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oder Verweigerung der Genehmigung blieb nach altem Rechte der Gegenkontrahent des Minderjährigen gebunden, doch konnte der Minderjährige Erfüllung nur verlangen, wenn er die von ihm übernommene Leistung anbot (sog. negotium claudicans). Das neue Recht (§ 109) unterscheidet: a) der andere Teil hat die mangelnde Geschäftsfähigkeit seines Gegenkontrahenten gekannt: dann ist er en den Vertrag gebunden; B) er hat die mangelnde Geschäftsfähig= feit nicht gekannt: dann ist er nicht gebunden, sondern zum Widerrufe seiner Erklärung berechtigt, die infolge der Unwirksamkeit des Geschäfts eine bloße Offerte geblieben ist. In welcher Weise eine Erflärung über die Genehmigung herbeigeführt wird, ist gleichgültig, hat aber der Gegenkontrahent des Minderjährigen dessen geseglichen Vertreter zu einer Erklärung aufgefordert, so kann (§ 108 BGB) die Genehmigung nur innerhalb zweier Wochen nach dem Empfange der Aufforderung und nur ihm gegenüber erklärt werden; wird sie in dieser Frist nicht abgegeben, so gilt sie als verweigert. Auch auf die Form der Genehmigung kommt nichts an (§ 182), sie kann daher durch eine schlüssige Handlung erklärt werden. Nur wenn der Minderjährige ein einseitiges Rechtsgeschäft vorgenommen hat, ist die Genehmigungserklärung entweder dem Gegenkontrahenten unmittel= bar mitzuteilen oder vom Minderjährigen in schriftlicher Form vorzulegen (§ 111).

Die Genehmigung des Vaters oder Vormundes kann sich auf ein bestimmtes Geschäft beschränken und dann diesem vorangehen oder nachfolgen (§§ 183, 184). Jft die Einwilligung des ge= fehlichen Vertreters vorher erfolgt (vgl. § 110), so ist das Geschäft, ist die Genehmigung nachher erfolgt, so wird das Geschäft von Anfang an gültig (ex tunc § 184). Die Genehmigung kann ferner für eine bestimmte Gaitung von Geschäften ein für allemal ge= geben werden und wird stillschweigend erteilt, wenn der gesetzliche Vertreter genehmigt, daß der Minderjährige eine Erwerbstätigkeit beginnt oder in eine bestimmte Berufsstellung eintritt: es sind damit alle diejenigen Geschäfte genehmigt, ohne die der Minderjährige jene Tätigkeit oder Berufsstellung nicht erfüllen kann. Das neue Recht (§§ 112, 113) nimmt diese Grundfäße auf, verlangt aber für die Ermächtigung zum Betriebe eines Erwerbsgeschäftes stets, und wenn der Vormund dem Minderjährigen die Genehmigung zum Eintritt in eine Dienst- oder Arbeitsstellung versagt, die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Es erblickt eine Genehmigung ferner in der Aushändigung der Mittel zu dem bestimmten Zwed oder zu freier Verfügung (§ 110. Taschengeld).

Nach bisherigem Rechte konnten Männer, die das 20., Frauen die das 18. Lebensjahr vollendet hatten, und es können nach neuem

Rechte Personen beiderlei Geschlechts mit dem vollendeten 18. Lebensjahre vom Vormundschaftsgericht nach vorangegangener Untersuchung für volljährigerflärt werden (venia aetatis, § 3). Die Testierfähigkeit tritt nach gemeinem Rechte mit der Mündigkeit, nach BGB (§ 2229) mit dem vollendeten 16. Lebensjahre, die Ehemündigkeit bei Männern mit dem vollendeten 21., bei Mädchen mit dem vollendeten 16. Lebensjahre ein. Befreiung von diesem Cheerfordernis ist nach neuem Rechte nur für Mädchen zulässig (§ 1303).

bb) In bezug auf die Verantwortlichkeit für schuldhaftes Handeln, sei es innerhalb oder außerhalb eines Vertrages, tam es nach gemeinem Rechte bei jedem Minderjährigen auf die Verstandesreife an, nach neuem Rechte (§§ 828 Abs. 2, 276) sind Personen unter 18 Jahren dann unverantwortlich, wenn sie nicht die zur Erkenntnis ihrer Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht besigen.

ce) Gesegliche Verpflichtungen treffen auch den Handlungsbzw. Geschäftsunfähigen (z. B. die auf der Verwandtschaft beruhende Unterhaltspflicht).

Hohes Alter, d. i. nach bisherigem Rechte von über 70, nach $ 17862 BGB von mehr als 60 Jahren, kann als Befreiungsgrund von der Vormundschaft geltend gemacht werden.

3. Gesundheit. Körperliche Krankheit kann das Recht gewähren, eine Vormundschaft abzulehnen (§ 1786'). Der Verlust eines Sinnes macht zum Abschlusse derjenigen Rechtsgeschäfte unfähig, welche eine Tätigkeit des betreffenden Sinnes voraussehen. Erreicht das Gebrechen einen solchen Grad, daß der Leidende an der Besorgung seiner Rechtsangelegenheiten gehindert ist, so kann ihm ein Pfleger bestellt werden, nicht ein Vormund (§ 1910), weil der Gebrechliche weder geschäftsunfähig noch in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist (§§ 104, 106, 114).

Geisteskrankheit dagegen beraubt regelmäßig der Handlungsfähigkeit. Wie aber der Geistes tranke zeitweise von dem Einflusse seines Leidens frei sein, lichte Augenblicke (lucida intervalla) haben und daher vorübergehend handlungsfähig sein kann, so kann der Geistes i ch w a che handlungsunfähig sein.

Der Geistestranke kann (§§ 645 ff. 3PO) durch amtsgerichtlichen Beschluß nach vorangegangenem Verfahren entmündigt werden. Der Beschluß hatte jedoch nach gemeinem Rechte nicht kon= stitutive, sondern deklarative. Wirkung: der Entmündigte blieb in lichten Augenblicken handlungsfähig, doch begründete die Entmündigung eine Vermutung (praesumtio facti) gegen die Handlungsfähigkeit.

Das BGB stimmt insofern mit dem gemeinen Recht überein, als nach ihm (§ 104) die Personen, welche sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustande krankhafter Störung der Geistestätigkeit befinden, geschäfts unfähig sind, natürlich aber nur während der Dauer dieses Zustandes; es weicht jedoch vom gemeinen Recht insoweit ab, als nach ihm die wegen Geisteskrankheit Entmündigten so lange geschäftsunfähig sind, bis die Entmündigung wieder aufgehoben ist, gleichviel, ob sie im einzelnen Falle mit Einsicht handeln könnten oder nicht. Das BGB unterscheidet ferner eine Entmündigung wegen Geistes krankheit, welche ge= schäftsunfähig macht, und eine Entmündigung wegen Geistesschwäche, welche die Geschäftsfähigkeit nur beschränkt (§§ 104, 114. Stellung gleich den über 7 Jahre alten Minderjährigen). Da die Entmündigung nur die Geschäftsfähigkeit nimmt, hängt die Verantwortlichkeit des Entmündigten für schuldhaftes Tun davon ab, ob er im gegebenen Falle mit Einsicht gehandelt hat (§§ 276, 827).

Als geistiger Mangel gilt auch die Verschwendungssucht, wenn fie die Gefahr eines Notstandes für den Verschwender oder seine Familie begründet (62 BGB).1) Daher kann der Verschwender auf Antrag eines seiner Verwandten, seines Ehegatten oder seines geset= lichen Vertreters durch amtsgerichtlichen Beschluß entmündigt werden (§§ 680 ff. 3PO). Die Entmündigung tritt mit der Zustellung des Beschlusses an den Entmündigten in Wirksamkeit und hat konstitutive Wirkung, indem sie die Entmündigten auf die Stellung eines Minderjährigen herabdrückt und ihn der Fähigkeit zu leztwilligen Verfügungen beraubt (§§ 114, 2229).

Nach BGB § 68 ist Trunksucht selbständiger Entmündigungsgrund, wenn sie zur Folge hat, daß der Trunksüchtige seine Angelegen= heiten nicht zu besorgen vermag oder sich oder seine Familie der Gefahr des Notstandes aussett oder die Sicherheit anderer ge= fährdet (§§ 680, 681 3PO). Der wegen Trunksucht Entmündigte steht dem wegen Verschwendung Entmündigten gleich.

Ferner sind die wegen Geistesschwäche, Verschwendung oder Trunksucht Entmündigten unfähig, Vormund oder Pfleger oder Mitglied eines Familienrats zu sein (§§ 1780, 1915, 1865).

1) L. 1 pr. D. 27, 10; 1. 12 D. 26, 5. MG 7, 350: wenn jemand bei feinen Ausgaben weder Maß noch Ziel zu halten weiß, wenn er übermäßige, zu seinem Vermögen in keinem Verhältnisse stehende unnüße Ausgaben macht und eine solche Lebensweise führt, welche bei fernerer Fortsehung zu seiner Verarmung führen muß. RG 21, 167: Untätigkeit, unwirtschaftliches Verhalten, Trunksucht, die zu unsinnigen, unwirtschaftlichen Handlungen hinreißt.

§ 18. Die rechtlichen Eigenschaften der Person.

1. Der Stand. Nach älterem römischen Recht hatten nur die römischen Bürger außer vollem öffentlichen Recht (jus suffragi et honorum) auch die volle Fähigkeit zu den altzivilen Privatrechten (jus connubii et commercii), d. h. zu den justae nuptiae, der manus, der patria potestas, dem dominium ex jure Quiritium, der sponsio, der mancipatio und der Testierfreiheit. Ihnen gegenüber standen die peregrini und die Latini in vielfachen Abstufungen. Kaiser Caracalla hob im Jahre 212 diese Unterschiede auf, indem er allen Bewohnern des Reiches das römische Bürgerrecht verlieh. Auch im älteren deutschen Rechte hatte der Standesunterschied insofern Einfluß auf die privatrechtliche Stellung des einzelnen, als sich für jeden Stand ein gewisser Kreis von Rechtsinstituten ausbildete. Im modernen Rechte sind diese Unterschiede ausgeglichen worden, die ständischen Sonderrechte haben einem allge= meinen Rechte Plak gemacht. Daher ist die Zugehörigkeit zu einem gewissen Geburtsstande heute im öffentlichen wie im Privatrechte grundsäglich einflußlos. Nur der hohe Adel hat eine ausgezeichnete Stellung erhalten.1) Zu ihm gehören die Familien, denen zur Zeit der Auflösung des alten Deutschen Reichs die erbliche Reichsstandschaft gebührte. Mitglied einer solchen Familie und damit des hohen Adels teilhaftig wird nur, wer aus einer standesgemäßen Ehe hochadeliger Personen hervorgeht. Insoweit hat sich das Ebenbürtigkeitsprinzip erhalten. Die nicht ebenbürtige Frau tritt nicht in den Stand des Mannes, erlangt weder seinen Rang noch seinen Namen, und die aus einer unebenbürtigen Ehe hervorgehenden Kinder folgen dem niederen Stande („das Kind folgt der ärgeren Hand"), treten nicht in das hochadelige Haus und entbehren auch der vermögensrechtlichen Vorteile dieser Stellung. Uneben= bürtig ist aber nicht nur die Ehe eines Hochadeligen mit einer bürgerlichen, sondern (nach der herrschenden Ansicht) auch die mit einer Frau von niederem Adel. Die Familien des hohen Adels sind Körperschaften, denen das Recht der Autonomie zusteht. Durch Art. 14 der Bundesakte vom 8. Juni 1815 wurde die bisherige Rechtsstellung der Familien des hohen Adels gewährleistet und durch Landesgesete ge= fichert. Die Artt. 57, 58 EG 3. BGB machen den Unterschied, daß a) in Ansehung der Landes herren und der Mitglieder der landesherrlichen Familien, sowie der Mitglieder der fürstlichen Familie Hohenzollern (des Hannoverschen Königs-, des Kurhessischen und des Nassauischen Fürstenhauses) die Haus- und Landesgesehe dem BGB vorgehen,

) Gierte I G. 397 ff.

Engelmann, D. bürgerliche Recht Deutschlands. IV. Aufl.

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Das BGB stimmt insofern mit dem gemeinen Recht überein, als nach ihm (§ 104) die Personen, welche sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustande krankhafter Störung der Geistestätigkeit befinden, geschäfts unfähig sind, natürlich aber nur während der Dauer dieses Zustandes; es weicht jedoch vom ge= meinen Recht insoweit ab, als nach ihm die wegen Geisteskrankheit Entmündigten so lange geschäftsunfähig sind, bis die Entmündigung wieder aufgehoben ist, gleichviel, ob sie im einzelnen Falle mit Einsicht handeln fönnten oder nicht. Das BGB unterscheidet ferner eine Entmündigung wegen Geistes krankheit, welche ge= schäftsunfähig macht, und eine Entmündigung wegen Geistesschwäche, welche die Geschäftsfähigkeit nur beschränkt (§§ 104, 114. Stellung gleich den über 7 Jahre alten Minderjährigen). Da die Entmündigung nur die Geschäftsfähigkeit nimmt, hängt die Verantwortlichkeit des Entmündigten für schuldhaftes Tun davon ab, ob er im gegebenen Falle mit Einsicht gehandelt hat (§§ 276, 827).

Als geistiger Mangel gilt auch die Verschwendungssucht, wenn sie die Gefahr eines Notstandes für den Verschwender oder seine Familie begründet (62 BGB).1) Daher kann der Verschwender auf Antrag eines seiner Verwandten, seines Ehegatten oder seines gesezlichen Vertreters durch amtsgerichtlichen Beschluß entmündigt werden (§§ 680 ff. 3PO). Die Entmündigung tritt mit der Zustellung des Beschlusses an den Entmündigten in Wirksamkeit und hat konstitutive Wirkung, indem sie die Entmündigten auf die Stellung eines Minderjährigen herabdrückt und ihn der Fähigkeit zu leztwilligen Verfügungen beraubt (§§ 114, 2229).

Nach BGB § 63 ist Trunksucht selbständiger Entmündigungsgrund, wenn sie zur Folge hat, daß der Trunksüchtige seine Angelegen= heiten nicht zu besorgen vermag oder sich oder seine Familie der Gefahr des Notstandes aussetzt oder die Sicherheit anderer ge= fährdet (§§ 680, 681 3PO). Der wegen Trunksucht Entmündigte steht dem wegen Verschwendung Entmündigten gleich.

Ferner sind die wegen Geistesschwäche, Verschwendung oder Trunksucht Entmündigten unfähig, Vormund oder Pfleger oder Mitglied eines Familienrats zu sein (§§ 1780, 1915, 1865).

1) L. 1 pr. D. 27, 10; 1. 12 D. 26, 5. RG 7, 350: wenn jemand bei seinen Ausgaben weder Maß noch Ziel zu halten weiß, wenn er übermäßige, zu seinem Vermögen in keinem Verhältnisse stehende unnüge Ausgaben macht und eine solche Lebensweise führt, welche bei fernerer Fortsehung zu seiner Verarmung führen muß. RG 21, 167: Untätigkeit, unwirtschaftliches Verhalten, Trunksucht, die zu unsinnigen, unwirtschaftlichen Handlungen hinreißt.

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