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es sei denn, daß diese bisher vorhanden gewesene Verbindung durch eine willkürliche Handlung des Eigentümers aufgehoben wird.

8. Die Notwendigkeit einer unzweifelhaften Grenzlinie legt den Nachbarn gewisse Verpflichtungen auf:

a) Sind die Nachbarn über den Grenzzug e in ig, fehlt es aber an sicheren Grenz zeichen, so kann nach der Praris des gemeinen Rechts und nach neuem Rechte (§ 919) jeder Teil die Herstellung oder Wiederherstellung solcher Zeichen verlangen.

b) Ist die Grenze streitig, eine sog. Grenzverwirrung vorhanden, so kann nach altem und neuem Recht der Eigentümer die Grenzfeststellungsklage (a. finium regundorum) er= heben. Sie unterscheidet sich von der Eigentumsklage dadurch, daß lettere auf das Eigentum, jene auf die Behauptung der Grenzungewißheit gestügt ist; sie verlangt Feststellung der Grenze und legt daher sowohl nach altem als nach neuem Rechte dem Richter die Pflicht auf, zu einem positiven Ergebnis zu gelangen, selbst wenn dies dem Kläger nachteilig sein sollte. Um zur Feststellung der vorhandenen, aber verwirrten Grenze zu gelangen, hat der Richter zunächst die von jedem Teile über die Grenze aufgestellte Behauptung zu prüfen, und führt diese Prüfung nicht zu einem Ergebnis, nach dem Besigstande zu entscheiden, läßt sich der Besitzstand nicht feststellen, die streitige Fläche zu teilen, endlich aber, wenn die so gefundene Grenze mit den ermittelten Umständen, insbesondere mit der Größe der Grundstücke nicht übereinstimmt, die Grenze nach Billigkeit zu ziehen (§ 920).1)

9. Zwischenräume (Raine, Winkel, Gräben usw.), die dem Vorteile beider Grundstücke dienen, unterliegen nach neuem Recht (§ 921), das sich in übereinstimmung mit zahlreichen deutschen Landesrechten befindet, kraft gesetzlicher Vermutung dem gemeinschaftlichen Nugungsrechte der Nachbarn. Die Vermutung kann nur durch äußere Merkmale, welche auf das ausschließliche Recht eines der Nachbarn hinweisen, widerlegt werden (§ 922).

Ein auf der Grenze stehender Baum oder Strauch gehört nach altem (1. 19 pr. D. 10. 3) und neuem Recht (§§ 94, 923) als wesentlicher Bestandteil beider Grundstücke den Nachbarn nach reellen und wenn er durch Zufall oder Menschenhand vom Boden getrennt, also selbständige Sache geworden ist, nach ideellen, und zwar nach neuem Rechte zu gleichen Teilen. Auch die Früchte des stehenden Baumes werden gleich geteilt. Nach neuem Recht kann jeder Nachbar die Beseitigung des Baumes verlangen.

10. Baubeschränkungen kannte das römische Recht nur wenige,

1) Gerichtsstand forum rei sitae § 24 3PO.

oder

das deutsche Recht jedoch namentlich ein sog. Licht Fensterrecht, wonach Neubauten eine gewisse Entfernung von vorhandenen Fenstern einhalten müssen. Das BGB gibt hierüber teine Bestimmungen.

11. Partikularrechtlich besteht das Hammerschlagsoder Leiterrecht, d. h. die Befugnis, das benachbarte Grundstück zum Zwecke der Wiederherstellung des eigenen oder zur Aufstellung eines Gerüstes am eigenen Gebäude zu betreten, und das Anwende-, Umwende, Tret-, Kehr- oder Pflugrecht, d. h. das Recht, das benachbarte Grundstück zum Zwecke der Umkehrung des Pfluges zu betreten. Das BGB enthält hierüber nichts.

12. Gemeinrechtlich ist die (nicht dem Nachbarrecht entspringende) Verpflichtung des Grundeigentümers, Schürfarbeiten zum Zwecke der Aufsuchung von Fossilien zu gestatten.

Das BGB läßt diejenigen Bestimmungen, welche das Eigentum andern nachbarrechtlichen Beschränkungen unterwerfen, bestehen (Art. 124, 123 EG), bei den von ihm selbst angeordneten Einschränkungen sind jedoch in Zukunft ausschließlich seine eigenen Vorschriften maßgebend (vgl. jedoch Art. 122 EG). Ferner gibt das BGB in § 907 (f. oben Nr. 2) eine so ausgedehnte Eigentumsbeschränkung zum Nachteil von Anlagen, daß zahlreiche partikularrechtliche Beschränkungen von ihr umfaßt werden.

III. Nicht dem Nachbarrecht angehörig und neu ist die Bestimmung des § 904 BGB über die sog. Nothilfe. Nach ihr hat der Eigentümer einer beweglichen oder unbeweglichen Sache die Einwirkung eines andern auf die Sache zu dulden.

a) wenn die Einwirkung zur Abwendung einer gegenwärtigen, der förperlichen Unversehrtheit oder dem Vermögen eines andern tatsächlich drohenden Gefahr objektiv notwendig und

b) der drohende Schaden gegenüber dem aus der Einwirkung dem Eigentümer entstehenden Schaden unverhältnismäßig groß ist. Der Eigentümer kann aber Ersatz des ihm entstehenden Schadens verlangen, und zwar nur von dem, der ihn verursacht (streitig).

§ 174. Die Wege und das Waffer.

1. Die Bedeutung des Gegensates von öffentlichen und Privatwegen ist S. 84 erörtert. Danach stehen Privatwege im Eigentum einer Privatperson und dienen nur bestimmten Personen traft privatrechtlichen Titels (Wegegerechtigkeit). Die Gesetzgebung hinsichtlich der öffentlichen Wege ist und bleibt Landessache, weil sie einen Bestandteil des öffentlichen Rechts bildet. Das römische und gemeine Recht gab jedoch einem jeden, der ein Interesse hatte, ein auf Abwehr von Störungen und Behinderungen, Wiederherstellung des früheren

Zustandes und Schadensersag gerichtetes privatrechtliches Klagerecht (f. S. 84, RG 1, 158; 3, 173; 6, 160). Dieses Recht hatte zwar das Vorhandensein einer öffentlichen Straße zur Vorausseßung, dagegen bestand ein Recht auf Erhaltung des öffentlichen Weges nicht. Auch hieran wird durch das BGB nichts geändert.

II. Der Gegensah von öffentlichen und Privatflüssen ist S. 84 erörtert.

Private Gewässer, welche von einem Grundstück umschloffen find, stehen im alleinigen Eigentum dessen, dem dieses gehört. Das Bett von Privatflüssen gehört dem Eigentümer des Grundstücks, und bildet der Fluß die Grenze zweier Grundstücke, so steht jedem Anlieger das Eigentum bis zur Mittellinie zu. Die fließende Wasserwelle dagegen unterliegt nur einem Benußungsrechte der Anlieger, das durch das gleiche Recht der andern Flußanlieger gemeinrechtlich und im öffentlichen Interesse landesrechtlich beschränkt ist, insbesondere ist der Ufereigentümer, der auf seinem Grundstücke Wasser aus dem Flusse ableitet, verpflichtet, das von ihm nicht verbrauchte Wasser dem Flusse wieder zuzuführen, bevor dieser ein unterhalb liegendes Grundstück erreicht. Stauanlagen unterliegen im Interesse des Mühlenbetriebes mannigfaltigen landesrechtlichen Einschränkungen und nach § 16 GO der obrigkeitlichen Genehmigung.

Quellen sind nach römischem Recht (1. 11 D. 43, 24) pars agri und unterliegen der freien Verfügung des Eigentümers, doch ist nach deutschen Landesgesehen auch dieses Recht beschränkt.

Bei öffentlichen Gewässern steht den Anliegern nur das Recht des Gemeingebrauchs des Wassers zu. Aber auch hier be= stehen die durch das gleiche Recht aller bedingten Beschränkungen des dem einzelnen zustehenden Nuhungsrechts.

Zum Schute gegen überschwemmungen dienen die Deiche, d. h. am Meer, an Seen und Flüssen angebrachte Erddämme. Der Herstellung und Unterhaltung der Deiche dienen die Deichverbände, d. h. die Körperschaften, welche aus den Eigentümern der gefährdeten Grundstücke gebildet werden und durch sog. Deichgeschworene und den Deichgrafen oder Deichhauptmann vertreten werden. Sie regeln die sog. Deichlast durch Deichordnungen, welche wegen der hohen wirtschaftlichen Bedeutung des gesamten Deichwesens meist obrigkeitlicher Bestätigung bedürfen und dann gesegesgleiche Geltung haben (RG 25, 274). Deichordnungen kommen schon im 13. Jahrhundert bor. Sie gestatten gegen die Eigentümer der Ufergrundstücke die Ausübung eines Zwanges. Dieser Zwang ging in den älteren Deichordnungen so weit, daß derjenige, der die Deichlast nicht tragen wollte, zur Aufgabe seines Eigentums genötigt wurde (Rechtssprichwort wer nicht will deichen, muß weichen"); nach heutigem Rechte besteht

nur das Recht des Verwaltungszwangsverfahrens wegen rüdständiger Deichlasten, die das Wesen öffentlicher Lasten haben. Daher ist auch das sog. Spatenrecht nicht mehr in Brauch, das in der Aufgabe des Grundstückes durch die symbolische Handlung der Einsetzung eines Spatens bestand und demjenigen das Eigentum des Grundstücks gab, der den Spaten herauszog. Wasserdurchlässe, welche in den Deichen angebracht werden, heißen Sielen. Das gesamte Deichund Sielrecht wird vom BGB nicht berührt (Art. 66 EG).

Im Gegensahe zu dem aus dem Innern der Erde hervorquellenden steht das Tages wasser, d. i. das aus den Niederschlägen herrührende Wasser. Der Ablauf dieses Wassers bildet die Vorflut. über sie enthält schon das römische Recht eingehende Bestimmungen, die auf dem Grundsage beruhen, daß dem Tageswasser sein natürlicher Ablauf belassen werden müsse. Deshalb hat der Nachbar gegen den Nachbar, wenn Anlagen hergestellt werden, durch welche der natürliche Ablauf geändert wird, die a. aquae pluviae arcendae auf Wiederherstellung des früheren Zustandes. Der Anspruch ist ein persönlicher. Das deutsche Recht hat die gemeinrechtlichen Vorschriften vielfach abgeändert, insbeson= dere die Herstellung einer geregelten Vorflut als Aufgabe der Landeskultur aufgefaßt und deshalb den Behörden eine weitgehende Befugnis zum Eingreifen gewährt.

Das BGB läßt das Wasserrecht unberührt (Art. 65 EG).

§ 175, Das Beräußerungsverbot und das Beispruchsrecht. I. Veräußerungsverbote haben regelmäßig den Sinn, daß sie jede Verfügung hindern sollen, welche dem Zwecke des Verbotes widerspricht. Auf diesem Standpunkte steht auch das BGB, indem es schlechthin die „Verfügung" (§ 135), mithin auch die Belastung der Sache mit Unwirksamkeit bedroht. Die Verbote, um die es sich hier handelt, sind mannigfaltiger Art. Ein solches tann beruhen:

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1. Auf Gesek. Die diesem Verbote widersprechende Verfügung ist nach altem und neuem Rechte stets dann nichtig, wenn das Verbot im allgemeinen Interesse erlassen ist (§ 134 BGB). Bezweckt das Verbot nur den Schutz bestimmter Personen, so ist die Veräußerung nur diesen Personen gegenüber unwirksam“, d. h. sie kann durch Zustimmung oder Verlust des Anfechtungsrechts dieser Personen (1. 42 D. 41, 3) unanfechtbar werden (§ 135). So ist eine nach der Konkurseröffnung vom Gemeinschuldner bewirkte Veräußerung nur gegenüber den Konkursgläubigern unwirksam (§§ 6, 7 KQ), und die im Wege der Zwangsversteigerung erfolgende Beschlagnahme des unbeweglichen Vermögens bewirkt ein Veräußerungsverbot nur zugunsten des be=

treibenden Gläubigers (§§ 20, 23 3mgstGef.).) Ob die Veräuße= rung durch Rechtsgeschäft oder im Wege der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung erfolgt, ist gleichgültig.

2. Auf richterliche Verfügung. Die gegen ein solches Verbot bewirkte Veräußerung war nach altem Rechte nichtig, nach neuem Recht (§ 136) ist sie nur gegenüber den Personen unwirksam, die durch das Verbot geschützt werden sollen.

Die nur zugunsten bestimmter Personen erlassenen geseglichen und die richterlichen Veräußerungsverbote können aber ein vorher entstandenes Recht auf Veräußerung nicht aufheben, daher bleibt ein vorher begründetes Pfandrecht bestehen. Die Folge ist, daß zum Zwecke der Durchführung eines solchen Rechts die Sache auch im Wege der Zwangsvollstreckung gültig veräußert werden kann. Wird aber die Zwangsvollstreckung betrieben wegen eines nur persönlichen Anspruchs, gleichviel wann er entstanden, oder wegen eines Rechts, das gerade infolge des Verbotes keine Wirkung hat, so soll die Ver= äußerung nicht erfolgen, d. h. das Vollstreckungsorgan soll die Veräußerung nicht vornehmen; erfolgt sie gleichwohl, so kann sie der durch das Verbot Geschütte nicht rückgängig machen; er fann aber durch die sog. Widerspruchsflage die beabsichtigte Veräußerung verhindern (§§ 772, 771 3PO). Kommt es zum Konkurse des mit dem Verbote Belasteten, so versagt das Verbot gegenüber dem Zugriffsrechte der Gläubiger, hier also muß der durch das Verbot Begünstigte die Verwertung der Sache geschehen lassen (§ 13 KO).

Nach neuem Recht ist der Erwerber geschüßt, wenn er in entschuldbarer Unkenntnis von dem Verbot erwirbt. Eine Ausnahme macht das mit der Konkurseröffnung verknüpfte Veräußerungsverbot: es hindert die Veräußerung eines zur Masse gehörigen Grundstüc3 nur, wenn die Konkurseröffnung in das Grundbuch eingetragen oder dem Erwerber bekannt ist, dagegen wirkt es gegen den Erwerber einer zur Masse gehörigen be weglichen Sache selbst dann, wenn der Erwerber in gutem Glauben ist (§ 7 KD §§ 892, 893 BGB). Dagegen ist der 3 weite gutgläubige Erwerber geschützt.

3. Ein auf Pr i v a t willenserklärung beruhendes Verbot begründet nach altem und neuem Rechte (§ 137) nur eine persön liche Verpflichtung und daher einen Schadensersatzanspruch des durch die Veräußerung Verletzten.

Gegenüber der Veräußerung von Grundstücken oder eingetragenen Rechten wirkt nach neuem Recht (§ 888) ein gesegliches oder richterliches Veräußerungsverbot wie eine Vormerkung, wenn das Verbot eingetragen oder dem Erwerber bekannt ist (§§ 135 Abs. 2, 136).

1) Mein deutscher Zivilprozeß § 134. S. auch unten § 230, 2.

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