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fremder Sache), welche mit dem Eigenthume, deffen losgelöfte Theile fie sind, die dinglichen Rechte, Iura in re überhaupt bilden.

Waltet ein sach ähnliches Verhältniß der Art ob, daß einzelne Handlungen eines Menschen der Willkühr eines Anderen unterworfen sind, diese Willkühr aber aufhört, sobald die bestimmten Handlungen nach dem Willen des Willkührberechtigten vollzogen find, so ist ein Vermögensrecht vorhanden, das den Namen Obligatio führt, Ius obligationum.

Daß neben den soeben angedeuteten Vermögensverhältnissen auch noch die Familienverhältnisse im Privat-Rechte in Frage kommen, ist Ausfluß des Naturgesezes, wornach das Dasein des Menschen durch Erzeugung von Wesen gleicher Gattung bedingt ist, wornach er hülflos geboren wird, den Schuß und die Pflege seiner Aeltern heischend und genießend. Die einzig ethische Form geschlechtlichen Zusammenlebens der Menschen ist in der Ehe denkbar, (Lehre von der Ehe), und daher knüpft denn auch das römische Recht nur an die Eigenschaft des ehelichen Vaters eine gewisse Machtvollkommenheit (patria potestas) über das Kind, (Lehre von der väterlichen Gewalt), das, sollte es seines natürlichen Schüßers und Pflegers, des Vaters, verlustig gehen, vom Staate unmöglich seinem Geschicke Preis gegeben werden darf, sondern an die Stelle des natürlichen einen künstlichen Vertreter im Vormunde erhält. (Lehre von der Vormundschaft).

Wenn oben angedeutet wurde, daß Vermögens- und Familienrechte das gesammte Gebiet der selbstständigen Privatrechte erschöpften, so kann es auf den ersten Blick auffallen, daß des Erbrechtes nicht dabei besonders gedacht ward. Der Grund hiervon liegt aber darin, weil das Erbrecht keine von den bisher geschilderten Rechten der Gats tung nach verschiedene Art ins Dasein ruft, sondern sich nur mit Beantwortung der Frage beschäftigt, welches Schicksal bei dem steten Wechsel der Generationen die Vermögens- und FamilienRechte trifft, wenn Jemand durch den Tod aufhört, Subject dieser angegebenen Rechte zu sein?

In der bisherigen zusammenhängenden Charakterschilderung des gesammten Gebietes des Privatrechtes liegt zugleich die Disposition für den Vortrag des speciellen Theils des römischen Civilrechts. Derselbe wird zu handeln haben:

I. Von den möglichen selbstständigen*) Privatrechten eines Individuums.

A. Von Vermögensrechten, und zwar:

AA. Von den dinglichen Rechten.

1. Lehre vom Eigenthume.

2. Lehre von den dinglichen Rechten an einer fremden Sache, Jura in re aliena.

BB. Von dem Rechte der Obligationen.

B. Von Familenrechten.

1. Lehre von der Ehe.

2. Lehre von der väterlichen Gewalt.

3. Lehre von der Vormundschaft.

II. Von dem Schicksale der Privatrechte eines Individuums, insbesondere der Vermögens rechte, im Falle seines Todes. -Lehre vom Erbrecht e.

Lehre von den dinglichen oder Sachen-Rechten.

Einleitung.

Von den dinglichen Rechten überhaupt.

S. 1.

I. Begriff der dinglichen Rechte.

Sachenrechte, dingliche Rechte sind solche Rechte, welche eine körperliche Sache unmittelbar der rechtlichen Herrschaft einer Person unterwerfen.

Folgerungen dieses Begriffes find:

1. Gegenstand eines dinglichen Rechtes kann nur eine körperliche Sache sein.

2. Inhalt des dinglichen Rechtes ist die rechtliche Herrschaft über eine körperliche Sache, ohne daß der Umfang dieser Herrschaft immer derselbe sein müßte.

3. Jedes dingliche Recht begründet ein unmittelbares Rechts

*) Dadurch werden die Iura status, als lediglich für Begründung anderer Nechte interessant, ausgeschlossen. Sie gehören dem allgemeinen Theile an.

verhältniß einer Person zu einer Sache. Wird die Einwirkungsbefugniß einer Person gegenüber einer Sache durch einen Anderen vermittelt, indem dieser verpflichtet ist, eine solche zu gestatten, so ist das in Frage stehende Recht kein dingliches, sondern eine Obligatio, bei welcher eine körperliche Sache höchstens mittelbarer Gegenstand sein kann, während der unmittelbare immer ein bestimmtes Maaß von Handlungen ist.

4. Gerade weil das dingliche Recht ein unmittelbares Rechtsverhältniß einer Person zu einer Sache begründet, nicht das einer Person zu einer Person, kann die demselben entsprechende Verpflichtung auch nur eine negative, allen Menschen in gleicher Weise obliegende fein, nämlich die, Alles zu unterlaffen, was den Berechtigten in seiner Einwirkungsbefugniß auf die Sache stört. Wird hiergegen, gleichviel von wem, gefehlt, so ist gegen den Störer eine Klage begründet, d. h. aber, die dinglichen Rechte, Sachenrechte, gehören zu den absoluten Rechten*).

$. 2.

II. Arten der dinglichen Rechte.

Das ursprünglich einzig dingliche Recht ist das Eigenthum als der Jubegriff aller nur denkbaren Nugungs- und Dispositionsbefugnisse in Bezug auf eine körperliche Sache. Da aber der Eigenthümer sich seiner ursprünglich unbeschränkten Einwirkungsbefugniß theilweise zu Gunsten eines Anderen begeben kann, ohne dadurch aufzuhören, Eigenthümer zu fein, L. 25. pr. D. de V. S. (50. 16), so gesellt sich hierdurch zum Begriffe des Eigenthums noch der der Iura in re aliena, der dinglichen Rechte an einer fremden Sache hinzu, deren das römische Recht folgende vier kennt: die Servituten, Emphyteuse, Supers ficies und das Pfandrecht an körperlichen Sachen. — Wenn außerdem die älteren Juristen regelmäßig,

Glück Pandecten-Commentar II. §. 178.

und von den neueren nicht wenige,

Vergl. Schweppe römisches Privat-Recht II. §. 211.
Schilling Juftitutionen und Geschichte des römischen Privat-
Rechts II. §. 132.

*) Von den abweichenden Begriffsbestimmungen der dinglichen Rechte handelt der Verfasser im allgemeinen Theile seiner Pandecten S. 40.

v. Vangerow Leitfaden I. S. 141.

auch noch das Erbrecht zu den dinglichen Rechten zählen, so ist dies, mag man nun an das Ius succedendi, oder an das Universum ius defuncti nach Stattgehabtem Erbschaftserwerbe denken, wenigstens für diejenigen nicht zu billigen, welche, wie hier geschehen, das charakteristische Merkmal der dinglichen Rechte in der unmittelbaren Einwirkungsbefugniß auf eine körperliche Sache finden, da der Gegenstand des Erbrechts gar feine körperliche Sache ist, sondern eine Universitas iuris, die nur in der Idee als Einheit erscheint, L. 24. 178. §. 1. L. 208. D. de V. S. (50. 16.)*) L. 62. D. de R. I. (50, 17.) vgl. mit §. 2. I. de reb. corp. (2. 2.), und in ihre Theile zerlegt, aus dinglichen und Forderung 8rechten besteht. Aber auch nicht einmal dadurch läßt sich dem Erbrechte unter den dinglichen Rechten eine Stellung anweisen, daß man es mit Gaius II. 97. 98. und §. 6. I. per quas personas cuique adquir. (2. 9.) als eine per universitatem adquisitio rerum ansieht, weil diese Auffassung, indem ja nicht nur dingliche Rechte, sondern auch Forderungsrechte durch dasselbe übergehen, L. 3. pr. §. 1. D. de bon. poss. (37. 1.), einseitig und somit zu verwerfen sein würde. In der Lehre von den dinglichen Rechten verdient das Erbrecht nur beiläufig der Erwähnung, daß durch dasselbe Iura in re auch per universitatem er worben werden können.

S. 3.

III. Entstehung der dinglichen Rechte.

Eprach man früher in Bezug auf Entstehung dinglicher Rechte von Titulus und Modus adquirendi,

Höpfner Commentar der Institutionen §. 293.

so war dies, insofern darunter die bloße Möglichkeit und Wirklichkeit des Erwerbes verstanden wurde, völlig nuglos und nichts den dinglichen Rechten Eigenthümliches. Legte man aber dem Titulus die Bedeutung eines besonderen Erwerbgrundes, dem Modus den

*) L. 178. §. 1. D. cit. Ulp. Hereditas iuris nomen est. L. 208. D. cit. Afric. Bonorum appellatio, sicut hereditatis, universitatem quandam ac ius successionis, et non singulares res demonstrat. §. 2. I. cit. Incorporales autem sunt, quae tangi non possunt; qualia sunt ea, quae in iure consistunt, sicut hereditas.

Sinn eines hinzukommenden Factums bei, so war dies, sämmtliche Erwerbungsarten dinglicher Rechte ins Auge gefaßt, geradezu falsch, indem diese beiden Momente nur bei einzelnen Erwerbarten zutreffen, wie bei der Traditio, Usucapio, nicht aber bei allen, man denke z. B. an die Occupatio. Mit Recht hat man daher in neuerer Zeit, ins, besondere auf Veranlassung Hugo's (Civ. Magazin I. 11. IV. 6.), aufgehört, allgemeine Principien über Entstehung sämmtlicher dinglicher Rechte in obiger Weise aufzustellen, und statt dessen vorgezogen, bei jedem einzelnen derselben die Art und Weise näher zu schildern, wie es ins Dasein treten kann.

S. 4.

IV. Ende der dinglichen Rechte.

Was den Verlust dinglicher Rechte im Allgemeinen betrifft, so find hier, unter Verweisung auf den speciellen Verlust jedes einzelnen, passend nur folgende Fragen zu beantworten:

A. Inwiefern ist der Sag wahr: Resoluto iure concedentis resolvitur etiam ius concessum?

Geht man bei Beantwortung dieser Frage von dem Grundsaße aus, daß Niemand mehr Rechte auf einen Andern übertragen kann, als er selbst hat,

L. 54. D. de R. I. (50. 17.) Ulp. Nemo plus iuris ad alium trausferre potest, quam ipse haberet. L. 160. §. 2. L. 175. §. 1. D. cod. Paulus. Non debeo melioris conditionis esse, quam auctor meus, a quo ius in me transit. L. 20. §. 1. D. de adq. rer. dom. (41. 1.) Ulp. Quotiens dominium transfertur, ad eum, qui accipit, tale transfertur, quale fuit apud eum, qui tradit. so bietet sie keine weiteren Schwierigkeiten dar, weil sich die hier einschlagenden Dogmen des römischen Rechtes sämmtlich aus dem gedachten Principe erklären lassen.

1. Von den Fällen, in denen der Eigenthümer dingliche Rechte constituirt hat.

a. Hört das Recht des Eigenthümers, welcher dingliche Rechte an seiner Sache constituirt hat, dadurch auf, daß er es auf einen Andern freiwillig überträgt, oder darauf verzichtet, so dauern die dinglichen Rechte ohne Anstand fort. Denn da vor dieser Uebertragung und Verzichtleistung

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