Page images
PDF
EPUB

hange stehen, so muß über sie in demselben End urteile entschieden werden, dem Gericht ist aber Trennung der Verhandlung und Aburteilung über die eine Forderung durch Zwischen urteil gestattet;

b) wenn aber die Forderungen nicht in rechtlichem Zusammenhange stehen, so kann das Gericht getrennte Verhand Iung anordnen (§ 145 Abs. 3 ZPO). Hat es dies getan und tommt es zuerst zu einer die Forderung bejahenden Entscheidung, so hat es nur über diese ein Endurteil zu erlassen. Das über die Forderung erlassene Endurteil erledigt aber den Rechtsstreit nicht, sondern ergeht unter dem Vorbehalt der Entscheidung über die Aufrechnung (§ 302 ZPQ, RG 31, 1). Bejaht das Gericht nachher durch das vorbehaltene Urteil die Gegenforderung, so muß zugleich in demselben Endurteil das frühere Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen werden.

III. Die Aufrechnungsbefugnis ist ausgeschlossen :

1. durch Verzicht des Berechtigten. Ein solcher Verzicht wird vom BGB insbesondere dann angenommen, wenn sich der Schuldner verpflichtet, an einem bestimmten Orte und zu einer bestimmten Zeit zu leisten, ihm selbst aber eine Forderung mit anderem Leistungsorte zusteht. Denn hier ist die Absicht auf Be= friedigung eines augenblicklichen Bedürfnisses gerichtet (§ 391 Abs. 2);

2. gegenüber gewissen Forderungen:

a) Nach gemeinem Rechte gegen Forderungen aus rechtswidriger Wegnahme von in fremdem Besige befindlichen Sachen (RG 19, 237; 22, 227), nach neuem Rechte (§ 393) gegen jede Forderung aus einer vorsäßlich begangenen unerlaubten Handlung (vgl. § 273);

b) nach gemeinem Rechte gegen Alimentenforderungen, nach neuem Rechte (§ 394) gegenüber jeder der Pfändung nicht unterworfenen Forderung (Ausnahme § 394 Sat 2);

e) nach gemeinem Rechte gegen Forderungen des Fiskus, wenn diejenige Kasse, welche zu leisten hat, verschieden ist von der, an welche zu leisten ist. Das neue Recht dehnt dieses dem Fistus des Reichs und der Bundesstaaten zustehende Ausnahmerecht auf die Gemeinden und anderen Kommunalverbände aus (§ 395);

d) gegen die Ansprüche der Aktiengesellschaft, Aktienkommanditgesellschaft, der eingetragenen Genossenschaft und der Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegen ihre Mitglieder auf Einzahlung der Einlagen (§§ 221, 320 GB, § 22 Gesetz vom 1. Mai 1889, § 19 Gesetz vom 20. April 1892).

Endlich darf nicht aufgerechnet werden mit Forderungen, die

Gewerbetreibenden auf Grund verbotener Kreditierung gegen ihre Arbeiter zustehen (§ 118 GO).

Vom neuen Rechte beseitigt ist das gemeinschaftliche Verbot der Kompensation gegen die actio depositi.

Wird eine Forderung in Beschlag genommen, so darf nach allgemeinen Grundsäßen der Drittschuldner an seinen Gläubiger nicht mehr leisten (§§ 829, 845, 930, 936 CPQ), das BGB be= läßt ihm aber das zur Zeit der Beschlagnahme schon vorhandene Aufrechnungsrecht (§ 392 BGB).

IV. Der gemeinrechtliche Sat compensatio compensationis non datur folgt aus dem Wesen der Aufrechnung. Denn diese ist mit Abgabe der Kompensationserklärung vollzogen, sie kann nicht dadurch wieder aufgehoben werden, daß der Gläubiger mit einer zweiten ihm zustehenden Forderung gegen die Gegenforderung aufrechnen zu wollen erklärt.

Hat der eine oder der andere Teil mehrere Forderungen, so kann der aufrechnende Teil die zu kompensierende Forderung be= stimmen. Unterbleibt die Bestimmung oder wird sie durch sofortigen Widerspruch des andern Teils entkräftet, so kommen die Grundsäge zur Anwendung, die für eine auf mehrere Forderungen geleistete Zahlung gelten (§ 396).

V. Der Konkurs des einen Teils schließt eine Befriedigung des andern durch Aufrechnung nicht aus. Aber auch hier wird vorausgesett, daß das Kompensationsrecht schon zur Zeit der Konkurseröffnung begründet, die „Aufrechnungslage“ vorhanden war (§§ 53 ff. KO).

§ 92. Der Erlaß.

Im römischen Rechte diente die in Stipulationsform abge= schlossene acceptilatio (quod ego tibi promisi, habesne acceptum? habeo) der Aufhebung von Stipulationsschulden. Sie wirkte als Formalatt ipso jure aufhebend,') gleichviel, ob der Gläubiger in Wirklichkeit befriedigt war oder nicht. Um sich der Atzeptilation bedienen zu können, pflegte man die auf anderem Rechtsgrunde beruhende Schuld durch Novation in eine Stipulationsschuld umzuwandeln. In das gemeine Recht ist die Form der Atzeptilation nicht übergegangen. Im heutigen Recht erreicht man dasselbe Ziel auf anderem Wege.

1. Der (im römischen Rechte für Nicht-Stipulationsschulden vorkommende) Erlaßvertrag besteht in der vom Schuldner angenom menen Erklärung des Gläubigers, daß er seine Forderung aufgebe.

1) Die Aufhebung einer Schuld wirkte ipso jure, wenn diese Folge traft Zivilrechts, sie wirkte ope exceptionis, wenn jene Folge nur kraft der vom Prätor in die formula eingerückten exceptio eintrat.

Verschieden von ihm ist das pactum de non petendo, die Zusicherung des Gläubigers, nicht mit den Mitteln des gerichtlichen Zwanges gegen den Schuldner vorgehen zu wollen, ein Vertrag, der die Schuld bestehen läßt und entweder in der Aufgabe der Zwangsbefugnisse schlechthin (p. de n. p. in rem) oder in einem Entgegenkommen gerade nur gegen die Person des Schuldners (p. d. n. p. in personam) besteht. Der Erlaß kann ein Akt der Freigebigkeit, er kann Gegenstand einer Verpflichtung (insbesondere aus einem gegenseitigen Vertrage) sein, jedenfalls ist er ein abstrakter Vertrag (§ 397). Ist er eine Betätigung der Freigebigkeit, so ist er Schentung und bedarf nicht der für Schenkungsversprechen vorgeschriebenen Form (§ 518). Haben Gläubiger und Schuldner einen Rechtsgrund für den Erlaß angenommen, welcher tatsächlich nicht bestand oder ungültig war (z. B. Gläubiger nahm irrtümlich an, aus einem Vergleiche zum Erlasse verpflichtet zu sein), so hat der Gläubiger (nach § 812) den Anspruch auf Wiederherstellung des Schuldverhältnisses (RG 53, 296).

2. Das Anerkenntnis des Nichtbestehens einer Schuld wirkt nach der herrschenden Lehre des gemeinen Rechts und nach neuem Recht (§ 397 Abs. 2 BGB) aufhebend, wenn es gegenüber dem Schuldner erklärt wird. Denn in diesem Fall ist es ein abstrakter Vertrag, während die einem Dritten gegenüber vom Gläubiger abgegebene Erklärung, daß er eine Forderung nicht habe, als bloße Tatsachenbehauptung nur die Bedeutung eines Beweisgrundes hat.

Ob in der Rückgabe oder absichtlichen Vernichtung der Schuldurkunde ein Erlaß oder ein Anerkenntnis der Nichtschuld liegt, ist Tatfrage, jedenfalls schafft sie einen Beweisgrund dafür, daß die Schuld aus irgendeinem Grunde erloschen sei.

§ 93. Der Zwangsvergleich.

Der Zwangsvergleich ist ein den Konkurs beendender Rechtsaft, welcher die vom Gemeinschuldner abzugebende Erklärung, in welcher Weise die Gläubiger befriedigt und ob und wie sie sichergestellt werden sellen, sowie die Zustimmung der Mehrheit der Konkursgläubiger voraussetzt und der Bestätigung durch das Gericht bedarf. Er ge= hört hierher, weil er in den meisten Fällen eine Teilaufhebung der den Gläubigern zustehenden Forderungen herbeiführt.

Seine rechtliche Natur ist Gegenstand ungelösten Streites. Der Urteilstheorie, welche in der gerichtlichen Bestätigung ein den Kontursanspruch erledigendes Urteil und in dem Mehrheitsbeschluß eine Erkenntnisquelle für den Richter erblickt, steht die Ver= tragstheorie, die im Zwangsvergleich einen von der Mehrheit der Gläubiger mit dem Gemeinschuldner geschlossenen Vertrag sieht,

gegenüber. Lettere Theorie ist nur dann zu halten, wenn man, wie oben § 88 angenommen, in der Gläubigerschaft eine Gläubiger= gemeinschaft erblickt. Denn nur so läßt sich erklären, daß der Zwangsvergleich nicht nur für und gegen diejenigen Gläubiger, die sich am Konkurse nicht beteiligt, sondern auch für und gegen die, welche sich gegen den Zwangsvergleich erklärt haben, wirkt (§ 193 KO). Die Annahme einer Zwangsvertretung (der widersprechenden durch die zustimmenden Gläubiger) ist unhaltbar. Ein Institut des modernen Rechts, ist er zuerst von der französischen Gesetzgebung ausgebildet und aus dieser in die preußische KO von 1855 und andere deutsche Partikulargesehe, aus diesen aber in die RKO übernommen worden.

Zu seinen Voraussetzungen gehört ein Vergleichsvorschlag des Gemeinschuldners (§§ 173, 174 KO) und die Zustimmung einer Personen- und einer Summenmajorität (§ 182).1) Die gerichtliche Bestätigung hat einen rechtspolizeilichen Charakter: sie hat nicht nur festzustellen, daß die vom Gesetz aufgestellten Erfordernisse gegeben sind, sondern auch dafür zu sorgen, daß Benachteiligungen vermieden und die gemeinsamen Intereffen der Gläubiger nicht verlegt werden (§§ 184, 188).

Der Zwangsvergleich berührt nur die nicht bevorrech = tigten Gläubiger, muß diesen aber gleiche Rechte gewähren (Gleichheitsprinzip). Werden die Forderungen der Gläubiger prozentual herabgemindert, so erlischt der aufgehobene Teil der Forderung wie durch einen Erlaßvertrag. Der Erlaß wirkt aber nur zugunsten der Person des Gemeinschuldners, die Mitschuldner und Bürgen bleiben auf den ursprünglichen Schuldbetrag verhaftet, desgleichen bleiben Pfand- und Hypothekenrechte sowie Grundschulden und Vormerkungen unberührt, auch wenn diese dinglichen Rechte an einem zur Masse gehörigen Gegenstande bestehen. Der Zwangsvergleich kann aber den Gläubigern neue Rechte (insbesondre Sicherungsrechte, Rechte gegen Mitschuldner) gewähren und ge= währt ihnen stets einen vollstrecbaren Schuldtitel gegen diejenigen Personen, welche durch den Zwangsvergleich Pflichten übernommen haben (§ 194).

§ 94. Andere Aufhebungsgründe.

Aufhebend wirken noch:

1. Die Novation. Sie besteht in der Aufhebung der bisherigen und der Begründung einer neuen Forderung mit dem Inhalte der 1) 1. Einfache Mehrheit der im Termine an wesenden Gläubiger, 2. Gesamtsumme der Forderungen der zustimmenden Gläubiger 34 der Gesamtsumme der Forderungen aller überhaupt stimmberechtigten Gläubiger.

alten (1. 1 pr. D. 46,2: novatio est prioris debiti in aliam obligationem vel civilem vel naturalem transfusio atque translatio). Die Novation vollzieht sich durch Vertrag, und zwar im römischen Rechte durch Stipulation oder Literalkontrakt. Sie hatte damals eine größere Bedeutung als heute, weil sie in älterer Zeit Zession und Schuldübernahme zu ersehen hatte, zugleich aber auch die Form bildete, durch welche klaglose Forderungen in flagbare verwandelt wurden.

Das BGB erwähnt sie nur beiläufig (§ 364 Abs. 2), indem es den dem heutigen Rechtsverkehr entnommenen Sag wiederholt, daß, wenn der Schuldner zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers eine neue Verbindlichkeit übernimmt, die Vermutung gegen eine Hingabe an Zahlungs Statt, also gegen die Aufhebung der alten Obligation spricht. Die Parteien tönnen aber eine Novation erklären. Der Vertrag, der die neue Obligation begründet, ist stets ein abstrakter, häufig wird die Wechselform gewählt. Da= gegen können die Parteien auch vereinbaren, daß das, was der Schuldner aus anderem Rechtsgrunde schuldet, ihm fortan als Darlehn belassen werde (§ 607). Als Novation wird nicht angesehen (bestr.) die Aufnahme einer Forderung in die laufende Rechnung (§ 356 HGB).

Die Novation geschah und geschieht mit Personenwechsel, wenn an Stelle des bisherigen Gläubigers ein neuer Gläubiger oder an Stelle des bisherigen Schuldners ein neuer Schuldner tritt. Ein neuer Gläubiger kann nur eintreten auf Grund einer Forderungsüberweisung, einer Delegation (Aktiv-Delegation), ein neuer Schuldner kann eintreten sowohl auf Grund einer Schuldüberweisung (Passivdelegation) von seiten des bisherigen Schuldners als auch ohne Mitwirkung des alten Schuldners d. i. im Wege der Expromission.

Da im römischen Rechte die Litiskontestation die bisherige Schuld, das dare oportere, in das condemnari oportere umwandelte, so nannte man sie im Mittelalter eine novatio necessaria im Gegensaße zu der durch Vertrag geschehenden n. voluntaria.

2. Die Vereinigung von Forderung und Schuld (confusio)1) in einer Person (z. B. durch Beerbung, aber auch durch Abtretung) schafft einen dem Wesen der Obligation widersprechenden Zustand und führt damit deren Untergang herbei. Die Römer erblicken in der confusio eine Art Kompensation (I. 33 D. 24, 3) oder eine

1) Schwedler: Das Erlöschen der Schuldverhältnisse durch Vereinigung, 1897.

« PreviousContinue »