Page images
PDF
EPUB

der Eltern und Kinder untereinander sind zu Privatrechten geworden. Man nennt diese Rechte Personenrechte.

Die Rechte an der unfreien Natur bilden die Vermögens rechte. Diese Rechte unterwerfen ein Sachgut entweder der unmittelbaren Einwirkung der Person und heißen dann Sachen rechte oder dingliche Rechte, oder sie geben der Person eine mittelbare Herrschaft über ein Sachgut, indem sie den Willen einer bestimmten Person dahin binden, dem Berechtigten ein Sachgut zu verschaffen, d. i. eine Leistung zu machen, und heißen dann Forderung s oder persönliche Rechte. Die Sachenrechte sind absolut, die Forderungsrechte relativ. Ihr Gegensah läßt sich nicht mit aller Schärfe durchführen, denn zahlreiche Rechte, die dem Berechtigten eine gewisse Macht über eine Sache gewähren, verlangen doch Leistungen von bestimmten Personen.')

=

Mit den persönlichen Rechten haben die Personenrechte nur die Richtung auf eine bestimmte Person gemein. Aber während das Personenrecht die Person als solche unmittelbar dem Rechte des anderen unterwirst, geht das persönliche Recht auf Bindung des Willens nur hinsichtlich der einzelnen Handlung, durch welche der Verpflichtete dem Berechtigten das von diesem allein erstrebte Sachgut verschafft. Das Personenrecht hat daher gleich dem Sachenrechte die Eigenschaft einer gewissen Dauer, es besteht an der Person; das persönliche Recht ist etwas Vorübergehendes, es ist ein nur gegen die Person gerichtetes Vermögensrecht.

Das Erbrecht im Sinne von Erbfolgerecht ist das Recht auf den Erwerb des Vermögens eines Verstorbenen. Erbrecht bedeutet aber auch das verwirklichte Erbfolgerecht, d. h. das Recht am Nachlasse des Verstorbenen. Beides sind absolute Rechte.

Man kann die Rechte ferner einteilen in H a u pt- und Neben= rechte, indem man unter letteren diejenigen versteht, welche von dem Bestehen eines anderen Rechtes abhängen (akzessorische Rechte), unter ersteren diejenigen, welche unabhängig von einem anderen Rechte bestehen können. Ein positives Recht ist darauf gerichtet, daß etwas geschehe, ein negatives darauf, daß etwas nicht geschehe.

§ 13. Das Rechtssystem.

Die systematische Darstellung des objektiven Rechts lehnt sich an die Einteilung der subjektiven Rechte an, indem sie diejenigen Rechtsnormen zusammenstellt, welchen eine bestimmte Art von Be

1) S. hierüber die vortreffliche Schrift von E. Fuchs: Das Wesen der Dinglichkeit, Berlin 1889. Oertmann: Jahrb. f. Dogmatik31 Nr.8.

rechtigungen unterliegt. Man nennt daher z. B. Sachenrecht diejenigen Rechtsgrundsäße, nach denen sich die Sachenrechte be= stimmen.

In den Institutionen von Gajus und von Justinian findet sich die Einteilung: Omne jus, quo utimur, vel ad personas pertinet vel ad res vel ad actiones (Gaj. 1, 8; § 12 I. de jure nat. 1, 12). Im ersten Teile ist von den Personen gehandelt, aber nicht vom Familienrecht; der zweite Teil bringt das gesamte Ver= mögensrecht, und zwar zunächst das Eigentum, dann die dinglichen Rechte an fremder Sache (diese fehlen bei Gajus), darauf das Erbrecht, endlich die Forderungsrechte. Der dritte Teil enthält die Lehre von den gerichtlichen Schußmitteln der Rechte (actiones, exceptiones, interdicta), vom Einflusse des Prozesses auf die Rechte und vom Untergange der gerichtlichen Schuhmittel, bei Gajus auch die Darstellung des römischen Zivilprozesses, während diese bei Justinian fehlt.

Die Digesten und der Koder lehnen sich an die Einteilung des Edikts an, und dieses wiederum hält die Reihenfolge der Legisaftionen inne. Diese Gruppierung hat zahlreiche und umfangreiche Einschaltungen notwendig gemacht.

Die umfassenden Kodifikationen der Neuzeit, insbesondere das Allg. Landrecht für die Preußischen Staaten, hatten besondere Systeme aufgestellt. In den Lehr- und Handbüchern des gemeinen Rechts aber wurde die Einteilung in fünf Bücher fast allgemein gebräuchlich, welche dem Sachenrecht, dem Obligationenrecht, dem Familienrecht und dem Erbrecht gewidmet sind und denen als erstes Buch die allgemeinen Lehren vorangestellt sind. Die Persönlichkeitsrechte fanden schon aus dem Grunde in diesem Systeme keinen Plak, weil sie, dem deutschen Recht angehörig, in den Darstellungen des Pandektenrechts überhaupt nicht behandelt wurden.

Das BGB zerfällt gleichfalls in fünf Bücher: da sich diese Einteilung an die Disposition der Pandektenlehrbücher anlehnt und daher die nur beiläufig (§§ 7, 12 BGB) oder in anderen Gesezen behandelten Persönlichkeitsrechte nicht mit berücksichtigt, mußte, sie in der vorliegenden Arbeit ergänzt werden. Diese wird daher hinter dem das Erbrecht enthaltenden 5. Buche in einem sechsten Buche die Persönlichkeitsrechte einschieben, im übrigen aber der Einteilung des BGB folgen, also sechs Bücher enthalten.

Das HGB hat vier Bücher. Sein Inhalt wie derjenige der anderen Geseze handelsrechtlichen Inhalts ist in der vorliegenden Arbeit in das oben besprochene System mit eingeflochten.

§ 14. Recht und Anspruch.

Das römische Recht gibt statt einer Einteilung der Rechte eine weitverzweigte Einteilung der actiones. Da aber actio im privatrechtlichen Sinne das mit der Möglichkeit gerichtlicher Geltendmachung ausgestattete Recht bezeichnet, so bot jene Einteilung im wesentlichen dasselbe, wie die heutige Klassifikation der Rechte. Dies hing mit der eigenartigen Entwicklung des römischen Privatrechts zusammen. Schon im Legisaktionenprozesse tam es darauf an, das behauptete Recht in eine legis actio zu bringen und ihm so die Möglichkeit richterlicher Aburteilung zu verschaffen. War das nicht mög= lich, fehlte also die actio, so war es Sache des guten Willens des angeblich Verpflichteten, zu leisten, was begehrt wurde, aber der 3wang fehlte. Später kam es darauf an, ob der Prätor eine actio gab, d. h. ob er für ein bestimmtes Begehren ein judicium anordnete. Actio war also in jedem Falle „die Aussicht auf judicium".) So entwickelte sich das römische Recht mehr zu einem System von prozessualischen Schutzmitteln als zu einem System von Privatrechten.)

Das heutige Recht gewährt Rechte und infolge dessen die Möglichkeit gerichtlichen Schußes, daher bildet auch die neueste Rodifitation ein System von Rechten. Wird heute der Ausdruck ge= braucht, man habe eine „Klage", so ist das Recht gemeint, das durch Klage geltend gemacht werden kann.

Aber wenngleich die Klage auf einem wirklichen oder vermeintlichen Rechtsverhältnisse beruht, so wird doch Urteil begehrt nur über den mit diesem Rechte zusammenfallenden oder aus ihm her= geleiteten, durch die Klage geltend gemachten Anspruch. Anspruch ist nämlich, wie § 194 BGB in übereinstimmung mit der herrschenden Auffassung des gemeinen Rechts definiert, „das Recht, von einem andern ein Tun oder ein Unterlassen zu verlangen". Dem Anspruche ist daher die Richtung gegen eine bestimmte Person und zugleich das Begehren einer bestimmten Leistung wesentlich, gleichwohl ist der Anspruch nicht gleichbedeutend mit persönlichem (relativem) Rechte, denn wenngleich viele Forderungsrechte sich in einem einzigen bestimmten Anspruche erschöpfen, so gibt es doch relative Rechte, die mehrere Ansprüche erzeugen können. Deutlicher in die Augen fällt der Gegensatz zwischen Anspruch und absolutem Rechte, weil dieses gegen jeden wirkt und erst im Augenblicke der Beeinträchtigung einen Anspruch aus sich erzeugt, nämlich den Anspruch auf Wiederherstellung desjenigen Zustandes, der dem Rechte entspricht. So hat der Eigentümer, solange er im Genusse seines Rechtes nicht gestört wird,

') Fischer Recht und Rechtsschuß. 1889. S. 65.
cher a. a. D. S. 7.

zwar ein Recht, aber keinen Anspruch: sobald ihm aber jemand die Sache rechtswidrig vorenthält, erwacht für ihn gegen diesen der Herausgabeanspruch, und sobald jemand ein Recht an der Sache geltend macht, erwacht für den Eigentümer der Abwehranspruch.

Die Begriffe actio und Anspruch fallen also nicht vollständig zusammen, weil das Wort actio auf die gerichtliche Verfolg= barkeit des Rechts Bezug nimmt. Gleichwohl können sie im übrigen gleichbedeutend gebraucht werden.

Zahlreiche Einteilungen der actiones hingen mit der römischen Gerichtsverfassung und dem römischen Zivilprozeß zusammen und hatten daher ihre praktische Bedeutung schon für das gemeine Recht verloren.1) Praktische Bedeutung behalten hat aber die auch bei den Römern als die wichtigste behandelte Einteilung in actiones in rem und in personam oder personales. Jene bezeichnen die Klagen nicht aus dinglichen Rechten allein, sondern aus absoluten Rechten überhaupt, diese die Klagen aus relativen Rechten. Die Bezeichnung rührt daher, daß in der Formel der a. in rem der Verpflichtete nicht bezeichnet wurde, die a. in personam aber gegen einen Beklagten gerichtet wurde, der schon von vornherein als der Verpflichtete und daher allein mögliche Beklagte gegeben war. Eine Ausnahme von der Regel bildeten die actiones in rem scriptae d. h. persönliche Klagen, die nicht bloß gegen den ursprünglich Verpflichteten, sondern unter Umständen auch gegen einen anderen ge= richtet werden konnten. Die hier erwähnte Einteilung ist aber nicht aus der Eigentümlichkeit der Klage, sondern aus der Natur des Rechtes hergenommen, denn die actio richtet sich wie der Anspruch immer gegen eine bestimmte Person. Ihr entspricht heute die Scheidung in dingliche und persönliche Ansprüche.

Die Forderung aus einem persönlichen Schuldverhältnis ist immer zugleich ein persönlicher Anspruch (§§ 241, 194). Der dingliche Anspruch geht aus dem dinglichen Recht hervor und bleibt von ihm abhängig, darum erlischt er mit dem Aufhören des dinglichen Rechts, darum geht er über auf den Rechtsnachfolger im dinglichen Recht und ist, soweit er beim Verpflichteten Besitz voraussett (§ 985), gegen den bisherigen Besizer nicht mehr begründet, wenn dieser den

1) Hierher gehört vor allem die Einteilung in a. directa, der vom Zivilrecht oder dem Prätor für einen bestimmten Regelfall ursprünglich gegebenen, und der a. utilis, der jener nachgebildeten Klage, in a. civilis, der vom Zivilrecht, a. honoraria, der vom jus honorarium gegebenen Klage. Die interdicta waren ein dem römischen Prozeßrecht eigentümliches Institut. Schon im späteren römischen Rechte war an Stelle des Interdikts eine actio ex interdicto getreten, und heut ist jeder Unterschied zwischen dieser und jeder anderen actio verschwunden.

Besit aufgibt, wogegen ein neuer Anspruch gleichen Inhalts gegen den neuen Besizer entsteht. Während ferner die Tilgung des persön= lichen Anspruchs das Vermögen des Verpflichteten mindert, läßt die Tilgung des dinglichen Anspruchs das Vermögen des Verpflichteten unberührt.

Eine wichtige Rolle spielte in Rom die Frage, ob eine actio stricti juris oder bonae fidei sei, d. h. ob der Richter sich an den Wortlaut des Vertrags und an die Srenge des in Anwendung kommenden Rechtssages halten oder auf die wahre Meinung der Parteien und die Natur des streitigen Rechtsverhältnisses billige Rücksicht nehmen sollte. Dieser Gegensaß ist nicht ganz aus unserm Rechtsleben verschwunden, denn die Ansprüche aus Wechseln und anderen Formalkontrakten sind auch jezt noch stricti juris, während alle anderen Ansprüche bonae fidei sind. Das BGB sichert die ihm unterliegenden Willenserklärungen in §§ 133, 157, 242 gegen die strikte Behandlung im Sinne des römischen Rechts, und das HGB enthält in § 346 eine Vorschrift von gleicher Absicht.

Das römische Recht tennt actiones simplices und duplices. Bei den ersteren stehen sich Kläger und Beklagter in streng geschiedenen Parteirollen gegenüber, der Kläger kann höchstens abgewiesen, nicht selbst verurteilt werden. Bei den a. duplices ist jede Partei zugleich Kläger und Beklagter, sie sind nämlich gerichtet auf Ordnung eines unter den Parteien zweifelhaften Verhältnisses, nämlich auf Teilung einer Gemeinschaft oder auf Entscheidung der Frage, ob dieser oder jener im kommenden Eigentumsstreit als Besitzer und deshalb als Beklagter zu behandeln sein wird. Die von dem Richter getroffene Entscheidung kann daher auch dem Kläger eine Leistung auferlegen. Hierher gehörten namentlich die Teilungsklagen. Diese sind heutzutage felten, weil die Teilung Sache der Parteiabrede und daher ein Aft der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist, aber es steht ihrer Zulässig= teit teine Bestimmung des modernen Rechts, insbesondere auch § 308 3PO nicht entgegen, da es jeder Partei unbenommen ist, den Klage antrag darauf zu richten, daß Beklagter sich die vom Richter vorzunehmende Teilung gefallen lassen solle. Ein solcher Antrag wird auch nach neuem Recht zulässig sein (§§ 731-735, 920, 2042 BGB, § 158 HGB).

1) Dernburg: Pandekten, I § 132. A. M. Ed: Die sog. doppelseitigen Klagen, S. 68 ff.

« PreviousContinue »