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hebung der ehelichen Gemeinschaft zu verlangen. Diese bloße Lösung des gemeinschaftlichen Lebens läßt die Ehe selbst und damit die Möglichkeit einer Anfechtung oder Nichtigkeitserklä= rung bestehen und verhindert natürlich die Wiederverheiratung. Der beklagte Teil hat jedoch das Recht zu verlangen, daß die Ehe geschieden werde; hat der beklagte Teil von diesem Rechte teinen Ge= brauch gemacht, und ist also nur die Aufhebung der Gemeinschaft ausgesprochen, so kann doch jeder Teil auf Grund des Urteils die Scheidung verlangen, ein Recht, das mit der Herstellung der ehelichen Gemeinschaft erlischt (§§ 1575, 1576, 1586).

über die Unterhaltspflicht der geschiedenen Eheleute f. §§ 1578 bis 1583. Diese Pflicht dauert nur bis zur Wiederverheiratung des Berechtigten (§ 1581).

B. Das eheliche Güterrecht.

1. Geschichte des ehelichen Güterrechts.

§ 242. Das römische Recht.

1. Bei der Manuse he (f. oben S. 640) trat zwar eine vollständige Vereinigung der Vermögensmassen ein, aber nur zugunsten des Mannes, der ein ausschließliches Recht am ganzen Vermögen erlangte.

2. Anders bei der freien Ehe. Denn das spätere römische, insbesondere das justinianeische Recht, hat den Grundsat vollstän= diger Gütertrennung: jeder Ehegatte behält diejenigen Vermögensrechte, die er vor Eingehung der Ehe hatte, er erleidet durch Eingehung der Ehe auch nicht einmal eine Beschränkung in der Verfügung über sein Vermögen. Die Ehegatten können daher ein jeder mit Dritten sowie untereinander gültige Rechtsgeschäfte schließen, und nur die Schenkung unter Eheleuten war ungültig, doch erlangte sie nach der Oratio Divi Severi (1. 32 § 2 D. 24, 1) — Gültig= feit, wenn der Schenker vor dem Beschenkten starb.

Der Grundsag der Gütertrennung wurde nicht dadurch beeinträchtigt, daß der Mann eine Do 3 erhielt und daß die Frau dem Manne die Verwaltung ihres nicht zur Dos gehörigen Vermögens, der sog. Paraphernalgüter, übertrug. Denn die Dos vermehrte das Vermögen des Mannes, führte also keine Vereinigung der beiden Vermögensmassen herbei, und jene übertragung der Verwaltung war ein frei widerrufliches Mandat. überdies war die Dos wie die Verwaltung der Paraphernen Folge nicht des Eheabschlusses, sondern besonderer Rechtsgeschäfte, zu deren Eingehung

kein rechtlicher Zwang bestand. Bei der Verwaltung der Paraphernen haftete der Mann nur für diligentia quam suis.

Die Dos war eine von der Frau oder einem Drit= ten dem Manne zur Erleichterung der ehelichen Lasten gemachte Vermögenszuwendung. das Vorhandensein einer gültigen Ehe voraus, verlor also mit AufSie fette lösung der Ehe ihre rechtliche Grundlage und mußte zurückgegeben werden. Solange die Ehe dauerte, hatte der Mann das volle ihm übertragene Recht, er war also Eigentümer der zur Dos gegebenen Sachen, Gläubiger der überlassenen Forderung; die Dos konnte auch durch Einräumung eines dinglichen Rechts, ja durch Erlaß einer Schuld gewährt werden. Die Dos war profecticia, wenn sie vom Vater oder väterlichen Großvater der Frau, adventi cia, wenn sie von einer andern Person, insbesondere von der Frau selbst bestellt wurde, recepticia, wenn der dritte Besteller sich die Rückgabe ausbedang. Die Bestellung erfolgte durch Real-Jllation (datione oder numeratione), d. h. durch sofortige übertragung des Gegenstandes, durch promissio, d. h. durch Abgabe eines Versprechens (früher stipulatio, später pactum), oder durch Ver= mächtnis.

über die Rückgabepflicht entschied vor allem der Vertrag, so daß also die dos recepticia in jedem Fall an den Besteller zurückfiel. Im übrigen galt der Grundsaß, daß die Dos an die Frau oder ihre Erben herauszugeben sei, gleichviel durch wessen Tod die Ehe gelöst wurde. Sie verblieb dem Manne, wenn die Ehe infolge Verschuldens der Frau geschieden wurde. In allen Fällen, in welchen sie dem Manne verblieb, erhielt er die ganze Dos nur, wenn die Ehe finderlos war; waren Kinder vorhanden, so behielt er einen Kopfteil, an den andern, den Kindern zufallenden Teilen hatte er Verwaltung und Nießbrauch.

Der Anspruch auf Rückgabe war, im Falle der Mann die Rückgabe besonders versprochen hatte, die vererbliche a. ex stipulatu, sonst eine nicht vererbliche a. rei uxoriae, Justinian aber beseitigte die a. rei uxoriae und bestimmte, daß, auch wenn die Rückgabe an die Frau nicht besonders versprochen sei, dennoch die vererbliche a. ex stipulatu begründet sein sollte.

Der Anspruch der Frau auf Rückgabe der Dos und ihres vom Manne verwalteten Paraphernalgutes war nach justinianischem Rechte durch ein gesetzliches Pfandrecht am ganzen Vermögen des Mannes gesichert und mit einem, älteren Hypothekengläubigern vorgehenden Vorzugsrecht ausgestattet. Vorzugsrecht und Generalhypothet wur den jedoch von der RO von 1877 beseitigt. Ferner fiel seit Justinian das Eigentum der Dotalfachen ohne weiteres (durch sog. transitus

legalis) an die Frau, sofern der Mann zur Zeit der Auflösung der Ehe noch Eigentümer war. Die Frau hatte also außer jenen Rechtsmitteln auch die rei vindicatio.

Zurückzugeben war die Dos in dem Zustande, in welchem sie sich bei Auflösung der Ehe befand. War eine Geldsumme oder waren andere Fungibilien gegeben oder war die Dos verkaufsweise abge= schägt (d. venditionis causa aestimata), so war die bestimmte Summe zu erstatten, die gegeben oder als Preis festgesetzt war. Nur in diesem letteren Fall also trug der Mann die Gefahr. Die während der Ehe gezogenen Früchte verblieben dem Manne, die Früchte des legten Dotaljahres aber wurden nach Verhältnis der Zeit, in der die Ehe in diesem Jahre bestand, geteilt. Bewegliche Sachen durfte der Mann frei veräußern, er hatte dann an ihrer Stelle den Wert, den sie zur Zeit der Veräußerung hatten, zu erstatten. Dotalgrundstüce waren mit einem gefeßlichen Veräußerungsverbote belastet, daher war die Veräußerung, die Verpfändung und die Bestellung anderer dinglicher Rechte nichtig.

3. In der späteren Kaiserzeit entwickelte sich das Rechtsinstitut der donatio ante nuptias, d. h. einer vom Manne oder einem Dritten für ihn der Frau gemachten Schenkung. Ihre Absicht ging regelmäßig dahin, der Frau für den Fall des Todes des Mannes eine Witwenversorgung zu verschaffen, daher behielt den Gegenstand der Schenkung während der Ehe der Mann. Justinian gestattete diese Schenkung auch während der Ehe und nannte sie deshalb donatio propter nuptias.

Während die d. propter nuptias in Deutschland nicht praktisch wurde, ging das Dotalrecht in das gemeine Recht über, galt aber tatsächlich nur in einem kleinen Teile Deutschlands.

§ 243. Das deutsche Recht.

Das deutsche Recht steht auf einem grundsäglich anderen Standpunkte. Nach ihm trat die Frau in das Mundium und ihr Vermögen in die vormundschaftliche Verwaltung des Mannes. Da er aber die Lasten des Hauswesens zu tragen hatte und eine freiere Stellung genoß als ein wirklicher Vormund, so durfte er zur Bestreitung der Lasten die Einkünfte auch des Vermögens der Frau verwenden und über dieses Vermögen verfügen. Es änderte sich danach zwar an den Rechten der Ehegatten an ihrem Vermögen nichts, aber es trat als rechtliche Folge des Ehe ab= schlusses eine Vereinigung der beiderseitigen Güter zu einer Verwaltungseinheit ein.

Es war dies der Standpunkt nicht nur des Sachsenspiegels,

sondern nach herrschender Auffassung1) auch der Volksrechte. Der erstere gibt ihm Ausdruck mit den Worten: man unde wif ne hebbet nein getweiet gut to irme live (I 31 § 1), und svenne en man wif nimt, so nimt he in sine gewere al ir gut to rechter vormuntscap (I 31 § 2). Der Mann behielt mit dem Eigentum auch das freie Verfügungsrecht über sein Vermögen und erlangte an der fahrenden Habe der Frau ein so freies Verfügungsrecht, daß es von vielen als Eigentum bezeichnet wird; über die unbeweglichen Sachen der Frau konnte er nur mit ihrer und ihrer nächsten Erben Einwilligung, die Frau dagegen durfte auch über ihr eigenes Vermögen nicht verfügen. Für Schulden des Mannes haftete sein Vermögen und die Fahrhabe der Frau, für Schulden der legteren, soweit sie vor der Ehe entstanden, ihr Vermögen auch während der Ehe, und soweit sie während der Ehe begründet wurden, ihr Vermögen nach Auflösung der Ehe, denn sie durfte durch Eingehung von Schulden die Rechte des Mannes an ihrem Vermögen nicht schmälern. Die Auflösung der Ehe bewirkte ein Auseinanderfallen der nur durch sie vereinigten Massen. Die überlebende Witwe hatte aber nicht Anspruch auf dieselben beweglichen Sachen, die sie eingebracht, sondern auf diejenigen vorhandenen Mobilien, welche, gleichviel wem bisher gehörig, dem Gebrauche der Frau dienten und wie sie von Frauen als Aussteuer mitgebracht zu werden pflegten. Diese sog. Gera de fiel beim Tode der Frau an deren nächste weibliche Verwandte (daher Niftelgerade), beim Tode des Mannes erhielt die überlebende Frau auch noch die Hälfte der vorhandenen Speisevorräte (das Mußteil), ein Erbrecht am Vermögen des Mannes hatte sie nicht. Standen die beim Tode der Frau vorhandenen Kinder noch in der Munt des Vaters, so behielt dieser die an sie fallenden Vermögensstücke, bis ihre Herausgabe verlangt wurde; starb der Vater, so blieb die Mutter mit den Kindern bis zur Auseinandersegung im gemeinschaftlichen Besiz.

Eine engere Vereinigung der Gütermassen fand nach dem Schwabenspiegel und in Westfalen statt. Auch hier erlangte der Mann die freie Verfügung über die Fahrnis, während über Jmmobilien, auch über die des Mannes, nur beide Eheleute zu gesamter Hand verfügen konnten. Im Falle der Auflösung der Ehe fiel die Masse nicht auseinander, vielmehr blieb der überlebende im Besige der Grundstücke; sie waren den Kindern verfangen, d. h. die

1) Besonders: Schröder: Geschichte des ehelichen Güterrechts I. und II. 1863-1874. Stobbe: Handbuch des deutschen Privatrechts. Bb. 4 §§ 217 ff. A. M. Heusler: Institutionen des deutschen Privatrechts. II. 1886. S. 292 ff., nach dessen Ansicht in der ältesten Zeit das Vermögen der Frau in das Eigentum des Mannes überging.

Engelmann, D. bürgerliche Recht Deutschlands. IV. Aufl.

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Kinder hatten auf sie ein Warterecht, das ihnen nicht geschmälert werden konnte, und das daher ihre Zustimmung zu einer Veräußerung erforderlich machte. Ob diese engere Vereinigung Miteigentum oder Gesamteigentum, ja überhaupt eine Veränderung in den Rechten der Ehegatten herbeiführte, war für die ältere Zeit zweifelhaft.

Auf diesen Grundzügen fußte die weitere sehr mannigfaltige Entwicklung des ehelichen Güterrechts. Trok zahlreicher partikulärer Verschiedenheiten lassen sich folgende Systeme unterscheiden.

1. Das System der Verwaltungsgemeinschaft (auch Gütereinheit genannt). Es war das weitergebildete Recht des Sachsenspiegels und galt daher vorzugsweise in denjenigen Rechtsgebieten, in denen sein Einfluß maßgebend war. Das gesamte Vermögen der Frau, soweit es nicht durch Gesetz oder Vertrag vorbehalten war, kam, ohne daß es eines besondern Rechtsattes bedurfte, als sog. Eingebrachtes in die Verwaltung des Mannes, mit der Folge, daß die Frau das Verfügungsrecht verlor. Dem Manne stand am Eingebrachten (den sog. Jllaten) auch der Nießbrauch zu (daher auch System des ususfructus maritalis genannt). über sein Vermögen und über die bewegliche Habe der Frau konnte er frei, über unbewegliche Sachen der Frau nur mit deren Zustimmung verfügen. Voreheliche Schulden der Frau mußten aus dem vorbehaltenen, aushilfsweise aus dem eingebrachten Vermögen befriedigt werden, in der Ehe begründete Schulden der Frau konnten das den Rechten des Mannes unterliegende Vermögen nicht schmälern; für Schulden des Mannes haftete, auch wenn sie im Interesse beider Ehegatten be= gründet waren, nur sein Vermögen. Bei Auflösung der Ehe trennten sich die Giitermassen.

2. Das System der allgemeinen Gütergemeinschaft. Nach ihm trat nicht eine bloß tatsächliche, sondern eine Rechtsgemeinschaft ein, das Vermögen beider Gatten bildete eine Maffe, welche ihnen gemeinschaftlich gehörte. Auch hier zwar hatte der Mann das Recht der freien Verfügung über die gesamte bewegliche Habe, die Verfügung über Grundstücke aber, gleichviel ob sie vor der Ehe diesem eder jenem Gatten gehört hatten, stand beiden gemeinschaftlich zu. Daher haftete die gemeinschaftliche Masse auch für die vorehelichen und die ehelichen Schulden der Gatten, derjenige Ehegatte aber, der die Schuld begründet hatte, haftete für sie auch persönlich, d. h. auch nach Auflösung der Ehe mit dem später von ihm allein erworbenen Vermögen. Sobald die Frau aus dem nach dem Tode des Mannes vorhandenen Gesamtgute Vermögensstücke an sich nahm, unterlag sie der persönlichen Haftung in jedem Falle. Sie konnte diese Haftung ablehnen, wenn sie (regelmäßig durch eine symbolische Handlung) auf ihre Rechte verzichtete (beneficium abdica

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