio est usucapionis interruptio. Oratores
autem usurpationem frequentem usum vocant.

a. Absolut wirkende Usucapions gründe.

Die Requisite der ordentlichen Eigenthums-Ersizung kommen entweder nur bei Beginne derselben in Betracht oder müssen während ihrer ganzen Dauer vorhanden sein. Zu den ersteren gehören römischem Rechte zufolge der iustus titulus und die bona fides, zu den lezteren Besiz- und Eigenthumsfähigkeit des Ersizenden sowie der zu ersizenden Sache, außerdem noch besondre Usucapionsfähigkeit derselben und endlich deren Besit während der geseglich bestimmten Zeit. Das canonische Recht entrückt die bona fides den Requisiten ersterer Art, fte denen zweiter zugesellend. Daß eine Unterbrechung so oft eintreten muß, als eins der dauernden Requisite hinwegfällt, ergiebt sich aus der Natur der Sache, und daher macht sich denn eine solche geltend, 1. wenn der Ersitzende oder die zu

Noch weiter geht Marezoll in der Zeitschr. für Civilrecht und Prozeß VII. Nro. 8. S. 274., indem er in den obigen Stellen des canonischen Rechtes nur ein Privilegium der Kirchen zur Zeit feindlicher Occupation angeordnet findet. Allein, wenn dieselben auch zunächst von der Verjährung gegen Kirchen handeln, so liegt ihnen doch ein allgemeiner Rechtssaß zu Grunde, wie namentlich der ganz allgemeine Schluß des Can. 13. cit. beweist: Non enim erit obiicienda praecsriptio temporis, ubi necessitas interest hostilitatis. Das Tempus hostilitatis mit besagter Wirkung auf jede Zeit des Gericht s ft illstandes (Juftitium's) auszudehnen, läßt sich nicht rechtfertigen, einmal, weil Singularitäten in iure nicht analog angewendet werden dürfen, und dann, weil man durch außergerichtliche Protestation die Eigenthumserfißung unterbrechen fann. L. 2. C. de ann. except. (7. 40.) Vergl. v. Vangerow Leitfaden I. S. 542.

erstgende Sache ihre Befiz- und Eigenthumsfähigkeit verliert; 2. wenn das Object aus sonstigen Gründen ersigungsunfähig wird und bleibt; 3. wenn sich das Factum possessionis oder der Animus possidendi ins Gegentheil verkehrt, und endlich 4. durch mala fides superveniens d. h. durch Eintritt der Conscientia rei alienae. (Darüber s. oben §. 56.) Da mit der Besiz- und Eigenthumsfähigkeit des Ersißenden sowie der zu usucapirenden Sache immer auch der Befit der letteren von selbst aufhört, so fallen die daraus entnommenen Gründe der Unterbrechung (uro. 1.) mit dem aufgegebenen Factum possessionis und mit dem Animus. contrarius (nro. 3.) unter dem Gesichtspuncte des Besiz verlustes in Eins zusammen, den die Neueren durch) Usurpatio s. Interruptio naturalis zu bezeichnen pflegen. (Das Nähere darüber s. oben §. 58.) Die lettere macht sich auch in den Fällen während der Ersizung eintretender besondrer Usucapionsunfähigkeit des Objectes (nro. 2.) geltend, insoferne sie, was die Regel, mit einem Bestßverluste verbunden sind *), wie z. B. wenn die Sache eine Res furtiva oder vi possessa wird. b. Relativ wirksame Usurpationsgründe. Sooft einer der vorstehenden Usurpationsgründe Besigverlust, dauernd eintretende Usucapionsunfähigkeit des Objectes und mala fides superveniens vorliegt, wird die Ersißung in dem Maaße unterbrochen, daß sich der bisherige Usucapient gegen Niemanden auf dieselbe ferner berufen kann,**) sondern vielmehr, um die Sache durch Ersizung zu erwerben, die lettere von Neuem beginnen muß. L. 15. §. 2. D. de usurp. (41. 3.) L. 7. §. 4. D. pro empt. (41, 4.) Einen gefeßlich erlaubten Einfluß auf Herbeiführung einer dieser absoluten Usur

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*) Ein Beispiel eintretender Erfißungsunfähigkeit ohne Befißverlust bieten die Bona vacantia nuntiata dar, (vergl. oben S. 163. Nro. 1.), welche schon bei Lebzeiten ihres Eigners im Usucapionsbesiße eines Andern waren.

**) L. 5. D. de usurp. (41. 3.) Gaius: Naturaliter interrumpitur possessio, cum quis de possessione vi deiicitur, vel alicui res eripitur; quo casu non adversus eum tantum, qui eripit, interrumpitur possessio: sed adversus omnes. Nec eo casu quidquam interest, is qui usurpaverit, dominus sit, nec ne. Ac ne illud quidem interest, pro suo quisque possideat, an ex lucrativa causa. (Darüber f. oben S. 221.) L. 5. 9. D. de usurp. (41.3.) Cap. 20. X. de praescr. (2. 26.) verb. ut nulla valeat absque bona fide praescriptio.

pationsgründe auszuüben, ist dem Eigenthümer, der sich ohne den Strafen verbotener Selbsthülfe zu verfallen, nicht eigenmächtig in den Besitz seiner Sache sehen darf, nicht gestattet und doch konnte ihm nicht füglich versagt bleiben, den Folgen der ihn bedrohenden Usucapion eines Andern für sein Theil wenigstens ungestraft zu begegnen. Dieser Zweck wurde durch Einführung der f. g. Usurpatio civilis*) erreicht, die auf zwiefache Weise bewirkt werden konnte, nämlich:

1. dadurch, daß der von der Ersizung Bedrohte sein Recht an der Sache gerichtlich verfolgt. Indeffen macht sich hierbei im vorjustinianeischen Rechte ein Unterschied zwischen der Usucapio und Praescriptio longi temporis geltend. Während die leßtere vor Juftinian, als reine Klageverjährung nur durch eine Exceptio geschüßt, (vergl. oben S. 122.), schon im Momente der Litiscontestation unterbrochen wurde,

L. 1. 2. C. de praescr. 1. t. (7. 33.) L. 10. C. eod. Diocl. et Max. Nec bona fide possessionem adeptis longi temporis praescriptio post moram litis contestatae completa proficit: cum post motam controversiam in praeteritum aestimetur. L. 26. C. de rei vind. (3. 32.) L. 2. C. ubi in rem act, exerc. deb. (3. 19.),

erlitt die Usucapio durch Anstellung der Rei vindicatio und darauf folgende Litiscontestation keinerlei Störung,

L. 2. §. 21. D. pro empt. (41. 4.) Paulus: Si rem alienam emero et cum usucaperem, eandem rem dominus me petierit: non interpellari usucapionem meam litis contestatione. L. 2. D. pro don. (41. 6.).

vielmehr erreichte ste, wenn während der Dauer des Rechtsstreites ihre Zeit abgelaufen war, in der Art ihr Ende, daß der Beklagte voller Ei, genthümer wurde und als solcher über die usucapirte Sache rechtsgültig

*) Puchta Pand. §. 160 a. E. bezeichnet es als unrichtig, bei den hier ange= führten relativ wirksamen Usurpationsgründen von einer Interruptio zu reden. Nur unschädlich werde dadurch die nachher vollendete Usucapion, was freilich factisch der Unterbrechung gleichslehe. Es handelt sich hier also nicht sowohl um einen Unterschied in der Sache, als um die Bezeichnungsweise. Daß die der Römer aber eine unsrer Darstellung günstige ist, davon überzeuge man sich durch Vergleichung der L. 2. §. 21. D. pro empt. (41. 4.) L. 2. C. de praescr. 1. t. (7. 33.) L. 2. C. de ann, exc. (7. 40.)

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plenum ius incipit Weise seines Eigen

disponiren konnte. L. 17. §. 1. i. f. D. de rei vind. (6. 1.) Ulp. verb. si post litem contestatam usucepit possessor, habere. Darum war aber doch der auf solche thums verlustig gegangene Kläger gegenüber der vollendeten Usucapion des Beklagten im Resultate nicht weniger geschüßt, wie der Kläger gegenüber der im Momente der Litiscontestation unterbrochenen Praescriptio longi temporis. Denn das römische Recht verpflichtete den Beklagten, wenn sich herausstellte, daß die Usucapion erst nach stattgehabter Litiscontestation vollendet, und also der Kläger in deren Momente noch Eigenthümer war, die Sache nebst Zubehör an denselben herauszugeben, und überdies Caution zu leisten für den Fall, daß er nach vollendeter Ufucapion als nunmehriger Eigenthümer der Sache nachtheilige Dispositionen vorgenommen haben sollte*). Fragm. Vat. §. 12. Usucapio frustra complebitur anticipata lite. L. 18. D. de rei vind. (6. 1.) Gaius: Si post acceptum iudicium possessor usu hominem cepit, debet eum tradere eoque nomine de dolo cavere: periculum est enim, ne eum vel pigneraverit vel manumiserit. L. 20. i. f. D. eod.

Wie es im neuesten Rechte sei, darüber herrscht Streit unter den Juristen. Je nach Verschiedenheit ihrer Auffaffung des Verhältnisses der Usucapio zur Praescriptio longi temporis laffen Einige die für die Usucapion geltenden Grundsäße auch noch im neuesten justinianeischen Rechte fortdauern **), während Andere denen der Praescriptio longi temporis den Vorzug geben***), und wieder Andere zwischen Ersizung beweglicher und unbeweglicher Sachen unterschieden wissen wollen, die Grundsäße der Usucapio bei jenen, die der Praescriptio longi temporis bei diesen gelten las

*) Ganz analog wie bei der Usucapio des Eigenthums verhielt sich die Sache in Betreff der Servituten. Wurde eine Servitut mit der Actio confessoria geltend gemacht, und jene erlosch, nachdem Lis conteftirt war, durch Non-usus, so mußte fie förmlich reftituit, d. h. durch In iure cessio aufs Neue errichtet werden. L. 8. §. 4. D. si serv. vind. (8. 5.) Keller Ueber Litiscontestation und Urtheil S. 174 ff.

**) Dahin gehören unter Andern v. Vangerow Leitfaden I. §. 323. S. 541. v. Savigny System VI. S. 59. Mühlenbruch P. R. 11, §. 260. Note 7. Göschen Vorlesungen II. 1. §. 266.

***) Vergl. Schilling Lehrb. für Inst. u. Gesch. des Röm. Priv. R. II. §. 164. a. E. Schmid Handbuch des gem. deutsch. bürgerl. R. I. S. 256. Note 192.

fend*). Nach der oben S. 127. näher begründeten Annahme des Fortbestandes der Usucapio im neuesten römischen Rechte unter Absorbirung der Praescriptio longi temporis ist von den vorstehend referirten drei Ansichten die erste die einzig richtige und demgemäß auch noch heutzutage der mit der Rei vindicatio Belangte, dessen Erstzung post litem contestatam ihre Vollendung erreicht hat, wenn nur der Kläger sein Eigenthum zur Zeit der Litiscontestation nachgewiesen **), zur Restitution der Sache anzuhalten. Mit diesem Resultate steht auch nicht L. 2. C. de ann. exc. (7. 40.) im Widerspruche, indem sie nur davon handelt, daß im Nothfalle, d. h. wenn der Besizer aus irgend einem Grunde nicht belangt werden könne, eine in geseßlicher Form eingelegte Protestation zur Unterbrechung der ordentlichen Eigenthums-Ersigung genüge.

2. Das bisher geschilderte, dem Eigenthümer gebotene Mittel, auf straflose Weise die Folgen einer ihn bedrohenden Praescriptio longi temporis, resp. Usucapio abzuwenden, die Erhebung und Fortsezung eines Vindicationsstreites bis zur Litiscontestation, resp. deffen stegreiche gänzliche Durchführung konnte, insbesondre den kurzen Usucapionsfristen von Einem und zwei Jahren gegenüber, nicht wohl ausreichend erscheinen, da sich der Eigenthümer wegen zeitigen Mangels an Beweismitteln oder aus sonstigen Gründen leicht außer Stande sah, den. Vindicationsstreit sofort zu beginnen, geschweige siegreich durchzuführen. Das Rechtsbedürfniß erheischte ein Mittel, wodurch der Eigenthümer außergerichtlich und unabhängig von den zur glücklichen Durchführung eines Rechtsstreites erforderlichen Voraussetzungen den Folgen der ihn bedro henden Usucapion zu begegnen vermochte, und ein solches Mittel hat denn auch, wie Huschke (in der Zeitschr. f. Civilrecht u. Prozeß. Neue Folge II. S. 141 ff.) neuerdings auf Grund von Cic. de orat. III. 28. §. 110.***)

* Hierher gehören Hameaur, Die Usuc. u. 1. t. Praescr. §. 20. vergl. S. 229. Nro. 2. und v. Wening-Ingenheim (Fritz) Civilrecht I. §. 137. **) Gelingt dieser Beweis nicht, so wird der Kläger abgewiesen, und die Erfißung des Beklagten bleibt von dem fruchtlos erhobenen Rechtstreite völlig unberührt, er müßte denn bei der Gelegenheit in Conscientia rei alienae gekommen sein, was mit dem gegen ihn begonnenen Rechtsstreite an sich noch keineswegs der Fall ist.

***) Cic. 1. c. Atque hactenus loquuntur (illi, quanquam rhetores) etiam hac

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