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Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin

vom 3. October 1863.

Nach Ueberreichung der Geschenke und kurzer Besprechung des Inhaltes derselben legt Herr Barth als Vorsitzender eine Neuseeländische Zeitung, The Lyttleton Times" vom 1. April 1863 vor, in welcher von einer Reise des Dr. Haast von der Ost- nach der Westküste der südlichen Neuseeland-Inseln Nachricht gegeben wird. Der Reisende überstieg bei dieser Gelegenheit die im Mount Cook bis 13,000 Fufs aufsteigenden Schneegebirge vermittelst einer Einsattlung, welche nur 1612 engl. Fufs über dem Meere liegt.

Herr Neumann lenkte durch einen Vortrag die Aufmerksamkeit der Gesellschaft auf californische Verhältnisse. Ungefähr 1000 Millionen Dollars sind seit der Entdeckung der Goldlager am 1. Februar 1848 an edlem Metalle gewonnen worden, wobei die jährliche Ausbeute auf 70 Millionen Dollars anzuschlagen ist. Daneben kommt in der Sierra Nevada auch viel Silber vor. Gegenwärtig ist Californien, von welchem der Jesuit Quino (Kuhn) die erste topographische Karte lieferte, durch verbesserte Verkehrsmittel Europa so nahe gerückt, dafs die Zeitungen von S. Francisco in 33-34 Tagen und eine telegraphische Nachricht in 3 Tagen von dort nach Berlin gelangt. Noch schnellere Beförderung der Gedanken steht in Aussicht, wenn die drei grofsen und bereits in Angriff genommenen Eisenbahnen, welche Californien mit dem Osten verbinden sollen, vollendet sein werden. Die Einwohnerzahl des Landes beläuft sich jetzt auf 450,000 Seelen, unter welchen sich 45,000 Chinesen befinden. Diese nehmen durch eine Zeitung, welche in chinesischer Sprache herauskommt, auch an dem geistigen Leben der Bewohner Theil, das sich vorläufig in 60 Zeitungen, unter welchen fünf deutsche, abspiegelt.

Herr v. Sydow bespricht die unter den Geschenken bei No. 6 und 13 aufgeführten Werke, über welche er sich mit besonderer Anerkennung äussert, indem er zugleich auf die aufserordentlichen Mittel hinweist, welche die Kaiserlich Russische Regierung auf die Ausführung ihrer geodätischen Arbeiten verwendet.

Herr v. d. Decken, im Begriff, sich zu einer neuen Reise nach dem aquatorialen Theile von Ost-Afrika vorzubereiten und als Gast anwesend, legt zwei Kartenskizzen der von ihm bereisten Landschaft am Kilimandjāro vor und begleitet sie mit einem erläuternden Vortrage. Die Höhe des Kilimandjaro, bei welchem der Vortragende am längsten verweilt, ist von ihm zu 20,065 Fufs engl. (die Westspitze) und zu 17,340 Fufs engl. (die Ostspitze) berechnet worden. Die Schneegrenze fand sich im laufenden Jahre vermittelst trigonometrischer Messung in einer Höhe von 16,400 Fufs. Bei 9000 Fufs wird keine Quelle und überhaupt kein Wasser mehr angetroffen, und bei 12,000 Fufs hört die Vegetation fast völlig auf. Sämmtliche Messungen wurden auf der ersten Reise mit dem Teodolithen und auf der zweiten bis zu einer Höhe von 13,800 Fufs mit dem Barometer ausgeführt. Der See Jipe ist bei mehreren Sondirungen nur 17 Fufs tief gefunden worden. Bei seiner Rückkehr nach Afrika gedenkt der Reisende den Jubaflufs so weit wie möglich hinaufzugehen und auf dem Rückwege die Schneeberge noch einmal zu besuchen.

Herr Barth macht einige Mittheilungen über Herrn v. Beurmann nach den letzt eingelaufenen Briefen dieses Reisenden. Ein Brief aus Kuka in Bornu vom 7. September 1862 handelt besonders von den aufgefundenen Versteinerungen, welche mit den von dem verstorbenen Reisenden Overweg gesammelten verglichen werden. Sodann bespricht der Brief die sich häufig als Plateau darstellende Bodenbildung der vom Verfasser durchreisten Landschaften, wobei er der Ansicht von der Bildung der jene Gegenden auszeichnenden grofsen Sanddünenketten in Folge der herrschenden Winde widerspricht und zwei verschiedene Hebungs-Systeme unterscheidet. An den Berührungsgrenzen beider finden sich, wie öfters, reichliche Eisenerze. Aufserdem wird auch das Vorkommen des Schwefels und des Gipses erwähnt. Eine Nachschrift zu diesem Briefe vom 20. September 1862 meldet blofs den Befehl des Schech von Kuka an Herrn v. Beurmann, die beabsichtigte Reise nach Kānem nicht anzutreten, indem ungünstige Nachrichten von dorther eingelaufen seien. Ein späterer Brief vom 24. Dezember 1862 bringt die Nachricht, dafs Herr v. Beurmann einen Ausflug nach Yákoba gemacht hatte, von welchem er indessen mit stark erschütterter Gesundheit nach Kuka zurückgekehrt war; dessen ungeachtet wollte derselbe am 26. Dezember nach Kanem aufbrechen, um sich von dort nach Wadāi zu begeben. Eine auf Aussagen der Araber beruhende und daher unsichere (aber leider seitdem fast zur Gewifsheit erhobene) Nachricht fügt hinzu, dafs der kühne Reisende auf diesem mit solcher Beharrlichkeit verfolgten Wege seinem Unternehmungsgeiste zum Opfer gefallen sei. Ein letzter Brief desselben, datirt vom 6. Januar 1863 und gerichtet an den engl. Consul Reade in Tripolis, bringt noch die Meldung, dafs Herr v. Beurmann auf dieser Reise von seinen Dienern bestohlen, zur Rückkehr gezwungen worden und in Folge dessen, zum Behufe neuer Ausrüstung, genöthigt gewesen sei, bei einem Araber Geld aufzunehmen. Er werde jetzt definitiv dorthin aufbrechen. Weitere Nachrichten werden mit ängstlicher Sorge erwartet.

Hierauf sprach Herr Ehrenberg über einige durch Herrn v. Beurmann aus Kuka eingesandte Pflanzen, Wüstenstaub und Schlammproben des centralen Afrikas, desgleichen über einige, der Agushas - Bank entnommene und durch den Contre-Admiral Herrn Sundewall mitgetheilte Grundproben, welche beweisen, dafs der dortige Meeresboden ein grünsandiger Polythalamien - Kalkstein ist, welcher 5 Längengrade weiter östlich ebenfalls den Meeresgrund bildet.

An Geschenken gingen ein:

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1) Ssemenow, Geographisch-statistisches Wörterbuch des Russischen Reiches, zusammengestellt im Auftrage der Kais. Russ. geographischen Gesellschaft, unter Mitwirkung von Sujerinski, Philippow und Maak. Thl 1. St. Petersburg 1863. (In russischer Sprache.) 2) G. Radde, Reisen im Süden von Ost- Sibirien in den Jahren 1855-59 incl. Bd. I. Die Säugethierfauna. St. Petersburg 1862. 3) Registro estadistico de Buenos Aires. 1861. T. I. Buenos Aires 1862. 4) V. A. Malte-Brun, Les dernières explorations du Dr. Alfred Peney dans la région du Haut Fleuve Blanc. Paris 1863. 5) Memoiren des topographischen Kriegs-Karten - Depots. Thl. XXIV. St Petersburg 1863. (In russischer Sprache.) 6) Katalog von circa 1700 im Russischen Reiche bis 1860 geographisch bestimmten Punkten, mit einer Uebersicht aller bis dahin ausgeführten geodätischen Arbeiten. St. Petersburg 1863. (In russischer Sprache.) — 7) Melgunow, Reise

an die Südküste des Caspischen Meeres. St. Petersburg 1863. (In russ. Sprache.) 8) Mensale presentado por el Presidente de la República Oriental del Uruguay a la apertura de 3" periodo de la 9a legislatura. Montevideo 1863. 9) Zeitschrift für allgemeine Erdkunde. N. F. XV. Heft 1-3. Berlin 1863. 10) Uebersicht der Aufsätze, Miscellen und Karten, welche in den Monatsberichten über die Verhandlungen der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin, sowie in der Zeitschrift für allgemeine Erdkunde (1840-1863) enthalten sind. Berlin 1863. 11) Petermann's Mittheilungen. 1863. Heft IX. Gotha. 12) Zweiter Jahresbericht

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17) Bulletin de

des Vereins von Freunden der Erdkunde zu Leipzig. 1862. Leipzig 1863. 13) Denkschriften der Kais. Russ. geographischen Gesellschaft. 1862. Bd. 3. 4. 1863. Bd. 1. 2. St. Petersburg. 14) The Transactions of the Bombay Geographical Society from June 1860 to December 1862. Vol. XVI. Bombay 1863. 15) Boletim e Annaes do Conselho Ultramarino. N. 101-3. Lisboa 1862. 16) Revue maritime et coloniale. T. VIII. Août. Paris 1863. la Société Impériale des Naturalistes de Moscou, T. XXXVI. N. 1. Moscou 1863. 18) Jahrbuch für die amtliche Statistik des Preufsischen Staats. Herausgegeben vom K. Statistischen Bureau. Jahrg. I. 1862. Thl. 1. 2. Berlin 1862. 63. 19) Zehnter Bericht der Oberhessischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. Giefsen 1863. 20) Jahrbuch für Volkswirthschaft und Statistik. Herausgegeben von O. Hübner. Berlin 1863. 21) Preussisches Handelsarchiv. 1863. N. 31-39. Berlin. 22) Visconde de Sá da Bandeira e Fernando da Costa Leal, Angola. 2 Bl. Lisboa 1863. gr. Fol. 23) Karte des europäischen Rufslands in 12 Blättern. St. Petersburg 1863. (In russischer Sprache.)

XIV.

Die Gilbert- und Marshall-Inseln.

Von Director Meinicke.

In neuerer Zeit hat man die Inselgruppen des stillen Oceans in gewisse gröfsere Abtheilungen getheilt und diese mit besonderen Namen belegt. Diese Theilung erscheint allerdings, wenn auch die für die einzelnen Theile erfundenen Namen nicht gerade glücklich gewählt sind, zweckmäfsig. Uebrigens liegen die Gründe dafür nicht sowohl in Verschiedenheiten der natürlichen Bildung, sie sind vielmehr vorzugsweise ethnographischer Art.

Den nordwestlichen Theil dieser Inselgruppen belegen jetzt die amerikanischen Missionare namentlich mit dem Namen Mikronesien. Er zerfällt wieder in drei gröfsere Archipele, die Ladronen (oder Marianen), die Carolinen und den Archipel, der der Gegenstand dieser Arbeit ist, und dem zuerst Plant ') den Namen der Gilbertund Marshall-Inseln beigelegt hat.

Die erste Entdeckung dieser Inseln gehört bereits dem sechszehnten Jahrhundert an. Als der Spanier Alvaro de Saavedra 1529 den Versuch machte, von den Molukken einen Weg durch den Ocean gegen Osten nach Mexiko zu finden, stiess er, nachdem er die Nordküste von Neuguinea befahren und sich darauf gegen Nordosten gewandt hatte, halbwegs zwischen den Molukken und der Küste Amerika's auf eine Gruppe flacher Korallen-Inseln, die er wegen der Tättuirung ihrer Bewohner Pintados (die bemalten) nannte; 80 spanische Meilen weiter gegen Nordosten traf er auf eine ähnliche Lagunengruppe, bei der er ankerte und Trinkwasser und Kokosnüsse von

1) Auf seiner Karte des Oceans 1793 (Zimmermann, Australien. Bd. I. S. 196). Zeitschr. f. allgem. Erdk. Neue Folge. Bd. XV. 24

den freundlichen Einwohnern erhielt. Diese Gruppe nannte er die Buenos jardines. Die Spanier beobachteten, dafs die Boote, welche sie sahen, aus angeschwemmtem Treibholze gebaut waren, wie es noch heute in Ratak Sitte ist; auch ohne diese Notiz würde schon aus der relativen Lage beider Gruppen sich abnehmen lassen, dafs die erste den Ralik-, die zweite den Ratak-Inseln angehört hat, obgleich sich bei den abweichenden Berichten, die über Saavedra's Reise überliefert sind, nicht entscheiden läfst, welche Gruppen er gesehen hat, eben so wie das bei der Inselgruppe unmöglich ist, welche Alvaro Mendaña bei seiner Rückkehr von den Salomons-Inseln 1568 einige Grade nördlich vom Aequator gesehen hat, und die wahrscheinlich ebenfalls diesem Archipel angehört.

Als dann später seit der Gründung der spanischen Niederlassungen in den Philippinen die Fahrten zwischen diesem Archipel und der Küste von Mexiko in Gang kamen, sind anfangs die nördlichsten der Marshall-Inseln wie der Karolinen gewifs öfter von spanischen Schiffen gesehen worden, ohne dafs darüber uns etwas überliefert wäre. So gehören zu ihnen ohne Zweifel die auf späteren Karten mit dem Namen Pescadores bezeichneten Inseln, wenn es gleich sehr ungewiss ist, ob die Gruppen der Kette Ralik, auf welche Wallis später diesen Namen übertragen hat, die ursprünglich damit gemeinten sind. Seitdem aber, seit dem Ende des sechszehnten Jahrhunderts, der Schiffsweg von Acapulco nach Manila auf eine nördlichere Parallele verlegt wurde, blieben diese Inseln unbesucht, und es vergingen 150 Jahre, bis sie von europäischen Seeleuten wiedergesehen und so eigentlich erst entdeckt sind.

Die ersten Seefahrer, mit deren Reisen die neuere Erforschung des stillen Oceans beginnt, Byron und Wallis, mufsten, da sie nach der Umschiffung Amerika's das Meer in der Diagonale durchschnitten, um das kurz vorher durch Anson bekannt gewordene Tinian zu erreichen, den Archipel berühren und haben auch einige Inseln desselben entdeckt, Byron 1765 den 2. Juli die Gruppe Nukaunaw, der er seinen Namen beilegte, Wallis 1767 den 3. September zwei der nördlichsten Gruppen von Ralik, die er für die Pescadores der alten Karten hielt. J. Cook kam auf seinen Reisen niemals in den nordwestlichen Theil des Oceans, und der Eindruck, den seine Entdeckungen auf seine Zeitgenossen machten, wie die aus ihnen hervorgegangene Gründung der Kolonie im östlichen Australien zogen die Blicke der Seefahrer so sehr von den Inselgruppen Mikronesiens ab, dass nur der Zufall einzelne Schiffe diesen zuführte und sie den Europäern be

2) Siehe Burney, Chronological History. Bd. I. S. 285.

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