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fremden Stoffe eine neue Species fertigt, steht unbestreitbar fest. Nicht dasselbe läßt sich von den Rechtsmitteln sagen, durch welche dieser

den aus Lana furtiva gefertigte Kleid. (§. 20.) Nur rein willkührlich läßt fich also die hierdurch ganz allgemein anerkannte Usucapions-Unfähigkeit eines solchen Kleides auf seltene, ganz besonders gestattete Fälle (wie der, wenn Jemand aus Lana furtiva ein Kleid gemacht habe, in der irrthümlichen Vorausseßung, es für einen Andern zu machen; vergl. Schmid a. a. D. S. 174. Note 21.) beschränken, davon ausgehend, daß in der Regel keine Ufucapion nöthig sei, weil der Specificant sofort Eigenthum erwerbe. Um so weniger ist diese Auffassung ftatthaft, als Paulus unmittelbar vorher (§. 19.) eines Falles gedenkt, in dem an einer Sache-den Früchten einer Res furtiva - von Seiten der Bonae fidei possessor fofort Eigenthum erworben wird, und deshalb die Nsucapion unnöthig erscheint, aber aus keinem anderen Grunde, als weil diesen Früchten der Res furtiva die lettere Eigenschaft nicht mehr anklebt; (verb. quoniam in fructu est; vergl. m. L. 10. §. 2. D. eod. L. 26. D. de verb. sign. (50. 16.). Bleibt die neue Species eine Res furtiva, wie es der Stoff war, aus dem sie hervorgegangen, L. 4 §. 20. D. cit., so erlischt ihr gegenüber auch nicht die Eigen= schaft des Specificanten als Fur, und ein solcher erwirbt bekanntlich kein Eigenthum an der Res furtiva,

2. L. 12. §. 3. D. ad exhib. (10. 4.) Paulus: Si quis ex uvis meis mustum fecerit, vel ex olivis olcum, vel ex lana vestimenta, cum sciret haec aliena esse, utriusque nomine ad exhibendum actione tenebitur, quia, quod ex re nostra fit, nostrum esse verius

est.

Uns intereffirt zunächst das Motiv, durch welches Paulus bestimmt wird, zur Herausgabe einer mit wissentlich fremden Stoffen hervorgebrachten neuen Species die Actio ad exhibendum zu ertheilen: quia, quod ex re nostra fit, nostrum esse verius est. Hätte Paulus in der Specifications-Lehre den Sabi= nianern angehangen, so würde man versucht sein, die Aufnahme dieser Worte aus einem Versehen der Compilatoren zu erklären. Eo aber legen fie, mit der bereits besprochenen L. 4. §. 20. D. cit. im Einklange, wiederholt Zeugniß dà= für ab, daß Paulus bei einer in gewinnsüchtiger Absicht aus wissentlich frem= dem Stoffe bewerkstelligten Specification (nach dem im §. 2. erwähnten Furtum ist anzunehmen, daß auch hier §. 3. von einem solchen die Rede) dem Specificanten das Eigenthum nicht zuspricht. — Die Gegner läugnen dies zwar, weil gedachtes Argument in seiner Allgemeinheit gegen jeden Eigenthumserwerb durch Specification, auch der bona fide bewerkstelligten, spräche, dadurch aber zuviel und folglich Nichts beweise. Allein was nöthigt, ja was berechtigt uns, obiges Argument aus seinem Zusammenhange herauszureißen? Man verstehe das Motiv der Entscheidung in engem Anschlusse an die Entscheidung selbst und Paulus sagt nichts weiter, als: „In den angegebenen Fällen der Specification ift die Actio ad exhibendum begründet, weil in ihnen (der richtigeren Ansicht

Anspruch geltend zu machen. Denn unterliegt es auch keinem Bedenken, daß gegen jeden mala fide Specificirenden die Actio ad exhibendum auf vollen Schadens-Ersaß begründet ist,

nach) das unser Eigenthum ist, was aus unsrer Sache wird." Oder ist diese Art der Auffassung etwa weiter hergeholt, wie die der Gegner, welche troßdem, daß es sich in der ganzen Stelle um einen bestimmten Fall der Specification handelt, das: nostrum esse nicht vom Eigenthume, vergl. L. 49. §. 1. D. de rei vind, (6. 1.), sondern von einer persönlichen Klage verstehen, weil im römischen Rechte, wie auch bei uns, da wo von „Mein und Dein“, von einem ganzen Vermögen (Bona) die Rede, die persönlichen Ansprüche mit darunter ge= rechnet werden? L. 14. 49. 91. D. de V. S. (50. 16.). — Man übersehe doch ja nicht den Verstoß, dessen man sich hierbei gegen die bekannte Interpretations= regel schuldig macht, wornach dasselbe Wort (hier ex re nostra und nostrum) in demselben Saße nicht ohne bestimmten Hinweis in verschiedenem Sinne zu nehmen ist.

3. a) L. 13. D. de cond. furt. (13.1.) Paulus: Ex argento subrepto pocula facta condici posse, Fulcinius ait. L. 14.§. 3. eod. Iulian. Idem iuris est, uvis subreptis: nam et mustum et vinacia iure condici possunt. L. 52. §. 14. D. de furt. (47. 2.)

b) L. 1. D.de cond, furt. (13. 1.) Ulp. In furtiva re soli domino condictio competit. L. 14. §. 16. D. de furt. (47.2.) Ulp. verb. condictio autem ei demum competit, qui dominium habet.

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Gegen den Fur, der aus der Res furtiva eine neue Species fertigt, hat hernach der Bestohlene die Condictio furtiva auf Herausgabe der neuen Species, (Stellen sub a)); nun steht aber die gedachte Klage Niemandem zu, wie dem Eigenthümer, (Stellen sub b)); und daher liegt denn in obigen Quellen - Aus= sprüchen ein abermaliger Beweis, daß der Fur durch Specification kein Eigen= thum erwirbt. Zwar glaubt man mit großer Sicherheit dieser Argumentation durch die Behauptung begegnen zu können, die Condictio furtiva erlösche solange nicht, donec domini facto dominium eius rei ab eo recedat, L. 10. §. 2. D. de cond. furt. (13. 1.), ein freiwilliges Aufgeben des Eigenthums liege aber unter den gegebenen Vorausseßungen nicht vor, vielmehr werde es durch den mittelst Specification erfolgenden Untergang der Sache be= wirkt, und daher verbleibe denn dem Eigenthümer des Stoffes auch nach dessen Untergang die Condictio. Allein damit find obige Geseßesstellen nichts we= niger als aus dem Wege geräumt. Vielmehr liegt deren Beweiskraft in einem ganz andern Puncte, in dem Objecte der Condictio furtiva. In Bezug da= rauf unterscheiden die Gefeße ganz ftrenge folgende zwei Möglichkeiten: Ent= weder die Res furtiva existirt noch, dann giebt diese den nächsten Gegenstand gedachter Klage ab, oder fie exiftirt nicht mehr, sie ist untergegangen, dann wird die Litis aestimatio präftirt. L. 8. pr. D. de cond. furt. (13. 1.) Paulus:

L. 9. §. 3. D. ad exhib. (10. 4.) Ulp. Sed si quis rem deteriorem exhibuerit, aeque ad exhibendum eum teneri Sabinus ait. Sed hoc ibi utique verum est, si dolo malo in aliud corpus res sit translata: veluti si ex scypho massa facta sit. Quamquam enim massam exhibeat, ad exhibendum tenebitur: nam mutata forma prope interemit substantiam rei. §. 8. Neratius ait, utilitatem actoris venire in aestimationem, non quanti res sit. Quae utilitas, inquit, interdum minoris erit, quam rei. L. S. 12. §. 3. D. eod. L. 1. i. f. D. de tig. iunct. (47. 3.) §. 3. I. de off. jud. (4. 17.)

so hat doch das oben bereits gerügte Zusammenwerfen einfacher Mala fides mit dem Furtum zu der irrthümlichen Vorstellung geführt, als wären in jedem Falle einer mala fide vorgenommenen Specification_neben der Actio ad exhibendum auch die Diebsklagen, die Actio furti und Condictio furtiva begründet*). Und doch ist dem nicht also, da,

In re furtiva condictio ipsorum corporum competit: sed utrum tamdiu, quam diu extent : an vero et si desierint in rebus humanis? Et si quidem obtulit fur, sine dubio nulla erit condictio: si non obtulit, durat condictio aestimationis eius, corpus enim ipsum praestari non potest. Nun ist aber gerade das die Gegner bestimmende Motiv, dem aus Rebus furtivis eine neue Species Schaffenden Eigenthum an leßterer zuzu= sprechen, der Untergang der alten Sache, und die Entstehung einer ganz neuen, die dem Bestohlenen niemals gehört habe, und darum auch jeßt nicht gehört. Die Consequenz ihrer Ansicht verlangt also, daß, wenn aus Rebus furtivis eine neue Species geschaffen, mit der Condicio furtiva die Litis aestimatio gefor= dert werde, (quia) corpus ipsum praestari non potest. Dem ist aber in der Wirklichkeit nicht also. Vielmehr wird die Species selbst zurückgefordert, (Stellen sub a)), und darin liegt gerade so gut wie in L. 4. §. 20. D. cit. der Beweis, vergl. L. 88. §. 1. D. de leg. III. (32.), daß nach römischer Auffassung durch die Specification aus Rebus furtivis die alten Sachen nicht als untergegangen zu betrachten find, sondern Res furtivae bleiben, und das Eigenthum des Be= ftohlenen daran fortbesteht.

*) Vergl. W. Sell Vers. I. 5. §. 9. Sintenis Gem. Civilr. I. S. 488. Göschen Vorl. II. 1. S. 82. Schilling Just. II. S. 159. Nøte i. Mühlens bruch V. R. U. §. 247. Note 7. Thibaut System I. §. 286. Note o. ,,Als Dieb giit auch der, welcher eine nicht gestohlene fremde Sache wissentlich specificirt." Roßhirt in s. Zeitschr. III. S. 263. Note 12.,,Ein wahres furtum ist aber hier nicht vorhanden“. Und troß dem sollen die Diebsklagen begründet sein!

wie früher gezeigt, zwischen einfachem Wissen, daß der Stoff ein fremder, und dem Furtum desselben ein großer Unterschied obwaltet, die Gefeße aber nur da die Dtebsklagen zulassen, wo der Specification eine Contrectation, ein Subripere vorhergegangen. L. 52. §. 14. D. de furt. (47. 2.) Ulp. Si quis massam argenteam subripuerit, et pocula fecerit, possum vel poculorum vel massae furti agere, vel condictione. Idem est et in uvis et in musto cet. Gaius. II 79. verb. furti adversus eum, qui subripuerit, habere actionem. §. 26. I. de rer. div. (2. 1.) L. 13. D. de cond. furt. (13, 1.) Hat der ursprüngliche Stoff durch die Specification an Werth verloren, so kann der mit der Actio furti klagende Eigenthümer seiner Berechnung des Duplum den ursprünglich höheren Werth zu Grunde legen, des gleichen ihn bei der Condictio furtiva in Anschlag bringen. L. 52. §. 14. D. cit. Hat dagegen umgekehrt der Stoff durch die Specification an Werth gewonnen, so kommt dies dem Eigenthümer desselben zu Gute, ohne daß er dafür Ersaz leisten müßte. L. 13. D. cit. Paulus: Ex argento subrepto pocula facta condici posse, Fulcinius ait. Ergo in condictione poculorum etiam caelaturae aestimatio fiet, quae impensa furis facta est: quemadmodum, si infans subreptus adoleverit, aestimatio fit adolescentis, quamvis cura et sumptibus furis creverit. Schol. Basil. Ed. Fabr. 7. p. 265. Note.

Befindet sich der Eigenthümer des Stoffes im Besige der daraus gefertigten Species, z. B. der Specificant lieferte sie ihm selbst aus, so ist zwar die bisher begründet gewesene Condictio furtiya erloschen. L. 8. pr. D. de cond. furt. (13.1.) Paul. verb. Et si quidem obtulit fur, sine dubio nulla crit condictio. L. 10 pr. eod. Ulp. verb.: Caeterum nemo furum condictione tenetur, posteaquam dominus possessionem adprehendit. Dagegen kann er, wenn die Species weniger Werth hat als der ursprüngliche Stoff, sich wegen seines Schadens klagweise immer noch auf doppelte Art helfen, einmal mit der Actio ad exhibendum, die nach bereits erfolgter Herausgabe der Sache wegen Leistung des Interesses fortdauert, si quis rem deteriorem exhibuerit, L. 9. §. 3. D. cit., und dann mit der Actio legis Aquilia e. L. 27. §. 15. D. ad L. Aq. (9. 2.) Ulp. Cum eo plane, qui vinum spurcavit, vel effudit, vel acetum fecit, vel alio modo vitiavit, agi posse Aquilia, Celsus ait: quia etiam . . . acetum factum corrupti appellatione continetur. Vergl. §. 14.

B. Hat der Specificant den Stoff als einen fremden nicht gekannt, also bona fide die Specification vorgenommen, so ist er auch ohne desfallsige Special-Quellen-Aussprüche schon nach dem allgemeinen Grundfage, daß sich Niemand mit dem Schaden eines Anderen bereichern dürfe, L. 206. D. de reg. jur. (58. 17.), und zufolge analoger Anwendung der für die Accession geltenden Principien L. 23. §. 4. 5. D. de rei vind. (6. 1.) L. 7. §. 12. D. de adq. rer. dom. (41. 1.) verpflichtet, den Werth der erworbenen Species zu ersehen. Die Klage, womit er dazu angehalten werden kann, ist eine Actio in factum. Vergl. L. 23. §. 5. D. de rei vind. (6. 1.) L, 23. D. de reb. cred. (12. 1.) W. Sell Versuche I. S. 91.

4. Rechtsmittel des Specificanten wider den die Species befizenden Eigenthümer.

Befindet sich der Eigenthümer des Stoffes im Besige der neuen Species, so ist eine Reivindicatio wider ihn begründet, falls der Specificant, einerlei ob in Folge einer bona oder mala fide vorgenommenen Specification, Eigenthum erworben. Indessen wird dieser Klage unter Retention der neuen Species so lange die Exceptio doli entgegengesezt werden können, bis der Werth des Stoffes vergütet resp. voller Schadensersaß geleistet ist. Vergl. L. 23. §. 4. D. de rei vind. (6. 1.) L. 7. §. 12. D. de adq. rer. dom. (41. 1.) Liegt dagegen der Specification eine fraudulöse Contrectation des Stoffes zu Grunde, so erwirbt, wie gezeigt, der Specificant kein Eigenthum, und daher kann natürlich auch von einer Rei vindicatio feine Rede sein; aber auch nicht von einer Entschädigungsklage, wenn er selbst auf die Species die umfassendften Verwendungen gemacht haben sollte *). L. 13. D. de cond. furt. (13, 1.)

S. 21.
Fortseßung.

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C. Von der Verjährung.

Gaius Comment. II. 40-61. Paulus Sent. recept. V. 2. Theod. Cod. IV. 13. De longi temp. praescr. Inst. II. 6. De usuc.

*) Auf diese Weise löst sich die Streitfrage der Juristen, ob bei einer mala fide vorgenommenen Specification der Dominus materiae ein Retentionsrecht habe oder nicht.

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