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a) Kaufleute untereinander berechtigt, für ihre Forderungen aus beiderseitigen Handelsgeschäften vom Tage der Fälligkeit Zinsen zu fordern, doch nicht Zinsen von Zinsen, und ist

b) ein jeder, der in Ausübung seines Handelsgewerbes Darlehen gibt, Vorschüsse, Auslagen und andere Verwendungen macht, befugt, vom Tage der Leistung an Zinsen zu berechnen, gleichviel, ob der Schuldner Kaufmann ist oder nicht.

Von besonderer Wichtigkeit sind die Verzugszinsen; sie sind zu leisten, wenn und solange der Schuldner einer Geldschuld in Verzug ist, und bilden den Ersag des dem Gläubiger durch den Verzug vermutlich verursachten Schadens. Daher ist nach altem und neuem Rechte (§§ 288, 289) die Geltendmachung eines höheren Schadens nicht ausgeschlossen. Nicht zu den Verzugszinsen gehören die Prozeßzinsen, die nach bisherigem und nach neuem Rechte von der Rechtshängigkeit an zu entrichten sind, auch wenn sich der Schuldner nicht im Verzuge befindet (§ 291 BGB, § 267 ZPO).1)

Die Höhe der gesetzlichen Zinsen bestimmte sich bisher nach Landesgebrauch, sie ist aber vom neuen Rechte auf 4%, für den Handelsverkehr auf 5% festgeseßt (§§ 246, 288 BGB, § 352 HGB). War der Schuldner vor Eintritt des Verzugs zu einem höheren Zinssage verpflichtet, so hat er Verzugszinsen zu diesem höheren Betrage zu zahlen (§ 288 BGB).

Gefeßliche Zinsen konnten nach römischem Rechte nur mit der auf die Hauptschuld gerichteten Klage gefordert werden, weil sie officio judicis praestantur. Das BGB hat sich dagegen der herrschenden gemeinrechtlichen Ansicht (ROHG 9, 230; 21, 320. RG 1, 349), wonach betreffs der Zulässigkeit selbständiger Einflagung zwischen gefeßlichen und bedungenen Zinsen kein Unterschied besteht, angeschlossen.

§ 59. Wiederkehrende Leistungen.

1. Die Rente hat mit den Zinsen die periodische Wiederkehr der Leistungspflicht gemein, unterscheidet sich von ihnen aber dadurch, daß die Zinspflicht von einer Kapitalschuld abhängig ist, während die Rentenpflicht das Vorhandensein einer Kapitalschuld ausschließt. Darum hat in den Fällen der Rentenpflicht die Zahlung eines Kapitals an den Rentenberechtigten nicht die Bedeutung einer Schuldtilgung, sondern die einer Gegenleistung für die Aufgabe des Rentenbezugsrechts (Ablösung). Die Rente fann in Geld oder anderen Sachen bestehen.

1) Andere Fälle gesetzlicher Zinsen §§ 256, 347, 641, 675, 820, 849, 1834 BGB, §§ 110, 111 HGB.

Das Renten recht ist das Recht darauf, daß Rente gezahlt werde; dieses Recht kann ein dingliches sein (vgl. §§ 1105, 1199); die einzelne Leistung dagegen ist Gegenstand eines aus jenem Recht entstehenden selbständigen Anspruchs, der Gegenstand besonderer Verfügung ist und in 4 Jahren seit der Verfallzeit verjährt (BGB § 197). Im Konkurse des Schuldners werden Rentenschulden kapitalisiert. Der Gläubiger wird dann bei den Abstimmungen und bei Verteilung der Masse nach Maßgabe des Kapitalbetrages so berücksichtigt, wie wenn er das Kapital zu fordern hätte (§§ 69, 70 KO).

Die Rente ist nach Höhe und Dauer regelmäßig unabänderlich. Eine nachträgliche wesentliche Änderung der Verhältnisse, welche für die Entstehung oder das Maß der Rentenpflicht bestimmend waren, gibt aber den Anspruch auf entsprechende Änderung der Rente, selbst dann, wenn die ursprüngliche Rentenpflicht durch rechtskräftiges Urteil ausgesprochen ist (§ 323 3PO, Art. 42 III EG 3. BGB).

2. Alimente sind Leistungen zum Zwecke des Lebensunterhalts. Sie gewähren entweder nur einen Unterhaltsbeitrag oder den vollen Unterhalt. Im letteren Fall umfassen sie nach altem und neuem Rechte den gesamten Lebensbedarf des Berechtigten. Der Unterhalt ist ein not dürftiger, wenn er nur der Erhaltung des Lebens dient, oder ein standesmäßiger, wenn er der Lebensstellung des Berechtigten entspricht. In diesem Fall umfaßt er bei einer der Erziehung bedürftigen Person auch die Kosten der Erziehung und der Ausbildung zu einem Berufe (§§ 1610, 1708 BGB gegenüber § 850 ZPO).

Die Unterhaltspflicht beruht auf Willenserklärung, Gesez oder unerlaubter Handlung. Wird der Unterhalt in Gestalt einer Rente gewährt, so teilt die Verpflichtung zur Alimentation die Eigentümlichkeit der Rentenpflicht. Die geseglichen Unterhaltsansprüche, welche auf einem familienrechtlichen Verhältnisse beruhen, hängen nicht ausschließlich von dem Dasein dieses Verhältnisses, sondern außerdem von der Bedürftigkeit des einen und der Leistungsfähigkeit des andern ab und erlöschen deshalb beim Wegfall einer dieser Voraussetzungen. Die Folge ist die, daß im Konkurse des Unterhaltspflichtigen nur die Ansprüche auf rückständige Leistungen, nicht auch die Unterhaltspflicht für die Zukunft geltend gemacht werden kann (§§ 3 RD, 1351, 1360, 1361, 1578-83, 1586, 1601 bis 15, 1708-14, 1715, 1716 BGB). Haftete der Gemeinschuldner aber nicht auf Grund des Familienverhältnisses, sondern als Erbe infolge Annahme der Erbschaft, so kann auch im Konkurse Unterhalt für die Zukunft gefordert werden.1)

1) Vgl. Jäger: Die Konkursordnung zu § 3 S. 51 ff.

Ihrem Zweck entsprechend können Alimente als solche nur für die Zukunft verlangt werden (in praeteritum non vivitur RG 17, 226). Da aber der Verpflichtete durch Nichtgewährung des Unterhalts von seiner Pflicht nicht frei wird, kann der Berechtigte die rückständigen Alimente als Schadensersah fordern, und der Dritte, der den Unterhalt gewährt hat (z. B. der Armenverband, die Gemeinde) hat gegen den Unterhaltspflichtigen einen Anspruch aus unbeauftragter Geschäftsführung (vgl. hierzu §§ 1580, 1613, 1711).

Auf Gesez beruhende Alimente können dem Berechtigten nicht im Wege der Zwangsvollstreckung entzogen werden (§ 8502 ZPO). § 60. Die Pflicht zur Intereffeleistung.

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1. Anstelle des vielfach gebrauchten Wortes Interesse hat das BGB den Ausdruck Schaden gesezt. Unter Interesse versteht man nämlich den Wert eines Gutes für eine bestimmte Person" (Dern= turg). Wird der Person dieser Wert entzogen oder geschmälert, so erleidet sie einen Schaden, d. h. es tritt zu ihrem Nachteil ein Unterschied in dem Bestande ihrer Lebensgüter ein: sie hat nicht das, was sie haben würde, wenn das nachteilbringende Ereignis nicht eingetreten wäre. Sind gewisse unten zu erörtende Voraussetzungen gegeben, so fann die benachteiligte Person Vergütung des ihr entzogenen Interesse m. a. W. Ersaß des erlittenen Schadens verlangen.

Das Interesse kann ein petuniäres (Vermögensschaden) oder ein ideales (immaterielles) sein. Nach römischem Prozeßrechte konnte nur auf Geld verurteilt werden. Es mußte daher ein jedes Interesse (quanti ea res est) in Geld geschätzt, es fonnte also nur der Ersatz von Vermögensschäden eingeflagt werden. Die immateriellen Rechtsgüter fanden Schuß nur durch das Strafrecht und durch die actiones poenales, d. i. die zur Verfolgung von Privatdelikten gegebenen Privatklagen; aber auch die letteren gingen auf Geld. Das gemeine Recht überließ den Schuß immaterieller Lebensgüter dem Straf- und dem Verwaltungsrecht. Daneben ließ die Praxis einen Anspruch auf sog. Schmerzensgelder zu, d. h. auf eine Geldentschädigung, die unabhängig ist von einem Vermögensschaden und nur gezahlt wird als Äquivalent für die durch eine Körperverlegung verursachten Schmerzen. Auch die Buße, auf welche nach mehreren Reichsgesehen neben der Strafe erkannt werden kann, dient im einzelnen Falle der Sühne für die Verlegung idealer Interessen, sofern sie über den Betrag des eingetretenen Vermögensschadens hinausgeht.

Dasjebige Recht läßt

a) auf dem Wege der Vertragsstrafe eine Sicherung gegen jede Art des Schadens zu (§ 343);

b) es stellt ferner der Verfolgung auch immaterieller Schäden Die gewöhnlichen Rechtsbehelfe zur Verfügung, indem es den Grundsaß aufstellt, daß jeder Schade durch Wiederherstellung des früheren Zustandes beseitigt werden soll (§ 249). Da aber der Ersag eines nicht in Geld schätzbaren Schadens durch die Zwangsmittel des Prozeßrechts (§§ 887, 888, 890 3PO) sich nur selten erzwingen läßt, ist dieser Schuß ein ungenügender. Der Schutz läßt sich wiederum nur (wie bei a) auf dem Wege einer Geldabfindung herbeiführen. Diese Geldabfindung ist aber gegenüber immateriellen Schäden nach BGB nur ausnahmsweise (§ 253), d. h. nur in den Fällen der §§ 847, 1300 BGB, und ferner nach den Reichsgesehen, welche im Strafverfahren die Zuerkennung einer Buße gestatten, möglich.

2. Umfang. Das Vermögensinteresse ist entweder nur posi= tiver Schaden (damnum emergens), d. h. Entziehung eines Vermögenswertes, in dessen Genuß der Beschädigte sich befand, oder entgangener Gewinn (lucrum cessans), d. h. Entziehung eines Vermögensvorteils, in dessen Genuß der Geschädigte gelangt sein würde. Hierher gehört nach neuem Rechte (§ 252) nur der Gewinn, welcher entweder nach dem gewöhnlichen Laufe der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten oder Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Das Wort Schaden umfaßt nach altem und neuem Rechte (§ 252) beides. In allen Fällen also, in denen eine Ersatzpflicht überhaupt besteht, umfaßt diese nach gemeinem wie neuem Rechte das gesamte oder „volle Interesse". Für die richterliche Festsetzung der Höhe des Schadens find die §§ 286, 287 3PO maßgebend. Hat derselbe Umstand, der einen Schaden zufügte, zugleich einen Vermögensvorteil für den Geschädigten zur Folge, so vermindert sich der zu ersehende Schaden um jenen Vorteil (compensatio damni cum lucro, vgl. §§ 324 615, 649 BGB).

Für einzelne Fälle bestehen Haftungsbeschränkungen. So durfte nach einer Vorschrift Justinians (I. un. C. 7, 47) der Richter nicht über das Doppelte des (bestimmbaren) Wertes der Sache, die in Frage war, hinaus erkennen, eine Bestimmung, die in das gemeine Recht überging, aber vom BGB beseitigt ist; der Frachtführer und die Eisenbahnen haften nach §§ 430, 457 HGB auf Grund des Frachtvertrags nur für den gemeinen Handelswert oder den gemeinen Wert (d. i. im Gegensatz zum Interesse den Wert, den das Gut für jeden hat) verlorenen oder beschädigten Frachtgutes, und nur im Falle von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit tritt Haftung auf den vollen Schaden ein (vgl. jedoch § 461 das.); die

Post haftet nach §§ 6 ff. des Reichspostgesetzes vom 28. Oktober 1871 für verloren gegangene gewöhnliche Briefe überhaupt nicht und für andere Sendungen nur in beschränktem Maße.

3. Der Schadensersas erfolgte nach römischem und gemeinem Recht nur im Wege einer Wertvergütung. Es mußte also der Schaden auf den allgemeinen Wertmesser gebracht, d. h. in Geld geschäßt und durch Zahlung von Geld erseht werden (ROHG 22, 198. RG 17, 112). Das BGB aber hat die Pflicht zur Wiederherstellung des früheren Zustandes zum Grundsah erhoben (Restitutions prinzip § 249). Indem es indessen eine Pflicht zur WiederHerstellung des Zustandes ausspricht, „der bestehen würde, wenn der zum Ersaße verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre", versagt es zugleich dem Beschädigten die Befugnis, statt der Wiederherstellung Geld zu verlangen. Es gibt aber

a) im Falle der Verlegung einer Person oder der Be = schädigung einer Sache dem Geschädigten die Wahl zwischen Herstellung oder Geldersah (§ 249), und

b) beschränkt dabei den Geschädigten auf den Geld ersay, aa) wenn die Herstellung nicht möglich ist oder zur Entschädigung nicht genügt (§ 251 Abs. 1),

bb) wenn die Herstellung nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich ist (§ 251 Abs. 2),

cc) wenn der Gläubiger dem Ersagrflichtigen zur Herstellung eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmt hat, daß er die Herstellung nach dem Ablaufe der Frist ablehne; denn in diesem Falle geht mit dem Ablaufe der Frist der Anspruch auf Herstellung verloren, und es bleibt nur der Anspruch auf Geldersat (§ 250). Wählt der Gläubiger diesen Weg, so entgeht er der Beweislast betreffs der Unmöglichkeit der Wiederherstellung.

4. Die Schadensersa z pflicht trifft grundsäglich denjenigen, der durch Eingriff in fremde Rechte den Schaden eines andern verursacht. Der Eingriff kann geschehen, a) indem die durch ein besonderes Rechtsverhältnis begründeten Pflichten,

b) indem die durch allgemeines Gebot gesicherten Rechtsgüter verlegt werden.

Den ersten Fall bezeichnet man regelmäßig mit dem Worte „kontraktlicher“ oder „Vertrags-Schaden", weil er meistens in der Nichterfüllung oder der nicht gehörigen Erfüllung vertragsmäßig begründeter Verpflichtungen besteht; indessen kann auch eine aus einem anderen Rechtsgrunde entstandene Verpflichtung, z. B. die gesehliche Unterhaltspflicht, verlegt und dadurch eine Schadensersahpflicht begründet werden.

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