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gemeine Recht versagte dem Verwahrer das Zurückbehaltungs- und das Kompensationsrecht gegenüber dem Anspruche des Hinterlegers, eine Beschränkung, die das BGB aufgehoben hat.

4. Der Hinterleger ist nach § 699 BGB verpflichtet, die vereinbarte Vergütung nach den für die Deposition festgesezten Zeitabschnitten oder bei der Beendigung der Aufbewahrung zu ent richten, nach altem und neuem Recht auch, dem Verwahrer die zum Zwecke der Aufbewahrung verwendeten notwendigen Auslagen und denjenigen Schaden zu ersehen, den die hinterlegte Sache durch ihre Beschaffenheit dem Depositar zugefügt hat; diese Verpflichtung tritt jedoch dann nicht ein, wenn der Hinterleger die gefahrdrohende Eigenschaft der Sache weder kannte noch kennen mußte oder wenn der Verwahrer sie vom Hinterleger selbst oder anderswoher erfahren hatte (§ 694). Die Ansprüche des Depositars führen die technische Bezeichnung a. dep. contraria.

5. Werden vertretbare Sachen mit der Abrede hinterlegt, daß der Verwahrer nicht dieselben Stücke, sondern Sachen von gleicher Art, Güte und Menge zurückzuerstatten habe, so heißt der Vertrag depositum irregulare. Vom Darlehn unterscheidet sich dieses Ge= schäft dadurch, daß die Hinterlegung allein das Interesse des Einlegers, das Darlehn allein das Interesse des Nehmers oder die Interessen beider befriedigt.') Das gemeine Recht machte also zwischen beiden Geschäften einen Unterschied. Nach dem BGB ($ 700) ist diese Art Hinterlegung Darlehn.) Wird aber dem Verwahrer der Verbrauch der hinterlegten Sachen nur gestattet, so geht das Geschäft erst dadurch in ein Darlehn über, daß der Verwahrer von der Erlaubnis Gebrauch macht, denn dadurch betätigt er das jedenfalls jezt vorhandene eigene Interesse. Gleichwohl ist in beiden Fällen das Geschäft derartig von dem Interesse des Gebers beherrscht, daß Zeit und Ort der Rückgabe sich wie beim Depositum bestimmen (also jederzeitige Rückforderung und Holschuld).

6. Dem neuen Recht unbekannt ist das sog. depositum miserabile, d. h. die Hinterlegung zur Zeit eines Notstands; die Verurteilung ging auf das Doppelte. Keine Bestimmungen enthält das BGB über die Sequestration, d. h. die Niederlegung einer streitigen Sache bei einem Dritten, der sie an den fünftigen Sieger herauszugeben hat. Ein solches Geschäft ist jetzt als Auftrag oder Dienstmiete zu behandeln.

1) Db Spareinlagen als Darlehn oder Depositum anzusehen, ist nach den konkreten Umständen zu entscheiden (RG 1, 204).

2) Bestritten (auch von Dernburg), doch herrschende Meinung.

7. Der Verwahrer ist nach gemeinem Rechte Detentor, nach neuem Rechte Besitzer, der Hinterleger nach bisherigem Rechte juristischer, nach neuem Rechte mittelbarer Besizer (§§ 854, 868).

§ 105. Das Lagergeschäft.

1. Das neue HBG hat in §§ 416-424 Bestimmungen über das Lagergeschäft aufgenommen, weil das Lagergeschäft jegt nicht mehr unter das Kommissionsgeschäft fällt und die Bestimmungen des bürgerlichen Rechts über den Verwahrungsvertrag den Bedürfnissen des größeren Handelsverkehrs nicht genügen. Das Lagergeschäft ist zwar eine Art des Verwahrungsvertrags, die für diesen gegebenen Bestimmungen des BGB finden aber auf das Lagergeschäft nicht subsidiäre Anwendung.

Das Lagergeschäft kann nur mit einem Lagerhalter geschlossen werden. Lagerhalter ist, wer gewerbsmäßig die Lagerung und Aufbewahrung von Gütern übernimmt (§ 416). Er ist Kaufmann (§ 1 Abs. 2 Nr. 6 HGB). übernimmt ein Kaufmann, dessen Handelsgewerbe nicht das eines Lagerhalters ist, in einem einzelnen Falle die Verwahrung einer Sache, so ist ein zivilrechtlicher Verwahrungsvertrag vorhanden, und ist die Lagerung und Aufbewahrung Folge eines auf andere Zwecke gerichteten Rechtsgeschäfts (Kommission, Spedition, Frachtgeschäft), so kommen die besonderen Grundsäge vom Lagergeschäfte nicht zur Anwendung.

2. Der Lagerhalter hat in bezug auf die Empfangnahme, die Aufbewahrung und die Versicherung des Gutes die dem Kommissionär obliegenden Pflichten. Er hat demnach (§§ 388 bis 390 HGB):

a) bei Einlagerung mangelhaften oder beschädigten Gutes die Rechte gegen Frachtführer und Schiffer zu wahren, den Zustand des Gutes festzustellen und den Einlagerer unverzüglich zu benachrichtigen;

b) die Verantwortung für den Verlust und die Beschädigung des in seiner Verwahrung befindlichen Gutes zu tragen, es sei denn, daß der nachteilige Einfluß durch die Sorgfalt eines ordentlichen Lagerhalters nicht abgewendet werden kann. Der Lagerhalter haftet daher zwar nicht bis zur Grenze der höheren Gewalt, er haftet aber für mehr als bloßes Verschulden (§ 276). Zur Versicherung des Gutes ist der Lagerhalter nur auf Grund besonderer Anweisung des Einlagerers verpflichtet.

c) Der Lagerhalter kann in Fällen, in denen der Einlagerer die Pflicht, über das Gut zu verfügen, versäumt, hinterlegen oder zum Selbsthilfeverkaufe schreiten.

Der Lagerhalter ist darüber hinaus verpflichtet (§§ 417, 418): d) von Veränderungen, die am Gut eintreten und dessen Entwertung befürchten lassen, den Einlagerer sofort zu benachrichtigen;

e) dem Einlagerer die Besichtigung des Gutes, die Entnahme von Proben und die zur Erhaltung des Gutes notwendigen Handlungen während der Geschäftsstunden zu gestatten.

Der Lagerhalter hat ein Recht auf Erstattung der Lagerkosten, d. i. des bedungenen oder ortsüblichen Lagergeldes, der Auslagen für Fracht und Zölle und der sonst für das Gut gemachten Aufwendungen, soweit er sie für erforderlich halten durfte. Der Anspruch auf Erstattung der baren Auslagen ist sofort fällig, der Anspruch auf die andern Lagerkosten immer nach je drei Monaten (§ 420). Wegen seines Rechts auf Lagerkosten (nicht auch wegen anderer Forderungen § 397) hat der Lagerhalter ein Pfandrecht, solange er sich im natürlichen oder durch Disposi tionspapiere vermittelten Besize des Gutes befindet (§ 241).

3. Der Lagerhalter ist wie jeder Verwahrer nur Besizer des Gutes und darf darüber nicht verfügen; er darf vertretbare Sachen nur auf Grund besonderer Erlaubnis mit andern vermischen, aber selbst in diesem Falle geht das Eigentum nicht auf ihn über, sondern es entsteht Miteigentum der bisherigen Alleineigentümer am Ganzen (§ 419 HGB, §§ 948, 947 BGB). Der Lagerhalter kann aber ohne Zustimmung der anderen Teilhaber einem jeden Miteigentümer den ihm gebührenden Anteil am Gesamtvorrat ausantworten. Diese Bestimmungen sichern den Einlagerern im Falle des Konkurses des Lagerhalters das Ausson derungsrecht und sind dem Lagergeschäfte derart wesentlich, daß die Vereinbarung, der Lagerhalter solle das Eigentum erwerben und nur zur Herausgabe der gleichen Quantität und Qualität verpflichtet sein, dem Vertrage die Eigenschaft des Lagergeschäfts entzieht (§ 419 Abs. 3 HGB), es kommt dann nach § 700 BGB ein Darlehn zustande.

Der Einlagerer hat das Rückforderungsrecht wie der Hinterleger (f. § 104), es würde aber dem Zwecke des Geschäfts widersprechen, wollte man dem Lager halter das unbegrenzte Nückgaberecht einräumen. Er kann daher die Rücknahme vor Ablauf der Lagerzeit nur aus einem wichtigen Grunde, dagegen mit Ablauf der Lagerzeit sofort, und ist eine solche nicht bedungen, erst nach Verlauf von 3 Monaten verlangen, muß dann aber kündigen und eine Kündigungsfrist von einem Monat abwarten.

Der Herausgabeanspruch gegen den Lagerhalter verjährt in 30, die Schadensersatzansprüche verjähren in einem Jahre (§§ 423, 414).

4. Der Lagerhalter fann einen Lagerschein (Warrant) ausstellen und ihn zu einem Orderpapier machen, sogar auf den Inhaber stellen (RG 59, 374). Ist der Schein indossabel oder auf den Inhaber gestellt, so hat er zugleich die Eigenschaft eines Dispositions papiers, d. h. seine übergabe an denjenigen, der durch den Schein zur Empfangnahme des Gutes legitimiert wird, steht der übergabe des Gutes gleich.

§ 106. Der Faustpfandvertrag.

Der Faustpfandvertrag (pignus) besteht in der Hingabe einer Sache zum Pfande, und ist ein Realkontrakt.

Das BOB zählt ihn zwar unter den Schuldverträgen nicht mit auf, sondern behandelt die aus dem contractus pigneraticius folgenden Rechte und Pflichten im Pfandrecht (§§ 1215 ff.). Die durch ihn begründeten Pflichten Verwahrung des Pfandes, Rückgabe nach dem Erlöschen des Pfandrechts- werden mit der Klage aus dem Pfandvertrage (a. pigneraticia directa) geltend gemacht.

Es kann aber auch eine Verpflichtung des Verpfänders entstehen auf Erstattung von Auslagen und Schäden, die das Pfand verursacht hat. Zur Geltendmachung dieser Verpflichtung dient die a. pigneraticia contraria. Das BGB bemißt die Pflichten nach den Grundsägen der unbeauftragten Geschäftsführung (§ 1216).

§ 107. Das Depositen- und Depotgeschäft.

Mit dem Worte Depot verbindet der Sprachgebrauch des modernen Handelsverkehrs zwar stets den Begriff einer Verwah = rung von Wertpapieren, doch ohne das Rechtsverhältnis anzudeuten, auf dem die Verwahrung beruht. Auch das Gefeß vom 5. Juli 1896 (kurzweg Depotgeset genannt) gibt Bestimmungen schlechthin über die Aufbewahrung fremder Wertpapiere". Diese Aufbewahrung kann aber beruhen auf einem Verwahrungsvertrag, auf einer Verpfändung oder auf einem Kommissionsgeschäfte. Die Rechte und Pflichten des Depot-Inhabers richten sich deshalb nach den für das betreffende Rechtsverhältnis maßgebenden besonderen Grundsähen. Die Parteien können daher vereinbaren, daß der Verwahrer oder Pfandgläubiger nicht dieselben Stücke, sondern gleichartige Papiere herausgeben soll oder daß er über die hingegebenen Papiere verfügen darf. Es entstand damit nach früherem Recht ein depositum irregulare oder ein pignus irregulare, und auch nach neuem Rechte bleibt dem Depotgeber jedenfalls nur ein persönlicher Anspruch auf Erstattung der hingegebenen Papiere (§ 700 BGB). Die mit dieser Wirkung verknüpfte Vereinbarung setzt jedoch nach dem Depotgesek, d. h. bei übergabe eines unverschlof =

senen Depots an einen Kaufmann im Betriebe seines Handelsgewerbes (§ 1), zu ihrer Gültigkeit eine für jeden einzelnen Fall ausdrüdlich und schriftlich gegebene (§ 2), nach dem BGB (§ 700 Abs. 2), d. h. bei jedem nicht unter das Depotgeset fallenden Depot, die a us drückliche Erklärung des Hinterlegers oder Verpfänders voraus.1)

Hiernach sind zu unterscheiden:

1. Das verschlossene Depot: übergabe der Papiere in einem geschlossenen Behältnis (wenn auch nur Briefumschlag) oder Einlegung der Papiere in ein dem Hinterleger eingeräumtes verschließbares Fach (Stahlkammer);

2. das unverschlossene Depot. Dieses tann wieder sein a) Sonderdepot, welches der Empfänger gesondert aufzubewahren hat,

b) Sammeldepot, welches den Verwahrer berechtigt, die Papiere mehrerer Hinterleger zusammen als gesondertes Ganzes aufzubewahren, die Papiere der mehreren Deponenten aber miteinander zu vermischen,

c) Summendepot, das den Verwahrer berechtigt, über die einzelnen Stücke zu verfügen und ihn nur verpflichtet, gleichartige und gleichwertige Papiere herauszugeben.

Beim verschlossenen und beim Sonderdepot bleibt der Hinterleger oder Verpfänder Eigentümer der Papiere, er hat also neben dem persönlichen den Eigentumsanspruch und im Falle des Konturses des Depotnehmers das Aussonderungsrecht. Um den Eigentumsanspruch des Depotgebers außer Zweifel zu stellen, verpflichtet das Depotgesetz den Depotnehmer nicht nur zur Eintragung der Papiere in ein besonderes Handelsbuch, sondern eben zu jener Sonde rung jedes einzelnen Depots von den eigenen Beständen des Nehmers und den Depots anderer Kunden unter äußerlich erkennbarer Bezeichnung jedes Hinterlegers oder Verpfänders (§ 1), während das BGB die allgemeinen Verpflichtungen des Verwahrers und des Pfandgläubigers nicht verschärft (§§ 690, 691, 276). Beim Sammeldepot werden die mehreren Deponenten Miteigentümer der sämtlichen Papiere, und beim Summendepot geht unter der oben erwähnten Voraussetzung (ausdrückliche und schriftliche Erklärung) das Eigentum auf den Verwahrer über.

1) Das Depotgeset befreit von dieser Form nur die Erklärung des Hinterlegers oder Verpfänders, der selbst gewerbsmäßig Bank- oder Geld= wechslergeschäfte betreibt (§ 2). Das Gefeß nimmt ferner Banknoten und Papiergeld aus, das BGB begreift hier alle Wertpapiere.

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