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aber hat die Befugnis, die von ihm gewählte Ausschlagung der Erbschaft oder des Vermächtnisses anzufechten, wenn die Beschränkung weggefallen und dies dem Pflichterben bei der Ausschlagung nicht befannt war (also Irrtum im Beweggrund § 2308).

6. Befugnisse des Verlehten. Der grundsäßlichen Verschiedenheit des Pflichtteilsrechts im alten und neuen Recht entspricht die Verschiedenheit des aus der Verlegung dieses Rechts entstehenden Anspruchs. Denn nach dem Inoffiziositätssystem war dieser Anspruch ein auf einer Kränkung des Noterben beruhender und deshalb höchstpersönlicher; nach dem Nullitätssystem war er nichts weiter als der Anspruch auf Anerkennung bestehenden Erbrechts. Nach neuem Recht ist er ein Forderungsrecht auf Geld, das, wie andere Geldforderungen vererblich und übertragbar ist, d as aber immer das Testament selbst bestehen läßt. Der Anspruch gleicht daher der auf bloße Ergänzung des Pflichtteils gerichteten römischen a. suppletoria. Er bildet zwar eine Nachlaßschuld, aber nicht eine vom Erblasser auf den Erben übergehende, sondern eine erst mit dem Erbfall entstehende; die Pflichtteilsschuld steht ferner den andern Nachlaßverbindlichkeiten nach, da sie nur aus dem reinen Nachlasse berichtigt werden kann. Der Anspruch ist vom Vermächtnis insofern verschieden, als er immer auf Geld geht und vom Willen des Erblaffers unabhängig ist.

Da die Pflichtteils last auf dem Nachlasse ruht, ist auch die Pflichtteilstlage gegen den Erben zu richten. Dieser kann die Pflichtteilslast abwälzen, aber diese Abwälzungsbefugnis gibt ihm gegen= über der Pflichtteilsklage keine Einrede, sondern wirkt nur zwischen dem Erben und demjenigen, der die Last ganz oder zum Teil abzunehmen hat. Es ist dies

a) der Vermächtnis nehmer, denn der Erbe kann die Entrichtung des Vermächtnisses soweit verweigern, daß der Pflichtteil von beiden verhältnismäßig getragen wird. Hat also der Erbe ein Vermächtnis von 5000 und einen Pflichtteil von 3000 zu entrichten und verbleibt ihm nach Auszahlung der 5000 nur noch ein reiner Nachlaß von 10 000, so kann er das Legat um 1000 Mt. kürzen. Die Kürzungsbefugnis besteht aber nicht gegenüber einem Vermächtnisnehmer, der selbst Pflichtteilserbe ist und soweit der Pflichtteil reicht; ist der Erbe aber selbst Pflichtteilserbe, so kann er in der Kürzung so weit gehen, daß ihm selbst der Pflichtteil verbleibt (§ 2318);

b) derjenige, der an Stelle der Pflichtteilserben geseglicher Erbe wird oder durch Verfügung von Todes wegen den Erbteil des Pflichtteilserben zugewendet erhalten hat. Wenn (vgl. S. 726) B enterbt ist, aber zu Unrecht, so hat er gegen b,

C, D, E den Pflichtteilsanspruch, b aber muß, weil er an Stelle des F gesehlicher Erbe geworden ist, die von C, D, E gezahlten Beträge an sie erstatten (§ 2320);

c) derjenige, der von einer vom Pflichtteilserben erklärten Ausschlagung eines Vermächtnisses den Vorteil hat (§§ 2321, 2322);

d) derjenige, dem der Erblasser die Pflichtteils last durch Verfügung von Todes wegen auferlegt (§ 2324).

7. Der Pflichtteilsanspruch entsteht mit dem Erbfall (§ 2317), er verjährt in drei Jahren von dem Zeitpunkt, in welchem der Berechtigte von der Pflichtteilsverlegung Kenntnis erhalten hat, und ohne Rücksicht auf diese Kenntnis in 30 Jahren (§ 2332).

Nur wenn ein Pflichtteilsanspruch nach der Erbteilung gegen die Erben geltend gemacht wird, hat derjenige von ihnen, der selbst Pflichtteilserbe ist, dem Pflichtteilsanspruche gegenüber die Einrede, daß ihm selbst bei Erfüllung des Anspruchs der Pflichtteil nicht verbleiben würde. Erleidet dadurch der Verlegte einen Ausfall, so haften die andern Erben (§ 2319).

§ 297. Pflichtteilsrecht gegenüber Rechtsgeschäften unter Lebenden.

Die Befugnis, legtwillige Verfügungen anzufechten, gibt den Pflichtteilsberechtigten teinen genügenden Schuß. Ein solcher ist dann erst gewährt, wenn der Pflichtteilsberechtigte auch Rechtsge= schäfte unter Lebenden anfechten kann und auf diese Weise den Nachlaß vergrößern kann.

1. Von den Rechtsgeschäften unter Lebenden waren aber nach altem Rechte nur Schenkungen und Dosbestellungen der Anfechtung unterworfen. Das Recht ging dabei davon aus, daß der Pflichtteilsberechtigte den Anspruch hat, aus dem Nachlasse des Erblassers selbst in dem Falle der Pflichtteil zu erlangen, daß kein Testament vorhanden und der Pflichtteilserbe also Intestaterbe ist, und daß es dem Erblasser nicht gestattet sein kann, durch mehrere aufeinander folgende Handlungen (Schenkung und Testament) einen Erfolg herbeizuführen, den er durch eine Handlung, das Testa= ment, nicht herbeiführen könnte, nämlich eine Pflichtteilsverlegung. Die Schenkung war daher nur insoweit und nur dann gültig, wenn der Schenker noch so viel hinterließ, daß die Pflichtteilsberechtigten den Pflichtteil erhielten. Die Pflichtteilsverlegung brauchte nicht in der Absicht des Schenkers gelegen zu haben.

Der gegen den Beschenkten gerichtete Anspruch des Pflichtteilserben (qu. inoff. donationis vel dotis) ging daher auf Aufhebung der Schenkung oder Mitgiftbestellung bis zu dem Betrage, der zur

aber hat die Befugnis, die von ihm gewählte Ausschlagung der Erbschaft oder des Vermächtnisses anzufechten, wenn die Beschränkung weggefallen und dies dem Pflichterben bei der Ausschlagung nicht bekannt war (also Irrtum im Beweggrund § 2308).

6. Befugnisse des Verlehten. Der grundsäglichen Verschiedenheit des Pflichtteils rechts im alten und neuen Recht entspricht die Verschiedenheit des aus der Verlegung dieses Rechts entstehenden Anspruchs. Denn nach dem Inoffiziositätssystem war dieser Anspruch ein auf einer Kränkung des Noterben beruhender und deshalb höchst= persönlicher; nach dem Nullitätssystem war er nichts weiter als der Anspruch auf Anerkennung bestehenden Erbrechts. Nach neuem Recht ist er ein Forderungsrecht auf Geld, das, wie andere Geldforderungen vererblich und übertragbar ist, das aber immer das Testament selbst bestehen läßt. Der Anspruch gleicht daher der auf bloße Ergänzung des Pflichtteils gerichteten römischen a. suppletoria. Er bildet zwar eine Nachlaßschuld, aber nicht eine vom Erblasser auf den Erben übergehende, sondern eine erst mit dem Erbfall entstehende; die Pflichtteilsschuld steht ferner den andern Nachlaßverbindlichkeiten nach, da sie nur aus dem reinen Nachlasse berichtigt werden kann. Der Anspruch ist vom Vermächtnis insofern verschieden, als er immer auf Geld geht und vom Willen des Erblassers unabhängig ist.

Da die Pflichtteils last auf dem Nachlasse ruht, ist auch die Pflichtteilstlage gegen den Erben zu richten. Dieser kann die Pflichtteilslast abwälzen, aber diese Abwälzungsbefugnis gibt ihm gegenüber der Pflichtteilstlage keine Einrede, sondern wirkt nur zwischen dem Erben und demjenigen, der die Last ganz oder zum Teil abzunehmen hat. Es ist dies

a) der Vermächtnis nehmer, denn der Erbe kann die Entrichtung des Vermächtnisses soweit verweigern, daß der Pflichtteil von beiden verhältnismäßig getragen wird. Hat also der Erbe ein Vermächtnis von 5000 und einen Pflichtteil von 3000 zu entrichten und verbleibt ihm nach Auszahlung der 5000 nur noch ein reiner Nachlaß von 10 000, so kann er das Legat um 1000 Mt. kürzen. Die Kürzungsbefugnis besteht aber nicht gegenüber einem Vermächtnisnehmer, der selbst Pflichtteilserbe ist und soweit der Pflichtteil reicht; ist der Erbe aber selbst Pflichtteilserbe, so kann er in der Kürzung so weit gehen, daß ihm selbst der Pflichtteil verbleibt (§ 2318);

b) derjenige, der an Stelle der Pflicht teils erben gesetzlicher Erbe wird oder durch Verfügung von Todes wegen den Erbteil des Pflichtteilserben zugewendet erhalten hat. Wenn (vgl. S. 726) B enterbt ist, aber zu Unrecht, so hat er gegen b,

C, D, E den Pflichtteilsanspruch, b aber muß, weil er an Stelle des P gesetzlicher Erbe geworden ist, die von C, D, E gezahlten Beträge an sie erstatten (§ 2320);

c) derjenige, der von einer vom Pflichtteilserben erklärten Ausschlagung eines Vermächtnisses den Vorteil hat (§§ 2321, 2322);

d) derjenige, dem der Erblasser die Pflichtteils last durch Verfügung von Todes wegen auferlegt (§ 2324).

7. Der Pflichtteilsanspruch entsteht mit dem Erbfall (§ 2317), er verjährt in drei Jahren von dem Zeitpunkt, in welchem der Berechtigte von der Pflichtteilsverlegung Kenntnis erhalten hat, und ohne Rücksicht auf diese Kenntnis in 30 Jahren (§ 2332).

Nur wenn ein Pflichtteilsanspruch nach der Erbteilung gegen die Erben geltend gemacht wird, hat derjenige von ihnen, der selbst Pflichtteilserbe ist, dem Pflichtteilsanspruche gegenüber die Einrede, daß ihm selbst bei Erfüllung des Anspruchs der Pflichtteil nicht verbleiben würde. Erleidet dadurch der Verlegte einen Ausfall, so haften die andern Erben (§ 2319).

§ 297. Pflichtteilsrecht gegenüber Rechtsgeschäften unter Lebenden.

Die Befugnis, legtwillige Verfügungen anzufechten, gibt den Pflichtteilsberechtigten keinen genügenden Schuß. Ein solcher ist dann erst gewährt, wenn der Pflichtteilsberechtigte auch Rechtsge= schäfte unter Lebenden anfechten kann und auf diese Weise den Nachlaß vergrößern tann.

1. Von den Rechtsgeschäften unter Lebenden waren aber nach altem Rechte nur Schenkungen und Dosbestellungen der Anfechtung unterworfen. Das Recht ging dabei davon aus, daß der Pflichtteilsberechtigte den Anspruch hat, aus dem Nachlasse des Erblassers selbst in dem Falle der Pflichtteil zu erlangen, daß kein Testament vorhanden und der Pflichtteilserbe also Intestaterbe ist, und daß es dem Erblaffer nicht gestattet sein kann, durch mehrere aufeinander folgende Handlungen (Schenkung und Testament) einen Erfolg herbeizuführen, den er durch eine Handlung, das Testa= ment, nicht herbeiführen könnte, nämlich eine Pflichtteilsverlegung. Die Schenkung war daher nur insoweit und nur dann gültig, wenn der Schenker noch so viel hinterließ, daß die Pflichtteilsberechtigten den Pflichtteil erhielten. Die Pflichtteilsverlegung brauchte nicht in der Absicht des Schenkers gelegen zu haben.

Der gegen den Beschenkten gerichtete Anspruch des Pflichtteilserben (qu. inoff. donationis vel dotis) ging daher auf Aufhebung der Schenkung oder Mitgiftbestellung bis zu dem Betrage, der zur

Herstellung des Pflichtteils erforderlich war. Mehrere Beschenkte hafteten nach Anteilen. Der Anspruch war subsidiär und verjährte in fünf Jahren; er stand jedem Pflichtteilserben, also unter Umständen auch den Geschwistern und nach herrschender Ansicht auch nachgeborenen Noterben zu, wurde aber durch jede Art von Anerkennung der Schenkung ausgeschlossen.

2. Das BGB weicht hier stark vom alten Recht ab. Vor allem können nur Schenkungen und auch diese nicht mehr, wenn sie 10 Jahre vor dem Erbfalle durch Leistung verwirklicht sind, zu einer Pflichtteilsergänzung herangezogen werden (§ 2325).

Das römische Recht ließ die Anfechtung zu gegenüber Schenkungen, die nicht nur nach dem Vermögensbestande zur Zeit des Todes, sondern auch nach dem zur Zeit der Schenkung als übermäßige anzuschen waren, das BGB dagegen sieht jede Schenkung als anfechtbar an. Nach ihm wird also nicht gefragt, ob der Pflichtteilserbe erhalten hat, was er erhalten haben würde, wenn er von dem Vermögen unmittelbar vor der Schenkung den Pflichtteil erhalten hätte, sondern es wird der Betrag der Schenkung einfach dem Nachlasse hinzugerechnet und der Pflichtteil nach dem so ge= wonnenen Vermögensbetrage bestimmt (§ 2325). Folgerecht spricht das BGB infolgedessen von Ergänzung des Pflichtteils, und es kann der Betrag, um den der so ergänzte Pflichtteil den nur aus dem Nachlasse berechneten Pflichtteil übersteigt, als außerordentlicher Pflichtteil bezeichnet werden.

Folgerecht ist der Anspruch auf Ergänzung des Pflichtteils nicht gegen den Beschenkten, sondern gegen den Erben gerichtet. Dieser Grundsah trifft in seiner ganzen Strenge aber nur den heres extraneus; der Erbe, der selbst pflichtteilsberechtigt ist, hat gegen den Ergänzungsanspruch die Einrede, daß ihm selbst der Pflichtteil verkürzt werden würde. Der Anspruch richtet sich ausnahmsweise gegen den Beschenkten, wenn der Erbe zur Ergänzung des Pflichtteils nicht verpflichtet ist, d. h. wenn ihm die oben bezeichnete Einrede zur Seite steht und ferner, wenn der Pflichtteilsberechtigte der einzige Erbe ist. Die Geltendmachung des Anspruchs gegen den Beschenkten ist nicht Anfechtung des zwischen andern geschlossenen Rechtsgeschäfts, sondern Zurück forderung einer grundlosen Bereicherung. Durch Zahlung der entsprechenden Geldsumme kann der Beschenkte die Herausgabe des Geschenks selbst abwenden (§ 2329).

§ 298. Die Entziehung des Pflichtteils.

Die Entziehung des Pflichtteils hat eine Aufhebung des dem Pflichtteilserben zustehenden geseglichen

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