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Außerdem gewährt das neue Recht (§ 1932) dem Ehegatten im Falle seines Zusammentreffens mit Verwandten zweiter Ordnung oder mit Großeltern des Erblasfers die zum ehelichen Haushalte gehörenden Gegenstände und die Hochzeitsgeschenke als (gesegliches) Voraus vermächtnis (Prälegat).1) Damit hat ein Gedanke des älteren deutschen Rechts, das in den Nachlaß mehrere Spezialerbfolgen eröffnete und Gerade und Heergeräte verteilte, einen den heutigen Anschauungen entsprechenden Ausdruck gefunden.

Das Erbrecht und das Voraus des Ehegatten hängen von dem Fortbestande der Ehe bis zum Tode des Erblasfers ab, und sie sind auch dann ausgeschlossen, wenn durch Verschulden eines Gatten ein Scheidungsgrund gegeben und deswegen die Klage auf Scheidung oder Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft erhoben ist. Zwar findet teine Fortsetzung des Prozesses statt, aber in dem etwa um das Erbrecht des Gatten entstehenden neuen Prozesse ist die Tatsache der Klageerhebung und die Tatsache, daß der Gatte auch zu klagen be= rechtigt war, Voraussetzung für die Feststellung, daß der überlebende kein Erbrecht hat (§ 1933).

C. Jst weder ein Verwandter noch ein Ehegatte des Erblassers vorhanden, so tritt der Fiskus 2) nicht als privilegierter Okkupant, sondern als wirklicher Erbe ein. Doch ist die Rechtsstellung des Fistus in mehreren Beziehungen vor der anderer Erben bevor zugt. Das BGB kennt demnach einen erblosen Nach Iaß nicht.

Dritter Abschnitt: Die Erbfolge

auf Grund einer Verfügung von Todes wegen. A. Das Teftament.

I. Die Testamentsform.

§ 277. Geschichte.

Das römische Recht unterschied von jeher ein öffentliches und ein Privattestament. Das öffentliche Testament wurde in älterer

1) Schiffner: Pflichtteil, Erbenausgleichung und die sonstigen geseblichen Vermächtnisse. 1897. S. 123.

2) Des Bundesstaats, dem der Erblasser z. 3. des Todes angehörte, oder der mehreren Bundesstaaten, wenn der Erblasser mehreren Staaten angehörte, oder des Reiches, wenn der Erblasser Deutscher war, ohne einem Bundesstaat anzugehören (Schuhgebiete Ges. v. 17. April 1886, 19. März 1888).

Zeit vor den Komitien (ca latis comitiis) oder vor dem ausgerüsteten Heere (t. in procinctu) errichtet. Das Privattestament der älteren Zeit geschah in Form der Manzipation: der Teftator verkaufte zum Scheine sein gesamtes Vermögen an einen familiae emtor, welcher sich verpflichtete, die Anordnungen des Teftators zu befolgen, es waren daher außer dem emtor 5 3eugen und ein libripens erforderlich. Der emtor war nur heredis loco, es verbarg sich also hinter der Vertragsform eine einseitige, widerrufliche Verfügung. Die Anordnungen des Teftators ge= schahen mündlich (nuncupatio daher t. nuncupativum) an den emtor und vor den anderen Solennitätspersonen. Der Testator konnte aber dem emtor eine Urkunde übergeben, in welcher der Erbe benannt wurde. Das prätorische Recht konnte eine neue Testa= mentsform nicht einführen, wohl aber ein (nicht dem Zivilrecht, dagegen) den veränderten Rechtsanschauungen entsprechendes Testament als Grundlage für eine bonorum possessio secundum tabulas gelten lassen. In der Tat kam es ihm nicht auf die Förmlichkeiten der mancipatio und der nuncupatio, sondern nur darauf an, daß die Testamentsurkunde von jenen 7 Personen versiegelt war, denn damit war der Beweis der Echtheit gesichert. Kaisergesetze haben manche Änderungen herbeigeführt, schon durch Theodosius II. aber (439) und dann durch Justinian wurden die zivile und die prätorische Form in der Weise verschmolzen, daß die Erklärung des Testators, mochte sie mündlich oder schriftlich sein, vor 7 3eugen abgegeben werden mußte.

Das alte öffentliche Testament entsprach den veränderten Verhältnissen nicht mehr, es wurde nach Kaisergesehen erseht durch das t. principi oblatum, d. h. ein dem Kaiser überreichtes, durch das t. judici oblatum, d. h. ein dem Richter überreichtes, und durch das t. apud acta conditum, d. h. ein vor dem Richter zu Protokoll erklärtes Testament.

Neben dem ordentlichen Privattestamente gab es Fälle, in denen die Förmlichkeiten erleichtert, und solche, in denen sie erschwert waren.

Das deutsche Recht hat eine besondere Testamentsform nicht ausgebildet, obwohl auch ihm schon vor der Rezeption einseitige leht= willige Verfügung bekannt waren. Es mag dies der Grund sein, weshalb das gesamte römische Testamentsrecht, insbesondere die tömisch-justinianische Testamentsform, gemeines Recht wurde. Auch das kanonische Testament coram parocho et duobus testibus hat nicht gemeinrechtliche Geltung erlangt. Zahlreiche Partikularrechte haben jedoch neben dem römischen einfachere Testamentsformen eingeführt, insbesondere das notarielle und das sog. holographe, d. h. bom Testator selbst ge- und unterschriebene Testament.

§ 278. Das gemeine Recht.

Als gemeinrechtliche Testamentsformen galten:
1. das Privattestament vor sieben Zeugen.

Das Testament fonnte ein mündliches oder schriftliches sein. Es war ein mündliches (t. nuncupativum), wenn der Teftator die Zeugen mit dem Inhalte seines legten Willens bekannt machte, sei es, daß er den gesamten Inhalt mündlich mitteilte oder den Inhalt eines vorgelesenen Schriftstücks mündlich als seinen legten Willen bezeichnete. Es kam darauf an, daß das Testament dem Gedächtnis der Zeugen anvertraut wurde, das Testament blieb daher ein mündliches, wenn die Zeugen zur Unterstüßung ihres Gedächtnisses einen Auffah niederschrieben. Das Testament war ein schriftliches, wenn der Testator erklärte, daß sein lezter Wille in einer den Zeugen vorgelegten Urkunde enthalten sei. Träger dieses Willens war dann nicht das Gedächtnis der Zeugen, sondern jene Urkunde, diese mußte deshalb nicht nur vom Teftator in Gegenwart der Zeugen unterschrieben, sondern auch von den Zeugen unterschrieben und versiegelt werden.

2. Das öffentliche Testament und zwar sowohl in der Gestalt:

a) daß der Testator vor Gericht eine mündliche Erklärung abgab und das Gericht hierüber eine Urkunde aufnahm (testam. in jure ober apud acta conditum),

b) oder daß der Testator ein sein Testament enthaltendes Schriftstück dem Gerichte mit der Erklärung übergab, daß das Schriftstück seinen lezten Willen enthalte, und daß das Gericht diese Erklärung zu Protokoll nahm (t. judici oblatum).

Daneben bestanden die außerordentlichen Testamentsformen des justinianischen Rechts.

§ 279. Die Testamentsform nach neuem Recht. Auch das BGB tennt eine ordentliche und eine außerordentliche Testamentsform.

a) Das ordentliche Testament (§§ 2231 ff.) kann nach der Wahl des Testators errichtet werden:

1. vor einem Richter oder vor einem Notar (öffentliches Testament). Der Richter muß einen Gerichtsschreiber oder zwei Zeugen, der Notar einen zweiten Notar oder zwei Zeugen zuziehen, und es muß über die Errichtung des Testa= ments ein Protokoll in deutscher Sprache aufgenommen werden. Die Errichtung des Testaments geschieht entweder

a) in der Weise, daß der Erblasser dem Richter oder Notar

seinen lezten Willen mündlich erklärt und die Urkundsperson diese Erklärung in das Protokoll aufnimmt (t. apud acta conditum des gemeinen Rechts), oder

8) in der Weise, daß der Erblasser eine Schrift mit der mündlichen Erklärung übergibt, daß die Schrift seinen lezten Willen enthalte (t. judici oblatum des gemeinen Rechts), und daß nur diese lettere mündliche Erklärung zu Protokoll genommen wird.

In jedem Falle liegt die Errichtung des Testaments in der mündlich abgegebenen Erklärung des Testators, das hier beschriebene Testament ist daher als mündliches im Sinne des modernen Rechts zu bezeichnen,1) und es kommt deshalb auch nicht darauf an, ob jene Schrift vom Teftator selbst oder von einem andern ge= schrieben und ob sie vom Testator unterschrieben ist. Denn der Teftator bekennt sich mündlich zu jener Schrift, sie bildet also den Inhalt seiner Erklärung, und dadurch, daß er das Protokoll unterschreibt, wird auch die übergebene Schrift mit seiner Unterschrift gedeckt. Das Protokoll muß, auch wenn es vom Teftator durchgelesen oder vom Richter laut diktiert ist (vor dem Testator und den andern beteiligten Personen: dem Gerichtsschreiber, zweiten Notar, Zeugen) vorgelesen, vom Teftator genehmigt und von ihm unterschrieben werden (vgl. dazu RG 50, 215).

Das römische Recht verlangte für das Privatteftament, daß die Zeugen idonei, rogati und voluntarii seien, und gab über die Zeugnisfähigkeit eine Reihe Vorschriften. Das neue Recht behandelt in entsprechender Weise die Urkundspersonen (Richter Notar, Gerichtsschreiber, zweiten Notar, Zeugen) und schließt als unfähig aus nur den Ehegatten des Erblassers, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht, und diejenigen Personen, welche mit dem Erblaffer, dem Richter oder dem beurkundenden Notar in gerader Linie oder im zweiten Grade der Seitenlinie verwandt oder verschwägert sind (§§ 2234, 2236). Die Folge der Zuziehung einer unfähigen Person ist Nichtigkeit des Testaments.

Ferner soll zwar vermieden werden, Minderjährige, mit Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte Bestrafte, Personen, die nach den Strafgesehen unfähig sind, als Zeugen eidlich vernommen zu werden, und die Personen, welche als Gesinde oder Gehilfen im Dienste des Richters oder des beurkundenden Notars stehen, als Zeugen zuzuziehen, aber die trotzdem geschehene Zuziehung einer solchen Personen beeinträchtigt nicht die Gültigkeit des Testaments (§§ 2237).

Um Fälschungen vorzubeugen, bestimmte das Sct. Libonianum

1) Dernburg Erbrecht S. 85 nennt nur die Form a mündliches T.

(15 n. Chr.) die Nichtigkeit aller 3 ugunsten des Testament 3 schreibers getroffenen Verfügungen. Das BGB enthält dieselbe Bestimmung betreffs der Zuwendungen an eine der Urkundspersonen selbst oder an eine Person, welche mit einer der Urfundspersonen in dem oben bezeichneten Verhältnisse steht (§ 2235).

Das römische Recht verlangte für die Testamentserrichtung unitas actus in bezug auf Ort und Zeit; mußte ein Abbruch des Aftes erfolgen, so war das, was bereits geschehen war, als unvollendeter Att nichtig, und es mußte deshalb von Anfang begonnen werden. Eine Bestimmung desselben Inhalts hat zwar das BGB nicht, da aber das Testament erst mit dem Abschluß des Protokolls vollendet ist, so ist alles, was vor diesem Abschluß geschieht, rechtlich ohne Bedeutung; es müssen ferner die bei der Errichtung mitwirtenden Personen während der ganzen Verhandlung zugegen sein (§ 2239), und das Testament ist nichtig, wenn hiergegen verstoßen ist.

2. Das Testament tann ferner errichtet werden durch eine vem Erblaffer unter Angabe des Ortes und Tages eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung (Privattestament, sog. holographes Testament). Fehlt eines dieser Erfordernisse, so ist das Testament nichtig. Die Testamentserrichtung besteht hier in der Abfassung und Unterzeichnung der schriftlichen Erflärung. Das Privattestament ist also zugleich ein schrift liches Testament.

Minderjährige oder solche Personen, welche Geschriebenes nicht lesen können, haben kraft positiver Vorschrift keine Wahl, sie können nur öffentlich (§ 2247), und nur durch mündliche Erklärung zu Protokoll testieren (oben 1a § 2238 Abs. 2).

b) Die außerordentliche Testamentsform.

A. Testamente mit erleichterten Förmlichteiten sind:

1. Das Soldatentestament (t. militare). Dieses Testament war im römischen Rechte von jeder Form befreit, das Privileg galt aber seit Justinian nur für die während des Feldzugs, nach der Reichsnotariatsordnung von 1512 nur für die während der Schlacht gemachten Testamente, für jedes andere Soldatentestament verlangte das genannte Gesetz Zuziehung von 2 Zeugen.

Die früheren Bestimmungen sind aufgehoben durch den vom BGB aufrecht erhaltenen § 44 des Reichs militär gefeßes vom 2. Mai 1874. Nach diesem können militärisch testieren alle dem aktiven deutschen Heere angehörigen, sowie die nach dem MilitärStGB den Militärgefeßen unterworfenen Personen, und zwar in Kriegszeiten oder während eines Belagerungszustandes. Die Form

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