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besteht. Daher wird durch Kündigung gegenüber einem Schuldner nur dessen Schuld fällig, der Verzug eines Schuldners äußert nur gegen diesen nachteilige Wirkungen, Unmöglichkeit der Leistung hebt die Schuld nur desjenigen auf, dessen Leistung unmöglich geworden ist, Verjährung gibt nur dem Schuldner eine Einrede, zu dessen Gunsten sie eingetreten ist, die Vereinigung von Forderung und Schuld in der Person eines Schuldners beseitigt nur seine Verpflichtung, und die Rechtskraft des Urteils wirkt nur unter den Prozeß= parteien (§ 425).

II. Welches Rechtsverhältnis unter den Gesamtschuldnern selbst besteht, ist für ihre Stellung nach außen, d. i. dem Gläubiger gegenüber, ohne Belang. Dagegen war dieses innere Verhältnis nach römischem Rechte für die Frage nach der Ausgleichung des Geleisteten unter den Schuldnern (dem Re greß) aus dem Grunde entscheidend, weil dem Schuldner, der geleistet, ein Anspruch auf Erstattung gegen seine Mitschuldner nur dann zustand, wenn das unter ihnen be= stehende Rechtsverhältnis (z. B. ein Gesellschaftsverhältnis) einen derartigen Anspruch (z. B. die a. pro socio) begründete. Das BGB dagegen gibt den Gesamtschuldnern ein geseßliches Regreß = recht und nimmt für das Verhältnis der Schuldner untereinander Haftung zu gleichen Anteilen an. Durch die Leistung erwirbt der Schuldner die getilgte Forderung und damit die Befugnis, von seinen Mitschuldnern Erstattung der auf sie entfallenden Teile zu verlangen (§ 426). Das Regreßrecht kann von den Schuldnern aufgehoben oder beschränkt werden.

B. Mehrheit von Gläubigern (aktives Gesamtschuldverhältnis).

I. Dieses Rechtsverhältnis kann durch Vertrag, Vermächtnis (§ 2151) oder durch Gesez entstehen.

1. Der Vertrag muß nach altem und neuem Rechte die Absicht, eine solidarische Berechtigung zu begründen, unzweifelhaft kundgeben, denn auch das BGB hat trop der entsprechenden für die passive Solidarobligation gegebenen Vorschrift eine Bestimmung, nach welcher durch ein mehreren gegebenes Versprechen eine solidarische Be= rechtigung entstehe, nicht aufgenommen.

2. Fälle gesehlicher Solidarberechtigung sind dem römischen Rechte nur wenige bekannt, und auch diese sind bestritten.') Nach

Jhering in den Jahrb. f. Dogmatik Bd. 24 S. 128 ff. Da m = bitsch: Breslauer Inaug. Differtation 1897.

neuem Rechte steht unter Umständen das Recht, die Vollziehung einer Auflage zu verlangen, mehreren solidarisch zu (§§ 525, 2194).1)

Die aktive Solidarobligation konnte in den Fällen kraft Gesezes eintretender Solidarberechtigung im bisherigen Rechte immer nur eine Korrealobligation sein. Das BGB macht auch hier keinen Unterschied, es tennt nur eine Art aktiven Gesamtschuldverhält= nisses. Da jedoch die Leistung nur einmal gefordert werden kann, bewirken alle diejenigen Tatsachen, welche Befriedigung eines Gläubigers herbeiführen, die Aufhebung des gesamten Rechtsverhältnisses und damit der einzelnen Forderungen.

Das gemeinrechtliche Präventionsprinzip, d. h. die Festlegung der Forderung in demjenigen Gläubiger, welcher zuerst Alage erhebt, eine Folge der für diesen Fall von Justinian nicht beseitigten konsumierenden Wirkung der Litiskontestation, ist im neuen Rechte dem Grundsage gewichen, daß jeder Gläubiger vor Beeinträchtigungen seines Rechts durch einen andern Mitgläubiger ge= sichert sein soll. Daher steht es dem Schuldner auch dann noch frei, an einen beliebigen Gläubiger zu leisten, wenn schon ein Gläubiger Klage erhoben hat (§ 428), und grundsäßlich haben diejenigen Rechtsvorgänge, welche nicht Befriedigung wirken, auf die Rechte der Mitgläubiger keinen Einfluß, folglich hat auch die Abtretung der Rechte durch einen Gläubiger nur die Wirkung, daß der Zessionar an Stelle des Zedenten in das Gesamtgläubigerverhältnis eintritt, nicht die, daß sie den andern Gläubigern die Forderung entzöge. Doch wirkt zugunsten des Schuldners der Verzug eines Gläubigers zum Nachteil der andern, weil der Schuldner nur zum Angebot an einen Gläubiger verpflichtet ist; und die Vereinigung von Forderungen und Schuld bewirkt hier die Aufhebung aller Forderungen, weil dem Schuldner das Recht gewahrt bleiben muß, denjenigen Gläubiger als Leistungsempfänger zu wählen, in dessen Person die Vereinigung eingetreten ist (§ 429).

II. Auch hier wird die Stellung des Schuldners durch das unter den Gläubigern bestehende Rechtsverhältnis nicht berührt. In diesem inneren Verhältnis aber sind die Gläubiger, sofern nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Anteilen berechtigt (§ 430). Die Empfangnahme der ganzen Leistung durch einen der Gläubiger enthält daher eine Geschäftsbesorgung für die andern Gläubiger.

1) Art. 269 HGB ist vom neuen Recht nicht wiederholt. Ob § 335 das. hierher zu zählen, ist sehr zweifelhaft. Vgl. die dieser Frage gewidmete Dissertation von Dambitsch.

III. Wechsel des Subjekts.

A. Die Übertragung der Forderung.

§ 82. Die Zession oder Abtretung.

I. Geschichte. Da das römische Recht in der Obligation ein den Gläubiger mit dem Schuldner verbindendes, unlösbares juris vinculum sah, war eine übertragung der Forderung auf einen andern Gläubiger nicht möglich. Um den Zweck der übertragung zu er reichen, bedurfte es vielmehr der Aufhebung der alten und der Be= gründung einer neuen Forderung mit dem Inhalte der alten. Hierzu war die Mitwirkung des Schuldners in Gestalt einer Stipulation der Leistung an den neuen Gläubiger, d. i. eine Novation erforderlich. Nach der Einführung des Formularprozesses erreichte man jenes Ziel in der Weise, daß man den Erwerber bevollmächtigte, die Forderung im Wege des Prozesses einzuziehen, und ihm gestattete, das Eingezogene für sich zu behalten. Dieser Rechtsvorgang war ein Mandat und unterlag also dem Widerruf und der Gefahr einer Entkräftung durch den Tod des Mandanten. Hatte der Profurator in rem suam" aber die Klage erhoben und mit dem Schuldner litem kontestiert, so hatte er das dominium litis erworben, d. h. es war die prozessualische Novation eingetreten, welche das bisherige Forderungsrecht aufhob und an seine Stelle die Verpflichtung des Schuldners segte, das, wozu er verurteilt würde, an den Kläger, d. h. den Vectreter zu leisten. Daher die intentio formulae den ursprünglichen Gläubiger als den Berechtigten bezeichnete, während die condemnatio auf den Namen des Prokurators lautete. Man sprach deshalb von mandare, delegare actionem, und gab den Gedanken der Unübertragbarkeit der Forderung auch dann nicht auf, als man in der weiteren Entwicklung des römischen Rechts dem Erwerber der Forderung eine utilis actio gewährte. Denn gerade dieses Auskunftsmittel bewies, daß der bisherige Gläubiger, der Zedent, Gläubiger blieb.

Nach deutschem Rechte, nach welchem ursprünglich zur Wirksamfeit der Bession die Einwilligung des Schuldners gehörte, be= wirkt die Zession eine Sondernachfolge in die Forderung.') In der neueren Doktrin hat dann zwar die Mandatstheorie des römischen Rechts noch einige Vertreter gefunden,2) sie ist indessen sowohl im gemeinen Recht als in den modernen Gefeßgebungen der Sutzessionstheorie gewichen. Diese erblickt in der Forde

1) Stobbe III § 177.

Mühlenbruch, Puchta, v. Vangerow.

rung einen selbständigen Vermögensgegenstand, der auch ohne Verförperung in einem Papiere gleich einer Sache übertragen werden kann. Nach ihr hört der Zedent auf, Gläubiger zu sein, und der Zessionar tritt als „neuer Gläubiger an die Stelle des bisherigen Gläubigers". Mit diesen Worten befennt § 398 BGB sich gleichfalls zur Sukzessionstheorie.

II. Der Übertragungsakt. Die Übertragung einer Forderung kann geschehen:

1. durch Vertrag des bisherigen und des neuen Gläubigers (frei= willige Zeffion; Zession im engern Sinne);

2. durch Geset (gesetzliche Zession);

3. durch richterliche Verfügung.

1. Die freiwillige Zession. Zu unterscheiden ist der Zessionsgrund und der Zessions a kt. Jener ist das Rechtsverhältnis, das den bisherigen Gläubiger bestimmt, seine Forderung zu übertragen, dieser die Willenserklärung, welche die übertragung ausspricht. Wie bei der Übertragung des Eigentums einer Sache, so kann bei der übertragung einer Forderung der Zessionsgrund so mannigfaltig sein, wie das zu einer Veräußerung bestimmende Rechtsverhält= nis nur überhaupt sein kann (Kauf, Schenkung, Hingabe an Zahlungs Statt, sogar Auftrag, Vollmacht, Dienstvertrag), der Zef= sions att aber ist in jedem Falle die Veräußerung selbst, d. H. ein auch in dieser Beziehung der Tradition körperlicher Sachen glei= chender abstrakter dinglicher Vertrag. Mit dem Abschlusse dieses Vertrags, der an eine Form nach gemeinem Recht überhaupt nicht und nach neuem Recht (§§ 1154, 1185, 1192) an die Schriftform oder die Grundbucheintragung nur dann gebunden ist, wenn eine Hypothekenforderung oder eine Grundschuld, den Gegenstand der Abtretung bildet, ist der Zessionsaft auch dann vollendet, wenn eine Schuldurkunde vorhanden ist (§ 398, vgl. aber § 410). Einer Mitwirkung des Schuldners bedarf es nicht, auch die ihm über die geschehene Zession gegebene Nachricht gehört nicht zur Vollendung der Zession (§ 398 Sat 2). Der Zedent ist verpflichtet, dem Zessionar auf dessen Kosten eine öffentlich beglaubigte Urkunde über die Abtretung auszustellen (§ 403).

2. Eine gefeßliche (fingierte, notwendige) Zession (cessio necessaria) vollzieht sich, wenn die Forderung ohne Zutun des Gläubigers, nur infolge Eintritts gewisser Voraussetzungen, auf einen anderen übergeht. Damit darf nicht der Fall verwechselt werden, in welchem der Gläubiger zur Abtretung einer Forderung verpflichtet ist. Denn in diesem Falle vollzieht sich der übergang nicht von selbst, sondern durch die vom Gläubiger abgegebene Erklärung. Ist dieser aber zur Abtretungserklärung rechtsträftig verurteilt, so vollzieht

sich der übergang nach § 894 ZPO mit dem Eintritt der Rechtskraft von selbst, also im Wege gefeßlicher Zession. Andere Fälle eines ge= seglichen Forderungsübergangs enthalten die §§ 268 Abs. 3, 426, 774, 1143, 1438, 1485, 1519 BGB,1) § 804 HGB.

3. Durch richterliche Verfügung erfolgt der Forderungsübergang, indem das Vollstreckungsgericht zum Zwecke der Zwangsvoll= streckung eine dem Schuldner gegen einen Dritten zustehende Geld= forderung dem Gläubiger a n 3 ahlungs Statt überweist. Diese überweisung hat die Wirkung einer Zession (§ 835 ZPO).

III. Gegenstand der Zession. Gegenstand der Zession können nur Ansprüche auf Vermögensleistungen sein, daher alle Forderungsrechte und die aus der Verlegung dinglicher Rechte hervorgegangenen (dinglichen) Ansprüche, z. B. die rei vindicatio, nicht aber das dingliche Recht selbst. Abtretbar sind auch die aus zweiseitigen Verträgen entstehenden Ansprüche; übertragen wird aber auch hier nur die Forderung, nicht das aus dem Vertrag entspringende Rechtsverhältnis. Daher bleibt der Zedent zur Vertragserfüllung verpflichtet und der Schuldner berechtigt, die Befriedigung der abgetretenen Forderung bis zur Vornahme jener Gegenleistung zu verweigern (RG 51, 170).

Die übertragung anderer Rechte ist nicht Zession im eigentlichen Sinne. Es finden auf die Veräußerung eines solchen Rechts daher (§ 413) die über Forderungsabtretung aufgestellten Grundsäge nur entsprechende Anwendung. Damit ist nichts weiter gesagt, als daß die übertragung dieser Rechte nicht den Grundsägen vom Eigentumserwerb unterliegt. Es gehören hierher Patentund Urheberrechte, sowie Mitgliedschaftsrechte.

Unübertragbar sind

a) nach altem und neuem Rechte (§ 399) die Forderungen, welche an die Person des Berechtigten geknüpft sind, d. h. eine Veränderung ihres Inhalts erleiden würden, wenn die Leistung an eine andere Person als an den ursprünglichen Gläubiger gemacht würde;2)

b) nach altem (RG 31, 164) und neuem Rechte (§ 399) Forderungen, deren Abtretung durch Vereinbarung mit dem Schuldner ausgeschlossen ist;

c) nicht nach altem (RG 4, 143), dagegen nach neuem Rechte (§ 400) die Forderungen, welche der Pfändung nicht unterworfen find (§ 850 3PQ).")

1) § 98 Unfallversicherungsgesetz v. 6. 6. 84. § 10 Ges. v. 15. 3. 86. *) Vgl. §§ 38, 514, 613, 664, 717, 847, 1059, 1092, 1098, 1300, 1408, 1427, 1585, 1623 BGB.

) S. auch § 6 R.-Beamten-Ges. b. 31. 3. 73; § 45 R.-Militär-Gef. v. 2. 5. 74; Art. 18 Gef. v. 22. 5. 93; § 10 Ges. über eingeschriebene Hilfs

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