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dictum auxilium (i. e. actio ad vindicandam rem) non indiscrete, sed cum moderata divisione ei praestari censemus, ut, si quidem bona fide ab initio eam rem tenuerit, simili possit uti praesidio.

Auf diese Weise finden sich denn im justinianeischen Rechte zwei Arten der Eigenthums-Ersizung: I. die ordentliche Verjährung, Usucapio, von drei, zehn und zwanzig Jahren, welche auch da gemeint ist, wo in den Quellen aus der Zeit vor Justinian's Reformconstitution [L. un. C. de usuc. transform (7. 31.) a. 531.] von Longi temporis praescriptio die Rede; und

II. die außerordentliche Verjährung, Praescriptio triginta vel quadraginta annorum, von den Neueren auch Longissimi temporis praescriptio s. possessio genannt.

S. 23.

B. Dogmatische Darstellung der Ersizung des
Eigenthums.

I. Von der ordentlichen Eigenthums-Ersigung in drei, zehn und. zwanzig Jahren.

1. Begriff und Erfordernisse derselben im Allgemeinen.

Unter ordentlicher Ersizung des Eigenthums versteht man denjenigen Erwerb desselben, welcher durch eine auf Iustus titulus ge= gründete, gehörige Zeit fortgeseßte Bonae fidei possessio dazu geeigneter Sachen erfolgt. L. 3. D. de usurp. (41. 3.) L. 2. 11. C. de praescr. long. temp. (7. 33.)

Wie sich aus diesem Begriffe ergiebt, sind die Requisite der ordentlichen Erstzung die folgenden:

A. Ein fähiger Gegenstand, Res habilis.

B. Ein gehöriger Erwerbgrund derselben, Iustus titulus,

C. Die Ueberzeugung von der Rechtsgültigkeit dieses Erwerbes, Bona fides.

D. Ununterbrochener juristischer Besiz, Possessio, dem

der Iustus titulus zur objectiven, die Bona fides zur subjectiven Grundlage dient *).

E. Gehörige Dauer dieses Besizes, Tempus.

Zur Erleichterung des Gedächtnisses faßt man die hier aufgezählten Erfordernisse der ordentlichen Ersißung wohl auch in den folgenden Herameter zusammen: Res habilis, Titulus, Fides, Possessio, Tempus.

S. 24.

2. Erfordernisse im Einzelnen.

A. Ein fähiger Gegenstand, Res habilis.
AA. Inhabilitätsgründe im Allgemeinen.

Alle Sachen sind im Allgemeinen solange der Ufucapion unterworfen, bis ihre desfallfige Unfähigkeit erwiesen ist. Eine solche ergiebt sich aber für gewisse Klassen von Sachen theils schon aus dem Begriffe und Wesen der Ufucapion, also aus generellen RechtsGrundsäßen, theils aus speciellen Usucapionsverboten.

Vergegenwärtigt man sich, daß die Usucapion die Begründung des Eigenthums durch Fortseßung eines gehörig qualificirten Besizes ist**), die insoferne den Character einer Veräußerung trägt ***), als die Gefeße eine solche darin finden, daß der Eigenthümer während der Verjährungszeit die ihm zukommende Rei vindicatio anzustellen unterläßt †), so ergeben sich daraus als der Usucapion aus generellen Rechtsgrundsäßen entzogene Sachen die nachstehenden vier Klassen : I. die des Eigenthums, II. die des Besizes unfähigen, III. die der Veräußerung und endlich IV. die der Rei vindicatio entzogenen Sachen.

*) L. 2. §. 1. D. pro empt. (41. 4.) Paulus: Separata est causa possessionis et usucapionis: nam vere dicitur quis emisse, sed mala fide: quemadmodum qui sciens alienam rem emit, pro emptore possidet, licet usu non capiat. **) Ulp. XIX. 8. Usucapio est dominii adeptio per continuationem possessionis anni vel biennii.

***) L. 28. pr. D. de V. S. (50. 17.) Paulus: Alienationis verbum etiam usucapionem continet: vix enim est, ut non videatur alienare, qui patitur usucapi.

†) Vergl. L. 28. pr. D. cit. m. L. 1. D. de usurp. (41. 3.) verb. cum sufficeret dominis ad inquirendas res suas statuti temporis spatium. Pr. I. de usuc. (2. 6.)

S. 25.

BB. Der Ufucapion aus generellen Rechtsgründen entzogene Sachen. 1. Des Eigenthums und II. des Besißes unfähige Sachen.

I. Als Sachen, die des Eigenthums unfähig, sind der Ufucapion entzogen alle unkörperlichen, und unter den förperlichen sämmtliche Res extra commercium, überdieß aud) Liberi homines. L. 9. D. de usurp. (41.3.) Gaius: Usucapionem recipiunt maxime res corporales, exceptis rebus sacris, sanctis, publicis populi romani et civitatum, item liberis hominibus. L. 45. pr. D. eod. §. 1. 1. de usuc. (2. 6.). II. Als Sachen, die des Besiß es nicht fähig sind, werden von den Objecten der Usucapion ausgeschlossen, [Sine possessione usucapio contingere non potest, L. 5. D. de usurp. (41. 3.)],

1. wie auch schon durch die vorige Kategorie, die unkörperlichen Sachen. L. 4. §. 27. D. eod. Paulus: nec possideri intelligitur jus incorporale.*) L. 3. pr. D. de adq. v. am, poss. (41. 2.) Idem: Possideri autem possunt, quac sunt corporalia. Zu den unkörperlichen Sachen gehören aber auch Begriffs-Ganze, Universitates (rerum), Gaius II. 54., die nur in der Idee, nicht in der Wirklichkeit eristiren, und daher als solche weder besessen noch ersessen werden können, wenn auch ihre einzelnen Bestandtheile möglicher Weise körperliche Sachen sind. Gaius 1. c. verb. postea creditum (est) ipsas hereditates usucapi non posse. L. 30. pr. §. 7. D. de usurp. (41. 3.) Pomponius: Non autem grex universus sic capiatur usu, quomodo singulae res, nec sic quomodo cohaerentes, sed singulorum animalium sicuti possessio ita et usucapio. Daß die einzelnen zu einem Begriffs-Ganzen gehörigen Sachen erseffen werden können, versteht sich, wie überdies die Schluß-Worte des Pomponius bezeugen, von selbst. Vergl. auch Gaius II, 54. i. f.

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2. die gleichfalls schon durch die vorige Kategorie (Nro. I.) der Ufucapion entzogenen Res extra commercium und freie Menschen. Zwar können beide, wenn man ihre Eigenschaft der Verkehrsentzogenheit resp. Freiheit nicht kennt, allerdings mit juristischen Folgen für den Bonae fidei possessor beseffen werden**), Gaius II. 86. 92. 95. *) Die Modification dieses Saßes durch die Iuris quasi possessio gehört nicht hierher. Beim Befiße und bei den Servituten ist davon zu reden.

**) Der Bonae fidei possessor eines freien Menschen erwirbt durch ihn ex re

III. 164. Ulp. XIX. 21. Pr. §. 4. I. per quas pers. u. a. (2. 9.) L. 7. §. 8. D. pro empt. (41. 4.), allein nicht als solche, d. h., wenn man von ihren gedachten Eigenschaften unterrichtet ist. L. 30. §. 1. D. de adq. v. am. poss. (41. 2.) Paulus: Locum religiosum aut sacrum non possumus possidere, etsi contemnamus religionem et pro privato eum teneamus: sicuti hominem liberum.

3. Um über den Besiz und die Ersizung von Theilen eines Ganzen zur Klarheit zu kommen, hat man mehrere Fälle sorgfältig auseinander zu halten.

a. Unbestimmte Theile einer Sache können weder be- noch ersessen werden, wohl aber von Grundstücken*) bestimmte förperliche reelle Theile und von beweglichen wie unbeweglichen Sachen ideelle. L. 26. D. eod. Pomp. Locus certus ex fundo et possideri et per longam possessionem capi potest, et certa pars pro indiviso, incerta autem pars nec tradi nec capi potest, velut si tibi tradam: Quidquid mei juris in eo fundo est; nam qui ignorat, nec tradere nec accipere id, quod incertum est, potest. L. 3. §. 2. D. eod. L. 32. §. 2. D. de usurp. (41. 3.) L. 4. D. pro empt. (41. 4.).

b. Die Frage, ob man im Uebrigen Besiß an Theilen eines Ganzen, solange dieses als solches besteht, für sich allein erwerben und darauf hin ersißen könne, ist ganz entschieden zu verneinen. In der Regel wird hiervon der Grund schon in der physischen Unmöglichkeit der ausschließlichen Einwirkung auf den betreffenden Theil des Ganzen liegen, wie beim Balken in der Wand, beim Brette in dem Schiffe eines Andern, und in soweit erscheinen also gefeßliche Bestimmungen unnöthig. Aber auch da, wo die physische Möglich

sua und ex operis. Vergl. die Stellen des Tertes. Mit demselben Rechte ist aber auch anzunehmen, daß der Bonae fidei possessor einer Res extra commercium deren Früchte erwirbt.

*) L. 6. §. 1. D. comm. praed. (8. 4.) L. 25. D. de V. S. (50. 16.) An beweglichen Sachen ist der Befiß reeller Theile unmöglich. L. 8. D. de rei vind. (6. 1.) Paul. in re mobili. . . nunquam pro diviso possideri potest. L. 5. §. 15. D. comm. (13.6.) Ulp. Et ait, duorum quidem in solidum dominium vel possessionem non esse posse: nec quemquam partis corporis dominum esse, sed totius corporis pro indiviso pro parte dominium habere.

keit der Einwirkung auf den betreffenden Theil des Ganzen vorhanden, ist dessen Best gleichwohl aus juristischen Gründen ausgeschlossen. Nur als eine Folge hiervon erscheint, daß man weder den Boden ohne das mit seiner Oberfläche organisch oder mechanisch Verbundene, [quod solo cohaeret, (non tantum) terra sustinetur, L. 10. D. quod vi aut clam (43. 24.)], wie Gewächse aller Art, Gebäude, noch die Superficies ohne den Boden besigen und ersigen kann, da beide als Theile zusammen ein Ganzes bilden. L. 15. §. 12. D. de damn. inf. (39. 2.) L. 26. D. de usurp. (41. 3.) Ulp. Nunquam superficies sine solo capi longo tempore potest. L. 39. D. eod. Marc. Si solum usucapi non potest nec superficies usucapietur. L. 44. §. 1. D. de O. et A. (44. 7.) L. 98. §. 8. D. de sol. (46. 3.) Paul. Pars enim insulae area est, et quidem maxima, cui etiam superficies cedit. L. 49. pr. D. de rei vind. (6. 1.) Celsus: Solum partem esse aedium existimo. L. 2. D. de superf. (43. 18.).

C. Wer den Besit eines Ganzen erwirbt, z. B. eines Gebäudes, Grundstückes, Schiffes, Wagens, der erwirbt, ohne Unterschied zwischen beweglichen und unbeweglichen Sachen, nur den Besiz des Ganzen, nicht auch den der einzelnen Theile, und ersigt folgeweise auch nur jenes, nicht diese für sich *). L. 23. pr. D. de usurp. (41. 3.) lavolen. Eum,

*) Nur einfache Consequenzen des obigen Rechtssaßes find die folgenden:

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1. Wer an einer Uhr, einem Wagen, Schranke, Claviere u. s. w., in denen ein gestohlenes Rad oder Brett sich befindet, in Folge Kaufs, Tausches u. f. w. Usucapionsbesiß erwirbt, erlangt durch dessen geseßliche Fortdauer mit dem Ganzen auch das Eigenthum der Res furtiva. Und umgekehrt, wer einen der zuerst genannten Gegenstände aus irgend einem Grunde nicht usucapiren kaun, usucapirt selbst durch noch so langen Besiß nicht das Nad, das Brett darin, obwohl sich der der Erfizung des Ganzen entgegenstehende Grund dem einzelnen Theile gegenüber nicht geltend macht. Namentlich vor der ersteren der angegebenen Folgerungen, wornach eine Res furtiva foll ersessen werden können, ist man zurückgeschreckt, ohne zu bedenken, daß diese ihre Eigenschaft, indem sie vom Ganzen als Theil absorbirt wird, juristisch gar nicht mehr existirt. Darin besteht gerade der Unterschied der Usucapion einer Universitas rerum z. B. einer Heerde und der Res cohaerentes z. B. eines Hauses, eines Schiffes, [Non autem grex universus sic capiatur usu, quomodo (res) cohaerentes; L. 30. §. 2. D. de usurp. (41. 3.)], daß dort singulae (res) suam causam habeant, ita ut, si quae furtivae erunt, sint

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