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3. für das Firgeschäft, indem es die Vermutung aufstellt, daß die nicht rechtzeitige Leistung dem anderen Teile die Rücktrittsbefugnis gewähren solle (§ 361). Tritt der Nichtfäumige zurück, so braucht er nicht zu beweisen, daß er kein Interesse mehr an der Leistung habe (§§ 286, 326). Besonderes gilt (nach § 376 HGB) für den Handelskauf mit der Eigenschaft des Firgeschäftes, bei welchem das Rücktrittsrecht nicht auf vermuteter Vereinbarung, sondern auf Gesez beruht. Der Anspruch auf Schadensersag wegen Nichterfüllung hängt in allen Fällen vom Verzuge des Schuldners, das Rücktrittsrecht nur von der Tatsache der Nichtleistung ab (§§ 361, 286, 285 BCB, § 376 HGB).

B. Das neue Recht gibt ein gesetzliches Rücktrittsrecht in zahlreicheren Fällen als das bisherige Recht, und zwar auf Grund allgemeiner Bestimmungen.

a) Der Verzug des Schuldners gibt nach gemeinem Rechte dem Gläubiger nur die Befugnis, die für ihn nicht mehr brauchbare Leistung zurückzuweisen. Diesen Sah enthält auch das neue Recht (§ 286), nach ihm wirkt dieses Zurückweisungsrecht aber als Rücktritt. Das neue Recht gewährt ferner bei gegenseitigen Ver= trägen dem Nichtsäumigen ein Rücktrittsrecht (§ 326).

b) Das von der Wirkung des Verzugs Gesagte gilt auch von der teilweisen vom Schuldner zu vertretenden Unmöglich feit der Leistung (§ 280). Ist die Unmöglichkeit der Erfüllung eines gegenseitigen Vertrags verschuldet, so hat der andere Teil die Wahl zwischen einem Schadensersatzanspruch und dem Rücktrittsrecht (§ 325).

Hierzu treten besondere Vorschriften: nach altem und neuem Rechte hat der Käufer einer fehlerhaften Sache ein Rücktrittsrecht (§ 467, das Recht der Wandelung); wer die Hingabe eines Darleh n s versprochen hat, kann wegen Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Darlehnssuchers sein Versprechen widerrufen (§ 610).1)

§ 79. Der Einfluß des Konkurses auf den Bestand der Verträge. Hierüber bestehen einzelne besondere und einige allgemeine Bestimmungen.

I. Die besonderen Vorschriften haben ihren Grund in der Eigentümlichkeit einzelner Vertragsarten. Diese

1) Vgl. ferner die §§ 634 ff. BGB. Ein Rücktrittsrecht geben auch §§ 669, 898 HGB. Die §§ 542 ff., 553 ff., 581, 605, 626 BGB geben ein Kündigungsrecht.

Eigentümlichkeit macht das Fortbestehen des Vertrags über die Konturseröffnung hinaus unmöglich oder zweckwidrig. Das Gesez spricht deshalb die Aufhebung des Vertrags aus. Dies gilt Nach römischem, ge=

1. vom Gesellschaftsvertrage.

meinem und neuem Rechte (§ 728 BGB, §§ 1315, 138, 161 HGB) wird der Gesellschaftsvertrag sowohl bei der gewöhnlichen Gesellschaft als bei der offenen Handelsgesellschaft und der Kommanditgesellschaft durch den Konkurs eines Gesellschafters, die offene Handelsgesellschaft, die Kommanditgesellschaft werden auch durch den Konkurs der Gesellschaft, die Aktiengesellschaft, die Kommandit-Aktiengesellschaft, die eingetragene Genossenschaft und die Gesellschaft mit beschränkter Haftung nur durch den Konkurs der Gesellschaft aufgelöst (§§ 1313, 161, 2923, 330 HGB, § 101 Ges. v. 1. Mai 1889; § 60 Ges. v. 20. April 1892);1)

2. vom Auftrag, dem Dienstvertrag, dem Werkvertrag, wenn der Gemeinschuldner Auftraggeber, Dienstberechtigter, Besteller ist und der Vertrag das die Konkursmasse bildende Vermögen betrifft (§ 23 KO).

II. Die allgemeinen Grundsäge kommen zur Anwendung, wenn für den betreffenden Vertrag eine Sonderbestimmung nicht besteht. Dabei ist zu unterscheiden:

1. Einseitige Verträge werden durch den Konkurs des einen oder andern Teils nicht berührt. Ist der Gemeinschuldner Gläubiger, so wird sein Recht vom Konkursverwalter geltend gemacht; ist er Schuldner, so macht der andere Teil seinen Anspruch als Aussonderungsberechtigter (z. B. mit der a. commodati) oder als Konkursgläubiger geltend; er behält aber seine Forderung, auch wenn er sie im Konkurse nicht geltend macht. Dasselbe gilt von solchen gegenseitigen Verträgen, die schon von einem Teile vollständig erfüllt sind.

2. Ist ein gegenseitiger Vertrag von beiden Teilen noch nicht oder nicht vollständig erfüllt, so ändert an dem bestehenden Rechtsverhältnis der Konkurs an sich nichts. Die dem Gemeinschuldner obliegende Verpflichtung unterliegt aber infolge des Konkurses nicht mehr dem sonst bestehenden gesehlichen Erfüllungszwange. Es ist deshalb durch § 17 KO, der den allgemeinen Grundsatz ausspricht, dem Ermessen des Konkurs verwalters überlassen, den Vertrag an Stelle des

1) Die Innung wird infolge Konkurses kraft Gesezes geschlossen (§ 97 Gef. vom 26. Juli 1897) und Vereine verlieren die Rechtsfähigkeit (§ 42 BGB).

Gemeinschuldners so zu erfüllen, wie dieser selbst ihn hätte er= füllen müssen, oder die Erfüllung abzulehnen.

Wählt der Verwalter die Erfüllung, so ist die von ihm zu machende Leistung eine Masseschuld (§ 592 KO); natürlich ist in diesem Fall auch der andere Kontrahent zur Erfüllung verpflichtet.

Lehnt der Verwalter die Erfüllung ab, so wirkt diese Ablehnung ebenso, wie wenn der Gemeinschuldner selbst die Vertragserfüllung verweigert hätte. Der andere Kontrahent kann also nicht Erfüllung verlangen. Er kann aa) vom Vertrage zurücktreten, wenn ihm ein solches Recht nach Vertrag oder Gesetz auch sonst zugestanden hätte. Hatte er bereits etwas geleistet, so kann er dies als Aussonderungsberechtigter zurückfordern, wenn es nicht in das Eigentum des Gemeinschuldners übergegangen war; war aber der Eigentumsübergang eingetreten, so kann jedenfalls die Leistung selbst nicht zurückgefordert, sondern nur ein Anspruch aus grundloser Bereicherung nicht der Masse, sondern des Gemeinschuldners, mithin nicht als Masse-, sondern als Konkursforderung geltend gemacht werden. bb) Er kann Schadensersatz wegen Nichterfüllung, aber gleichfalls nur als Konkursgläubiger fordern, denn der Schade ist nicht durch die Weigerung des Verwalters, sondern durch den Gemeinschuldner verursacht. Daher kann der andere Kontrahent auch eine vom Gemeinschuldner versprochene Vertragsstrafe als Konkursgläubiger fordern, da die Konkurseröffnung keine die Nichterfüllung entschuldigende Tatsache ist (§§ 17, 26-28 KO, RG 21, 5; 26, 94; 35, 28). Der allgemeine Grundsa t (Wahlrecht des Verwalters) erleidet folgende A u s nahmen:

a) Aus Firgeschäften auf Lieferung von Waren, die einen Markt- oder Börsenpreis haben, kann nicht Erfüllung, sondern nur Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangt werden, daher hat hier der Verwalter kein Wahlrecht. Der Grund ist, daß die rechtzeitige Erfüllung eines solchen Geschäftes im Konkurse nicht möglich sein würde. Das Recht auf Erfüllung verwandelt sich daher ohne weiteres in einen Differenzanspruch. Die Höhe dieses Anspruches bemißt sich nicht nach dem tatsächlich eingetretenen Schaden (kon= frete Berechnung), sondern danach, was zu leisten sein würde, wenn der Kontrahent des Gemeinschuldners die Gelegenheit benutte, sich anderweit zu decken (abstrakte Berechnung). Schließt er jeht ein neues (Deckungs-)Geschäft mit Erfüllungszeit und Erfüllungsort des alten, so hat er entweder mehr oder weniger zu leisten: muß er jegt teurer kaufen, so verlangt er den Mehrbetrag als Kon

tursgläubiger; kauft er jegt billiger, so hat er den Minderbetrag an die Masse zu leisten.

b) Miet- und Pachtverträge unterliegen dem allgemeinen Grundsage des § 17 KO deshalb nicht, weil sie nicht durch die Hingabe der Sache, sondern nur durch die einen längeren Zeitraum hindurch dauernde Gewährung der Sache und durch fortlaufende Zinszahlung erfüllt werden.

aa) Ist demnach vor der Konkurser öffnung die Sache überlassen, so ist der Vertrag damit noch nicht für die ganze Vertragsdauer erfüllt. Die Folge ist, daß, wenn nachher der Mieter oder Pächter in Konkurs gerät, beiden Teilen die Möglichkeit gewährt werden muß, den Vertrag sobald als möglich zu lösen. Daher kann hier, falls nicht eine kürzere Frist bedungen ist, sowohl der Vermieter als der Verwalter unter Wahrung der gesetz= lichen Frist (§ 565 BGB) fündigen. Wenn der Verwalter kündigt, so steht dem Vermieter das Recht zu, als Konkursgläubiger den Schaden geltend zu machen, den die verfrühte Lösung des Vertrags verursacht hat (§§ 19, 49 Nr. 2 KO). Kündigt der Vermieter, so ist er nicht schadensersaßpflichtig, weil seine Kündigung durch die Konkurseröffnung gerechtfertigt ist.

Gerät der Vermieter oder Verpächter in Konkurs, so bleibt der Vertrag in Kraft.') Die vom Verwalter vorgenommene freiwillige Veräußerung wirkt aber wie eine Zwangsversteigerung (§ 21 KO), der Erwerber kann also nach neuem Rechte (§ 57 3m.V.Ges. v. 24. März 1897) das Vertragsverhältnis zum ersten Kündigungstermin unter Wahrung der gesetzlichen Frist (§ 565 BGB) kündigen.

bb) War die Sache noch nicht überlassen, und bricht über das Vermögen des Mieters oder Pächters Konkurs aus, so kann der Vermieter 3 u rüdtreten, vorausgesezt, daß er auf Verlangen des Verwalters sich sofort erklärt, ob er zurücktreten will. Unterläßt er dies, so kommt der allgemeine Grundsaß, also das Wahlrecht des Verwalters, zur Geltung, ebenso wie dann, wenn vor der übergabe der Vermieter in Konkurs gerät (§§ 20, 17 KO).

Wenn der Mieter oder Pächter in Konkurs gerät, so hat der Vermieter wegen des vor dem Konkurse fällig gewordenen Zinses eine gewöhnliche Konkursforderung, wegen dieser aber und wegen seiner anderen Forderungen aus dem Mietsverhältnis (z. B. auf Erstattung von Auslagen) ein Recht auf abgesonderte Befriedigung aus den dem gefeßlichen Pfandrechte des Ver= mieters unterliegenden Gegenständen. Dieses Recht kann vom Ver

1) Vorherige Verfügung des Vermieters über den Zins unter Umständen unwirksam (§ 21 Abs. 2).

pächter eines landwirtschaftlichen Grundstücks unbeschränkt vom Vermieter oder einem Verpächter anderer Gegenstände aber, soweit es sich um Zins handelt, nur für das lehte Jahr vor der Eröffnung des Verfahrens geltend gemacht werden, weil sonst der Fall leicht eintreten kann, daß wegen eines mehrere Jahre rückständigen Zinses die ganze Konkursmasse dem Absonderungsrechte dieses einen Gläubigers unterläge. Wegen des infolge verfrühter Kündigung entstandenen Schadensersahanspruchs hat er das Recht auf abgesonderte Befriedigung nicht (§ 49 Nr. 2 KO). Der nach der Konkurseröffnung fällig gewordene Zins ist Masseschuld (§ 59 Nr. 2 KO).

c) Dienst mietverträge des Gemeinschuldners mit Perfonen, die in seinem Haushalt, Wirtschaftsbetrieb oder Erwerbsgeschäfte Dienste leisten, können von jedem Teile gekündigt werden. Die Frist ist die gesetzliche oder bedungene, je nachdem diese oder jene fürzer ist (§ 22). Von dem durch die Kündigung des Verwalters verursachten Schadensersatzanspruche gilt das, was unter bb von dem Entschädigungsanspruche des Vermieters gesagt ist. Er ist nicht bevorrechtigt, dagegen ist der Anspruch auf die für das letzte Jahr vor der Konkurseröffnung fällig gewordenen Dienstbezüge bevorrechtigte Konkursforderung, wegen der nach der Konkursordnung fällig werdenden Schuld ist er Masseforderung (§§ 61, 59 AD).

Fünfter Abschnitt:

Die Subjekte des Schuldverhältnisses.

§ 80. I. Bestimmtheit und Unbestimmtheit des Subjekts. Der Auffassung, die das römische Recht von dem Wesen der Obligation hatte, entsprach es, daß grundsäßlich ein Schuldverhältnis nur zwischen von vornherein bestimmten Personen bestehen konnte. Die Fälle, in denen sich der Gläubiger oder der Schuldner oder beide durch den Besitz einer Sache bestimmten, in welchen die Obligation also nicht mit bestimmten Subjekten verknüpft war, bildeten die Ausnahme. Solche Fälle sind

a) die Noralansprüche, welche sich gegen den Herrn eines bestimmten Stlaven oder Tieres richteten (noxa caput sequitur) und von denen sich der Herr durch Hingabe des Sklaven oder Tieres befreien konnte (noxae deditio). Sie sind dem BGB als solche unbekannt;

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