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mit anderen

Ueberlieferung. Bis zum J. 433 überwiegt sodann die Zahl der nicht consularischen Dictatoren die der consularischen 1). Von da an wird es allerdings Regel, dass nur gewesene Consuln die Dictatur übernehmen; doch kommen auch späterhin noch einzelne nicht consularische Dictatoren vor, die allerdings alle mehr oder minder einen oppositionellen Character an sich tragen 2). Vermuthlich hat sich also um die Mitte des fünften Jahrhunderts das Herkommen festgestellt nur Consulare zur Dictatur zuzulassen und wurde dies sogar gestützt auf ein angeblich in diesem Sinn bei Einführung des Amtes selbst erlassenes Gesetz. Gesetzlich aber ist vielmehr diese Wahlbeschränkung wahrscheinlich niemals vorgeschrieben worden.

Cumulirung Die Cumulirung der Dictatur als eines ausserordentlichen Aemtern. Amtes mit einem der ordentlichen Oberämter, der Prätur wie dem Consulat, ist rechtlich statthaft (1, 496 A. 1). Dass von Cumulirung derselben mit dem Consulartribunat sich kein Beispiel findet, ist wohl Zufall.

Ernennende
Behorde.

Zunächst ist es der Consul, der den Dictator ernennt. Gemeinschaftliche Vollziehung dieser Wahl ist ebenso undenkbar wie der durch die Comitien vermittelten (4, 42); über die Vornahme entscheidet also, wofern beide Consuln im Stande und bereit sind dieselbe zu vollziehen, nach römischem System Vergleich oder Loos (1, 44 A. 2). Dass auch der Kriegstribun consularischer Gewalt einen Dictator zu ernennen befugt sei, wurde durch einen Beschluss der Augurn im J. 328 festgestellt (1, 209 A. 2) und ist seitdem öfter geschehen 3). Die Ernennung des Dictators durch einen Prätor, wie sie Caesar im J. 705 vornehmen liess, wird als verfassungswidrig bezeichnet 4); sie muss

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1) S. die nähere Ausführung C. I. L. I p. 557. Consulare sind nur die Dictatoren der J. 296. 315. 369, 394. 396. 398. 403. 409. 410. 412. 415. 419. 427. 429. 432; Nicht-Consulare die von 260. *317 (320. 328.) 319 (336). 323. 346. *358 (364. 365. 386. 387). *374. *386. 391. 392. 393. 401 (405). 402. 404. 414. 417. 420. 422. 423. 433, von denen freilich die durch Sternchen bezeichneten wenigstens das consularische Kriegstribunat vorher verwaltet hatten.

2) Es sind dies C. Poetelius Libo Visolus 441, Q. Hortensius 465/8, M. Claudius Glicia 505, M. Minucius Rufus 537. Vgl. C. I. L. a. a. O. und den Nachtrag dazu, durch den die Lesung in den capitolinischen Fasten in Uebereinstimmung mit der Weihinschrift definitiv festgestellt ist, im Bullett. dell' Inst. 1863 p. 58 fg. Auch die gewiss tralaticische Fassung des Senatsbeschlusses Liv. 26, 10, 9 qui dictatores consules censoresve fuissent zeugt dafür, dass ein Nichtconsular zur Dictatur gelangen konnte.

3) Liv. 4, 46. 57. 5, 19. 6, 2. 11. 28. 38.

4) Cicero ad Att. 9, 15, 3, vom J. 705: volet (so ist zu schreiben für

aber auch früher schon vorgekommen sein. Denn nicht bloss werden im Allgemeinen als befugt zur Ernennung des Dictators Consuln und Prätoren bezeichnet 1), sondern es wurde auch Q. Fabius Maximus nach der trasimenischen Schlacht 537 zum Dictator ernannt, ohne dass dabei ein Consul mitwirkte. Allerdings wurde eben desswegen hier die Gemeinde befragt; aber die Leitung der Comitien und die Renuntiation des Dictators kann doch nicht gefehlt haben und nur von einem Prätor vorgenommen worden sein 2). Man mag also schon damals die Regel aufgestellt haben, von der Caesar nachher Gebrauch machte, dass der Consul für sich allein, der Prätor nur unter Mitwirkung der Comitien den Dictator zu ernennen befugt sei. Von einem Dictator ist nie ein anderer Dictator ernannt worden. - Dass der Zwischenkönig einen Dictator bestellt, ist dem Wesen der Institution zuwider, wie späterhin gezeigt werden soll. Auf diese Weise hat Sulla im J. 672 die Dictatur erhalten, (S. 138 A. 4), aber auf Grund eines Specialgesetzes, nicht gemäss der allgemeinen Ordnung.

Da die Dictatur für die Nachtheile der Collegialität eine Aushülfe sein soll, so liegt es in ihrem Wesen, dass weder mehrere Dictatoren gleichzeitig ernannt werden noch nach Ernennung

velut; vgl. S. 118 A. 4) consules roget praetor vel dictatorem dicat, quorum neutrum ius est; sed si Sulla potuit efficere ab interrege ut dictator diceretur, cur hic non possit? Vgl. Drumann 2, 475. 3, 469. Ein blosser Fehler ist die Angabe in einer Rede bei Dionys. 11, 20: ἵνα δὲ καὶ κατὰ νόμους ἡ τοῦ δικτάτωρος ἀνάῤῥησις γένηται, τὴν μεσοβασίλειον ἀρχὴν ἔλεσθε, denn dass durch den Interrex die Consuln und durch diese der Dictator ernannt werden soll, meint der Verfasser offenbar nicht.

1) Plutarch Mare. 24: ὁ δικτάτωρ οὐκ ἔστιν ὑπὸ τοῦ πλήθους οὐδὲ τῆς βουλῆς αἱρετός, ἀλλὰ τῶν ὑπάτων τις ἢ τῶν στρατηγῶν προελθὼν εἰς τὸν δῆμον ἂν αὐτῷ δοκεῖ λέγει δικτάτορα.

2) Liv. 22, 8: quia et consul aberat, a quo uno (dictator) dici posse videbatur, nec per occupatam armis Punicis Italiam facile erat aut nuntium aut litteras mitti, quod numquam ante eam diem factum erat, dictatorem populus creavit Fabium Maximum et magistrum equitum M. Minucium Rufum (vgl. über die Lesung der Stelle C. I. L. I p. 288). Damit stimmen Polybios 3, 87, die Fasten, das Elogium des Maximus und die übrigen Berichte, indem sie alle den Fabius einfach Dictator nennen, während Livius an einer späteren Stelle (22, 31) ihm diesen Titel bestreitet und ihn nur als pro dictatore in dem 1, 11 A. 3, 2 erörterten Sinn will gelten lassen (eo decursum esse, ut a populo crearetur, qui pro dictatore esset; augentes titulum imaginis posteros ut qui pro dictatore [fuisset, dictator] crederetur, facile obtinuisse; davon abhängig scheint Lydus de mag. 1, 38), höchst wahrscheinlich ohne Grund. Dasselbe gilt hinsichtlich seines nachherigen Condictators M. Minucius; auch er kann diese Würde nicht unter Mitwirkung eines Consuls erlangt haben (vgl. C. I. L. I p. 557). Hat aber diese Dictatoren kein Consul ernannt, so kann es nur durch den Prätor geschehen sein; wofür auch die analoge Bestimmung Liv. 27, 5, 16 spricht.

Con

dictatoren.

eines Dictators das Recht der Dictatorenernennung weiter ausgeübt werden konnte, so lange der ernannte Dictator im Amte blieb. Indess ist diese Regel formell wohl nie festgestellt und darum in der spätesten Zeit des Bestehens der Dictatur zuweilen davon abgegangen worden: zuerst 537, wo dem Dictator Q. Fabius sein Reiterführer M. Minucius durch Volksschluss mit gleichem Recht zur Seite gesetzt, das heisst vermuthlich in der für Fabius angewandten Form ebenfalls zum Dictator ernannt ward'); sodann 538, wo gleichzeitig M. Junius Pera als Dictator im Felde stand und M. Fabius Buteo ebenfalls als Dictator den Senat ergänzte 2). Derjenige Beamte, dem das Recht der Dictatorenernennung zusteht, kann in dessen Ausübung von keiner anderen Gewalt gegen die im Staate gehemmt werden. Selbst die collegialische und tribunicische Intercession ist auf diesen Act nicht anwendbar gewesen; nicht bloss ist kein Beispiel bekannt, dass die Ernennung eines Dictators durch das Veto eines Consuls oder Volkstribuns vereitelt worden wäre, sondern bestimmte Fälle beweisen die Unstatthaftigkeit einer solchen Intercession 3).

Ausschliessung der

Intercession

Bestellung.

Einwirkung des Senats.

Auch die Zustimmung des Senats war nicht formell erforderlich, um den Beamten zur Ernennung des Dictators zu ermächtigen; sonst hätte der Consul nicht, wie dies doch vorgekommen ist, auch dann einen Dictator ernennen können, wenn das Senatusconsult, das ihn dazu aufforderte, durch Intercession seine Rechtskraft verloren hatte 4). Nach strengem Recht konnte auch umgekehrt der Senat durch seinen Beschluss den Beamten nicht nöthigen einen Dictator einzusetzen; denn darin, dass die Volkstribune im Fall des Ungehorsams gegen einen solchen Senatsbeschluss den Oberbeamten die Verhaftung androhen 5), liegt

1) Polyb. 3, 103. Liv. 22, 25. C. I. L. I p. 556. Die gleichzeitige Inschrift beweist, dass Polybios mit Recht dem Minucius den Dictatortitel giebt, den die Fasten ihm versagen.

2) Livius 22, 22. 23. Wenn dieser Schriftsteller dem Fabius die Worte in den Mund legt: neque duos dictatores tempore uno, quod numquam antea factum esset, probare se, so sind diese Worte von dem Annalisten, dem sie entnommen sind, wohl gemeint als Tadel der Condictatur vom J. 537. Der ernannte Dictator vollzieht trotz dieser seiner Erklärung das ihm übertragene Geschäft.

3) Der Kriegstribun cos. pot. L. Servilius Ahala 346 setzt die Ernennung des Dictators trotz des Widerstandes sowohl seiner Collegen als auch der Volkstribune durch (Liv. 4, 57). Ebenso zeigt der S. 142 berichtete Vorgang aus dem J. 544, dass der eine Consul den andern an der Ernennung des Dictators nicht hindern konnte. Vgl. Bd. 1 S. 274 A. 1.

4) Liv. 4, 57.

5) Liv. 4, 26 (J. 323) beschliessen die Tribune auf Ersuchen des Senats

deutlich, dass der Senat formalen Anspruch auf solchen Gehorsam keineswegs hat, und nicht mit Unrecht wird dieser Vorgang als eine Unterordnung des Consulats unter den Volkstribunat vielmehr als unter den Senat dargestellt 1). Indess scheint, so weit die beglaubigte Geschichtserzählung reicht, keinem derartigen Senatsbeschluss der Gehorsam versagt worden zu sein, so ungern auch oft die Consuln (z. B. Ti. Aemilius 415, P. Claudius 505) sich dazu verstanden. Cicero macht in seiner Constitution die Ernennung des Dictators geradezu von dem Senat abhängig 2).

der

Wenn also darüber, ob die Dictatur eintreten solle oder Eingreifen nicht, schon in früherer Zeit factisch der Senat entschied, so ist Comitien. dagegen das bindende Vorschlagsrecht der Volksversammlung, das bei den ordentlichen Magistraturen eine so grosse Rolle spielt und der Angelpunkt der republikanischen Verfassung ist, auf die Dictatur nicht erstreckt worden 3). Nur in den letzten Decennien vor dem factischen Verschwinden der Dictatur kommt diese Regel insofern ins Schwanken, als zuerst, wie schon bemerkt ward (S. 139), im J. 537, da es an einem zur Ernennung eines Dictators formell befugten Beamten fehlte, man den Dictator in den Comitien

welche es waren, wird nicht gesagt wählen und dann vermuthlich durch einen Prätor renuntiiren liess, so dass die gewöhnliche creatio an die Stelle der dictio trat. Einige Jahre darauf 544 ging man einen Schritt weiter und sann dem Consul

placere consules senatui dicto audientes esse; si adversus consensum amplissimi ordinis ultra tendant, in vincla se duci eos iussuros. Vgl. 4, 56.

1) Liv. a. a. O.: consules ab tribunis quam ab senatu vinci maluerunt, proditum a patribus summi imperii ius datumque sub iugum tribuniciae potestati consulatum memorantes.

2) Cicero de leg. 3, 3, 20: si senatus creverit.

3) Es giebt zwar einige Stellen, in denen die Volksgemeinde bei der regelmässigen Dictatorenwahl mithandelnd erscheint; allein Becker (1. Ausg.) und Schwegler 2, 124 bemerken mit Recht, dass sie sämmtlich entweder verschrieben oder selber irrig oder anders auszulegen sind. Bei Festus p. 198 sind die Worte primus magister a populo creatus est unzweifelhaft verdorben und zu ändern in magister populi; die Textüberlieferung ist in diesem Abschnitt sehr schlecht. Dionys. 5, 70: Ένα δ ̓ ἄνδρα, ὃν ἂν ἥ τε βουλὴ προέληται καὶ ὁ δῆμος ἐπιψηφίσῃ

apyɛ bezieht Becker a. a. O, wohl mit Recht auf das Curiatgesetz. Dass endlich Livius an einer Reihe von Stellen (5, 46. 6, 6, 8. 22, 14, 11) und ihm folgend Plutarch (Camill. 40) Camillus als einen von der Gemeinde gewählten Dictator behandeln, ist schon früher (S. 35 A. 2) auf ein Versehen des Livius zurückgeführt worden. Niebuhrs Annahme (1, 593), dass ursprünglich der Dictator von den Curien gewählt worden sei, bedarf heutzutage keiner eingehenden Widerlegung.

M. Laevinus an von den Centuriatcomitien, eventuell, wenn er, wie er es konnte, deren Abhaltung verhinderte, von dem Concilium der Plebs sich den von ihm zu ernennenden Dictator bezeichnen zu lassen. Laevinus zwar lehnte diese Zumuthung als verfassungswidrige Beschränkung seiner Amtsgewalt ab, aber sein College M. Marcellus war nachgiebiger und ernannte den von der Plebs nominirten Dictator 1). Ohne Zweifel waren diese Vorgänge die nächste Ursache des Verschwindens der Dictatur; denn deren politische Bedeutung beruhte eben darauf, dass dieser höchste von allen Beamten nicht durch die Gemeinde gewählt ward. Die Institution wurde zwecklos, als der weiter greifenden Demokratie Vorschlags die Dictatorencomitien nicht länger vorenthalten werden konnten.

recht des

Senats.

Auch die Person des zu ernennenden Dictators hat der Senat sehr häufig dem ernennenden Beamten bezeichnet 2), und es darf dies wohl, besonders für die spätere Zeit, als das übliche Verfahren betrachtet werden. Aber bindend war ein solcher Vorschlag keineswegs und zu allen Zeiten sind Fälle vorgekommen, wo der ernennende Beamte den Dictator wider den Wunsch des Senats, ja ihm zum Trotz auswählt 3). Mit Recht also wird gesagt (S. 139 A. 1), dass der Dictator weder vom Volke noch vom Senat gewählt, sondern von dem ernennenden Beamten nach eigenem Gefallen bestellt werde. Freilich konnte, namentlich wenn die Ernennung in Rom stattfand, es dem Senat nicht leicht gewehrt werden durch Befragung der Augurn die ihm unbequeme

1) Liv. 27, 5. Plutarch Marcell. 24.

2) Liv. 2, 30. 4, 17. 21: dictatorem dici Q. Servilium placet; Virginius dum collegam consuleret moratus permittente eo nocte dictatorem dixit. 4, 23. 46. 7, 12: dictatorem dici C. Sulpicium placuit; consul ad id accitus C. Plautius dixit. 7, 26. 8, 17. 9, 29. 10, 11: M. Valerium consulem . . . dixere, quem senatus dictatorem dici iussurus fuerat. 22, 57. Die griechischen Schriftsteller schreiben daher die Wahl des Dictators zuweilen geradezu dem Senat zu, z. B. Dionys. 5, 70 (S. 141 A. 3). 7, 56; Plutarch Camill. 39; Zonar. 7, 20. An einer Stelle lässt Dionysios (11, 20) sogar den Dictator in der Curie zwischen Mitternacht und Morgen ernannt werden.

3) Im J. 398 ernennt der plebejische Consul einen Plebejer zum Dictator, was den Unwillen des Senats erregt (Liv. 7, 17). Im J. 415 beschloss der Senat die Dictatur finire imperium consulibus cupiens; der ernennende Consul T. Aemilius aber ernannte seinen Collegen (Liv. 8, 12). Im J. 444 wünschte der Senat den L. Papirius Cursor zum Dictator ernannt zu haben und sendet, da der einzige in der Nähe befindliche Consul Q. Fabius mit demselben aufs bitterste verfeindet war, desswegen an ihn eine besondere Gesandtschaft, die dieser ohne Antwort entlässt; am folgenden Morgen ernennt er dennoch den Papirius und weist den Dank dafür zurück (Liv. 9, 38; Dio fr. 36, 36 Bekk.). Im J. 505 ernennt der Consul P. Claudius dem Senat zum Trotz seinen Viator M. Claudius Glicia zum Dictator (Livius ep. 19; Sueton Tib. 2).

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