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einen langen Hügel und passirten ein mit schönen Acacien bewachsenes Terrain. Der grofse, strauchartige Hachot oder Imbadja, Rumer alismaefolius, trug seine langen, dichten, rothen Fruchtrippen neben dem weifsblättrigen, grofsen, stacheligen Solanum Melongena mit seinen Varietäten; gelbblühende Senecionen und Verbascum, rosafarbene und feuerfarbige Carduus im reichen Blüthenschmucke stehen neben den dicht mit wolligen Clematisgewinden und verdorrten Cucurbitaceenranken behangenen Acacien und reichblühenden Rosensträuchern, fein duftenden Jasmin- und Asparagussträuchern. Der Boden ist äusserst fruchtbar, fast völlig eben. Gerste-, Weizen-, Schimbera-, Cicer arietinum-Felder zeigen sich, jedoch Dörfer fehlen. Die wenigen Ortschaften in Wogera sind fern vom Wege erbaut. Das Land ist viel in den steten Bürgerkriegen und auch noch vor wenigen Jahren unter der Regierung des jetzigen Negus Theodros verwüstet und die Dörfer geplündert und nach abessinischer Manier eingeäschert worden. Trotzdem sahen wier hier wieder zahlreiche, schöne Rinderheerden die Triften abweiden. Wir begegneten sehr vielen Leuten, die in Trupps von 20-30 mit ihren Reit- und beladenen Lastthieren nach Tschembelga gingen, wo heute (Dienstag) Markt gehalten wurde. Der Anzahl der Leute und beladenen Thiere, sowie der am Orte des Marktes aufgehäuften, grofsen Steine nach zu urtheilen, musste dieser Markt sehr bedeutend sein.')

Unser heute fast ganz ebener Weg zog sich fortwährend in ziemlich gerader Richtung nach einem Berge zu Amba Gödus Giorgis (in der Vulgärsprache gewöhnlich Amba Gott's Giorgis genannt), in dessen Nähe, etwas südwestlich davon, unter reich blühenden und die Luft stark mit zartem Duft erfüllenden Rosengesträuchern und feinblättrigen Acacien in der Nähe einiger niederen Hügel wir für heute Halt machten. Bis hierher war das Land eben, hier erhoben sich jedoch einige Hügel aus der grasbedeckten Fläche, aus der hier und dort einige frischgrüne Getreidefelder hervortauchten, während der Graswuchs gelb und trocken war. An den Abhängen der Hügel, sowie um deren Fufs, zeigte sich Baum- und Strauch vegetation. Besonders schön machte sich hier die Zusammenstellung der Rosen mit den plattgipfeligen Acacien gegen Sonnenuntergang, als die Acacien durch das Zusammenfalten ihrer zarten Fiederblätter dichter und dunkler erscheinen, womit das frische

') Die abessinischen Marktplätze liegen meist in einiger Entfernung von der eigentlichen Ortschaft, und sind unregelmässig mit Felsblöcken bedeckt, wovon jeder den Sitz eines Verkäufers bezeichnet. Man sucht sie in die Nähe eines Hügels zu legen, wo dann die Steuerbeamteten sitzen, um die Abgaben beim Verkauf von Rindern, Pferden, Maulthieren etc. einzunehmen, und wo auch die Richter (denn der Markttag ist zugleich Gerichtstag) Platz nehmen und öffentlich die Zeugen vernehmen und ihr Urtheil sprechen.

Grün der Rosen mit ihren röthlichen Zweigen und jungen Blatttrieben, den Tausenden grofser weifser Blüthen mit goldigem Centrum, einen prächtigen Contrast bildeten, als der Sonne lange Schatten und blitzende Lichtstreifen in wechselndem Spiele die verschiedenen malerischen, auf dem hellgelben Grasteppich verstreuten, laubenförmigen Strauchgruppen bald beleuchteten, bald in Schatten brachten. Ein leichter Regen am Nachmittag hatte der Vegetation jene reizende Frische verliehen, die man unmöglich beschreiben kann. Aufser dieser soeben geschilderten Vegetation zeigten sich noch vereinzelte kleine Kosso-Bäume (Bragera anthelmintica, Rth.), daneben aber trat jetzt wieder, jedoch verblüht, auch das kleinblätterige Hypericum leucoptichodes, das seit dem Gebirgsabfall bei Farasaber verschwunden war, an den Lehnen der Hügel auf. Nirgends auf unserer Reise sah ich so viele den „Teufelsbesen“ unserer Nadelhölzer entsprechende Verkrüppelungen der Aeste und Zweige der Acacien, als hier. Sie verändern durch ihre nestförmige Form, zumal sie oft bis zu 20 auf einem Acacien-Baum oder Strauch sitzen, den Charakter der Pflanze. Es sind Verdickungen und Anschwellungen der Zweige und Blattstiele, oft mit Farbenveränderungen derselben verbunden und durch Insectenstiche verursacht. Oestlich von unserem Lager lag in ihrem Haine die Kirche Dhavat, im Westen die von Ankasch. Auf unserem Wege hierher passirten wir nahe an den Quellen des Angrab 1 Stunde hinter Tschembelga. Der Ort, wo dieser, ein Quellflufs des Atbara, entspringt, heifst Sonio Maierië. Seine Quellbäche beschreiben eine Spirale, wie so viele afrikanische Flüsse, ehe sie ihren nördlichen und nordwestlichen Lauf beginnen. Einen anderen, dem Bellegas zuströmenden Bach passirten wir Stunde, bevor wir das Lager aufsuchten. Seinen Namen konnten wir aber nicht erfahren. Wir waren also auf der Wasserscheide der zwei Fufsgebiete des Takasé und des Bahr Abu Salame, dessen einer Quellfluís der Angrab ist, während südlicher der auch im abessinischen Territorum Salame genannte zweite Quellflufs entspringt. In den Takasé, der von SSO. herkommt, wo er in der Nähe des altberühmten Lalibela mit seinen in Fels gehauenen Kirchen entspringt, in nördlichem Laufe östlich von den Hochländern Wogera, Semen und Tselemt bis Ber Agau strömt, wo er sich westnordwestlich und nordwestlich wendet und so diese Gebirgsländer in weiter Curve umschliefst, ergiefsen sich alle die kleinen Bäche und Flüsse, die ich auf dem bisherigen Wege von Adet her durch diese Provinzen aufgeführt habe. Sie bilden mit Ausnahme des sich bei Adet ergiefsenden Ataba die Quellflüsse des Bellesa und der Menna, die beide vereinigt unter dem Namen Bellegae sich in den Takasé stürzen. Der Takasé ergiefst dann, in das Flachland eingetreten, im Gebiete der Homran-Araber unter dem Namen

Setit sein Gewässer in den Atbāra, dessen Quellen in der Nähe des Tsana-See's zwischen Djenda und Tschelga liegen, und der bis zu seinem Austritte aus abessinischem Gebiete den Namen Guang führt, den er, eingetreten in die Landschaften der Araber, verliert und als Atbāra die weiten Kollaländer, Steppen und Savannen durchzieht. Südlich von seiner Vereinigung mit dem Setit nimmt er noch den Bahr Abu Salame oder, wie der Name gewöhnlich gesprochen wird, Bassalame auf.

Von unserem Lagerplatze aus stiegen wir allmälig an, passirten einen kleinen, dem Bellesa zueilenden Wasserlauf, in welchem zwischen 12-15 Fufs hohen Rosen- und Hypericum-Gesträuch ein überreich blühender, 25 Fufs hoher Baum von Hypericum leucoptichodes mit einem Stamm von 14 Fuís Durchmesser, sowie zwischen schönen Acacien-Gruppen ein mit Früchten bedeckter Juniperus neben den schönen Kronen einiger Kosso-Bäume vortraten; Rocheen, Senecionen und Cyanopis bildeten die Krautvegetation. Von diesem Bache an, fast unmerklich ansteigend, gingen wir 2 Stunden in südwestlicher und westsüdwestlicher Richtung über kahles, nur mit dürrem Grase bestandenes Land, wo sich nur hier und da ein Celastrus (C. obscurus?) als 10 bis 12 Fufs hoher Baum mit kugeliger Krone, dunklen, glänzenden Blättern und schwärzlicher Rinde des fufsdicken Stammes und der dichten Aeste, stark bedeckt mit langen Bärten von Usnea florida zeigte, bis an einen nördlich von Isaak Debr liegenden Sumpf Andjeba meder, d. h. Ebene des Andjeba genannt; dem daraus entspringenden Bache, der hier nach Süden einen Abhang hinabfliefst, wo er durch gezogene Quergräben zur Bewässerung der Felder benutzt wird, folgend, stiegen wir etwas bergab und lagerten wegen der schönen Vegetation, die sich in diesem Thale zeigte, am Abhange oberhalb des Klosters Isaak Debr. Der Andjeba ergiefst sich in den Bellegas durch die Menna. Er fliefst hier in ein weites, gut mit Acacien- Bäumen bewachsenes Thal hinab. Vor uns lagen in SSW. die Bergzüge von Bambulo, in SSO. die des Districts Bellesa.

Bei Isaak Debr stehen Gruppen 60-70 Fufs hoher Erythrinen, (E. tomentosa, tigr. Soaur, amh. Hortsch). Ich mass einige ihrer glatten, silbergrauen Stämme; der eine hatte 4 Fufs über dem Boden 15, ein zweiter 174 pariser Fufs Umfang. Seine prachtvoll rothen Blüthen mit braunwolligen Kelchen stehen in Rispen meist nur auf der oberen Seite der Krone. Der Boden unter manchen dieser Bäume war wie blutgefärbt von der Menge der abgefallenen Blüthen. Daneben stand der schöne Croton macrostachys, Hochst. (Tambuch tigr., M'schāna oder Beschāna amh.), auch ein ziemlich starker Baum mit langen Blüthentrauben, der abessinische Oelbaum mit hellglänzendem Laube (Olea

chrysophylla, Lamk., tigr. Aule, amh. Woira), Sparmannia africana mit dichten weissen, mit rothen Staubfäden gezierten Blüthenrispen (amh. Wulkefah), deren Stämme hier bis 3 Fufs Durchmesser haben und mit einer rissigen, bräulichgrauen, dicht mit Flechten bedeckten Rinde überzogen sind, während die äusserst zähe Rinde der Zweige graubraun und glatt ist. Um diese Gruppen hoher starker Bäume schaaren sich 15-20 Fufs hohe Kolkwal-Euphorbien, Rosensträucher und Hypericum, Acacien und Sparmannia abyssinica, die in der Sprache von Tigre Boach, in der von Amhara aber gleichwie Sp. africana Wulkefáh heisst, Hibiscus und Protea abyssinica, Wills (tigr. Gongudai, amh. Aura), Echinops und Aloe dichotoma. Ein starkes Gewitter stand heute Nachmittag über Gondar und Dembea. Wir schickten heut noch einen Boten nach Gondar, das nur einige Stunden von hier entfernt, aber unseren Blicken durch die Berge von Bambulo verdeckt war, um für unsere Ankunft am folgenden Tage ein Haus in Bereitschaft zu setzen.

Wir selbst brachen am Morgen des 23. Januar zeitig auf, um das Ziel unserer Wanderschaft, Gondar, in dessen Nähe wir den Negūs Theodros (Negūs sa Negēst sa Ethiopia, wie er sich mit orientalischer Arroganz titulirt) zu finden hofften. Auf der äusserst fruchtbaren, aber gar nicht angebauten Hochfläche, deren Grundfels dichtes basaltisches Gestein mit nur wenigen Blasenräumen ist, hinziehend, erreichten wir 1 Stunde hinter Isaak Debr eine mit steilen Wänden ziemlich tief eingeschnittene Schlucht, in deren Tiefe auf einem, aus dem Grunde aufsteigenden Hügel eine Kirche romantisch gelegen ist. Die Schluchtenwände, sowie die Thalsohle, waren dicht mit Oelbäumen, Rosen und Acaciengestrüpp bewachsen. Was aber am meisten unsere Aufmerksamkeit in Anspruch nahm, war eine grofse Schaar von 2-300 Djelada (Theropithecus Gelada, Wag.), die am oberen Rande der Schlucht uns beobachtend, ihr lustiges Thun und Treiben entfalteten. Bald wurden sie aber unangenehm darin gestört, denn unsere und unserer Jäger Büchsen und Gewehre begannen ihr Werk leider, ohne Erfolg für uns, da die Getroffenen entweder sich flüchtend, oder in die hier unzugängliche, von senkrechten Felswänden eingeschlossene Tiefe stürzend, für uns verloren waren, so dass wir uns bald gezwungen sahen, die nutzlose Jagd aufzugeben.

Es ist dies dieselbe Affenart, die ich in so ungeheurer Schaar auf dem Gipfel des Bachīt in Semen antraf und auf die ich auch dort vergeblich Jagd machte, da die Getroffenen von ihren Gefährten auf für Menschen unzugängliche Felsen geführt wurden, während die Truppe selbst, aufserhalb Schufsweite sich haltend, kläffend und die Zähne fletschend uns folgte. Sie haben über Mannesgröfse, grau, mit langer, im Winde wehender Mähne. An der Schlucht erheben sich die Berge

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von Bambulo, an deren steinigen Abhängen hin sich der stiefelmörderische, dicht mit scharfen Felsblöcken bedeckte, auf Befehl des Negūs angelegte Weg hinschlängelt, anfangs zwischen Acacien-Gestrüpp und Bäumen, Aloe und der weissblüthigen, mit weissen Blättern und Stengeln gezierten Octostegia integrifolia, Benth. (Denschut amharisch, Djanduk tigr.), weiterhin, auf dem westlichen Abhange nach dem Thale des rauschenden Magetsch, unter einem Laubdach von Oelbäumen, Rosen, grofsblättrigen Hypericumbäumen, jetzt nur noch theilweise in schirmförmigen Acacien und grofsen Rhussträuchern; der Boden unter diesen Bäumen und Sträuchern ist dicht mit Vegetation bedeckt: Myrsine africana, L., Aloe mit röthlichen Blättern und hohen, purpurglänzenden Blüthenständen, Pelargonium multibracteatum mit grofsen, weifsen, Verbascum und Celsia floccosa, Benth., mit goldgelben Blüthen, Cyanopis, blau und violett blühend, weisse Octostegia und dunkelrosenrothe Rumex bilden die niedere Vegetation und über diese wölben sich zu einem geschlossenen Dache die Oelbäume, Acacien u. s. w. Einzelne Stämme und Sträucher, dicht mit silbergrünen Usneen bewachsen, tauchen dazwischen auf wie weisse Corallen aus dem Grün der Meerfluth. Zarte Adianten, weissbestäubte Gymnogrammen bedecken zwischen den herabhängenden Stengeln des Pelargonium und der Celsien neben einem schönen, purpurrothen Klee die vom Bergabhange abgeschnittene Wand des Weges. Schlingende Gnaphalien und Clematis klimmen auf Bäume und Sträucher, Tachsūs (Dodonaea viscosa, L.), reich mit weisslichen, geflügelten Früchten behangen, mischt sein langgelbliches, haarig glänzendes Laub mit dem des dunkelgrünen Agam (Carissa edulis, Vahl), dessen dichte Büsche mit weifsen Blüthen geschmückt sind. Ungefähr nur noch 300 Fuss über dem Laufe des Magetsch, der östlich von Gondar in die reiche Provinz Dembea hinabeilt und sich dann in den Tsanaoder Tanasee ergiefst, bis zur Thalsohle, ist der Rand des Weges und der Bergabhang dicht mit Koscheschilla (Aranthus polystachyus, Delile), mit langen Aehren grofser, rosenrother Blüthen bedeckt, geschmückt. Von der Höhe der Berge von Bambulo, von denen hinab bis zum Magetsch-Laufe wir fast zwei Stunden fortwährend hinabstiegen, erblickten wir zuerst vor uns Gondar, zwar nicht die eigentliche Stadt, aber die prachtvollen Ruinen des von den Portugiesen im 16. Jahrhundert erbauten Schlosses oder vielmehr Schlofscomplexes, der sich mit seinen vielen Thürmen hell leuchtend zwischen dunklem, dichten Haine ehrwürdiger Juniperus-Bäume auf dem Gipfel einer Anhöhe vor uns erhebt, während in der Ferne sich der glitzernde Spiegel des schönen Tana, scheinbar unbegrenzt, nach Süden erstreckt. Ueber den Magetsch, der unter grüner Vegetation über vulkanisches Geröll durch Felsbänke eingeschlossen, in einem engen Thale abwärts eilt, führt

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