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liegen demnach nur den allgemeinen Bestimmungen über Verträge, zugleich aber auch der Formvorschrift, die für den beabsichtigten Vertrag gegeben ist.') Betreffs der Bestimmtheit der Verpflichtung dürfen nicht diejenigen Anforderungen gestellt werden, denen der beabsichtigte Vertrag würde genügen müssen, sonst würde der Vorvertrag mit dem beabsichtigten Konsensualvertrage zusammenfallen. Besonders häufig ist der Darlehnsvorvertrag (p. de mutuo contrahendo) und der Wechselvorvertrag (p. de cambiando).

Die Pflicht zum Vertragsabschlusse kann auch durch Gesez begründet sein. Dies gilt insbesondere von den Fällen, in denen einem Rechtssubjekt die ausschließliche Befugnis zusteht, für den Vertehr notwendige Verträge abzuschließen (Eisenbahn, Post, Telegraphenanstalten: § 453 HGB, § 3 Postgeset v. 28. Oktober 1871, § 5 Telegraphengesek v. 6. April 1892). Hierher gehört auch die Pflicht der Rechtsanwälte, unter gewissen Voraussetzungen (Armenrecht, § 33 RAD) die Parteivertretung zu übernehmen.

§ 75. Der Vertrag zu Lasten und der Vertrag zugunsten eines Dritten.

I. Das gemeine Recht hat den römischen Saß übernommen: nemo alienum factum promittendo obligatur, es sei denn, daß der Promittent sich verpflichtet hat, auf den Dritten einzuwirken oder sogar für den Erfolg seiner Einwirkung einzustehen. Der Dritte wird nicht verpflichtet, er sei denn Erbe des Versprechenden. Diese Säße gelten auch im neuen Recht, da das BGB sie nirgends ausschließt.

II. Das römische Recht gab nach dem Grundsage: alteri stipularinemo potest aus einem zugunsten eines Dritten geschlossenen Vertrage weder dem Dritten noch dem Empfänger des Versprechens ein Recht auf eine an ihn zu bewirkende Erfüllung. Doch gewährte schon das römische Recht dem Promissar einen Anspruch auf Leistung an den Dritten, wenn er an dieser Leistung ein besonderes Interesse hatte. Der Dritte hatte nur in Ausnahmefällen ein Recht auf die Leistung.2) Das gemeine Recht

') Dies kann natürlich dann nicht gelten, wenn der beabsichtigte Vertrag ein Formalvertrag (z. B. ein Wechsel) ist. Vgl. über die ganze Lehre insbesondere Degenkolb im Arch. f. ziv. Praris. Bd. 71 S. 1 ff.

2) Der verkaufende Pfandgläubiger behält dem Verpfänder das Recht der Wiedereinlösung vor. Der Deponent oder Kommodant bedingt die Herausgabe der Sache an den Eigentümer. Der Schenker macht dem Beschenkten die Auflage, das Geschenk an einen Dritten herauszugeben. Der eine Dos bestellende Aszendent bedingt die Herausgabe der Dos an seine Tochter oder deren Kinder. Es läßt sich jemand etwas für seine

ging jedenfalls insofern weiter als das römische Recht, als es dem Promissar auch dann ein klagbares Recht auf Leistung an den Dritten gewährte, wenn der Promissar an dieser Leistung ein besonderes rechtliches Interesse nicht hatte (RG 21, 188). Ihm folgt das BGB (§ 335), indem es dem Versprechensempfänger das Recht auf Leistung an den Dritten selbst in dem Falle gewährt, wenn dieses Recht dem Dritten selbst zusteht.1)

Streitig aber war, ob dem Dritten ein unmittelbares Recht auf die Leistung zusteht. Das deutsche Recht erkannte in mehreren Fällen den unmittelbaren Rechtserwerb des Dritten an, allgemeiner Grundsah war es keineswegs. Vielmehr verlangte man vielfach den Beitritt des Dritten zu dem Vertrage, während andere ein Recht des Dritten auf Erfüllung auch dann annahmen, wenn er dem Vertrage nicht beigetreten war. Jedenfalls ließ man den unmittel baren Rechtserwerb doch bei bestimmten Rechtsinstituten, insbesondere für die in Gutsüberlassungsverträgen bedungenen Abfindungen der Geschwister des Gutsübernehmers und bei Lebensversicherungsverträgen zugunsten Dritter zu.

Das BGB hat dem Streit ein Ende gemacht, indem es aus dem Versprechen einer Leistung an einen am Vertrage nicht beteiligten Dritten diesem ein Forderungsrecht auf die Leistung gibt, selbst wenn er von dem Vertragsschlusse keine Kenntnis hat (§ 328). Diese Wirkung des Vertrags hängt aber ausschließlich von dem Willen der Kontrahenten ab. Der Wille soll in Ermanglung einer besondern Bestimmung aus den Umständen, insbesondere aus dem Zwecke des Vertrags entnommen werden, und immer dann entnommen werden müssen, wenn nur der Dritte ein Interesse an der Leistung hat. Der Parteiwille kann daher auch darüber bestimmen, ob das Recht des Dritten sofort oder nur unter gewissen Voraussegungen (also z. B. infolge Beitritts) entstehen und ob den Vertrag= schließenden die Befugnis vorbehalten sein soll, das Recht des Dritten ohne dessen Zustimmung aufzuheben oder zu ändern. Diesem Standpunkte des BGB entspricht es, daß Auslegungsregeln ge= geben werden und daß nach diesen in den Fällen, in denen man auch bisher schon dem Dritten ein unmittelbares Recht einräumte, der sofortige Rechtserwerb des Dritten als gewollt angenommen werden soll. Es sind dies (§ 330) der Lebensversicherungs- und der Leibrentenber= trag, die Vermögens- oder Gutsübernahme und die mit einer Auflage verbundene unentgeltliche Zuwendung. Verpflichtet sich aber Es gibt jemand eigenes Geld auf den Namen eines

Erben versprechen.

Dritten als Darlehn.

1) über die ganze Lehre jett Hellwig, Die Verträge auf Leistung an Dritte. 1899.

jemand, die Schuld des andern zu bezahlen, so soll jener Wille, dem Dritten, d. i. dem Gläubiger des Versprechensempfängers ein unmittelbares Forderungsrecht gegen den Versprechensgeber einzuräumen, nicht angenommen werden (§ 329).

Von der Stellvertretung unterscheidet sich der Vertrag zugunsten eines Dritten dadurch, daß bei ersterer nur der Dritte, bei letterer auch der Versprechensempfänger berechtigt werden soll und berechtigt wird. Geschieht die Leistung auf Kosten des Versprechensempfängers, so wird man Stellvertretung, bleibt sein Vermögen unberührt, so wird man Vertrag zugunsten des Dritten annehmen dürfen.

Das Recht des Dritten ist sein eigenes Recht, es unterliegt also grundsäglich nicht der Verfügung der Kontrahenten; selbst dann nicht, wenn der Dritte das Recht erst nach dem Tode des Promissars erwerben soll und er zu dieser Zeit noch gar nicht geboren ist (§ 331). Aber es ist ein Recht aus dem fremden Vertrage, daher ist es von der Gültigkeit und dem Wesen dieses Vertrags abhängig, folglich stehen dem Verpflichteten gegen den Dritten auch die Einwendungen aus dem Vertrage zu (§ 334, 3. B. die e. non impleti contr.). Das Recht des Dritten hängt aber auch von dem Rechtsverhältnis ab, in welchem er zum Versprechensempfänger steht. War eine Schenkung an den Dritten beabsichtigt, so kann der schenkende Versprechensem pfänger den Rechtserwerb des Dritten widerrufen (§ 530); wollte er ihm ein Darlehn geben, so kann er unter den Voraussetzungen des § 610 zurücktreten. Ferner kann der Rechtserwerb des Dritten bedingt oder betagt sein. Soll die Leistung erst nach dem Tode des Versprechensempfängers erfolgen, so vollzieht sich der Erwerb der Forderung mit dem Tode des Promissars, die Forderung gehört also nicht zu dessen Nachlaß (§ 331).')

Nach dem BGB ist ein Vertrag zugunsten eines Dritten nur dann vorhanden, wenn der Rechtserwerb des Dritten besonders stipuliert, nicht auch dann, wenn er die geseßliche Folge des Vertrags ist. Daher unterliegen die Fälle der Schuldübernahme, bei denen der Gläubiger ein Recht gegen den übernehmer erwirbt (§ 419 BGB, § 25 HGB), nicht den vom BGB über die Verträge zugunsten Dritter gegebenen Bestimmungen (f. § 93 am Schluß). Dasselbe gilt vom Frachtvertrage. Für diese Fälle bestehen besondere Vorschriften (f. insbesondere § 433 HGB).

1) Besonderer Fall eines Vorbehaltes § 332.

§ 77. Bestärkung der Verträge.

Das ältere deutsche Recht war reich an Zeichen, welche den Zweck hatten, den erfolgreichen Vertragsabschluß kenntlich zu machen oder die Erfüllung des Vertrags zu sichern. Die meisten dieser Bekräftigungsmittel sind früh außer Gebrauch gekommen, andere haben ihre frühere rechtliche Bedeutung verloren. Von den feierlichen Ver= sprechen, mit denen sich der Schuldner irgendeinem Nachteile,1) insbesondere der Beeinträchtigung seiner Ehre unterwarf, hat sich nur der in einzelnen Gesellschaftskreisen noch vorkommende Gebrauch des Ehrenworts erhalten. Der Bruch des Ehrenworts hat aber nur noch soziale, nicht mehr rechtliche Folgen (vgl. § 302 StGB).

Das ältere deutsche und das römische Recht ließen die eidliche Bestärkung von Verträgen zu, das kanonische Recht erweiterte die Zulässigkeit des promissorischen Eides und gelangte zu dem, in das frühere gemeine Recht übergegangenen, vom späteren Recht aber aufgegebenen Grundsahe, daß jedes unverbindliche Versprechen durch eidliche Bekräftigung gültig werde. Das BGB kennt einen solchen Eid nicht. Daß der Vormund durch Handschlag an Eides Statt zu treuer und gewisserhafter Führung der Vormundschaft verpflichtet wird (§ 1789), hat nur die Bedeutung eines besonders feierlichen Versprechens.

Zu erörtern bleibt nur noch die Draufgabe, die Vertragsstrafe und die Verwirkungsklausel.

1. Die Draufgabe (Arrha, Angeld, Draufgeld, Handgeld) wird. entweder gegeben mit Rücksicht auf einen erst abzuschließenden Ver= trag (arrha pacto imperfecto data) oder als Zeichen eines bereits abgeschlossenen Vertrags (a. pacto perfecto d.). Das römische Recht erblickte in ihr gewöhnlich ein Zeichen des Vertragsschlusses, während sie im deutschen Recht außer dieser Bedeutung in vielen Fällen den Zweck hatte, den Vertragsschluß zu vollenden. Diese Anschauung wirkte in denjenigen Partikularrechten nach, welche be= stimmen, daß der Gesindedienstvertrag erst mit Hingabe eines Mietgeldes an das gemietete Gesinde bindend werde.")

Gemeinrechtlich ging die a. p. imperfecto d. für den, der den Vertragsabschluß weigert, verloren. Das BGB hat über sie keine Vorschrift, läßt also ausschließlich den Willen der Kontrahenten entscheiden.

Die a. p. perfecto data oder Draufgabe gibt nach altem.

1) Hierher gehört besonders das Einlager (Einreiten, obstagium), d. i. das Versprechen, sich in Personalarrest zu begeben (aus einem Hause nicht herauszugehen), bis die Schuld getilgt sei.

Ist, wo es galt, bestehen geblieben. Art. 95 EG 3. BGB.
Engelmann, D. bürgerliche Recht Deutschlands. IV. Aufl.

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und neuem Recht (§ 336) als Zeichen des geschlossenen Vertrags und verliert daher ihren Zweck, wenn der Vertrag erfüllt und wenn er wieder aufgehoben wird. Daher wird sie im ersten Falle auf die geschuldete Leistung angerechnet, und nur wenn eine Anrechnung nicht geschehen kann, sowie im Falle der Aufhebung des Vertrags zurückgegeben (§ 337). Die Draufgabe wird aus einem Beweismittel zu einem Bekräftigungsmittel dann, wenn die Unmöglichkeit der Vertragserfüllung oder die Aufhebung des Vertrags von einem Teile verschuldet wird. Ist dieser Teil der Geber, so verliert er die Draufgabe nach altem wie neuem Rechte (§ 338), fie muß aber auf den vom andern Teile verlangten Schadensersah angerechnet und nur wenn dies nicht angängig, bei der Leistung des Schadensersages zurückgegeben werden (§§ 338, 273, 274). Liegt die Schuld am Empfänger, so hat er nach gemeinem Rechte wenigstens das Doppelte der Draufgabe als Schadensersatz zu leisten, während das BGB für diesen Fall eine Bestimmung nicht gibt. Sie bildet alsdann eine ungerechtfertigte Bereicherung des Empfängers (§ 812) oder den Mindestbetrag des von ihm zu leistenden Schadensersages.

Reugeld (a. poenitentialis) ist die Draufgabe dann, wenn der Geber sich durch ihre Aufopferung von der Leistungspflicht befreien kann. Es war dem römischen Recht unbekannt; nach gemeinem und neuem Recht (§ 336 Abs. 2) ist die Draufgabe nur dann Reugeld, wenn sie als solches zweifellos gewollt ist.

2. Vertragsstrafe (Konventionalstrafe) ist eine Leistung, die der Schuldner dem Gläubiger für den Fall der Nichterfüllung oder der nicht gehörigen Erfüllung einer Verpflichtung verspricht (§ 339). Die Leistung braucht weder nach altem noch nach neuem Recht (§§ 339, 342) in der Zahlung einer Geldsumme zu bestehen.

Die Vertragsstrafe hat nach altem und neuem Rechte nicht nur den Zweck, das Interesse des Gläubigers an der Erfüllung oder der gehörigen Erfüllung des Vertrags im voraus zu schäßen und damit den Gläubiger von dem Nachweise der Höhe seines Schadens zu befreien, sondern auch den Zweck, die Erfüllung des Vertrags zu erzwingen. Hieraus folgt vor allem, daß, wenn der Vertrag selbst unwirksam ist, auch ein Anspruch auf die Strafe nicht besteht (§ 344); während aber nach der herrschenden Auffassung des gemeinen Rechts die Strafftipulation dann gültig war, wenn der Versprechende die Unwirksamkeit des Vertrags tannte, ist sie nach neuem Recht (§ 344) auch in diesem Fall ungültig, eine Umgehung gefeßlicher Verbote durch Vertragsstrafen also ausgeschlossen.

a) Ist die Strafe für den Fall der Nichterfüllung bedungen, so hat der Gläubiger beim Ausbleiben der Leistung bisher

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