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sante Reise veröffentlicht; Cienkowsky, Naturforscher der Expedition, welcher sich als Algolog sonst einen Namen gemacht, hat nicht einmal die botanischen Schätze seines nicht gerade sehr reichen, aber immer doch manches Neue und Interessante darbietenden Herbariums bearbeitet, und harren diese einer kundigen Hand, sie zu heben. Zwischen Kowalewsky und Trémaux hat sich später ein sehr unerquicklicher Federkrieg entsponnen, welcher zum Theil in Trémaux' Werk fortgeführt wird. Einer hat dem Anderen Dinge vorgeworfen, wie sie sich Männer, welche durch die Gefahren einer langen und mühseligen Wanderung an einander gekettet gewesen, nicht hätten sagen müssen. Leider scheint hierbei nationale Antipathie grofse Schuld zu tragen. Von Trémaux nun ist das, was er auf seiner Reise geschen und gezeichnet, in obigem Werke publicirt worden. Der zweite Textband desselben erschien soeben. Der erste Band schildert die Reise bis Khartûm, sowie die Rückreise von Kharţûm durch die Bejûdah-Steppe, von Metammeh nach Merawî und nilabwärts durch Donqolah. Dieser Theil enthält interessante Daten über die Bauart der antiken Reste im Nilthale und manche treffende Bemerkung über die Beziehungen der älteren und neueren Bewohner der durchreisten Gegenden zu einander. Gelungen und im Grunde auf richtigen Anschauungen fufsend erscheint eine Darstellung der Abâbdeh und Besarìn (Kap. I des II. Abschnittes). Weniger gut sind die Naturschilderungen; hier vermisst man überall den Kenner des Thier- und Pflanzenreiches, wie solcher doch allein im Stande sein kann, die grofsartigen Naturverhältnisse eines afrikanischen Tropenlandes zu erfassen und genügend zu charakterisiren. Freilich darf dieser Mangel dem Verfasser nicht zum Vorwurf gemacht werden, da er keineswegs den Anspruch gemacht hat, Naturforscher zu sein, diese Studien vielmehr einzig und allein in das Bereich des Prof. Cienkowsky gehört haben müfsten. Was nun den archäologischen Theil der Trémaux'schen Arbeit anbetrifft, so hat zwar dem Verfasser allem Anschein nach ein Hauptschlüssel zur Erkenntnifs der alten Denkmäler, nämlich gründliche Kenntnisse der hieroglyphischen und demotischen Schrift, gefehlt; trotzdem verräth sich in seinen Auseinandersetzungen ein ehrenwerthes Streben, auch die Werke classischer Autoren zu durchforschen und nach Vermögen zu deuten.

Der zweite Band bringt uns eine Schilderung der Reise von Kharțûm auf dem Babr-el-azraq, nach Fezoghlu. Wir treffen hier gute Darstellungen von Khartum und den wichtigsten Ufergegenden des blauen Flusses. Sobald aber Trémaux einen Wald oder eine offene Steppe zeichnen will, fehlt ihm wieder das Auge des Naturforschers. Wir erfahren nicht, unter welcherlei Bäumen er gewandelt, wie denn solch ein sennârischer Wald, der doch sein ungemein charakteristisches Gepräge hat, etwa aussieht, wir bleiben im Ungewissen über die mannigfaltige und interessante Thierwelt, die ihn belebt. Sitten und Gebräuche des Volkes aber finden wir überall gut und treffend dargelegt. Auch ist die hauptsächlich nach Cailliaud's Werk entworfene Geschichte Sennâr's, einige bedenkliche historisch - ethnologische Spekulationen abgerechnet, besonders was die Epoche der türkischen Invasion (1821-23) anbetrifft, treu und dem Verlauf der Ereignisse gemäfs, wiedergegeben worden. Sie zeichnet sich durch einfache, wahrheitsliebende Ausführung sehr vortheilhaft vor der schwülstigen, unhistorischen und die Thatsachen völlig auf den Kopf stellenden Schilderung aus, mit

welcher ein neuerer, vielgelesener Reiseschriftsteller seine Erzählungen über Khartum u. s. w. einzuleiten pflegt.

Der am wenigsten gelungene Theil dieses Bandes ist unstreitig der ethnologische. Auch Trémaux huldigt der Ansicht, dafs die nubischen und sennârischen, sowie ein Theil der westsud ânesischen Nomaden arabischer Herkunft seien, von arabischen Auswanderern abstammten, welche etwa im 15. oder 16. Jahrhundert in den Sudân eingedrungen. Zu oft schon sind an diesem Orte und anderwärts die Gründe dargelegt worden, welche einer solchen Ansicht durchaus widerstreben. Trémaux selbst begeht Widersprüche, wenn er einen Theil der Nomaden Nord-Ost-Afrika's, wie die 'Abâbdeh und Besarîn, für Autochthonen, und einen anderen, wie die Sukurîeh, für Araber hält, obwohl letztere nebst den ihnen verwandten Dabêna, Ḥamrân, Çâbûn, Abû- Rôf u. s. w., sicherlich Stammverwandte der ureingebornen Begah-Völker sind.

Ein Theil der westsudâncsischen Aethiopen, wie die Pout oder Fout (qui paraissent être de la même souche que les Foulbes) scheint Trémaux alte Bewohner des Nilthales in Egypten zu sein! Wie er darüber denkt, mag folgende Stelle zeigen: „Les peuples fout, par plusieurs considérations que nous développerons plus loin, semblent appartenir aux premières émigrations de la vieille civilisation de la vallée du Nil, que d'antiques vicissitudes de ce pays auraient refoulées dans ces régions. On les reconnaît non-seulement par leur nom, par leur type semblable, mais encore par de nombreux usages de l'ancienne Égypte q'uils ont con

servés".

Trémaux begeht hier einen schon längst beseitigten Irrthum wieder von Neuem. Das hieroglyphische Zeichen 9 Put, welches ihm bei seinen Phot oder Fout, seinen alten, von Otartasen besiegten Nilbewohnern, seinen heutigen Fout (West-Sudanesen) vorgeschwebt, bedeutet eine ganze Völkergruppe im Allgemeinen und wird gewöhnlich in Völkerlisten zur Bezeichnung der neun bekannten und unterworfenen Nationen gebraucht ). Keineswegs haben jedoch die Alten damit eine bestimmte Nation, etwa die biblischen Phot, im Auge gehabt. Es erscheint sonderbar, wie nun Trémaux die senegalischen Futa und die westsudânesischen Fulbe mit dem Zeichen 9 Put in Verbindung setzen will. Diese Idee ist gänzlich falsch und verwirrt alle seine ethnologischen Spekulationen von Grund

aus.

Richtig ist und z. Th. durch H. Barth's linguistische Studien dargethan, dafs verwandtschaftliche Beziehungen zwischen dem Altegyptischen, dem Tuârqî und anderen Sprachen des westlichen Innerafrika stattfinden. Ebenso wird sich auch wohl Trémaux' Ausspruch bewahrheiten, dafs unter den westsudânesischen Stämmen manche Sitte, mancher Brauch an diejenigen der alten Egypter erinnere. Endlich noch scheint es richtig zu sein, dafs Ost- und West-Sudânesen nebst den alten Bewohnern des unteren Nilthales, einen im Ganzen übereinstimmenden Typus repräsentiren. Allein was soll dies doch weiter sagen, als dafs die continentale Masse Afrika's von Völkern bewohnt werde, die sämmtlich einem gemeinsamen Haupttypus, einem gemeinsamen Sprachstamme angehören, innerhalb welcher Einheit man aber zahlreiche schwächere und stärkere Variationen in der Hautfarbe,

1) S. darüber Brugsch: Geographische Inschriften alter Denkmäler. II. Bd,

der Gesichtsbildung u. s. w. findet. Wozu denn den zu verschiedenen Zeiten stattgehabten Völkerwanderungen und Völkerzügen einen so ins Kolossale zur Absurdität

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gehenden Einflufs beimessen?

bis

Sicherlich haben die alten Egypter, die Schöpfer der pharaonischen Kultur, ihre südlicheren Nachbarn, die Berber und deren westliche Verwandte, die Begah u. s. w. einen echt afrikanischen Ursprung gehabt, den weder die Einfälle der Hyq-S'os, noch der Perser, noch die Ueberschwemmungen der Araber in seiner Eigenthümlichkeit zu modificiren vermocht. Die Nilländer südlich vom 20° N. Br. haben wohl von jeher eine sefshafte (Ufer -) und eine nomadisirende Bevölkerung von Berbern, Begah und noch weiter Südlich von Fung besessen. Aus dem landbauenden Theile dieser Aethiopen mögen das neumeroitische Reich und Aloah hervorgegangen sein '). Später, als diese verfallen, gewannen die Nomaden das Lebergewicht und erlagen dem Andrängen der Fung, welche aus ihren alten Stammsitzen in Süd-Sennàr hervorgerückt, nicht, wie Trémaux annimmt, aus regions sahariennes. Sie, die Fung, die von Trémaux so ohne Weiteres mit den „Phot“ identificirt werden, sind die Ureingebornen des Südens der sogenannten Gezîret-Sennâr. Wie Trémaux gar darauf kommt, den Fung einen semitischen Ursprung zu vindiciren, das ist völlig unbegreiflich. Dieses Volk gehört ganz entschieden zu den dunkelhäutigen ureingebornen Aethiopen, wenn wir wollen, zu den cisaequatorialen Negern. Bruce ist nicht im Unrecht, wenn er die Fung im Allgemeinen „Neger" nennt. Denn sind auch die sogenannten Fung-Berûn besser gestaltet, ja intellectuell besser entwickelt, als andere benachbarte Negerstämme, als selbst Fung Ḥammêgh, die Gebelawîn und dann die ihnen im weiteren Sinne stammverwandten Śillük, Denqa und Berțât, so bilden sie mit diesen genannten Stämmen denn doch eine Völkerfamilie, der man ihr volles Anrecht als äthiopische Autochthonen nicht vergeben kann. Eine Stammesverwandtschaft zwischen Fung-Berûn und FungḤammêgh mit Sillûk und dieser wieder mit den Berțât darf nicht hinweggeläugnet werden; wem aber wird es einfallen, das Negerthum der Bertât, Śillük und Denqa zu bestreiten. Wenn doch nur endlich einmal diejenigen, welche ethnologische Fragen erörtern wollen, nicht immer mit Redensarten, wie „semitischer Ursprung" so leichtfertig bei der Hand sein wollten.

Die Polemik gegen Trémaux' ethnologische Auseinandersetzungen könnte noch weit, weit mehr ausgedehnt werden, wenn der Raum es zuliefse. Es wird dies besser für ein andermal aufgespart, wenn es überhaupt der Mühe werth erscheint, solchen zum grofsen Theil sehr vagen Spekulationen, wie der vom Verfasser im Kapitel L'Homme blanc devient nègre beigebrachten, mit Ernst entgegenzutreten. Es geben diese Anschauungen leider nur ein neues Zeugnifs von der entsetzlichen Unklarheit und Unsicherheit, welche zur Zeit noch in der Ethnologie herrschen. Wahrlich, das Geständnifs ist beschämend, aber dennoch nur

1) In den hellen meroitischen Aethiopen, welche auf den alten Tempelgebäuden zu Nâqâ u. s. w. dargestellt worden, haben wir ohne Zweifel die Macrobier zu suchen. Das Landvolk am mittleren und unteren Baḥr-el-azraq ist heutzutage aus Berbern, Begah, Ga' alin, 'Alâwîn, Abû-Rôf und Fung gemischt, ohne bestimmt prononcirten Typus. Funqî-Element scheint jedoch überwiegend zu sein.

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zu wahr: die oben genannte Wissenschaft ist noch in ihrer vollen Kindheit und wartet erst eines kräftigen Geistes, der sie einmal gründlich fördert und vom Makel doktinärer Spielereien reinigt.

Abgesehen nun von dem, was wir in Trémaux' Buche für verfehlt erklären müssen, so bietet dasselbe dem Leser dennoch genug des Interessanten und Mittheilungswerthen dar. Der das Werk begleitende Atlas mit vielen, z. B. farbigen Tafeln, steht zwar hinsichtlich der technischen Ausführung hinter Manchem zurück, was deutsche, englische und französische Reisewerke geleistet, verräth aber in der Zeichnung doch den gewandten Künstler und sorgfältigen Beobachter. Einige Blätter, wie Pl. 1 Les bords du Nil en Egypte, Pl. 8 Femmes de Lony, Pl. 19 Vue intérieure dune tannerie und Pl. 22 eine Zusammenkunft des Idrîs - Adlân, Melek der Fung-Berûn mit einem Berţât - Häuptlinge, sind ganz vortrefflich. Weniger gut sind die Waldlandschaften gelungen, denen es an Charakteristik und guter Ausführung der Hauptpflanzenformen fehlt. So sind z. B. die im Zustande der Entlaubung dargestellten Adansonien gar zu steif gerathen. Die dem Atlas beigegebenen, nach Photographien ausgeführten menschlichen Figuren ziehen das, was die Photographie, wenigstens die mangelhafte, an sich schon in Verzerrung der Gliedmassen leistet, zu sehr ins Karrikaturenmässige. Die afrikanischen Menschen des Nilthales sind im Allgemeinen proportionirter, schlanker, als Trémaux sie hat darstellen lassen '), überdies hat er noch ganz absonderlich häfsliche Individuen als Modelle ausgesucht.

Die dem Werke beigegebene Generalkarte von Nord-Ost-Afrika läfst, besonders hinsichtlich Sennâr's, Vieles zu wünschen übrig; diejenige von Fezoghlu jedoch enthält in Bezug auf genauere Ortsangaben recht vieles Verdienstliche.

Immerhin bleibt Trémaux' Werk eines der bedeutenderen, welches in neuerer Zeit über die oberen Nilregionen erschienen. R. H.

Beiträge zur Kenntnifs des Klimas und der Krankheiten Ost-Asiens, gesammelt auf der Preufs. Expedition in den Jahren 1860, 1861 und 1862 von Dr. C. Friedel, Assistenz-Arzt in der Königl. Preufs. Marine. Berlin (Georg Reimer) 1863. II, 183 S. gr. 8.

Gleichzeitig mit mehreren von verschiedenen Mitgliedern der Ostasiatischen Expedition in diesem Augenblicke veröffentlichten Reiseerinnerungen ist von dem Marine-Arzt Herrn Dr. Friedel, aus dessen Feder wir, wenn wir nicht irren, eine Anzahl recht gediegener Skizzen ostasiatischer Zustände in einem unserer Tageblätter gelesen haben, das erste wissenschaftliche Beobachtungsjournal herausgegeben worden, welches wir als einen Vorläufer zu der von unserer Regie

1) Da wo Trémaux übrigens Menschenfiguren direkt nach seiner eigenen Zeichnung dargestellt, wie auf Taf. 19 und 22, sind derartige Verzerrungen glücklicher vermieden worden.

rung beabsichtigten Publication der von den der Expedition beigegebenen Naturforscher angestellten Beobachtungen ansehen können. Freilich liegt es auf der Hand, dafs bei der Abgeschlossenheit, welche die ostasiatischen Reiche den Europäern gegenüber bewahren, bei der geringen Neigung der Japanesen und Chinesen, Fremdlingen einen tieferen Einblick in ihre socialen Verhältnisse zu gestatten, derartige Mittheilungen sich nur auf die wenigen Küstenpunkte beschränken, an denen die politischen und Handelsbeziehungen ein längeres Verweilen ermöglichen, dafs mithin dieselben bis jetzt wenigstens nur einen fragmentarischen Charakter an sich tragen können. Dennoch hat der Verfasser in diesen Fragmenten immerhin manches Brauchbares gegeben; er beweist sich als ein guter Beobachter und fleifsiger Sammler aller Notizen, welche dem Bereiche ostasiatischer Klimatologie und der damit eng zusammenhängenden Nosographie angehören, und hat so ein Gerüst aufgebaut, welches auszufüllen freilich späteren Forschern überlassen bleiben mufs.

Was die früheren klimatologischen und nosologischen Beobachtungen für jene Gegenden überhaupt betrifft, so sind dieselben nur höchst mangelhaft. Sehr vereinzelte, und nur die kurze Zeit von wenigen Monaten umfassenden Beobachtungen über Temperaturverhältnisse sind von einer Anzahl englischer und amerikanischer Flottenofficiere, welche die politischen Verhältnisse in jene Gewässer führten, angestellt worden; etwas reichhaltiger sind die Berichte, welche über die in jenen Gegenden herrschenden Krankheitsformen uns zufliefsen, und die wir besonders den englischen ärztlichen Gesellschaften verdanken, welche seit mehreren Decennien durch Anlegung von Hospitälern sich bemühen, der europäischen Heilkunde unter jenen Völkern Eingang zu verschaffen. Für die japanischen Inseln ist, soweit der Verfasser nicht selbst Gelegenheit hatte, an den von der preufsischen Expedition besuchten Hafenplätzen Beobachtungen anzustellen und Erkundigungen einzuziehen, von dem Dr. Pompe van Meerdervoort, dem Director der medicinischen Schule zu Nagasaki, manches schätzenswerthe Material für die medicinische Topographie gesammelt worden. Wir rechnen hierhin vorzugsweise die Bemerkungen über das Auftreten der Syphilis und Cholera unter den Bewohnern des Inselreiches. Für die chinesische Küste gestaltet sich in Bezug auf die klimatologischen und nosographischen Verhältnisse das Material schon reichhaltiger, weil hier an mehreren Orten durch die Engländer Hospitäler erhalten werden, in denen mannigfache Beobachtungen über das Auftreten einzelner Krankheitsformen gemacht wurden, freilich meistentheils nur unter den daselbst angesiedelten Europäern oder unter den Mannschaften dort stationirter europäischer Schiffe, während nur ein kleiner Bruchtheil der eingebornen Bevölkerung sich der Behandlung fremder Aerzte anvertraut.

Für Tiensin wird uns ein meteorologisches Journal, umfassend die Zeit vom 11. Mai bis 10. October, mitgetheilt, womit das im Nachtrage aus Gordon's neuestem Werke „China, vom medicinischen Standpunkte in den Jahren 1860 und 1861" entlehnte klimatologische Journal vom December 1860 bis November 1861, so wie die Morbilitäts- und Mortalitäts-Tabellen, freilich nur in Bezug auf die Engländer und Sikhs, zu vergleichen sind. Für Tschifuh werden uns Tabellen über die Temperatur, Windrichtung und Luftdruck von Mai bis November 1861 gegeben und für die Meteorologie des Golfes von Petschili liegt ein Beobachtungsjournal

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