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Patriciat ein 1). Ob das licinische Gesetz vom J. 387 den Plebejern nur das Consulat eröffnete, wie die Berichte angeben, oder, wie man eher glauben möchte, sämmtliche patricische Magistraturen 2), ist nicht mit Bestimmtheit auszumachen. Es gilt in dieser Hinsicht von der Censur dasselbe, was von der Dictatur (S. 137) und der Prätur (S. 195 fg.) bemerkt ward; von einem besonderen Gesetz, das sie den Plebejern zugänglich gemacht hätte, wird nichts berichtet, wohl aber, dass im J. 403 der erste Plebejer zur Censur gelangt ist3). Eines der poblilischen Gesetze vom J. 415 erstreckte die für das Consulat schon durch das licinische Gesetz getroffene Bestimmung, dass der eine der Collegen Plebejer sein müsse, auf die Censur 4). Entweder das Gesetz von 412, das beide Consuln aus der Plebs zu wählen gestattete, oder wahrscheinlicher erst jenes eben erwähnte poblilische Gesetz von 415 gab sogar die Wahl zweier Plebejer zu Censoren frei 5); praktische Anwendung ist davon aber zuerst im J. 623 gemacht worden 6). Das Lustrum ist noch einige Zeit, nachdem die Censur selbst den Plebejern eröffnet worden war, dem patricischen Censor vorbehalten geblieben; der plebejische hat diese Feierlichkeit zuerst Consularität. im J. 474 vollzogen 7). Dass die Bekleidung der Censur rechtlich wahrscheinlich niemals an die vorhergehende Bekleidung des Consulats gebunden gewesen ist, wohl aber thatsächlich in der späteren Republik nur Consulare zur Censur gelangt sind, ist bereits früher auseinandergesetzt worden (4, 530). Auf das factische Verhältniss der beiden Aemter kommen wir unten

1) Liv. 4, 8. Zon. 7, 19.

2) Die curulische Aedilität ausgenommen, für die besondere Vorschriften

bestanden.

3) Es war dies C. Marcius Rutilus (Liv. 7, 22. 10, 8, 8). Seine Wahlqualification wird nicht angefochten. Die Fasten stehen mit dieser wie mit

den folgenden Angaben der Annalen in vollem Einklang.

4) Liv. 8, 12, 16: ut alter utique ex plebe, cum eo ventum sit ut utrumque plebeium fieri liceret (A. 5), censor crearetur. Ungenau Plutarch Cat. mai. 16. 5) Wenn die A. 4 angeführten Worte fehlerfrei überliefert sind, war die Wahl zweier Plebejer schon vor 415 zulässig; und alsdann kann dies nur im J. 412 wie für das Consulat so auch für die Censur festgesetzt worden sein. Wahrscheinlich aber sind die Worde verdorben. Mehr als der Vorschlag consulem nach utrumque einzusetzen empfiehlt sich der Madvigs (emend. Liv. p. 164) ventum sit zu streichen; danach würde die Bestimmung nicht 412, sondern 415 durch das poblilische Gesetz selbst getroffen sein.

6) Liv. epit. 59: Q. Pompeius Q. Metellus tunc primum uterque ex plebe facti censores lustrum condiderunt.

7) Livius epit. 13: Cn. Domitius (Calvinus) censor primus ex plebe lustrum condidit.

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Cumulation.

zurück. Dass die Iteration bei diesem Amt seit dem Ende Iteration. des 5. Jahrh. untersagt war, ist ebenfalls schon zur Sprache gekommen 1); nicht minder, dass der Cumulation der Censur mit einem andern curulischen Amt nichts im Wege steht (1, 496). Wohl mit Rücksicht darauf, dass die Schatzung, wie die Wahlform. Jurisdiction, ein wesentlicher Bestandtheil des ursprünglichen Oberamts war, ist für die Censoren die consularische Wahlform zu Grunde gelegt worden. Sie werden vom Volke gewählt in Centuriatcomitien 2) unter Vorsitz eines Consuls oder eines Beamten consularischer Gewalt (S. 325); sie selbst sind zur Abhaltung der Wahl nicht befugt, da sie überhaupt keinen Volksschluss bewirken können 3). Da die Censur eine intervallirende Amtsantritt. Magistratur ist (1, 21 A. 3) und die Wahl neuer Censoren sonach nie anders stattfinden kann, als wenn zur Zeit keine vorhanden sind, so treten die Censoren ihr Amt jederzeit sofort nach der Wahl (1, 513 A. 2) in der üblichen Form (1, 596) an, und hat es designirte Censoren wenigstens in republikanischer Zeit nicht gegeben (1, 560 A. 1). - Ergänzungswahlen für dieses Amt, mochte nun in der ersten Wahl bloss ein Candidat gewählt oder einer der Censoren vor Abschluss des Lustrum weggefallen sein, erschienen bedenklich, wohl nicht so sehr aus religiösen Gründen, als weil es der hohen Stellung der Censur nicht entsprach eine Nachwahl durch die Consuln zu gestatten (1, 207 fg.), und sind späterhin unterblieben. Eigenthümlich ist der Censur, dass die Gemeinde sich zum Gehorsam gegen die neuen Censoren nicht, wie gegen die übrigen Beamten, nach Curien, sondern

1) 1, 501. Warum der College des Claudius in der Censur L. Vitellius auf den Münzen seines Sohnes, des Kaisers, censor II heisst (Eckhel 6, 313; Cohen n. 72), während anderswo die Iterationsziffer fehlt (so cos. III censor auf den Münzen bei Eckhel a. a. O.), ist nicht bekannt. Möglich ist es, dass die Wiederaufnahme der censorischen Thätigkeit durch Vitellius nach dem Lustrum (Tac. ann. 12, 4) als Iteration betrachtet worden ist (vgl. Sueton Claud, 16: gessit.. censuram inaequabiliter varioque et animo et eventu).

2) Messalla bei Gellius 13, 15, 4: maiores (magistratus) dies sind nach der voraufgehenden Auseinandersetzung Consuln, Prätoren und Censoren centuriatis comitiis fiunt. Livius 40, 45, 8: comitiis confectis, ut traditum antiquitus est, censores in campo ad aram Martis sellis curulibus consederunt.

3) S. 342. Der intervallirende Character der Magistratur kann dafür nicht der Grund sein; denn die Designation der Nachfolger war rechtlich ebenso zulässig auf ein späteres Folgejahr wie auf das nächste (1, 566). Ueberdies hätte dann wenigstens die Ergänzungswahl, wenn einer der Beamten weggefallen war, durch den Censor erfolgen müssen. Man kann demnach dies nur zurückführen auf den Mangel des Rechts agendi cum populo.

Amtseid. nach Centurien verpflichtet (1, 589 A. 1).

Censur

zeitlich

vom

Ausser dem gewöhnlichen Eid in leges, den die Censoren wie die übrigen Beamten bei dem Antritt des Amtes (1, 599) wie bei dem Rücktritt von demselben (1, 602 A. 2) schworen, wird noch ein von ihnen zu leistender besonderer Gefährdeeid erwähnt 1), der allerdings dem Wesen dieser Magistratur wohl angemessen war.

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In Betreff der Befristung der censorischen Gewalt ist zunächst unabhängig hervorzuheben, dass, da die Censoren nicht Collegen der Consuln Consulat. sind 2), der Ablauf der Amtszeit derjenigen Consuln, die sie ernannt haben, den ihrigen keineswegs nach sich zieht, wie dies bei dem Dictator der Fall ist (S. 152), sie vielmehr regelmässig unter zwei Consulpaaren fungiren. Da die Aufgabe der Censoren hauptsächlich in der Vollziehung eines kürzere oder längere Vorbereitung erfordernden, aber in einem Zeitmoment sich vollendenden und in Zwischenräumen sich wiederholenden Geschäftes besteht (S. 322), so kann dies Amt nicht so, wie dies bei den Jahrämtern der Fall ist, durch einen Kalendertag befristet sein 3). Die hier vorkommenden Fristen sind vielmehr doppelter Art: einmal betreffen sie das Intervall, das zwischen zwei Censuren liegt, oder, was dasselbe ist, die rechtliche Dauer der censorischen Festsetzungen; zweitens diejenige Frist, die den Censoren, nach Analogie der Dictatur (S. 151), zur Vollziehung des ihnen übertragenen Geschäfts höchstens verstattet ist. Diese beiden Befristungen sind nun zu erörtern.

Dauer der censorischen

Intervallirt ist die Censur von Haus aus und von Rechts Satzungen. Wegen insofern, als dieselbe durchaus nur gilt und gelten will bis zu dem nächsten gleichartigen Act, und bleibende staatliche Ordnungen durch die Censoren überhaupt nicht herbeigeführt

1) Zonaras 7, 19: πίστεις δ' ἐνόρκους ἐφ ̓ ἑκάστῳ πεποίηντο ὡς οὔτε πρὸς χάριν οὔτε πρὸς ἔχθραν τι ποιοῦσιν, ἀλλ' ἐξ ὀρθῆς γνώμης τὰ συμφέροντα τῷ κοινῷ καὶ σκοποῦσι καὶ πράττουσι.

2) Messalla a. a. O.: collegae non sunt censores consulum aut praetorum. 3) Man kann nicht dringend genug warnen vor der freilich quellenmässigen (Livius 4, 24: wegen Cicero de leg. 3, 3, 7 s. S. 338 A. 1), aber darum nicht minder schiefen Gleichstellung der Annuität der ordentlichen Magistrate und der fünfjährigen, resp. achtzehnmonatlichen Dauer der Censur. A posse ad esse non valet comparatio. Wer über diese Fragen nicht bloss in laienhafter Weise mitreden, sondern sie verstehen will, hat zunächst sich den juristisch völlig verschiedenen Charakter dieser Befristungen deutlich zu machen und einzusehen, dass die normale Endgrenze der Censur der kalendarisch nicht im Voraus bestimmbare Tag des lustrum conditum ist, neben dem die kalendarisch bestimmte Maximalgrenze der censorischen Gewalt erst in zweiter Reihe steht.

werden können. Um die Consequenzen dieses in der Theorie ebenso einfachen wie in der praktischen Handhabung verwickelten Satzes deutlich zu machen, ist zunächst festzustellen, ob das Intervall ein gleiches oder ein willkürlich bestimmtes gewesen ist, und im letzteren Fall, welches Herkommen in dieser Hinsicht gegolten hat. Jene Frage, ob das Intervall ein gleiches ist oder nicht, bejaht die Theorie, während die Praxis sie verneint. Nicht bloss kann für das Lustrum selbst und mehr noch für die Durchzählung der Lustren 1) ein Sinn und Zweck überhaupt nur dann gefunden werden, wenn darin der ursprünglichen Anlage nach eine geordnete Periode erkannt wird, für welche wahrscheinlich

1) Diese bezeugt ausser den Fasten und anderen Angaben insonderheit Censorinus, indem er nach den S. 332 A. 2 angeführten Worten also fortfährt: nam cum inter primum a Servio rege conditum lustrum et id quod ab imperatore Vespasiano V et T. Caesare III cos. factum est anni interfuerunt paulo minus DCL (von Servius Regierungsantritt 176 d. St. bis zum J. 74 n. Chr. zählen die Fasten 652 Jahre; welchem Jahre die Einführung des Census zugeschrieben ward, wissen wir nicht), lustra tamen per ea tempora non plura quam LXXV sunt facta et postea plane fieri desierunt. Borghesi opp. 4, 78 fg. hat LXXV in LXXII geändert, und ich wie die meisten Neueren sind ihm darin gefolgt, während A. W. Zumpt (über die Lustra der Römer im rhein. Mus. 25, 467) die überlieferte Lesung vertheidigt. Diese Ansicht dürfte in der That die richtige sein, wenn auch die von Zumpt vorgeschlagene Reconstruction der Censorentafel verfehlt ist. Unstreitig ist es oder sollte es sein, dass das Lustrum 657 das 65. war, dass in den sieben Jahren 668. 684. 726. 746. 767. 801. 827 Lustren stattgefunden haben, und dass die zwei Lustren 684 und 726 und die zwei 801 und 827 unmittelbar auf einander gefolgt sind. In die übrigen Intervalle fallen die drei Censuren von Cn. Domitius und L. Licinius 662, von P. Crassus und L. Caesar 665 und von Plancus und Paulus 732; und Censorins Zahl ist richtig, wenn diese Censoren sämmtlich lustrirt haben. In der That hat dies kein Bedenken. Dass die Censoren 662 lustrirten, ist nicht bezeugt, aber es steht, wie Zumpt a. a. O. S. 480 richtig ausführt, ihrer Lustration auch kein Zeugniss entgegen; dass sie censuram gessere frequentem iurgiis (Plinius h. n. 17, 1, 3), beweist gar nichts. Dass im J. 665 die Lustration vollzogen ist, wird positiv bezeugt durch Festus (unter referri p. 289 Müll.), Appian (b. c. 1, 49) und Cicero pro Arch. 5, 11; wie dies auch Zumpt a. a. O. S. 476 und de Boor fasti cens. p. 57 anerkennen. Die Listen traten in Kraft, aber der Census war sachlich unvollständig, indem von den verfassungsmässigen Theilen des Volks, den Tribus und den Classen keine vollständig neu geordnet, sondern nur eine Anzahl Bürger ergänzend in sie eingeschrieben worden war denn das heissen Ciceros Worte nullam populi partem esse censam. Dass die Censoren 732 nicht lustrirten, sieht Borghesi an als ausgemacht durch die Berichte bei Velleius 2, 95 und Dio 54, 2 und erklärt hauptsächlich desshalb Censorins Ziffer für unhaltbar; aber meines Erachtens ohne zureichenden Grund. Dass die Censoren sich übel mit einander vertrugen und ihre censorischen Verfügungen dem Gemeinwesen wenig nützten, kann sehr wohl damit bestehen, dass sie zum Lustrum gelangt sind; die Schriftsteller fertigen diese letzte durch die kaiserliche verdunkelte Privatcensur möglichst kurz ab, aber darauf führt nichts, dass sie nicht perfect ward. Der Vorschlag Zumpts ein Lustrum des Sulla im J. 674 einzuschieben steht mit Cicero pro Arch. 5, 11 in directem Widerspruch und verdient keine Beachtung.

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die griechischen Olympiaden als Muster gedient haben1); sondern es wird auch von den besten Gewährsmännern das Lustrum als eine der Absicht nach gleichef, aber durch unordentliche Handhabung ungleich gewordene Zeitfrist gefasst2): die Schatzung hat quinto quoque anno stattzufinden und normal sind die censorischen Satzungen quinquennal 3) und laufen die censorischen Verträge in derselben Frist ab4). Aber diese anscheinend feste Intervallirung wird zunächst dadurch alterirt, dass die Worte quinto quoque anno zwar nicht von Haus aus zweideutig sind, vielmehr in dem älteren und festeren Sprachgebrauch sicher dem deutschen,jedes vierte Jahr entsprechen3), aber sehr früh dahin interpretirt wurden, dass sie auch bedeuten können, jedes fünfte Jahr', welche letztere Interpretation späterhin die Oberhand gewann. Dem entsprechend wird unter lustrum, wo damit ein Zeitmass bezeichnet wird, in den uns vorliegenden Quellen regelmässig ein Quinquennium verstanden, obwohl die Verwendung des Wortes für das Quadriennium nicht völlig verschwindet 6). Wirkliches Missverständniss hat dabei schwerlich wesentlich mitgewirkt, sondern theils die Einrichtungen dieser Art unvermeidlich anhaftende Neigung zur Verschleppung, theils und vor allem der Umstand, dass die Privatunternehmer im Allgemeinen ihre Rechnung dabei fanden das Endziel der Pachtungs- wie der Instandhaltungsverträge (denn diese sind es wesentlich, für welche die Zeitgrenze des Lustrum von Wichtigkeit ist möglichst hinauszuschieben, da bei diesem gewiss für sie mit seltenen Ausnahmen vortheilhaften Geschäft jeder weitere Termin ihren Gewinn ver

1) Röm. Chronologie S. 168.

2) Censorinus 18, 13: lustrum. . . ita quidem a Ser. Tullio institutum, ut quinto quoque anno censu civium habito lustrum conderetur, sed non ita a posteris

servatum.

3) Varro de l. l. 6, 93: censor exercitum centuriato constituit quinquennalem, um nur die Hauptstelle anzuführen. Vgl. S. 337.

4) Varro de l. l. 6, 11: lustrum nominatum tempus quinquennale a luendo, id est solvendo, quod quinto quoque anno vectigalia et ultro tributa per censores solvebantur (nicht persolvebantur).

5) Es genügt dafür auf das tertio quoque die der zwölf Tafeln zu verweisen. Ueberhaupt aber steht der alte noch nicht klügelnde Sprachgebrsuch bei den Zahlwörtern bis zehn völlig fest; wie es ja auch geradezu absurd sein würde solche Formeln in Gesetzen und Contracten als von Haus aus zweideutig zu betrachten. Die nähere Ausführung s. in meiner Chronol. S. 162 fg. 169, wo auch Beispiele analoger Um- und Missdeutungen aus viel späterer Zeit gegeben sind.

6) Chronol. S. 170.

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