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Antrag des Eigentümers gestellte Frist hat verstreichen lassen (§ 1052), als auch dann, wenn der Nießbraucher die Rechte des Eigentümers in erheblichem Maße verlegt und troz Abmahnung sein Verhalten fortsett (§ 1054). Der Eigentümer kann selbst zum Verwalter bestellt werden, dieser steht in jedem Falle unter der Aufsicht des Gerichts nach den bei der Zwangsverwaltung maßgebenden Grundsägen (§§ 1052, 1054). Der Eigentümer fann ferner auf Unterlassung flagen, wenn der Nießbraucher einen ihm nicht zustehenden Gebrauch von der Sache trok Abmahnung macht (§ 1053).

4. Übertragung. Der Nießbrauch ist ein höchstpersönliches Recht. Nach altem und neuem Recht (§ 1059 BGB, 857 3PO) ist daher nicht das Recht selbst, wohl aber die Ausübung des Rechts (z. B. durch Verpachtung) übertragbar.

§ 204. Grunddienstbarkeiten im allgemeinen.

1. Begriff. Die vom BGB (§ 1018) gegebene Begriffsbestimmung der Grunddienstbarkeit: „Ein Grundstück kann zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines anderen Grundstücks in der Weise belastet werden, daß dieser das Grundstück in einzelnen Beziehungen benuhen darf, oder daß auf dem Grundstücke gewisse Handlungen nicht vorgenommen werden dürfen oder daß die Ausübung eines Rechtes ausgeschlossen ist, das sich aus dem Eigentum an dem be= lasteten Grundstücke dem anderen Grundstücke gegenüber ergibt," stimmt mit dem bisherigen Recht überein. Zur erstgenannten Art gehört das Gehen, Fahren, Wasserholen, zur zweiten das Recht, das Bauen oder Höherbauen zu verbieten, die dritte Art besteht in dem Ausschluß der sog. Legalservituten.

2. Wesen. Die Grunddienstbarkeiten bilden eine Eigen schaft des herrschenden" Grundstücks und sehen eine Eigenschaft des dienenden" Grundstücks voraus. Lettere sollte nach römischem Recht, eine causa perpetua et naturalis sein, die Servitut fiel danach fort, wenn die dienende Sache jene natürliche Eigenschaft (z. B. fließendes Wasser) verlor, ohne daß der Eigentümer die Pflicht hatte, die natürliche Eigenschaft durch eine künstliche Anlage zu ersehen. Das neue Recht hat dieses Erfordernis nicht übernommen, es können demnach vorübergehende Eigenschaften oder künstliche Anlagen des dienenden Grundstücks Grundlage einer Realfervitut werden. (§ 1018), sofern sie nur dem herrschenden Grundstück nüßen (§ 1019).

Aus dem Wesen des Rechts als eines dinglichen Rechts an fremder Sache folgt, daß der Eigentümer, der einen Teil seines Grundbesizes zum Dienste für den andern Teil bestimmt, nur sein Eigentum ausübt (nemini res sua servit). Veräußert er den einen

Teil und ist er mit dem Erwerber über den Fortbestand der bisherigen Benutzung des abgetretenen Teiles einig, so wurde nach gemeinem Recht aus dem tatsächlichen Zustande ein Servitutrecht, wäh= rend es nach neuem Rechte (§ 873) bis zur Eintragung bei dem tatsächlichen Zustande und der bloßen Einigung verbleibt.

Der Grundsag: praedia debent esse vicina sollte nur besagen, daß beide Grundstücke in einem solchen räumlichen Verhältnis zueinander liegen müssen, daß eine Eigenschaft des einen Grundstücs den Bedürfnissen des andern, wenngleich unter Anwendung_künstlicher Anlagen dienen kann.1) In diesem Sinne wird das Erfordernis auch nach BGB gelten müssen (§ 1019), das es ausdrücklich nicht aufstellt.

Ein Recht, das im übrigen den Inhalt einer Realservitut hat, aber zum persönlichen Vorteil eines Grundeigentümers oder einer bestimmten Person bestellt ist, unterliegt nach altem und neuem Recht (§ 1019) nicht den Grundfäßen von Realservituten. Dem persönlichen Vorteile des Berechtigten aber dient das Recht dann, wenn das Maß der Berechtigung über die Bedürfnisse des Grundstücks hinausgeht. Das Recht, aus einem Walde Holz zu entnehmen, ist daher dann keine Grundgerechtigkeit, wenn der Eigentümer des herrschenden Grundstücks nicht auf die Menge und die Art des Holzes beschränkt ist, deren er zur Erhaltung der Gebäude und zur Bewirtschaftung des herrschenden Grundstücks bedarf.2) Man nannte solche Rechte bisher irreguläre Servituten, fortab heißen sie beschränkte persönliche Dienstbarkeiten, was sie in Wahrheit sind (§ 1090).

Die große Fülle der Prädialservituten scheidet man nach verschiedenen Einteilungsgründen. Am gebräuchlichsten wurde die Einteilung in s. urbanae und s. rusticae. Entscheidend war dabei die Eigenschaft des herrschenden Grundstücks als eines bebauten (praedium urbanum) oder als eines nicht überbauten (p. rusticum). Urbanalservituten waren z. B. die Aussichtsgerechtigkeiten (s. ne altius tollatur, ne prospectui, luminibus officiatur) und die Baugerechtigkeiten (s. projiciendi [einen Balkon, Erter usw. zu haben], s. tigni immittendi, oneris ferendi, stillicidii recipiendi). Rustikalservituten sind der iter (Fußweg), via (Fahrweg), actus (Viehtrieb), aquaeductus. Daneben bestehen aber noch die s. aquaehaustus, das jus cretae eximendae, silvae caeduae und viele andere. Zu diesen dem römischen Recht bekannten sind deutschrechtliche Servituten hinzugetreten. In großer Mannigfaltigteit bestanden Wald- und Weidegerechtigkeiten (Beholzungsrecht,

1) Späterer Wegfall der Vizinität RG 26, 167.

2) Vgl. die auch in Zukunft wichtige Entsch. RG 8, 207; auch RG 1, 329 (1. 5 § 1, 1. 6, 24, 29, 33 § 1 D. 8, 3, 1. 44 D. 19, 2, 1. 12 Cod. 3, 34).

Mastgerechtigkeit). Viele dieser Rechte sind durch die Agrargesetzgebung des 19. Jahrhunderts aufgehoben oder für ablösbar erklärt worden. Wirkliche Grundgerechtigteit sind sie nur dann, wenn sie sich den Verhältnissen eines herrschenden Grundstücks anpassen. Die römischen Einteilungen sind veraltet, § 1018 BGB gibt eine neue Einteilung nach dem Inhalte des Rechts, ohne daran praktische Folgen zu knüpfen.

Die Servituten sind in dem Sinn unteilbar, daß sie weder für noch gegen einen Bruchteil des Grundstücks noch zu einem bloßen Bruchteil des Rechts selbst bestellt werden können. Ihre vertragsmäßige Begründung kann nur von allen Miteigentümern des herrschenden oder dienenden Grundstücks ausgehen, sofern nicht ein Vertretungsverhältnis des einen zu den andern Miteigentümern obwaltet. Wird nach Bestellung der Servitut das herrschende Grundstück geteilt, so dauert nach altem und neuem Recht (§ 1025) die Grunddienstbarkeit fort und zwar, sofern sie nicht an eine Eigenschaft eines bestimmten Teiles (z. B. ein Recht auf freie Aussicht an die einen kleinen Teil des Grundstücks einnehmende Villa) geknüpft war, für die einzelnen Teile. Es kann also jeder Teileigentümer die volle Servitut ausüben, doch darf sie damit nicht beschwerlicher für das dienende Grundstück werden. Wird das dienende Grundstück geteilt, so besteht nach altem und neuem Rechte die Servitut an jedem Teile des belasteten Grundstücks; war sie aber auf einen bestimmten Teil des belasteten Grundstücks beschränkt, so werden die anderen Teile frei (§ 1026).

Daraus, daß die Servitut schonend (civiliter) aus ge= übt werden soll (§ 1020), folgt, daß der Eigentümer des herrschenden Grundstücks die Servitut für spätere Erweiterungen seines Grundstücks nicht in Anspruch nehmen1) kann. Ferner muß er sich gegebenenfalls eine Einschränkung seines Rechts auf einen Teil des an sich unbeschränkt belasteten Grundstücks, nicht aber auf ein anderes Grundstück, gefallen lassen (RG 2, 159 und § 1023 BGB). Für den Schaden aber, den das dienende Grundstück infolge rechtmäßiger Ausübung der Servitut erleidet, steht der Berechtigte nicht ein (RG 1, 337).

§ 205. Begründung und Endigung der Dienstbarkeiten. A. Die Dienstbarkeiten wurden nach früherem Recht begründet: 1. Durch Rechtsgeschäft (legtwillige Verfügung oder

1) Modifiziert für Gebäudeservituten RG 27, 164.

bloßen Vertrag ohne übergabe). Die Bestellung muß vom veräußerungsberechtigten Eigentümer bewirkt werden.

2. Durch Ersigung, die sich durch eine zwanzig Jahre unter Abwesenden, zehn Jahre unter Anwesenden mit dem animus juris exercendi, non vi nec clam nec precario fortgesette Ausübung des Servitutrechts vollendet und eines Titels nicht bedarf. Es genügt zum animus juris e. der Glaube, ein Recht auf die frag= liche Benuzung zu haben, wenngleich diesem Glauben der Irrtum zugrunde liegt, das Recht sei ein umfassenderes, insbesondere Eigentum. Dieser Art der Entstehung entspricht es, daß die Servitut nur in dem Umfang erworben wird, in dem sie ausgeübt worden (quantum possessum, tantum praescriptum). Denn es kann nicht durch fortgesezten Besitz ein umfassenderes Recht erworben werden als die Beteiligten haben ausüben und dulden wollen (RG 1, 335). Die Erhaltung einer einmal erworbenen Servitut sezt aber nicht notwendig voraus, daß sie stets bis zur äußersten Grenze des Rechts ausgeübt werde (1. 18 D. 8, 3, 1. 8 § 1, 1. 9 D. 8, 6).

3. Durch Gesez entstand nach deutschem Rechte der Nießbrauch des Ehemannes am Vermögen der Frau, des Vaters am Ver= mögen des Kindes.

Das neue Recht weicht hiervon in mehreren Beziehungen ab. Es unterscheidet zwischen beweglichen und unbeweglichen Sachen. An unbeweglichen Sachen sind alle Dienstbarkeiten, an beweglichen ist nur der Nießbrauch möglich.

1. Zur Entstehung einer Servitut an einer un beweglichen Sache ist entweder

a) der formale dingliche Vertrag und die Eintragung im Grundbuch erforderlich; eine legtwillige Verfügung gibt demnach dem Bedachten nur einen persönlichen Anspruch gegen den Erben auf Bestellung der Servitut (§ 873 BGB);

b) oder die sog. Buch- oder Tabularersihung notwendig, die hier darin besteht, daß jemand das für ihn eingetragene, aber ihm in Wahrheit nicht zustehende Servitutrecht durch 30 Jahre ausübt (§ 900 Abf. 2).

Die eigentliche Ersigung ist für alle Servituten an unbeweglichen Sachen als Erwerbsgrund beseitigt.

2. Der Nießbrauch an beweglichen Sachen kann erworben werden:

a) durch übergabe der Sache auf Grund dinglichen Vertrags (also sog. traditio ex justa causa); betreffs des Besizerwerbes und des Rechtserwerbes vom Nichtberech= tigten gilt hier das, was für den Eigentumserwerb an beweglichen Sachen Rechtens ist (§ 1032); die körperliche übergabe kann durch

brevi manu traditio (einen Vorbehalt), durch constitutum possessorium sowie durch Abtretung des Herausgabeanspruchs ersegt werden;

b) durch Ersizung, und zwar kommen auch hier die Grundsäge von der Erfißung des Eigentums an beweglichen Sachen zur Anwendung (§ 1033).

3. Der Nießbrauch an einem Rechte tann nicht durch Ersigung, sondern nur durch Bestellung begründet werden. Die Bestellung geschieht in derselben Weise, wie die übertragung des Rechts erfolgt (§ 1069).

B. Eine Servitut wurde nach früherem Recht aufgehoben: 1. durch Verzicht, durch Wiederaufhebung desjenigen Rechts, das den Besteller der Servitut zu ihrer Begründung befugt machte, durch Eintritt des Endtermins, der Resolu= tibbedingung;

2. durch Untergang der belasteten Sache. Wurde sie wiederhergestellt, so lebte das Recht wieder auf, der Nießbrauch dagegen dann nicht, wenn die neue Sache sich als eine andere darstellte, als die ursprünglich belastete war. Die Personalservituten gingen denn auch schon dann unter, wenn eine wesentliche Veränderung der belasteten Sache erfolgte;

3. durch Konfusion; der Erwerb des Eigentums durch den Nießbraucher wird Konsolidation genannt (§ 3 I. 2, 4), ist aber nur eine Art Konfusion.

4. Durch Verjährung, d. H. dadurch, daß der Berechtigte unter Anwesenden zehn, unter Abwesenden zwanzig Jahre hindurch die Servitut nicht ausübte (non usus). Bei den ständigen Servituten reichte der bloße Zeitablauf nicht aus, weil schon der Zustand, auf den die Servitut ein Recht gab, an sich eine Ausübung enthielt. Daher bedurfte es des Eintritts eines der Servitut widersprechenden Zustandes und des Ablaufs der damit in Lauf gefeßten Verjährungsfrist (fog. usucapio libertatis). Der rechtswidrige Zustand durfte aber nicht vi, clam oder precario entstanden sein. Blieb daneben die Ausübung der Servitut möglich, so bewirkte die usucapio libertatis nur eine Einschränkung des Rechts (RG 14, 211).

5. Personalfervituten gingen unter durch den Tod des Berechtigten, die einer juristischen Person zustehenden nach Ablauf von 100 Jahren, der gefeßliche Nießbrauch durch Endigung des Zustandes, an den das Gesetz seine Entstehung knüpfte, Real servituten durch den Untergang der herrschenden Sache. Da aber Gebäudeservituten nicht dem Gebäude (da dies nur Atzession), sondern dem Grundstücke selbst zustehen, so gingen sie auch mit dem Wegfalle des Gebäudes nicht unter (RG 27, 164).

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