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von dem Gegenstand eines noch nicht erfüllten Schenkungsversprechens so viel abzuziehen, als er notwendig zum Leben bedurfte. Das BGB geht weiter, indem es dem in seinem Dasein bedrohten Schenker die Befugnis gibt, nicht bloß die Erfüllung eines Schenkungsversprechens zu verweigern (§ 519), sondern auch eine bereits vollzogene Schenkung wie eine grundlose Bereicherung des Beschenkten zurückzufordern (§ 528), und indem es dem Schenker diese Rechte schon dann gibt, wenn es ihm am standesmäßigen Unterhalt und an den Mitteln zur Erfüllung seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht fehlen würde. Dem Schenkungsversprechen gegenüber tommen bei Bemessung des Unterhalts die sonstigen Verpflichtungen des Schenkers in Anschlag.1) Die Rückgabe der vollzogenen Schenkung kann der Beschenkte durch Zahlung des für den Unterhalt erforderlichen Betrags abwenden. Das Recht auf den Unterhalt gegenüber einem Schenkungs versprechen geht durch Zeitablauf nicht verloren, der Schenker kann es der Klage des Beschenkten gegenüber durch Einrede, der Zwangsvollstreckung gegenüber durch Vollstreckungsgegenflage gemäß § 767 CPO, in jedem Falle durch negative Feststellungsflage geltend machen. Dagegen geht das Unterhaltsrecht gegenüber der vollzogenen Schenkung dadurch verloren, daß von dem Zeitpunkte der Leistung des geschenkten Gegenstandes bis zum Eintritte der Bedürftigkeit des Schenkers 10 Jahre verstreichen; es kommt gar nicht zur Entstehung, wenn der Schenker seine Bedürftigteit durch Vorsag oder grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt, und es wird ausgeschlossen durch das entgegenstehende Unterhaltsrecht des Beschenkten (§ 529).

e) Endlich kann der Schenker aus gewissen Gründen die Schenkung widerrufen. Solche Gründe waren nach bisherigem Rechte grober Undank des Beschenkten und die spätere Geburt ehelicher Kinder des Schenkers. Den letteren, auf gemeinem Gewohn= heitsrechte beruhenden Widerrufsgrund hat als solchen das BGB beseitigt, doch kann jene Tatsache das oben (d) behandelte Unterhaltsrecht begründen. Den römisch-rechtlichen Widerrufsgrund des groben Undanks hat das BGB (§ 530) beibehalten und davon abhängig gemacht, daß der Beschenkte eine schwere Verfehlung gegen den Schenker selbst oder einen nahen Angehörigen des Schenkers begeht. Der Widerruf ist ein einseitiges, empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft. Ist er begründet, so hebt er nach altem und neuem Rechte (§ 531) die Schenkung auf: es kann dann sowohl das Schenkung3versprechen als die bereits vollzogene Schenkung als grundlose Bereicherung des Beschenkten zurüdgenommen werden.

1) Die Fassung von §§ 519, 528 stimmt nicht überein. Engelmann, D. bürgerliche Recht Deutschlands. IV. Aufl.

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Das Widerrufsrecht ist (§ 530 Abs. 2) ein höchst per = sönliches Recht. Auf die Erben des Schenkers geht es nach BGB nur über, wenn der Beschenkte den Schenker vorsäglich und widerrechtlich getötet oder am Widerrufe verhindert hat. Auf das Widerrufsrecht kann nicht verzichtet werden, bevor der Schenker von dem Undant erfahren; dies würde dem Wesen der Schenkung widersprechen. Dagegen geht das Widerrufsrecht nach altem und neuem Rechte dadurch verloren, daß der Schenker verzeiht oder daß der Beschenkte stirbt. Ist seit der Kenntnis von dem Undank ein Jahr verstrichen, so ist nach dem BGB (§ 533) stillschweigend verziehen.

5. Um zu verhindern, daß durch Schenkungen eine Beeinträchtigung von Rechten Dritter herbeigeführt werde, ist dem Benachteiligten die Befugnis eingeräumt, Schenkungen anzufechten. Diese Befugnis ist gegeben

a) nach neuem und altem Rechte demjenigen, der infolge von Schenkungen des Erblaffers in seinem Pflichtteile verkürzt ist (das Nähere im Erbrecht);

b) den Gläubigern, die aus dem Vermögen ihres Schuldners nicht volle Befriedigung erhalten können, gegenüber Schenkungen ihres Schuldners (das Nähere unter „Verkürzung der Gläubiger“).

Die Anfechtung geht von einem Dritten, der Widerruf vom Schenker aus; die Anfechtung hebt die Schenkung nur soweit auf, als sie dem Dritten nachteilig ist, der Widerruf hebt die Schenkung ganz auf; das Anfechtungsrecht ist an das bedrohte Recht, das Widerrufsrecht an die Person des Schenkers gebunden.

6. Besondere Arten von Schenkungen sind:

a) die Schenkung unter einer Auflage (donatio sub modo). Sie unterscheidet sich von der bedingten Schenkung dadurch, daß der Beschenkte den Gegenstand der d. sub modo schon mit der Annahme erwirbt, mit der Annahme aber die erzwingbare Verpflichtung übernimmt, die Auflage (den Modus) zu erfüllen, während der Erwerb der bedingten Schenkung von dem Eintritte der Bedingung abhängt, daß für den Beschenkten aber ein Zwang zur Erfüllung der Bedingung nicht vorhanden ist. („Der Modus zwingt, aber suspendiert nicht, die Bedingung suspendiert, aber zwingt nicht.") Der Zwang besteht nach altem und neuem Recht aa) in der Befugnis des Schenkers, das Geschenk, soweit es zur Vollziehung der Auflage hätte verwendet werden sollen, als ungerechtfertigte Bereicherung des Beschenkten zurück zufordern, wenn dieser die Vollziehung der Auflage unterläßt (§ 527), und bb) in dem Rechte, die VolI= ziehung der Auflage zu verlangen (§ 525). Dieses lettere Recht steht nach altem und neuem Rechte dem Schenker oder seinen Erben oder dem Dritten, dessen Vorteil die Auflage dient, nach

neuem Rechte nach dem Tode des Schenkers auch der zuständigen Behörde zu, wenn die Vollziehung der Auflage im öffentlichen Interesse liegt (§§ 525, 527 Abs. 2, 328). Voraussetzung des Anspruchs auf Erfüllung aber ist die vorangegangene Leistung des Schenkers (§ 525), das römische Recht verwandte daher hier die Grundsäge von Innominatkontrakten (a. praescriptis verbis).

Ist die Auflage nach Absicht der Beteiligten das Äquivalent für die empfangene Leistung, so ist nicht eine Schenkung, sondern ein gegenseitiger Vertrag vorhanden. Die Schenkungsnatur der wirklichen donatio sub modo hat aber die Folge, daß der Beschenkte nicht verpflichtet ist, eigenes Vermögen zur Vollziehung der Auflage zu verwenden (§ 526).

b) Die Schenkung von Todes wegen (mortis causa donatio) ist eine unter der Bedingung gemachte Schenfung, daß der Beschenkte den Schenker überlebt. Sie vollendet sich also nach altem und neuem Recht erst mit dem Tode des Schenkers und ist demnach eine Verfügung von Todes wegen (§ 2301). Vollzieht sie der Schenker durch Leistung des zugewendeten Gegenstandes, so ist sie nach neuem Recht ein Rechtsge= schäft unter Lebenden, d. h. der Beschenkte erwirbt das zugewendete Recht sofort, ist aber zur Rückgabe nach den Grundsägen der ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet, wenn die Bedingung nicht eintritt (§ 2301).

c) Die Anstandsschenkung, d. i. diejenige, durch welche einer sittlichen Pflicht oder einer auf den An= stand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird, ist nach dem BGB in manchen Beziehungen ausgezeichnet. Sie unterliegt weder der Rückforderung noch dem Widerrufe (§ 534); eine solche Schenkung zu machen, ist auch berechtigt der Ehemann selbst ohne Zustimmung der Frau, wenngleich der Gegenstand der Schen= fung aus dem Gesamtgute genommen wird (§ 1446), der Vater in Vertretung des Kindes (§ 1641), der Vormund in Vertretung des Mündels (§ 1804), der Vorerbe (§ 2113), der Testamentsvollstrecker (§ 2205); sie unterliegt nicht der Anfechtung durch den Pflichtteilserben (§ 2330).

§ 102. Spiel und Wette.

1. Spiel und Wette sind bedingte Verträge. Die Bedingung entscheidet, welcher Kontrahent verliert, d. h. zu einer Leistung verpflichtet ist, und welcher Kontrahent gewinnt, d. h. auf eine Leistung berechtigt ist. Spiel und Wette begründen daher, trogdem jeder Kontrahent eine bedingte Verpflichtung eingeht, doch nur auf einer Seite eine unbedingte Leistungspflicht. Das Spiel be

zweckt die Erzielung eines Gewinnes durch eine Tätigkeit, die an sich nicht wirtschaftlicher Natur ist und nur ein Unterhaltungsbedürfnis befriedigt, die Wette aber bezweckt die Entscheidung einer Meinungsverschiedenheit und nur nebenbei vielleicht einen Vermögensgewinn.

Das römische Recht unterschied erlaubte und unerlaubte Spiele, erlaubt aber waren nur bestimmte gymnastische Spiele (ludi virtutis causa), und auch bei diesen durfte nur um einen solidus gespielt werden; sie begründeten einen klagbaren Anspruch auf den Gewinn. Aus unerlaubten Spielen entstand keine Verpflichtung, und was geleistet war, konnte zurückgefordert werden (vgl. Seuffert Archiv 50, 280). Das ältere deutsche Recht gab einen Anspruch auf den Gewinn und schloß damit die Rückforderung des Geleisteten aus. Das gemeine Recht und mit ihm das BGB (§ 762) faffen die Verpflichtung aus einem erlaubten, d. h. jezt stra slosen Spiele als Naturalobligation auf, indem sie den Anspruch auf den Spielgewinn, zugleich aber auch die Rüdforderung des ge= gebenen Spielverlustes versagen (RG 39, 163). Das unerlaubte, d. h. strafbare (nach § 284 StGB nur das gewerbsmäßige Glücks-) Spiel erzeugt für den strafbaren Teil keine Rechte, auch nicht das Recht auf Rückhaltung des an ihn gezahlten Gewinnes.

Die Wette ist ein Vertrag, durch welchen jeder Teil oder auch nur ein Teil eine Leistung für den Fall verspricht, daß eine von ihm aufgestellte bestimmte Behauptung unrichtig sein sollte. Sie war in Rom in Form der sponsio sehr gebräuchlich und war klagbar; auch nach deutschem Rechte war die Wette ein gültiger Vertrag, häufig jedoch nur dann, wenn die Ernstlichkeit der Wette durch eine befondere Handlung außer Zweifel gestellt war. Im gemeinen Rechte hat sich die Gültigkeit und Klagbarkeit der Wetten erhalten, das BGB (§ 762) aber behandelt sie ebenso wie das Spiel.

Diese Behandlung von Spiel und Wette beruht auf den Gedanken, daß diese Verträge eines Rechtsschußes nicht würdig und daß namentlich das Spielen auf Borg sittliche und wirtschaftliche Gefahren birgt. Daher werden von der Klaglosigkeit betroffen nicht bloß die aus diesen Verträgen unmittelbar entstehenden (sog. Wett- oder Spiel-) Schulden, sondern auch diejenigen Vereinbarungen, durch die der verlierende Teil zum Zwecke der Erfüllung einer Spielschuld eine besondere Verbindlichkeit (z. B. eine Wechselschuld, ein Schuldanerkenntnis) gegenüber dem Gewinner eingeht; endlich aber auch die Aufträge, die auf Spiel oder Wette gerichtet sind, so daß sowohl die a. m. directa

auf Ausführung des Auftrags als auch die a. m. contraria auf Erstattung von Aufwendungen ausgeschlossen, dagegen die a. m. directa auf Ausantwortung des an den Beauftragten gezahlten Gewinns gegeben ist (RG 51, 156 und § 762 Abs. 2).

2. Nicht eigentlich Spiel ist der Lotterievertrag, denn er geht nicht auf eine der Unterhaltung dienende Tätigkeit, er läßt auch nicht die Frage, wo er verlieren wird, sondern nur die Frage, ob der Einseger gewinnen oder verlieren wird, bis zu einem gewissen Zeitpunkt unentschieden. Er besteht in der Vereinbarung, wo = nach der eine Teil gegen Zahlung einer bestimm ten Summe (Einsak) den bedingten Anspruch auf eine vom andern Teile zu leistende Summe (den Gewinn) erwirbt, und bei welchem der Eintritt der Bedingung vom Zufall, nämlich von der Ziehung des dem Ein seher gegebenen

Loses abhängt. Das Geschäft gehört dem modernen Recht an und ist nach Partikularrechten nur dann gültig, wenn es obrigteitlich genehmigt ist. Dasselbe gilt vom Ausspielgeschäft, nach welchem der eine Teil gegen einen Einsag den bedingten Anspruch auf eine vom andern Teite als Gewinn ausgefeßte Sache erwirbt, und bei dem der Eintritt der Bedingung gleichfalls vom Ziehen des Loses abhäng t.

Das StGB (§ 286) erklärt das ohne obrigkeitliche Erlaubnis unternommene öffentliche Lotterie- und das öffentliche Ausspielgeschäft für strafbar. Verträge, die gegen dieses Verbot verstoßen, sind daher (§ 134) nichtig. Das nicht strafbare Lotterieoder Ausspielgeschäft ist nach neuem Rechte verbindlich, wenn das Unternehmen obrigkeitlich genehmigt ist; fehlt die Genehmigung, so steht das Geschäft unter den für das Spiel gegebenen Vorschriften (§§ 763, 762).

Der Lotterie- oder Ausspielvertrag ist geschlossen mit der übergabe und Annahme des Loses. Daher hat derjenige, dem ohne Bestellung ein Loos zugesendet wird, keinen Anspruch auf den Gewinn, wenn er nicht den Entschluß, das Los spielen zu wollen, ausdrücklich oder stillschweigend betätigt hat. Wird das Los gezogen, bevor die in der Zusendung des Loses liegende Offerte angenommen ist, so wird die Offerte hinfällig (RG 50, 193).

3. Hierher gehört auch das sog. reine Differenzgeschäft. In jedem Fall enthält das Differenzgeschäft die Verabredung, daß Waren oder Wertpapiere, die einen Markt- oder Börsenpreis haben, zu einem jet vereinbarten Preise an einem fünftigen Zer= mine geliefert werden sollen. Diese Geschäfte heißen daher

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